Sind Gaffer ein hinzunehmendes Phänomen unserer Sensationsgesellschaft?

Aufgrund eines aktuellen Erlebnisses zum Thema "Gaffer" nach einem Unfall und der Folge eines Staus habe ich mir überlegt, ob es eigentlich eine Handhabe gegen diese Gaffer gibt.

Das Phänomen ist ja nicht neu. Jeder von uns hat es sicherlich schon erlebt, dennoch sehe ich aber darin nicht nur ein Kavaliersdelikt, sondern eine ernsthafte Gefährdung, die damit einhergeht.

In meinem gestrigen Erlebnis war ein LKW in einen Straßengraben gestürzt, alle Fahrbahnen blieben frei befahrbar, dennoch hatte sich ein mehrere Kilometer langer Stau gebildet. Als ich an der Unfallstelle ankam, musste ich miterleben, wie VT selbst auf der äußerst linken Fahrbahn anhielten um zu gaffen und erst nach Hupkonzert zur Weiterfahrt zu bewegen waren. Es hätte mich kaum noch gewundert, wenn der Fahrer ausgestiegen wäre und noch die Kamera gezückt hätte.

Ähnliche Erlebnisse hatte ich schon, wenn nur ein Auto wegen einer Panne auf dem Seitenstreifen stand oder selbst auf der Gegenfahrbahn sich lange Staus durch Gaffer bildeten.

Ich frage mich nun, gibt es überhaupt keine Handhabe gegen diese Gaffer, die schon so oft für Folgeunfälle verantwortlich waren oder müssen wir das alles als gesellschaftliches Phänomen der Sensationsgier hinnehmen. Was steckt da dahinter, dass sich Menschen an dem Unglück anderer Leute aufgeilen müssen und u. U. schlimmste Folgen billigend in Kauf nehmen?

Beste Antwort im Thema

Mir persönlich kommt bei Gaffern regelmässig die Galle hoch 😠

Wobei es hier auch noch Abstufungen gibt. Natürlich sind Gaffer auf der Autobahn lästig (und auch gefährlich). Aber da würde ich noch auf eine schon fast automatische und menschliche Reaktion tippen. Viel krasser finde ich die Gaffer, die von verletzten oder kranken Menschen Fotos und Videos machen. Mir sind da zwei Notfalleinsätze im Gedächtnis geblieben, die einfach unglaublich sind. Einmal wollte der Sohn von der Reanimation seines eigenen Vaters ein Handyvideo machen. Bei dem anderen Fall ging es um einen vermissten Baggerseeschwimmer. Da hangelten sich zwei andere Badegäste an der Sicherungsleine des Rettungstauchers ins Wasser. Mein Kollege sagte "hey, da hängt ein Rettungstaucher dran!". Die Antwort war "na und? ich will doch nur sehen was los ist". Da fällt einem echt nichts mehr ein.

Im ersten Fall wurde das Handy kurzerhand konfisziert und im zweiten Fall wurde ein Kollege von der Polizei mal kurz so RICHTIG sauer und es hat gespengelt 😁

Meiner Meinug nach sind Gaffer nicht zu akzeptieren sobald sie einen Einsatz in irgendeiner Form beeinträchtigen oder die Würde eines Patienten verletzen.

Gruss
Jürgen

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naja vor 20 Jahren wurden auch schon Eier und Wasserbomben geworfen oder runter gespuckt. Auch dies reichte schon für Unfälle aus

wenn es danach geht muss gar nichts von der Brücke fallen und es kann trotzdem einen Unfall geben. 

Jetzt mal ehrlich. Kann es sein, das wir schon unter Verfolgungswahn leiden? Was ist denn dabei, wenn jemand auf einer Brücke steht und den Autos nachschaut? Vielleicht entdeckt er nach einer halben Stunde den Amalfi, den er zuletzt vor x Jahren gesehen hat. Auch "im Vorfeld" zu grösseren Oldie-Treffen finden sich an den üblichen "Einflugschneisen" Gaffer, die diese Gelegenheit wahrnehmen, endlich mal wieder all die Fz zu sehen, die längst aus dem Alltag verschwunden siind. Das sind doch wohl die liebenswertesten Gaffer, die es gibt, oder?

Da geb ich dir recht, weil der moderne Autofahrer einfach in Panik vor dem Passanten auf der Brücke seine Aufgabe zur sicheren Teilnahme am Straßenverkehr vernachlässigt.

Aber ich will dich mal sehen, wenn dir eine Wasserbombe oder ein Ei auf die Scheibe knallt. Könnte ja auch ein Bruchziegel oder ein kleiner Stein sein.

