Elektrisch betätigte Feststellbremse als Notbremse?
Hallo Sachverständige und die, die sich mit Zulassung auskennen,
ich habe mir neulich eine Frage gestellt, die ich mir selbst nicht beantworten kann. Aufgrund der Zeit bis zur nächsten HU und somit einer Gelegenheit, einen Kfz-Sachverständigen fragen zu können, versuche ich hier mein Glück.
Ich bin leidenschaftlicher Oldtimer-Fahrer. Bei der Feststellbremse meines Fahrzeuges kommt es regelmäßig zu ungleicher Bremswirkung des rechten und linken Hinterrades. Das ärgert mich, da die korrekte Einstellung der Bremswirkung ohne Prüfstand nur schwierig bzw. nicht zuverlässig möglich ist.
Daher habe ich nach erneut nicht bestandener HU aufgrund ungleichmäßig wirkender Feststellbremse den Prüfer gefragt, warum die Gleichmäßigkeit der Bremswirkung der Feststellbremse Kriterium sei. Es müsse doch genügen, wenn die gesamte Bremswirkung ausreicht, um das Fahrzeug festzusetzen, damit es nicht wegrollt.
Darauf meinte der Prüfer, dass die Feststellbremse gleichmäßig wirken müsse, da diese in einer Notsituation, beim Ausfall der Betriebsbremse, das Fahrzeug aus der Bewegung sicher zum Stehen bringen müsse, ohne dass das Heck ausbricht, die Feststellbremse somit nicht nur zum Festsetzen des Fahrzeuges, sondern auch als "Betriebsbremse im Notfall" fungieren können müsse.
Nun frage ich mich, wie man ein Fahrzeug mit elektrisch betätigter Feststellbremse beim Ausfall der Betriebsbremse im Notfall aus der Bewegung verzögert. Ein dosiertes Betätigen der Feststellbremse, so wie es bei mechanisch betätigten Bremsen möglich ist, ist bei elektrisch betätigter Feststellbremse ja nicht möglich. Wie funktioniert das? Hat jemand ein modernes Fahrzeug mit elektrisch betätigter Feststellbremse und einmal ausprobiert, was passiert, wenn man aus voller Fahrt diese betätigt? Fubktioniert das überhaupt? Und falls nein, warum muss es bei einem Oldtimer mit mechanischer Feststellbremse funktionieren können, in einem moderen Fahrzeug mit elektrisch betätigter Feststellbremse aber nicht?
Weiß das jemand?
Gruß
Jo.
75 Antworten
Dann kann diese Aussage wohl nicht ganz stimmen:
"Es gibt nämlich Modelle und Marken, bei denen die elektrische Handbremse während dem Fahren nicht reagiert."
Quelle:
https://www.blick.ch/.../...r-handbremse-sind-verboten-id16339788.html
Leider lässt diese Schweizer Boulevardzeitung offen, welche Fahrzeugmodelle das wären. Ich vertraue dann eher euren Angaben hier, dass die Bremse bremst, nur ohne ABS.
Wäre es bei einem hinreichend modernen Fahrzeuge sogar denkbar, dass ein Defekt in der Hydraulik schon vor dem Losfahren durch einen Selbsttest festgestellt wird? Ich kenne nur den einfachen Füllstand-Schalter im Vorratsbehälter, der eine Warnlampe auslöst.
Zitat:
@HotChiliRed schrieb am 20. November 2024 um 21:58:24 Uhr:
Zitat:
@gardetzki schrieb am 20. November 2024 um 15:51:29 Uhr:
...Ich habe es mal probiert bei meinem Golf .Bei 20 kmh schlug dei Bremse voll rein. Beide Hinterräder blockieren .Was bei 50 kmh passiert? .Ich möchte es nicht wissen.Was für ein Modell des Golfs fährst du denn?
@gardetzki
Bitte nenne noch, welchen Golf genau du meinst.
Es kann auch 15 km h gewesen sein .Golf 7 bj 16 Untergrund war Schotter.
Ein modernes System erkennt einen Kreisausfall.
Die Degradierung erfolgt dann in der folgenden Reihenfolge der Ansteuerung - ESC (geregelt) - eBKV (select low) - EPB (select low).
Und noch einmal, beim Golf 7 erfolgt bis ca. 3km/h eine geregelte ABS Bremsung über das ESC.
Alles andere ist eine falsche subjektive Wahrnehmung.
Zitat:
@mecco schrieb am 23. November 2024 um 20:06:18 Uhr:
Habe gerade mal den §41 der StVZO überflogen
Die technischen Vorschriften des §41 haben für heutige PKW keine Bedeutung mehr. Die relevanten Vorschriften für die Bremsanlage finden sich in der UNECE Regelung 13H.
