Motorradfahrer alle Selbstmörder? Wie empfindet ihr die Berichterstattung in der Presse
Hallo Motorradfahrer
Da zur Zeit der Trauerfred wieder mal etwas zuviel "falschen Traffic" hat, möchte ich HIER darüber diskutieren.
Wie Kommt es bei euch rüber, wenn ihr Berichte über schwere und schwerste Unfälle durch die Presse "aufbereitet" wird.
Ich habe vor ein paar Jahren eine Regionalzeitung mal richtig zurecht geschupst.
Motorradfahrer sind anders!
Dass über sie anders berichtet wird als über zum Beispiel "Sportwagenfahrer" offensichtlich.
Gerne kann hier auch über all die diskutiert werden, die durch ihren Fahr Stil für unmut oder Aufmerksamkeit sorgen.
Viel Spaß
(PS und jetzt bitte den Trauerfred wieder dafür verwenden, für was er mal gedacht war)
Beste Antwort im Thema
Zwei Aussagen sind bei Dir sind typisch:
Schwarz: "Motorradfahrer alle Selbstmörder" (Habe ich weder in der Presse noch hier irgendwo gelesen)
Weiss: "Motorradfahrer sind anders"
Motorradfahrer fangen bei übervorsichtigen Landschaftsanguckern und Kurvenzuparkern an und gehen bis zu suizidgefährdeten rücksichtslosen Henkern, denen man am besten den Schein auf Lebenszeit sperren und alle Fahrzeuge konfiszieren sollte.
Zumindest so gesehen stimmt die Aussage, dass "Motorradfahrer anders sind". Jeder Einzelne ist für sich anders. Ist aber eine Binsenweisheit, die niemand in Frage stellt, selbst die Presse nicht.
Berichte über langsame Cruiserfahren sind langweilig. Spannend werden Geschichten über Heizer, die mit 180 quer in einen PKW rasen, dabei die Mutter einer jungen Familie töten und die Teile über 100m verteilt am Unfallort lagen. Ein Verdacht auf Drogen ist das Sahnehäubchen einer solchen Geschichte.
So funktioniert die Presse.
Es berichtet ja auch keiner über Deine Wochenendeinkäufe. Überfällst Du am Samstag einen Aldi, dann bist Du zumindest im Lokalteil. Nimmst Du dabei Geiseln, dann schaffst Du es in die Tagesschau. Läufst Du dabei Amok, dann bist Du ein paar Tage in der Presse und hast eine Diskussion über schärfere Waffengesetze und ein Verbot von Ego-Shootern losgetreten.
Ist es jetzt Zeit für einen Thread "Sind alle Aldi-Kunden Amokläufer?".
507 Antworten
Zitat:
@twindance schrieb am 16. Mai 2016 um 11:27:42 Uhr:
Die Antwort ist doch ganz einfach - es geht KEINEM Medium um Information, sondern nur um Klicks/Einschaltquoten/Auflage. Womit generiert man dies? Indem man die Urinstinkte des Menschen anspricht.
Du hast einen Teil ausgelassen. Es ging bei den privat finanzierten Medien schon immer um Klicks/Einschaltquoten/Auflage. Das ist ganz logisch, denn was nützt die tollste Zeitung, wenn sie keiner kauft.
Was hier in der Diskussion allerdings zu kurz gekommen ist, das ist das Modell "Info-Bukett" vs. "Einzel-Info". Ich bin zum Beispiel bei einer Branchen-Zeitschrift beschäftigt. Wir wenden uns an eine relativ eng umrissene Leserzielgruppe und wir haben den Anspruch, unsere Leser über alles zu informieren, was für sie relevant ist. Das Nutzungsszenario sieht für mich so aus: Unser Leser zahlt uns rund 100 Euro im Jahr und bekommt dafür 26 Hefte pro Jahr. Die blättert er mehr oder weniger oberflächlich durch und nimmt dabei für sich mit, was ihm wichtig ist. Unser Ansatz ist, dass jeder Leser in jeder Ausgabe etwas findet, was ihn interessiert - aber nicht, dass jeder Artikel von jedem Leser gelesen wird. Am Ende muss es für den Leser so interessant sein, dass sich für ihn unter dem Strich die 100 Euro im Jahr lohnen. So haben früher alle Zeitungen funktioniert. So hat auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk funktioniert.
