Gericht schützt Kampfradler

Tag die Herren,

neues aus dem Irrenhaus der deutschen Gerichtsbarkeit:

Das Oberlandesgericht Celle attestiert Radfahrern eine "verbreitete und allgemein bekannte Disziplinlosigkeit". Autofahrer haften bei einem Unfall aber auch dann, wenn Radfahrer in die falsche Richtung fahren.

Sie sind allseits gefürchtet; die Radfahrer, die in Gegenrichtung in eine Einbahnstraße einbiegen, bei Rot über die Ampel huschen, im Zickzack zwischen Autos kreuzen oder in falscher Richtung auf dem Fahrradweg unterwegs sind. Das Oberlandesgericht Celle hat der Zunft in einer Urteilsbegründung jetzt sogar eine „verbreitete und allgemein bekannte Disziplinlosigkeit“ attestiert. Und trotzdem kommt eben jenes Gericht zu dem Urteil, dass Autofahrer auch dann bei einem Unfall mit einem Radfahrer haften, wenn dieser auf dem Radweg in falscher Richtung fährt.

Im konkreten Fall war eine Fahrradfahrerin auf dem Radweg einer Vorfahrtsstraße auf der falschen Seite mit etwa 5 Kilometern pro Stunde unterwegs. Von links fuhr ein Mercedes-Fahrer mit etwa 15 Stundenkilometer aus der Vorfahrtachten-Straße in die Radfahrerin hinein. Diese stürzte, fiel auf die Motorhaube des Mercedes und brach sich einen Fuß.

Das Gericht legt dem Autofahrer in seinem Urteil, dessen schriftliche Begründung jetzt veröffentlicht wurde, zwei Verstöße zur Last. Zum einen seien „Autofahrer wegen der verbreiteten und allgemein bekannten Disziplinlosigkeit von Radfahrern verpflichtet, sich auch auf eine Benutzung von Radwegen in falscher Richtung einzustellen“. Deshalb müsse der Autofahrer durch einen Blick nach rechts sicherstellen, dass da kein Radfahrer kommt. Außerdem liege auch eine Vorfahrtsverletzung vor, da „ein den Radweg einer vorfahrtsberechtigten Straße befahrender Radfahrer“ an deren „Vorfahrtsberechtigung“ auch dann teilnehme, wenn er in falscher Richtung unterwegs sei. Außerdem müsse ein Autofahrer ohnehin für die „Betriebsgefahr“ seines PKW haften. Allerdings, urteilt das Gericht, sei auch die falsch fahrende Radfahrerin teilschuld. Denn wenn sie schon auf der falschen Seite unterwegs sei, müsse sie wenigstens deutlich langsamer fahren.

Die Charakterisierung von Radfahrern interpretiert Markus Schäpel, Rechtsexperte beim Automobilclub ADAC als „persönliche Wertung“ der Richter. Doch das Urteil sei korrekt. Denn auch wenn „viele Radfahrer nicht unbedingt so fahren wie es die Straßenverkehrsordnung vorschreibt“, sagt Schäpel, gelte sehr wohl die Pflicht, mit Fehlern anderer Verkehrsteilnehmer zu rechnen. Und Vorfahrtsstraße bleibe Vorfahrtsstraße. Sein ADAC-Kollege Maximilian Maurer betont den Grundsatz des Gesetzgebers, die Schwächeren im Straßenverkehr zu schützen. Nichts anderes bedeute die „Betriebsgefahr“ eines PKW, die an sich schon zu einer Haftung eines Autofahrers führe. „Auch wenn der Kampfradler das weiß und sich darauf auch verlässt.“

Robert Huhn, Rechtsreferent bei Fahrradclub ADFC, ärgert sich über den Passus der Disziplinlosigkeit. Aber auch er begrüßt das Urteil. Immerhin gebe es Fahrradwege, die für beide Richtungen zugelassen seien. „Deshalb muss ein Autofahrer damit rechnen, dass aus beiden Richtungen Radfahrer kommen können.“ Wie auch die Radfahrerin, die zwar die Vorfahrt behalte, bedenken müsse, dass der Autofahrer nicht mit ihr rechnet. Dass Radfahrer „gerne mal falsch fahren“, gibt Huhn zu. „In der Summe begehen Radfahrer aber nicht mehr Verstöße als Autofahrer“, erklärt Huhn. Sie fielen den Autofahrern nur besonders auf.