Die dort geforderte Hilfsbremsanlage wird üblicherweise (aber nicht immer) durch den intakten Kreis der Betriebsbremse dargestellt.
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Zitat:
@hk_do schrieb am 24. November 2024 um 01:22:21 Uhr:
Die technischen Vorschriften des §41 haben für heutige PKW keine Bedeutung mehr. Die relevanten Vorschriften für die Bremsanlage finden sich in der UNECE Regelung 13H.
Ich weiß auch, dass es so ist, dass die UNECE Regelung angewendet werden können. Irgendwo muss dies aber festgelegt sein. Rein aus persönlichem Interesse, weißt du, wo dies ist?
Gruß
Uwe
Interessant. Ist das dieser Abschnitt hier? Demnach würde die Hilfsbremse mehr oder weniger in der Betriebsbremse integriert sein und nicht in dem Hebel an der Konsole gesehen werden.
Zitat:
5.1.2.2. Hilfsbremssystem
Das Hilfsbremssystem muss mithilfe der Betätigungseinrichtung der Betriebsbremse das Anhalten des Fahrzeugs innerhalb einer angemessenen Distanz ermöglichen, wenn das Betriebsbremssystem versagt. Seine Wirkung muss abstufbar sein. Der Fahrzeugführer muss die Bremswirkung von seinem Sitz aus erzielen können, ohne die Hände von der Betätigungseinrichtung der Lenkanlage zu nehmen. Im Sinne dieser Vorschriften wird angenommen, dass beim Betriebsbremssystem gleichzeitig nicht mehr als eine Störung auftreten kann.
Der Ausfall eines Kreises ist eine Störung. Man kann also immer noch mit der Fußbremse zum Stehen kommen.
Zitat:
@Go}][{esZorN schrieb am 23. November 2024 um 09:36:40 Uhr:
Wieso Reifen schrotten? Die Bremsen ziehen bis zur ABS-Abregelgrenze.
Bei meinem Astra J haben die damals (auf Schneedecke) definitiv und dauerhaft die Hinterräder blockiert ... waren Driftversuche ohne Spaßfaktor 🙁 ... und als ich sie das erste mal für einen Test auf Asphalt gezogen habe war ich, ob der unerwarteten Bremskraft, etwas überrascht und habe fast ins Lenkrad gebissen. Auf Asphalt hat es allerdings nicht blockiert. ...es mag da diverse, Marken- und baujahresabhängige Stilblüten geben.
Wenn's dann mal wieder Schnee geben sollte werde ich das bei meinem jetzigen auch mal wieder testen.
Drift ohne Spassfaktor? Eventuell weil das Heck nicht ausgebrochen ist, da es eben doch geregelt war.
Lasst Euch nicht von irgendeinem subjektiven Eindruck täuschen, wenn Euch die Erfahrung fehlt, wie eine blockierte Hinterachse sich real auswirkt (z.B. beim Ziehen der Stockhandbremse). Das führt unmittelbar und sehr schnell zum Dreher und das passiert nicht, wenn man in einem modernen Auto die EPB zieht.
Am Ende möchte ich aber auch nicht ausschließen, dass es noch ein paar ältere Fahrzeuge gibt, bei denen das anders gelöst war. Heute ist die geregelte Bremsung aber Standard und beim Golf 7, um den es ging, ist die Bremsung defintiv geregelt.
Zitat:
@MacV8 schrieb am 24. November 2024 um 15:53:08 Uhr:
Drift ohne Spassfaktor? Eventuell weil das Heck nicht ausgebrochen ist, da es eben doch geregelt war.
Ok, man kan ja jemanden für blöd halten.
Sowohl der delay beim zihen und lösen wie vorausgehende und folgende Aktionen sind bei Knopfbedienung weit weg vom Spaßfaktor den intuitives Bremshebelreißen haben.
Zitat:
Lasst Euch nicht von irgendeinem subjektiven Eindruck täuschen, wenn Euch die Erfahrung fehlt, wie eine blockierte Hinterachse sich real auswirkt (z.B. beim Ziehen der Stockhandbremse). Das führt unmittelbar und sehr schnell zum Dreher und das passiert nicht, wenn man in einem modernen Auto die EPB zieht.
Der Vergleich mit meinem BJ22 steht noch aus. Aber was ich oben schrieb war
*real* - irrtumsfrei.
Zitat:
Am Ende möchte ich aber auch nicht ausschließen, dass es noch ein paar ältere Fahrzeuge gibt, bei denen das anders gelöst war. Heute ist die geregelte Bremsung aber Standard und beim Golf 7, um den es ging, ist die Bremsung defintiv geregelt.