Im Internet-Zeitalter zählen diese Informationssammlungen nicht mehr. Die Leute hüpfen von Seite zu Seite und picken sich das raus, was sie am meisten Interessiert. Man entscheidet nicht mehr zwischen "Spiegel Online" und "Faz.net", sondern sucht sich die Meldungen aus, die zum eigenen Weltbild passen.
Und plötzlich funktioniert das Ganze nur noch, wenn du möglichst mehrheitsfähiges, seichtes Zeug bringst.
Zitat:
@Sencer schrieb am 16. Mai 2016 um 14:32:25 Uhr:
Ich glaube er schreibt ja nicht über die journalistische Arbeit die er selbst macht, sondern darüber wo der Markt insgesamt hin tendiert und wie die Erwartungshaltung von Leuten ist die nicht für journalistische Arbeit zahlen.
Genau. Die Qualität meiner Arbeit können die meisten hier nicht beurteilen, sie steht hier auch nicht zur Debatte. Ich habe den Eindruck, das Modell "Journalismus" ist kaputt. Das spielt denen in die Hände, die einen leistungsfähigen Journalismus fürchten müssen, Russland wurde ja schon erwähnt. Irgendwann werden die Menschen es merken, wie es ist, wenn es keinen leistungsfähigen Journalismus mehr gibt. Das wird vermutlich lange dauern. Mal sehen, was dann passiert.
Journalismus war immer mein Traumberuf, fast 30 Jahre hat er mich vernünftig ernährt. Aber hätte ich einen Sohn, würde ich ihm heute abraten, Journalist zu werden.
Wenn man als Fotojournalist unterwegs ist und Barbara Streisand im Bikini abschießt, kann man eine menge Kohle machen. Das ist die Information, für die die Welt gut bezahlt.
Zitat:
@kandidatnr2 schrieb am 16. Mai 2016 um 22:08:30 Uhr:
Wenn man als Fotojournalist unterwegs ist und Barbara Streisand im Bikini abschießt, kann man eine menge Kohle machen. Das ist die Information, für die die Welt gut bezahlt.
Wobei es ohne Bikini noch mehr Informationen wären!
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Kommt drauf an, wie alt das Foto ist.
Aber alles auf die Leser/ Zuschauer abzuwälzen, dass diese schuld an die minderer Qualität seien. Ist zu einfach erklärt.
Man kann die breite Masse auch erziehen was sie haben will. Und wenn man dieser eben mit trash füttert will sie auch trash konsumieren.
Als Beispiel kann man das mit essen vergleichen. Z.b. Schmeckt vielen Nutella besser als andere Nussnugat Cremes. Auch wenn darunter ein bio Creme dabei ist ohne Palmenöl mit hohen Nussanteil. Auch schmeckt vielen Fertigprodukte besser als natürlich selbst gekochte, weil mehr Zucker und andere Chemiesche Geschmacksverstärker drin sind.
Im Radio haben die auch mal ein Bericht gebracht warum "Print Medien" Verluste einfahren. Viele bieten ihr Angebot online an und dies kostenlos. Warum soll ich dann eine Zeitung kaufen? Wenn eine Zeitung online Kauf anbietet, ist dies eben nur mit Abo verbunden. So einfach wie früher mal aus Neugier am Kiosk eine Zeitung kaufen weil der Artikel gefällt, ist das auch nicht mehr.
Artikel oder ganze online Ausgaben sollten einzeln kaufbar sein mit einen klick verfahren. Kein Abo und kein langwieriges an und abmelden.
Wohl die meisten "Blätter", ob print oder online, finanzieren ihre Arbeit zum größeren Teil über Werbung.
Wie kritisch geht ein "Blatt" dann wohl in die Berichterstattung, wenn ein grosser werbekunde betroffen ist?
Bestes Beispiel aktuell VW. Das Problem: der Leser weiss üblicherweise nicht, welche Abhängigkeiten bestehen.