Übrigends sollte man doch zwischen Gaffern und Fans oder Hobbynaturisten unterscheiden

Klar ist Neugier menschlich- der Unterschied ist, schnell zu erkennen was los ist (damit sollte die Neugier doch befriedigt sein) und zu entscheiden was wichtiger ist. Stehn bleiben und gaffen und vom RTW überfahren lassen. Oder schnell Platz machen für die die besseres zu tun haben (helfen)...

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ist mir noch nicht passiert und deshalb hebe ich mir meine Paranoia für den Zeitpunkt auf, nachdem es passiert ist. 
Nur weil ich spät abends auf einer Landstrasse im Nirgendo mal plötzlich vor einer unbeleuchteten Wechselbrücke stand rechne ich jetzt nichtüberall mit Wechselbrücken. Da könnt ich das Auto ja gleich stehen lassen. 

Aber hier gehts ja um Gaffer, nicht darum, was alles passieren könnte, wenn ...

Ich finde die bisherigen Reaktionen hier höchst interessant. Ich habe nicht durchgezählt, aber von einem großen Teil war hier doch das Fazit: kann man nicht ändern, ist nicht so schlimm, machen doch alle. Die Antworten erstaunen mich doch sehr.

Es geht doch bei diesem Thema nicht um mangelnde Anteilnahme an einem Unglück anderer oder gar ich will mal schauen ob ich helfen kann. Es ist blanke Sensationsgier und mit Verlaub, ich finde das zum K****.

Ich war selbst schon vor einigen Jahren Ersthelfer nach einem Unfall (Überschlag mit 4 Verletzten) und es sollte für jedermann selbstverständlich sein, notwendige Ersthilfe nach einem Unfall zu geben. Ich weiß nicht, ob jemand schon mal so Berichte mit nachgestellten Unfallszenen oder Überfällen gesehen hat. Fakt ist, ¾ wollen zwar schauen, aber nicht helfen. Das finde ich einfach erbärmlich und ist der Spiegel unserer Gesellschaft.

Ich habe noch nie auf einer Brücke gestanden und habe einem Unfallgeschehen zugeschaut und mich auch nie durch einen Menschenpulk gedrängt, um einen Blick auf ein vielleicht blutiges Ereignis zu erhaschen. Es geht auch nicht darum, dass man nicht mal einen kurzen Blick auf das Geschehen wirft, aber doch bitte keine quasi Vollbremsungen oder gar stehen bleiben, wenn man genau sieht, dass an der Unfallstelle niemand mehr gebraucht wird. Ich habe solche betreuten Unfälle zigfach gesehen und bin sicher dann auch nicht wie ein Verrückter daran vorbeigerauscht, sondern habe angemessen meine Geschwindigkeit reduziert, um niemand zu gefährden und bin ansonsten normal weiter gefahren. Ich konnte auch danach ohne Entzugserscheinungen weiterleben, weil ich nicht genau wusste, wie viel Liter Blut geflossen sind und wie der genaue Unfallhergang war.

Vielleicht kann man wirklich nichts daran ändern, aber gut heißen und entschuldigen tue ich diese Gafferei sicher nie. Und man sollte jetzt bitte auch nicht anfangen, mit Leuten gleichzusetzen, die am Flughafen Flugzeugen zuschauen oder auf Brücken den Autofahrern zuwinken (ich weiß, es ging da hauptsächlich um etwas anderes!). Das ist eine völlig andere Kategorie als Gaffer, die gefährden und behindern.

...wenn ich mich mit dem Auto einer Unfallstelle nähere konzentriere ich mich noch schärfer auf das Geschehen um mich herum. Oft kracht es hier nocheinmal da viele ihre Augen auf dem Schrott haben und nicht auf der Straße.

Zitat:

Original geschrieben von mark29


Vielleicht sollte man die Gaffer durch großflächige Planen "aussperren"...

wird bereits in pilotprojekten von einigen autobahnmeistereien durchgeführt....

allerdings bis die mit dem "bauzaunanhänger" da sind, ist 1. der "gafferstau" schon kilometerlang und 2. der unfall schon fast komplett beiseite geräumt......

Hallo zusammen

Hast Du keine Handykamera um diese Leute zu fotografieren?
möglichst mit Kennzeichen damit diese auch identifiziert werden
können. dann Anzeige.
das geht natürlich nur wenn Du einen trriftigen Grund hast da auch zu stehen,, als Zeuge z Beisp.
Jol.

