Reduzierung der Lackierkosten durch gegn. Versicherung rechtens?
Hallo,
es geht um einen unverschuldeten Unfall, bei dem durch einen Gutachter ein Reparaturgutachten angefertigt wurde.
Die dort aufgeführten Summen sind der gegnerischen Versicherung mitgeteilt und als Berechnungsgrundlage herangenommen wurden.
Heute gibt es das Schreiben der gegn. Versicherung, wo u.a. die Lohnkosten für Lackierarbeiten mit Verweis auf eine Vergleichswerkstatt um mehr als 100€ reduziert wurden.
Ebenso wurden die Lohnkosten für Karosserie- und mechanische Arbeiten mit selbiger Begründung reduziert.
In der Suche habe ich Beiträge gefunden, wo (zumindest auf die Stundensätze bezogen) dies als nicht rechtens dargestellt wird.
Ist dem tatsächlich noch so (waren ältere Beiträge)?
Wenn ja, würde hier also eine Nacherstattung erfolgen müssen durch die gegn. Versicherung?
Gibt es hierzu Rechtsurteile, auf die man sich berufen kann und welche der gegnerischen Versicherung mein berechtigtes Anliegen (evtl. auch ohne Einschaltung eines Anwalts) klar und deutlich aufzeigen?
Danke und Gruß Martin
Beste Antwort im Thema
Zitat:
Original geschrieben von runabout
Wir nichts nutzen. Das einzige was Eindruck macht ist Fristsetzung und Klageandrohung durch einen qualifizierten Anwalt.
😮😮
Genau, die Sachbearbeiterin wird sich vor lauter Angst sogleich in das Höschen machen!
Wann kommt denn endlich der "Geh zum Anwalt"-Button?
Dann können sich einige Leute hier Zeit sparen für ihre immer gleiche Leier (weil sie sonst fachlich nicht mehr zu bieten haben z.B.).
Doch nochmal zum Thema:
Die Aussage der Sachberarbeiterin mit dem Reduzieren "wie es ihr beliebt" ist dann wohl leicht neben der Sache.
Thema Verbringungskosten bei fiktiver Abrechnung:
Hier tendiert die Rechtsprechung unterschiedlich.
In einigen Amtsgerichtsbezirken ist es üblich, dass die Verbringungskosten auch bei fiktiver Abrechnung zugesprochen werden, in anderen nicht.
Wenn das im vorliegenden Amtsgerichtsbezirk nicht der Fall ist, wird auch die "Drohung" mit dem "qualifizierten Anwalt" recht schnell und wirkungslos verpuffen.
Wie wird es hier weitergehen:
Man wird sich gegenseitig die positiven und negativen Urteile um die Ohren hauen, letztlich wird der Geschädigte hier nur den Rechtsweg beschreiten können, wenn er seinen Anspruch durchsetzen will - und da stehen die Chancen dann 50/50.
Da der Streitwert unterhalb der Berufungsgrenze liegt, ist dann auch ein amtsgerichtliches Urteil endgültig und nicht mehr anfechtbar.
108 Antworten
Sorry,
ich konnte bisher noch nicht auf Hafi`s und xAKBx Antworten posten....🙁
Der Grund: ich habe gestern Abend nach dem Lesen beider Beiträge eine Nervenzusammenbruch bekommen und musste Notärtzlich behandelt werden........🙁
Ich war so geschockt davon, wie die armen Versicherungen von den bösen Anspruchstellern tagtäglich über den Tisch gezogen werden, das war einfach zuviel für mein schwaches Herz....🙁
@ xAKBx und Hafi
Ihr bekommt noch einen passenden Text von Delle, versprochen........😎
Aber erst einmal muss ich noch so 3 bis 8 Stellungnahmen zu "Prüfberichten" abdiktieren -natürlich mit entsprechender Liqudation dazu- (die mit Sicherheit vom Versicherer auch reguliert werden, da könnt ihr einen drauf lassen, früher oder später) welche mit einer "intelligenten Software" erstellt wurden und von "Sachverständigen" dann geprüft wurde............