Guter Journalismus ist ziemlich zeit- und personalintensiv, und damit teuer. Was müsste ein "Blatt" wohl kosten, wenn es sich hauptsächlich über den VK beim Leser finanziert? Und: ist der Leser bereit, solange auf eine Berichterstattung zu warten, bis sie nach soliden journalistischen Maßstäben ausrecherchiert ist?
Die Masse der Leser formt den Journalismus, und der Journalismus die Masse der Leser.
Es gibt jedoch Ausnahmen. Man muss nur mal nach " kritischen Journalisten" Google.
Zitat:
@kandidatnr2 schrieb am 16. Mai 2016 um 22:08:30 Uhr:
Wenn man als Fotojournalist unterwegs ist und Barbara Streisand im Bikini abschießt, kann man eine menge Kohle machen. Das ist die Information, für die die Welt gut bezahlt.
Man merkt, dass Du etwas älter bist 😁
Es geht doch auch anders!
gut es ist nur ein "Polizei Berichtsblatt"
Fakt ist man könnte es auch komplett anders schreiben:
Übernächtigt oder Betrunken?
Jugendlicher rast mit Sportwagen in die Bäume...
Dabei ist bei der Streisand tatsächlich hauptsächlich die Stimme und Ihr Gesangs- und Schauspieltalent Grund für die Weltkarriere gewesen und kein Wow-Körperbau.
Ansonsten gehöre ich zu den (wenigen?) Medienkonsumenten, die sehr wohl für seriöse Berichterstattung zahlen. Zusätzlich (!) zum Papier-Zeitungsabo haben wir kürzlich dasselbe Blatt auch als Online-Version abonniert. Die kann auf drei Endgeräten gleichzeitig gelesen werden, so daß wir mit der Papier-Version sozusagen vier Exemplare für vier Familienmitglieder haben. Das ist für uns ein Mehrwert und dafür bezahlen wir. Auch, weil da nach einem tödlichen Motorradunfall kein reißerischer Unfug steht, sondern lediglich die Fakten sachlich berichtet werden. Wobei ich mir manchmal durchaus deutlichere Worte wünschen würde, aber das schrieb ich ja schon.
Gruß Michael
Ok liebe Presse. Ich geb zu, ihr könnt auch anders rum.
https://www.aachener-zeitung.de/.../...nende-fuer-autofahrer-1.1360617
Zitat:
@Lewellyn schrieb am 17. Mai 2016 um 09:16:44 Uhr:
Ok liebe Presse. Ich geb zu, ihr könnt auch anders rum.https://www.aachener-zeitung.de/.../...nende-fuer-autofahrer-1.1360617
schon schlimm, das alles. hängt es einfach damit zusammen, dass an solch exponierten tagen entsprechend viel leute unterwegs sind? keine ahnung.
seit 2 jahren meide ich solche "tage" soweit es irgend geht. ebenso tage an denen es aussergewöhnlich heiss oder schwül ist (dann macht das mopedfahren eh nicht sooo viel spass), weil an diesen tagen viele verkehrsteilnehmer überdurchschnittlich unkonzentriert oder aggressiv oder beides sind......
Zitat:
@tw125 schrieb am 17. Mai 2016 um 06:08:52 Uhr:
Wohl die meisten "Blätter", ob print oder online, finanzieren ihre Arbeit zum größeren Teil über Werbung.Wie kritisch geht ein "Blatt" dann wohl in die Berichterstattung, wenn ein grosser werbekunde betroffen ist?
Bestes Beispiel aktuell VW. Das Problem: der Leser weiss üblicherweise nicht, welche Abhängigkeiten bestehen.
Guter Journalismus ist ziemlich zeit- und personalintensiv, und damit teuer. Was müsste ein "Blatt" wohl kosten, wenn es sich hauptsächlich über den VK beim Leser finanziert? Und: ist der Leser bereit, solange auf eine Berichterstattung zu warten, bis sie nach soliden journalistischen Maßstäben ausrecherchiert ist?
Die Masse der Leser formt den Journalismus, und der Journalismus die Masse der Leser.