Quelle: Klick

🙄

Als ob die "allgemeine Betriebsgefahr" nicht reichen würde. Was sagen denn unsere Juristen dazu?

MfG

invisible_ghost

Beste Antwort im Thema

Ich halte bei grün leuchtender Wechsellichtzeichenanlage an, weil sich jemand nicht an das Haltgebot der ihn betreffenden rot leuchtenden Wechsellichtzeichenanlage hält. Wäre sinngemäß das Gleiche.

374 weitere Antworten
374 Antworten

Fällt mir grad so ein:

Ich frag mich gerade, wie man mit 5km/h noch überhaupt irgendwo reinkrachen kann als links und rechts weil man schon mit dem Lenker schlenkert 😁 Das grenzt für mich ja schon fast an Vorsatz, denn ein normales Fahrrad steht von jetzt auf gleich wenn man bremst bei 5km/h!

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan



Zitat:

Original geschrieben von Wurstfachverkaeufer.


Ganz abgesehen davon hat ein Autofahrer einen mit 5 kmh fahrenden Radfahrer (das ist Fußgängertempo) gefälligst zu beachten ... ganz gleich woher der kommt.

Ah ja, wenn der also fröhlich pfeifend in einer nicht freigegebenen Einbahnstraße in die ich einbiege, mir in die Karre kracht muß ich den also " beachten" , auch wenn ich den gar nicht sehen kann und auch nicht mit ihm zu rechnen brauche ( so war mal die, in uralten Vor-BSE Zeiten die Rechtsprechung ) . Nach der gleichen Diktion kann ich demnächst auch falsch herum auf der Autobahn fahren. Die anderen haben das gefälligst zu Kenntnis zu nehmen und müssen damit rechnen. Du verkaufst nicht zufällig deine Wurst in der Nähe eines Gerichts ?😁

... nix Einbahnstraße, nix Autobahn ... nur ein Radfahrer, der auf einer vorfahrtberechtigten Straße in Fußgängertempo einen Radweg in falscher Richtung befährt. Und der Autofahrer hat gepennt. (Einen Fußgänger hätte er ja auch erwischt)

Gruß

Wfv

Zitat:

Original geschrieben von Diabolomk


Fällt mir grad so ein:

Ich frag mich gerade, wie man mit 5km/h noch überhaupt irgendwo reinkrachen kann als links und rechts weil man schon mit dem Lenker schlenkert 😁 Das grenzt für mich ja schon fast an Vorsatz, denn ein normales Fahrrad steht von jetzt auf gleich wenn man bremst bei 5km/h!

... der Autofahrer fuhr in den Radfahrer aber verstehen kann ich es auch nicht. Auch ein Auto steht ja bei 15 kmh fast sofort. Aber der Aufprall hat gereicht, um einen Menschen schwer zu verletzten.

Gruß

Wfv

Zitat:

Original geschrieben von Wurstfachverkaeufer.


nur ein Radfahrer, der auf einer vorfahrtberechtigten Straße in Fußgängertempo einen Radweg in falscher Richtung befährt. Und der Autofahrer hat gepennt. (Einen Fußgänger hätte er ja auch erwischt)

Gruß

Wfv

Klar, ich hätte auch " gepennt ". Wir hatten mal in grauer Vorzeit

Rechtsverkehr

und früher wurde immer angenommen, daß sich alle an diese antike " STVO " halten. Lang ist es her.....Ich kann nur hoffen, daß der Betroffene weiter geht, wenn es sein muß bis zum Europäischen Gerichtshof. So langsam geht einem diese ganze Rechtsklitterung hierzulande nur noch auf den Geist.

Ähnliche Themen

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan



Zitat:

Original geschrieben von Wurstfachverkaeufer.


nur ein Radfahrer, der auf einer vorfahrtberechtigten Straße in Fußgängertempo einen Radweg in falscher Richtung befährt. Und der Autofahrer hat gepennt. (Einen Fußgänger hätte er ja auch erwischt)

Gruß

Wfv

Klar, ich hätte auch " gepennt ". Wir hatten mal in grauer Vorzeit Rechtsverkehr und früher wurde immer angenommen, daß sich alle an diese antike " STVO " halten. Lang ist es her.....Ich kann nur hoffen, daß der Betroffene weiter geht, wenn es sein muß bis zum Europäischen Gerichtshof.
...

