Traggelenke
Hallo an alle.
Ich habe mir am Freitag zwei neue Traggelenke für vorne unten gekauft.
Mein Gesichtsausdruck war nicht schlecht als ich den Preis vom Ersatzteilhändler (Nachbau) erfuhr.
150.- pro Stk.
Ich sagte ich wäre nicht bereit den Preis zu bezahlen, es sei ja der reinste Wucher.
Nach ein wenig suchen, fand er dann einen anderen Hersteller der die Hälfte verlangte, also 150 für alle beide.
Jetzt habe ich im Internet aber gesehen, dass es die Teile auch für 22 Euronen gibt.
Was könnt ihr dazu sagen, bezüglich Qualität.
mfg Morphium
Beste Antwort im Thema
Hier nun der versprochene Bericht für die vorderen Traggelenke:
ML auf einer Freiarmbühne mit arretierter Lenkradsperre in Geradeausstellung hochgefahren. Vorderräder abschrauben (ist kein Schlagschrauber verfügbar, vor dem hochfahren die Radbolzen lösen). Unteren Querlenker abrutschsicher abstützen und die Bühne vorsichtig ablassen um dem Querlenker etwas Vorspannung zu geben (muss aber nicht unbedingt sein).
Jetzt das Traggelenk mit einem Vorschlaghammer(Fäustel) von unten aus der Pressung herausschlagen. Da der Achsträger noch vom oberen Querlenker und der Spurstange gehalten wird, wackelt er noch nicht so hin und her. Wenn das untere Ende des Traggelenks mit dem Achsträger bündig geschlagen wurde, eventuell mit einem Treibdorn oder einem passenden Stück Rohr noch ein wenig weiter schlagen, bis das Traggelenk aus der Passung frei ist. Der untere Teil des Traggelenks (da wo man gegen schlägt) ist im Durchmesser etwas kleiner als das Aufnahmeauge des Achsträgers, sodass man es nicht ganz durchschlagen muss. Geht auch gar nicht, weil es gegen die Achswelle kommen würde.
Übrigens Achswelle: Diese sollte gegen Beschädigung geschützt werden (Lappen o.ä. drum) damit sie auch später beim bewegen des Achsträgers nicht beschädigt wird. Bremsschlauchhalter vom Achsträger abschrauben und Sensorkabel ausklippsen.
Nun die Spurstangenmutter lösen und den Spurstangenkopf mit geeignetem Ausdrücker vom Achskörper trennen und hochbinden (Kabelbinder o.ä.)damit er erst einmal nicht im Weg ist. Dabei keine Gewalt ausüben, um den inneren Spurstangenkopf und die Zahnstange der Lenkung nicht zu beschädigen. Genauso den oberen Querlenker vom Achsträger trennen (Achskörper nach links oder rechts einschlagen – man kommt so besser an die Mutter und kann den Ausdrücker besser ansetzten).
Achtung!!! Jetzt wird die Sache ziemlich wackelig, weil der Achskörper ja nur noch an der Achswelle hängt und untern u.U. aus dem Traggelenk rutscht. Da der Achsträger mit Bremsscheibe und Sattel und äußerem Achswellengelenk doch ziemlich schwer ist, sollte hier ein Helfer unterstützen.
Durch vorsichtiges hin und her drehen und kippen des Achsträgers, jetzt diesen aus dem noch am unteren Querlenker festgeschraubten Traggelenk herausdrehen. Hierbei geht es ziemlich eng zu, da wenig Spielraum vorhanden ist – aber es geht!
Ist der Achsträger aus dem Traggelenk raus, diesen wieder am oberen Querlenker befestigen(anheften reicht). Den Achsträger unten etwas wegdrehen um die Mutter von Traggelenkzapfen zu lösen und den Abzieher am Traggelenk besser ansetzten zu können.
Ist das Traggelenk raus, alles gut reinigen und das Aufnahmeauge für das Traggelenk im Achsträger blank schleifen. Auch die neuen Traggelenke im Bereich der Passung eventuell blankschleifen (bei den verstärkten Meyle-Gelenken nicht unbedingt erforderlich, da diese nicht mit Schutzlack versehen sind, sondern nur brüniert). Dieses Schleifen erleichtert später das Einziehen der Gelenke mit der Mutter.
Jetzt das neue Traggelenk in den Achsträger einfädeln. Es erst am Querlenker festzuschrauben und dann in den Achsträger einzusetzen – also umgekehrt wie der Ausbau - birgt die Gefahr, dass das Gewinde beschädigt wird, da es ja recht eng zugeht. Bevor das neue Traggelenk jetzt eingezogen wird, sollte der Achsträger mit der Spurstange und stabilen Kabelbindern oder Draht am besten am unteren Querlenker fixiert werden, damit er beim einziehen nicht so wackelt. Die arretierte Lenkradsperre hilft hier auch gegen das Verdrehen.
Die Verbindungen des Oberen Querlenkers und der Spurstange noch nicht endgültig festziehen. Muss ja noch mal ab zum einfädeln des Traggelenks in den unteren Querlenker.