Es gibt jedoch Ausnahmen. Man muss nur mal nach " kritischen Journalisten" Google.
Schön gesagt. Und so banal. Ich sage unseren Anzeigenleuten immer: "Die Leute lesen unser Blatt nicht wegen der Werbung, sondern trotzdem."
Gegen Leute, die Redaktionen permanent Käuflichkeit unterstellen, ist kein Kraut gewachsen. Sie unterstellen Journalisten einfach Unehrlichkeit. Natürlich lassen sich dafür auch Belege finden - wobei oft genug der Schluss gezogen wird: "Bestätigt ein Artikel nicht meine Weltsicht, wurde der Journalist illegitim beeinflusst."
Ich finde aber, das ist eine schöne Möglichkeit, den Bogen zurück zum Thema zu finden: Es gibt zweifellos Motorradfahrer, die durch illegale Manipulationen an ihrer Auspuffanlage für Ruhestörung sorgen. Es gibt auch Motorradfahrer, die durch riskante Fahrweise sich und andere gefährden. Die meisten Motorradfahrer möchten aber nicht pauschal mit diesen Leuten in einen Topf geworfen werden.
Bei Mediennutzern bin ich inzwischen zu folgender Geisteshaltung übergegangen: Bist du mein Leser, d.h. Käufer meines Produktes oder Rezipient der Werbung auf meiner Website? Wenn ja, dann darfst du meine Arbeit kritisieren. Wenn nicht, dann geh' mir aus der Sonne.
sampleman,
ich meinte das gar nicht so in richtung "gekaufter" journalismus, wie es offensichtlich trotzdem erschien.
vielleicht etwas ausführlicher (auch wieder am bsp VW-affäre):
zu beginn einr solchen affäre gibt es doch meist überhaupt keine wirklich gesicherten erkenntnisse. das meiste ist spekulation.
trotzdem erwartet der leser ein statement "seiner" zeitung dazu.
und an dieser stelle ist es dann nur zu verständlich, das eine zeitung hier zurückhaltend ist, und zwar sowohl aus gründen der journalistischen arbeit, aber auch (besonders), wenn hier ein wichtiger anzeigenkunde betroffen ist.
aber dennoch: ich abonniere unsere lokalzeitung. und da merkt man schon deutlich, das bestimmte lokale persönlichkeiten doch sehr sehr rücksichtsvoll "angefasst" werden.
edit:
dein beispiel bzw. deine parallele trifft es sehr gut!
Zitat:
@tw125 schrieb am 17. Mai 2016 um 11:05:04 Uhr:
und an dieser stelle ist es dann nur zu verständlich, das eine zeitung hier zurückhaltend ist, und zwar sowohl aus gründen der journalistischen arbeit, aber auch (besonders), wenn hier ein wichtiger anzeigenkunde betroffen ist.
Das ist zwar verständlich, aber deshalb nicht unbedingt gegeben. Als der VW-Skandal losging, haben zum Beispiel jede Menge Elektroauto-Claqueure, die ohnehin in einer Tour über die deutsche Autoindustrie herziehen, regelrechte Hasstiraden gefahren. Von "meiner" Zeitung erwarte ich da schon eine differenziertere Betrachtung der Affäre. Und wenn du dir mal Zeitungen anguckst: So viel wirbt VW auch nicht, dass es irgendeine Zeitung gäbe, die von VW abhängig ist.
Und vieles, was damals von Hatern als "Beschwichtigung der VW-Fans" angeprangert wurde, hat sich inzwischen ja bewahrheitet: Nicht nur VW, alle möglichen Autohersteller haben ihre Dieselmotoren so programmiert, dass die Abgasreinigung nur in dem schmalen Fenster funktioniert, in dem der Testlauf funktioniert. Die bescheißen wie die Weltmeister, das weiß auch jeder seit Jahren, unter anderem, weil die Presse regelmäßig drüber berichtet.
Was die Dimensionen des VW-Skandals so speziell macht, ist eigentlich nur, dass VW solch ein großer Hersteller ist und dass sie auch in den USA Probleme haben.