... wo ihn ein holländischer Richter dann so richtig einnordet 😁😁.

Stichwort Rechtsverkehr: Es gibt auch Radwege die in beide Richtungen befahren werden dürfen. Ob das im vorliegenden Fall so war, glaube ich nicht. Der Autofahrer konnte es aber nicht wissen und hätte sich auf jeden Fall in beide Richtungen vergewissern müssen. Baulich ist der freie Blick auf den Radweg für den Abbieger auf der nachrangigen Straße immer in beide Richtungen freizuhalten.

Nochmal: Der Unfall hätte leicht vermieden werden können. Das Urteil aber finde ich in Ordnung und gut.

Gruß

Wfv

Zitat:

Original geschrieben von Wurstfachverkaeufer.


. Das Urteil aber finde ich in Ordnung und gut.

Gruß

Wfv

Der Richter scheint ja wohl dein bester Kunde zu sein - oder bist du es selber ? 😰😰😰 Ich würde übrigens nicht so groß hier rumtönen- hoffe mal nur, daß dir das nicht selber passiert- dann sieht die ganze Geschichte auf einmal völlig anders aus 🙄

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan



Zitat:

Original geschrieben von Wurstfachverkaeufer.


. Das Urteil aber finde ich in Ordnung und gut.

Gruß

Wfv

Der Richter scheint ja wohl dein bester Kunde zu sein - oder bist du es selber ? 😰😰😰 Ich würde übrogens nicht so groß hier rumtönen- hoffe mal nur, daß dir das nicht selber passiert- dann sieht die ganze Geschichte auf einmal völlig anders aus 🙄

... in der Rolle des Radfahrers oder des Autofahrers??

Die oben beschriebene Geschichte finde ich aus einem bestimmten Grund interessant.

Gleich darf ich wieder von einer Nebenstraße in eine viel befahrene Hauptstraße links abbiegen.
Beim Abbiegen habe ich folgendes zu beachten:

- den Verkehr von links
- den Linksabbieger von links
- den Verkehr von rechts
- den Gegenverkehr
- den Rechtsabbieger des Gegenverkehrs
- Fußgänger von links
- Radfahrer von links auf dem Fußweg (es gibt keinen offiziellen Radweg und der Blick auf den "FußRadweg" ist nicht freigehalten sondern durch Reklameschilder beeinträchtigt)
- Radfahrer von links auf der Straße
- Fußgänger von rechts
- Radfahrer von rechts (s. oben, auch auf der rechten Seite kann man nur schlecht in den "FußRadweg" einsehen)

Der Fußweg wird als Radweg gebraucht/mißbraucht, weil 100 m weiter ein in 2 Richtungen zu befahrender Radweg endet. Es gibt keine Ampelanlagen.

An diesem verkehrstechnischen Schwachsinn drehst du dich wie ein Kreisel, um in der Zehntelsekunde des Losfahrens wirklich alle Eventuallitäten im Blick zu haben. Bisher ist mir noch immer gelungen. Aber nicht alle hatten dieses Glück. Da knallt es schon einmal und ich habe schon mehr als ein verbogenes Fahrrad dort gesehen.

Die Beachtung eines richtigen Radweges, der ja an Kreuzungen immer etwas von der Straße abrückt, u.a. damit der abbiegende Autofahrer sich zunächst auf die Radfahrer/Fußgänger und dann auf die Autofahrer konzentrieren kann, ist im Vergleich dazu ein Kinderspiel.

Gruß

Wfv

Na, dann bin ich ja froh das wir ein weiteres Universialgenie hier haben...😮 Das Fazit aus diesem Skandalurteil für mich: verletzte dauerhaft Vorschriften, dann interessiert es bald niemanden mehr. Und da wundern sich noch einige über die Zustände in dieser kaputten Geselschaft ?

Zitat:

...

Nochmal: Der Unfall hätte leicht vermieden werden können. Das Urteil aber finde ich in Ordnung und gut.
...

In diesem konkreten Fall geht das Urteil in Ordnung (GUT ist für mich was anderes) aber m. E. nur der Tatsache geschuldet, dass der Radfahrer quasi Schrittgeschwindigkeit gefahren ist. Dadurch wäre er für mich - auch auf dem Rad sitzend - quasi einem Fussgänger gleichzusetzen, auf den ich ja auch achten muss. Generell bestreitet wohl auch keiner, dass den Autofahrer u. U. eine gewisse Teilschuld trifft, weil er wie ALLE !!! Verkehrsteilnehmer umsichtig fahren muss, so dass er keinen gefährdet.