Gruß
Delle
Zitat:
Original geschrieben von K080907
Aber Hallo, da habt ihr ja wieder mal das Reizthema ausgegraben. Wenn wir alle in einer Stadt leben würden, könnten wir uns jeden Abend am Stammtisch treffen, einer würde "fiktive Abrechnung" sagen und wir würden uns bis zum Morgengrauen fetzen - jeden Tag😁
Sehr richtig. Und es würde uns jeden Tag Spaß machen...😁
Zitat:
Aber das kann ja nicht stimmen! Wenn etwa eine von 50 Werkstätten in der Stadt keine UPE-Aufschläge und keine Verbringungskosten berechnet, sollen diese Positionen bei allen fiktiven Abrechungen rausfallen?
Nein, fiktive Abrechung heißt nicht Billigreparatur, und es heißt auch nicht, dass nur unvermeidbare Kosten, die immer anfallen, berücksichtigt werden. Fiktive Abrechung heißt, dass zu ersetzen ist, was üblicherweise anfällt. (Was das im Einzelfall genau ist, muß der Sachverständige sagen.)
Na na na...
So stimmt es aber nicht.
Die "Billigreparatur ist nie das Kriterium. Auch beim knausrigsten Versicherer nicht.
§ 249 BGB spricht vom "erforderlichen" Geldbetrag und daher ist das Eingrenzungskriterium nunmal im gesamten Schadensrecht der erforderliche Aufwand. Nicht der übliche Aufwand.
Überspitzt:
Wenn alle Geschädigte in Deinem AG Bezirk sich verabreden würden, ihre Kostenvoranschläge nur noch bei der einen Werkstatt machen zu lassen, die die Dellen aus dem Blech streichelt, auch wenn es dreimal länger dauert als bei allen anderen: wäre das dann üblich und erstattungsfähig?
Nein, denn es wäre nicht erforderlich, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
Das "Spannungsfeld zwischen Dispositionsfreiheit und Wirtschaftlichkeitspostulat", wie es der BGH nennt, ist immer einzuhalten.
Und dem wird die Praxis dadurch gerecht, dass fiktiv ein möglichst allgemingültiger Standard, quasi der gemeinsame Nenner, gesucht wird, aber bei konkreter Abrechnung Abweichungen nach oben zugestanden werden, weil der Geschädigte im konkreten Fall anders (aber noch vertretbar) disponiert hat.
Wenn Du Dir die Entscheidungen des BGH vor Augen führst, sind sie eigentlich immer mehr oder weniger von dieser Marschrichtung geprägt. Egal ob 130% oder Mietwagen oder oder ...
Zitat:
Überhaupt verstehe ich nicht, warum ihr fiktive Abrechungen und echte Reparaturen unterschiedliche behandeln wollt. Es ist doch so: Der Schaden entsteht schon beim Unfall - danach ändert er sich nicht mehr. Er bleibt gleich, unabhängig, ob und wo repariert wird.
siehe oben
Zitat:
Bei fiktiver Abrechnung muß der SV nun sagen, wie hoch der zur Beseitigung erforderliche Geldbetrag voraussichtlich ist. Auch dass ist nur eine Schätzung. Und für diese Schätzung kann man nicht pauschal irgendwelche Kriterien wählen, um die Sache so preiswert wie möglich zu rechnen. Vielmehr muß der SV sich fragen, wie so ein Schaden üblicherweise repariert wird:
- Gehen Fahrzeugeigentümer eher in die Markenwerkstatt oder in
eine freie Werkstatt?
- Wie hoch sind die üblichen Stundenverrechungssätze?
- Fallen in der Region üblicherweise UPE-Aufschläge an
- Und ist üblicherweise eine Fahrzeugverbringung erforderlich?
Sorry, aber das "Üblicherweise"-Kriterium ist mir vollkommen fremd.
Du sagst richtig, dass er die erforderlichen Kosten zu schätzen hat. Und was erforderlich ist, ist nicht am Maßstab des üblichen zu messen, sondern daran, was "auf jeden Fall" anfällt.
Wie wollte man denn das Übliche auch messen?
Wenn ich aus Kniebis an der Knatter komme und mir fähr in München jemand eine Beule in den Panda. Was ist dann üblich?