Zitat:

Original geschrieben von winni2601


Fazit: kann man nicht ändern, ist nicht so schlimm, machen doch alle.

...und das gab es auch schon in der Antike. Ist also kein Phänomen der Neuzeit.

Zitat:

Original geschrieben von mooshuf


Gaffen ist gelebte Neugier und Neugier ist zutiefst menschlich. Ohne Neugier würden wir heute noch in Höhlen leben. Ohne Neugier bräuchte ich heute etwa 50 % aller Fernsehsendungen nicht mehr, inkl. Tagesschau.

Oh! Dann bin ich sozusagen alleine zweifach unneugierig, denn ich brauche 100 % aller Fernsehsendungen nicht mehr.

Im Internet kann man sich doch viel bequemer und detailierter informieren als im Fernsehen.

Zitat:

Original geschrieben von der-schrittmacher


Nachweis darüber? Man "hört" so viel was einfach nur gelaber ist.
Wo sollen denn die Leute hin ausweichen, wenn es keinen Platz mehr gibt, wo soll da die Eigenbeteiligung rechtskräftig herkommen?

Nachweis kann ich nicht liefern!

War im Landkreis Amberg Sulzbach in den 90 Jahren wurde mir vom Damaligen Rettungsleiter des Rotkreuz so erzählt!

Folgende Sachen sind / waren damals möglich.

1. rechts ranfahren

2. die Vollpreller die auf der linken Spur vorgefahren sind, hinten anstellen

3. Beim Fahrzeug verbleiben um gegebenenfalls wegzufahren

Wieviel die damals als Selbstbeteiligung Zahlen mußten weiß ich nicht!
Die Begründung der Eigenbeteiligung ist doch einfach:
Wer bei Rettungsmaßnahmen bewußt oder fahrlässig die Rettungsmaßnahmen behindert wird angemessen an dem Mehraufwand zu beteiligen sein. Zeugen braucht man in diesem Fall ja wohl nicht. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel dürfte gewahrt sein immerhin geht es um ein Menschenleben (wieviele weiß ich nicht) und es stand ja jedem frei sich richtig so zu Verhalten und nicht sich mehrere hundert Meter von seinem Fahrzeug aufzuhalten.

gruß Alex

eigener Beitrag da keine Antwort wie oben:

ich habe 1989 in Kroatien einen Motorradunfall "miterleben" dürfen.
Die Sozia hatte einen offenen Schien - Wadenbeinbruch dieser wurd voneinem Anderen Ersthelfer soweit möglich versorgt ich hatte die ehrenvolle aufgabe bei 35° grad im Schatten selbigen mit meinem Zelt zu spenden.
soll heißen mit 2 Mann ein Zelt hochhalten. Bis die Rettung kam - ne halbe Stund ist verdammt lang, wenn man dabei immer einen Arm hochhalten muss und gleichzeitig eine Frau vor Schmerz abwechseln Schreit oder wimmert.
Für mich reicht das bis heute, wenn ich einen Unfall sehe.

Wenn ich niemanden behindere, keine Fotos mache, nicht direkt drauf zugehe
ist es normal das man einen Unfall, Hochwasser, Brand oä. anschaut.
Wenn ich Extra hunderte Kilometer fahren muss, wenn ich andere bei den Rettungsarbeiten behindere, mich oder andere zusätzlich gefährde, Filme oder sogar anderes Eigentum betrete.
dann ist das für mich Krank

Wenn es bei einem Nachbarn brennt, du geholfen hast so weit möglich, die Feuerwehr da ist und die Personen versorgt /abtransportiert sind, ist es normal, daß ich von meinem Wohnzimmer aus die Löscharbeiten beobachte.

gruß alex

Ich hatte heute Morgen gerade wieder frisch ein ähnliches Erlebnis. Da waren auf der Ausfahrt/Einfahrt zwei PKW frontal zusammengestoßen. Großes Halligalli mit Feuerwehr, Krankenwagen und mehreren Polizeifahrzeugen.

Da steht vorne am Anfang der kleinen Schlange (ich war sechstes oder siebtes Fahrzeug) ein Auto mit einem Herren mittleren Alters mit runtergelassener Scheibe (trotz Regen) und gafft. Ein Polizist versuchte ihn 3x per Handzeichen zum Weiterfahren zu bewegen - keine Reaktion. Erst als er sich direkt vor ihn hinstellte und ihn wohl anschrie, kam der Mann schließlich in Bewegung.

Und das soll normal sein? Für mich ist das pervers, sorry.

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