Vor dem Einziehen mit der Nutmutter unbedingt die Sicherungsmasse in der Mutter auskratzen. Wenn diese Masse beim Einziehen abkühlt weil man eine Pause macht, bekommt man die Nutmutter nicht mehr oder nur unter extremen Kraftaufwand bewegt.
Zum Einziehen ist der entsprechende Klauenschlüssel entweder von Mercedes W385589000700 (hat bei mir nicht geklappt – ET-Lager von Mercedes in Berlin hat gezickt und Ihn mir nicht verkauft –haftungsrechtliche Gründe etc. laber,laber,laber!) oder von Klann KL-03236-20 zu verwenden. Ohne dieses Tool ist da nichts zu machen.
Zum Einziehen des Traggelenks in die Passung ist jetzt wieder ein Helfer gefragt. Einer drückt mit kräftiger Pressung den Klauenschlüssel gegen die Nutmutter , der andere dreht mit geeigneter Verlängerung oder dem später ja eh benötigten Drehmomentschlüssel bis das neue Traggelenk sauber mit der Wulst anliegt, also komplett in die Passung heruntergezogen wurde. Jetzt die Nutmutter erst einmal wieder abdrehen.
Um den unteren Querlenker in die konischen Zapfen des Traggelenks einzufädeln, muss natürlich Spurstange und oberer Querlenker wieder ab, um den benötigten Bewegungsspielraum wieder zu erhalten.
Traggelenk mit unterem Querlenker, Achsträger mit oberem Querlenker und Spurstange verbinden und mit neuen selbstsichernden Muttern verschrauben. Die Zapfen der Gelenke mit den passenden Werkzeugen gegenhalten bis ausreichend Anpressdruck im Konus da ist, um mit entsprechendem Drehmoment die Muttern anzuziehen (Mutter oberer Querlenker A1633330172 mit 50 Nm, Mutter Spurstange N910113014000 mit 60 Nm und Mutter unterer Querlenker/Traggelenk mit 85 Nm). Die längeren Nummern sind MB Teilenummern. Es gehen aber auch entsprechende aus den freien Handel (Gewindesteigung beachten!)
Nachdem wieder alles verbunden ist, die Nutmutter mit neuer Schraubensicherung versehen und am Traggelenk mit 300 Nm festziehen.
Lappen von Achswellenmanschette und eventuell noch vorhandene Fixierungsteile entfernen, Bremsschlauchhalter anschrauben und Sensorkabel einklippsen.
Fertig!
Und die andere Seite freut sich schon auf eure nun geübten Hände.
Sicherlich gibt es auch andere Wege zum Ziel. Bei mir hat es aber so - auch mit Unterstützung durchs Forum (im speziellen Reiner) – gut geklappt. Knapp 3 Std. habe ich gebraucht – 2 für die erste und 1 für die zweite Seite.
Wer keine Freiarmbühne zur Verfügung hat, einfach mal nach Selbstschrauber-Werkstätten mit Freiarmbühnen und gut sortiertem Werkzeugsortiment googln. Gibt es bundesweit. In Berlin ab 12,-- Euro die Std.
Viel Erfolg beim Selbstwechseln und mit den ersparten 400,-- bis 500,-- Euro einen schönen Kurzurlaub finanzieren oder was auch immer.
Viele Grüße
Hans – digismarttec
PS. Eine Garantie für erfolgreiches Gelingen kann ich natürlichen nicht geben, aber vielleicht die eine oder andere Hilfestellung.
118 Antworten
🙂🙂🙂 Super, tausend Dank!
also die Anleitung von quali finde ich auch ganz toll und verständlich. Ist aber etwas anders, als die zuvor ausführlich mit Text gepostete.
Frage: Was geht schneller, ist besser...
Wie lange hast du gebraucht, quali ?😕
Zitat:
Original geschrieben von Uli220D
🙂🙂🙂 Super, tausend Dank!
also die Anleitung von quali finde ich auch ganz toll und verständlich. Ist aber etwas anders, als die zuvor ausführlich mit Text gepostete.Frage: Was geht schneller, ist besser...
Wie lange hast du gebraucht, quali ?😕
Hallo Uli220D,
vielen Dank auch an Dich für Dein Lob.
Zunächst hatte ich entdeckt, daß auf der Fahrerseite die Manschette der Antriebswelle eingerissen war.
Deshalb hatte ich mir gleich beide Manschetten (getriebeseitig und radseitig) gekauft.
Da ich für den Manschettentausch die Antriebswelle ausbauen musste, habe ich das Radlagergehäuse (früher nannte man das Ding Achsschenkel) ausgebaut.
Dabei zeigte sich, daß das untere Traggelenk ausgeschlagen war.
Also mußte ich mir dieses auch noch kaufen und ersetzen.
Und weil ich nun schon dabei war und wusste, wie man die Arbeit durchführt, habe ich auch noch gleich das untere Traggelenk auf der Beifahrerseite ersetzt.