Wäre die Üblichkeit entscheidend, müsste zum Beispiel auch immer eine "Abschlepp-Pauschale" bezahlt werden, denn in vielen Fälllen wird ein Unfallauto abgeschleppt. Also können alle Geschädigten reklamieren, dass das Abschleppen üblich ist.
Anders Beispiel: Nutzungsausfall ist -unstreitig- nur zu ersetzen, wenn der Ausfall konkret angefallen ist. Mit dem Üblichkeitskriterium wäre dieser Rechtsprechung der Boden entzogen.
Die Beispiele sind sicher etwas überzeichnet. Aber ich denke, sie verdeutlichen den Punkt.
Zitat:
Und normalerweise gehen die meisten Fahrzeugbesitzer mit ihren Reparaturen in ihre Markenwerkstatt.
Ist das so?
Ich habe dazu keine konkreten Zahlen, würde es aber gefühlsmäßig bestreiten.
Zitat:
Das mag im Einzelfall durchaus richtig sein. Es gibt aber noch andere Gründe, in die (Haus-)Markenwerkstatt zu fahren, etwa die Hoffung, als guter (Stamm-)Kunde beim Neuwagenkauf bessere Konditionen zu erhalten.
Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt...
Zitat:
Original geschrieben von K080907
Auf einen starken amtsgerichtlichen Rückhalt würde ich daher nicht zuviel geben - auch viele Richter können gleichzeitig irren 😁
Da muss ich Dir wiederum recht geben. Da könnt ich Dir Geschichten erzählen...
😁
Schöne Grüße
Hafi
Eigentlich streiten wir uns um die Frage, was "erforderlich" iSd § 249 BGB ist.
Aus meiner Sicht ist erforderlich, was üblicherweise anfällt, nicht was im günstigsten Falle mindestens anfällt.
Auch überspitzt: Theoretisch könnten die Versicherungen irgendwann den Geschädigten in Nähe zur polnischen Grenze nur noch die Reparaturkosten in Polen nebst km-Pauschale für die Fahrt dahin ersetzen, wenn es dort gleiche Qualität zu deutlich geringeren Stundenverrechnugssätzen gibt ... Was der BGH davon wohl halten würde?? Man kann also nicht immer von der günstigten Möglichkeit ausgehen.
Natürlich muß der Geschädigte wirtschaftlich handeln, aber das tun die Geschädigten üblicherweise ja auch. Und wenn sie dann mal die markenwerkstatt wählen, kann man nicht sagen, dass sie zwar unwirtschaftlich, aber gerade noch vertretbar gehandelt haben. Das gibt auch der BGH nicht her.
Zitat:
original geschrieben von Hafi545:
Überspitzt:
Wenn alle Geschädigte in Deinem AG Bezirk sich verabreden würden, ihre Kostenvoranschläge nur noch bei der einen Werkstatt machen zu lassen, die die Dellen aus dem Blech streichelt, auch wenn es dreimal länger dauert als bei allen anderen: wäre das dann üblich und erstattungsfähig?
Nettes Beispiel, aber es passt nicht, da es so nicht passieren kann. Wenn tatsächlich alle Geschädigten in eine Werkstatt laufen wollten, dann hätte das andere Gründe, die man auch erkennen könnte und die wohl nichts mit der Reparatur des Fahrzeugs zu tun hätten oder nicht legal wären (nackte Frauen in der Annahme, Barauszahlungen an den Geschädigten, All you can eat während der Reparatur oder ähnliche Verlockungen). Das wäre dann weder erforderlich noch üblich.
Zitat:
original geschrieben von Hafi545:
Und dem wird die Praxis dadurch gerecht, dass fiktiv ein möglichst allgemeingültiger Standard, quasi der gemeinsame Nenner, gesucht wird, aber bei konkreter Abrechnung Abweichungen nach oben zugestanden werden, weil der Geschädigte im konkreten Fall anders (aber noch vertretbar) disponiert hat.
Genau das ist es doch. Es wird ein gemeinsamer Nenner gesucht, aber eben nicht der kleinste. Das wäre für die Vorpommern und die Ostsachsen dann nämlich die Reise nach Polen. Viel eher der allgemeingültige (=übliche). Im Übrigen werden ja nicht nur Abweichungen nach oben zugestanden, sondern auch nach unten. Oder würdest Du Dich wehren, wenn ein Geschädigter wirklich nach Polen fährt und die Rechnung nur halb so hoch ist wie das deutsche Gutachten?