Was aber GAR NICHT GEHT ist doch die Begründung, nämlich dass man ja eigentlich wissen sollte, dass Radfahrer rücksichtslose Rowdies sind, die sich an nix halten, und da man das weiß, soll man sich darauf einrichten und haftet für DEREN Vergehen!!!

Warum schließt man dieses verpflichtende umsichtige Fahren nach §1 per se für Radfahrer aus??? Und gibt dem Autofahrer die Schuld, weil der das ja zu berücksichtigen hat???
Und das ist m. E. symptomatisch für unsere Kuschel- und Täterrechtsprechung, die in der Form völlig daneben ist!

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan


...
verletzte dauerhaft Vorschriften, dann interessiert es bald niemanden mehr.

...falsch: Dann wird irgendwann ein Gewohnheitsrecht draus, aus dessen Rechtsanspruch heraus Du andere verklagen kannst!!!😁

Zitat:

Original geschrieben von HerrLehmann1973



Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan


...
verletzte dauerhaft Vorschriften, dann interessiert es bald niemanden mehr.
...falsch: Dann wird irgendwann ein Gewohnheitsrecht draus, aus dessen Rechtsanspruch heraus Du andere verklagen kannst!!!😁

Ja, stimmt. Das habe ich nicht bedacht 😁😎 .

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan


Na, dann bin ich ja froh das wir ein weiteres Universialgenie hier haben...😮

... wenn ich es wäre, wäre die Ecke ja kein Problem für mich. Ist es aber. 😉 Aber ich bin guter Hoffnung, dass ich diese Aufgabe auch heute wieder lösen werden.

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan


....
Das Fazit aus diesem Skandalurteil für mich: verletzte dauerhaft Vorschriften, dann interessiert es bald niemanden mehr. Und da wundern sich noch einige über die Zustände in dieser kaputten Geselschaft ?
...

... da sieht man mal wieder, wie unterschiedlich Ansichten sind. Ich würde entgegen deines Fazits eine Gesellschaft für kaputt halten, in der es Rechtsbeugung gäbe (rechtlich ist die Sache klipp und klar, da der Autofahrer sich in

beide

Richtungen vergewissern

muss

, ob er weiterfahren darf), um einem schwächeren Verkehrsteilnehmer, der dazu noch schwer verletzt wurde, einen "erzieherischen" Klapps auf den Hintern zu geben.

Gruß

Wfv

Du schaffst das, da bin ich mir sicher...🙂

Zitat:

Original geschrieben von zille1976



Zitat:

Original geschrieben von Linus66


Im Übrigen ist das völlig normal und üblich im Straßenverkehr mit der Disziplinlosigkeit seiner Mitmenschen zu rechnen. Oder muß ich mich z.B. auf einer 100 km/h limitierten Autobahn nicht mehr umschauen wenn ich mit 100 km/h die Spur wechseln möchte?
Klar ist es das, aber das was das OLG da gemacht hat ist einen Freibrief für Radfahrer auszustellen. Ihr könnt tun was ihr wollt und seit nie Schuld, da die anderen ja wissen ,dass ihr macht was ihr wollt.

Für dein Beispiel heißt dass, wenn dir einer mit 200 in ner 100er Begrenzung reinkracht, bist du zu 100% Schuld weil du wissen musst, dass es Autofahrer gibt die zu schnell fahren.

Mfg Zille

Freibrief bei Teilschuld? Nimm mal die Scheuklappen ab.

Das Urteil würde sicher anders aussehen wenn der Radler mit 50 statt 5 km/h unterwegs gewesen wäre. Nur hätte es in diesem Fall, bei 5 km/h genausogut ein anderer VT sein können der dort völlig korrekt unterwegs war. Drum war es schlichtweg grasses Fehlverhalten des Autofahrers.

Zitat:

Original geschrieben von R 129 Fan


Na, dann bin ich ja froh das wir ein weiteres Universialgenie hier haben...😮 Das Fazit aus diesem Skandalurteil für mich: verletzte dauerhaft Vorschriften, dann interessiert es bald niemanden mehr. Und da wundern sich noch einige über die Zustände in dieser kaputten Geselschaft ?

Wenn es zu mehr nicht reicht ... 🙄

Deine Antwort
Ähnliche Themen