Insgesamt habe ich -einschließlich Aufbocken des Fahrzegs- etwa 4 Stunden benötigt. Wobei ich dazu sagen muß, daß ich bei dieser Arbeit viele Überlegungspausen eingelegt habe.
Nachdem ich nun weiß, wie es geht, denke ich , daß ich die Arbeit in 3 Stunden schaffen würde. Also auf beiden Seiten.
Viele Grüße
quali
also ich denke mal, dass deine Methode die bestmögliche ist, Achsschenkel in den Schraubstock!
Ne Zusatzfrage:
Bei bereits gewechselten Traggelenken, also mit Nutschrauben- auch das gibt es wahrscheinlich keine einfachere Methode, oder?
Also die Bezeichnung "Nutschraube" sagt mir nichts. Meinst Du die große Mutter, die auf das Traggelenk geschraubt wird und dann das Traggelenk in das Radlagergehäuse hineinzieht?
Also diese auf den Bildern:
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Ja sorry, die meine ich. Solche sind bei mir schon drin, also nicht mehr die ersten, wie bei deiner Bilderserie.
Aber da muss man genauso vorgehen, da man sie nach oben ja auch nicht raustreiben kann, wegen dem geringen Platz zur Antriebswelle.
Oder gibt es dann noch einen Trick?
Die Gelenke lassen sich von unten nach oben mit dem Fäustel austreiben, egal ob neue oder alte Ausführung. Man muss nur den Gewindezapfen zur Seite legen und aufpassen dass man die Manschette nicht zerstört. Wenn das Gelenk lose ist und nur noch etwas im Radträger steckt kippt man diesen hin und her bis man es entnehmen kann. Der Radträger muss dazu nicht abgebaut werden.
Den Klauen-Schlüssel gibts manchmal sogar bei EBAY neu. Wenn die Werkstatt nicht verkaufen will, dann frage ich mich wieso das bei mir ohne Probleme damals ging. Das ist meist der Teilemensch der keinen Durchblick hat.
Zitat:
Original geschrieben von Balmer
Man muss nur den Gewindezapfen zur Seite legen und aufpassen dass man die Manschette nicht zerstört. ......................................
Hallo Balmer,
bei Deiner Vorgehensweise könnte man, damit die Antriebswellenmanschette (radseitig) beim "Herausklopfen" des Traggelenkes nicht durch den schräggestellen Gewindezapfen beschädigt wird, doch mit einem Blech (z.B. aus einer Konservendose geschnitten) die Antriebswellenmanschette abschirmen.
Viele Grüße
quali
Ich habe kein Blech benötigt und die Manschetten sind trotzdem heile geblieben, denn wenn man auf die Stellung des Zapfens achtet kann überhaupt nichts passieren. ich habe diese Reparatur schon mehrfach gemacht und es gab nie Probleme oder defekte Manschetten.
Ich frage mich schon die ganze Zeit ob die Kronmutter (auf dem Bild unten) so richtig montiert ist? Der Hersteller hat sich sicher was gedacht das er eine Fase gesetzt hat. Wen man die Fase zur Auflagefläche hin montiert, so meine Überlegung, reiben die Kanten der Aussparungen nicht auf der Auflagefläche.
Die Mutter auf dem Bild ist falsch herum montiert. Mit der eingetrockneten originalen Schraubensicherung spricht der Drehmomentschlüssel bei eingestellten 300 Nm schon an wenn die Mutter den Radträger noch garnicht berührt hat. Deshalb habe ich die Schraubensicherung aus der Mutter entfernt und neue flüssige verwendet.
Peter, siehe auch Fahrwerk/Traggelenk VA/HA wechseln Seite 3 oder 4.
Zitat:
Original geschrieben von Balmer
Die Mutter auf dem Bild ist falsch herum montiert. Mit der eingetrockneten originalen Schraubensicherung spricht der Drehmomentschlüssel bei eingestellten 300 Nm schon an wenn die Mutter den Radträger noch garnicht berührt hat. Deshalb habe ich die Schraubensicherung aus der Mutter entfernt und neue flüssige verwendet.
Peter, siehe auch Fahrwerk/Traggelenk VA/HA wechseln Seite 3 oder 4.
Hallo Balmer,
hast Du Loctite mittelfest verwendet?
Viele Grüße
quali
Ja, mittelfest.
Zitat:
Original geschrieben von Balmer
Ja, mittelfest.
O.K. Danke!
Das Traggelenk fällt auch ohne die Mutter während der Fahrt nicht ab, weil das Gewicht des Fahrzeugs von oben drauf lastet. Original ist auch keine Mutter dran und das Teil nur von oben eingepresst.
Ich würde das mit der Art der Schraubensicherung jetzt nicht überbewerten.
da muss ich aber nochmal nachhaken:
Wenn der Zapfen wirklich an der Antriebswelle vorbeigeht- ist das Wechseln ( insbesondere bei bereits nachgerüsteten Traggelenken, die ja nicht so tief eingepresst sind wie die ersten) ja ein vergleichbares Kinderspiel, ähnlicher Aufwand wie z.B. beim W208/210......😕😁🙄