Zitat:
original geschrieben von Hafi545:
Wäre die Üblichkeit entscheidend, müsste zum Beispiel auch immer eine "Abschlepp-Pauschale" bezahlt werden, denn in vielen Fälllen wird ein Unfallauto abgeschleppt. Also können alle Geschädigten reklamieren, dass das Abschleppen üblich ist.Anders Beispiel: Nutzungsausfall ist -unstreitig- nur zu ersetzen, wenn der Ausfall konkret angefallen ist. Mit dem Üblichkeitskriterium wäre dieser Rechtsprechung der Boden entzogen.
Die Beispiele sind sicher etwas überzeichnet. Aber ich denke, sie verdeutlichen den Punkt.
Die Beispiele passen nicht so ganz. Beim Abschleppen ist es so, dass das entweder anfällt (dann wird reguliert) oder nicht. Wie will man das fiktiv abrechnen? Ob ein solcher Schaden eingetreten ist, steht bei der Regulierung doch schon fest. Bei der fiktiven Abrechnug weiß man es gerade nicht, ob bestimmte Positionen anfallen werden/könnten oder nicht.
Der Nutzungsausfallschaden ist ein Sonderfall, da er auf Richterrecht beruht und daher von der Rechtsprechung sehr restriktiv angewandt wird. (Ja, ich weiß, erfunden haben ihn die Versicherungen ... aber der Rechtsanspruch darauf ist Richterrecht!😉).
Zitat:
Original geschrieben von K080907
Zitat:
Die Beispiele passen nicht so ganz. Beim Abschleppen ist es so, dass das entweder anfällt (dann wird reguliert) oder nicht.
Das und zwar genau das ist doch der Punkt!
Es gibt Positionen die anfallen und andere die nicht anfallen.
Was ist -rein dogmatisch- der Unterschied zwischen fiktiver Verbringung und fiktivem Abschleppen?
Kein Mensch würde das fiktive Abschleppen zusprechen. Mit dem fiktiven Verbringen haben aber viele keine Problem. Und das geht nur, wenn man einen Bruch im System des Schadensrechts zulässt: denn es gibt eben keinen Grund dafür, die Verbringung zu erstatten, wenn sie nicht tatsächlich angefallen ist, nur mit dem Argument, dass sie bei der Wahl eines bestimmten Betriebs anfallen könnte. Für alle anderen Bereiche des Schadensrechts wird aber die reine Möglichkeit eines Schadenseintritts als nicht erstattungsfähig angesehen. Nur im leicht verqueren "Auto-Recht" wird es hingenommen...
Das passt doch nicht, oder?
Gleiches gilt für die UPE Aufschläge. Man müsste konsequenterweise dem Geschädigten, der eine Werkstatt ohne UPE Aufschläge wählt, noch eine Nachzahlung andienen. Denn sein Auto ist zwar fachgerecht repariert, aber er wurde trotzdem geringer entschädigt als der fiktiv abrechnende Geschädigte, dem der Aufschlag "sicherheitshalber" vorab zugesprochen wurde.
Gleich das nächste Beispiel: Wieso sagt der Gesetzgeber, dass MwSt nur zu entschädigen ist, wenn sie tatsächlich aufgewandt werden musste?
Weil er erkannt hat, dass es sich dabei um eine Position handelt, die anfallen kann aber eben nicht anfallen muss. Und damit eben für manche zu einer systemwidrigen Besserstellung geführt hat.
Zitat:
Wie will man das fiktiv abrechnen? Ob ein solcher Schaden eingetreten ist, steht bei der Regulierung doch schon fest. Bei der fiktiven Abrechnug weiß man es gerade nicht, ob bestimmte Positionen anfallen werden/könnten oder nicht.
Und wenn sie nicht angefallen sind, darf man sie dann zurückfordern?
Nein, so überzeugt ihr mich nicht...
Aber ich Euch wahrscheinlich auch nicht.
Gut so, sonst hätten wir ja morgen und übermorgen nichts zum Streiten.
😁
Gute Nacht und frohe Ostern allen
Hafi