Wie ich sehe scheint es in der G7-Reihe dennoch elektrische Stellantriebe für die EPB zu geben. Wie wird da eine ABS-Like-schnelle Regelung realisiert? Sie sind ja technisch so realisiert das sie anziehen und nach abstellen des Fahrzeugs auch stromlos feststellen.
Noch einmal und immer wieder - die Bremsung findet NICHT über die elektromechanischen Stellantriebe statt. Natürlich sind die vorhanden, aber sie dienen nur zum Zuspannen für die Halte-/Parkfunktion.
Die Bremsung findet hydraulisch über das ESC-System statt.
Es tut mir wirklich leid, aber es fällt mir schwer sachlich zu bleiben, wenn hier immer wieder bestimmte Sachen behauptet werden, während das grundlegende Technikverständnis fehlt. Ein ganz klein wenig mehr Selbtsreflektion wäre da schon hilfreich.
Daher noch einmal auf einfachstem Niveau gefragt - dreht sich das Auto ein und muss stark gegengelenkt werden, wenn man die EPB zieht? Ja - es handelt sich um ein sehr altes und rudimentäres System ohne Regelung. Nein - es handelt sich um ein modernes, geregeltes System. So einfach ist das ;-) .
Die alten Systeme sind hinsichtlich Fahrstabilität und funktionaler Sicherheit extrem kritisch und wurden nach meiner Kenntnis nur sehr selten und nur bei älteren Autos verbaut. Man stelle sich nur mal vor ein Kind oder Beifahrer kommt auf nasser Straße an den Knopf und das Auto fliegt deshalb ab.
Zitat:
@Uwe Mettmann schrieb am 24. November 2024 um 05:37:44 Uhr:
Ich weiß auch, dass es so ist, dass die UNECE Regelung angewendet werden können.
nicht können, müssen!
Zitat:
Irgendwo muss dies aber festgelegt sein. Rein aus persönlichem Interesse, weißt du, wo dies ist?
§41, Absätze 18 (für PKW, LKW und deren Anhänger), 19 (für Krafträder und Anverwandte) und 20 (für lof-Fahrzeuge) (*). Hier wird dann (seit ungefähr 50 Jahren) zunächst auf EG-Recht verwiesen, aber auch das galt seit gut 30 Jahren nur noch für Einzelgenehmigungen. Typgenehmigungen für PKW werden seit Mitte der 90er Jahre schon nicht mehr auf Grundlage der StVZO, sondern auf Grundlage der entsprechenden EG-Rahmenrichtlinien erstellt. Inzwischen ist das die Verordnung 2018/858. Dort findet sich dann in Anhang II Nummer 9B der Verweis auf die UNECE-R13H.
Inzwischen ist aber auch bei nationalen Einzelgenehmigungen auf Basis der StVZO primär EU-Recht anzuwenden, siehe §19(1): "Die Betriebserlaubnis nach den Vorschriften dieser Verordnung ist nur zu erteilen, wenn die Einzelrechtsakte und Einzelregelungen, die in den in Satz 1 Nummer 1, 2 oder 3 genannten Vorschriften angegeben sind, nicht anwendbar sind. "
(*)
Das ist ja das schöne an diesem §41: erst kann man sich 17 Absätze lang alle möglichen Vorschriften über Bremsanlagen durchlesen. Und dann kommt zum Schluss ein "Ätsch, für 95% aller Fahrzeuge gilt das überhaupt nicht!" 😛
Zitat:
@mecco schrieb am 24. November 2024 um 09:11:42 Uhr:
Interessant. Ist das dieser Abschnitt hier? Demnach würde die Hilfsbremse mehr oder weniger in der Betriebsbremse integriert sein und nicht in dem Hebel an der Konsole gesehen werden.
Ja, offensichtlich ist inzwischen die Feststellbremse als Hilfsbremse nach ECE nicht mehr zulässig. Hätte ich auswendig auch nicht gewusst.
In der EG-Vorschrift war es noch:
Zitat:
2.1.2.2 Hilfsbremsanlage
Die Hilfsbremsanlage muß das Anhalten des Fahrzeugs innerhalb eines angemessenen Anhaltewegs ermöglichen, wenn die Betriebsbremsanlage versagt. Die Bremsbetätigung muß abstufbar sein. Der Fahrer muß die Bremsung von seinem Sitz aus erzielen können und dabei mindestens mit einer Hand die Kontrolle über die Lenkanlage behalten. Für diese Vorschrift wird angenommen, daß bei der Betriebsbremsanlage gleichzeitig nicht mehr als eine Störung auftreten kann.
Das war auch über die Feststellbremsanlage zu erreichen.
Dafür gab es dann aber noch die Forderung nach einer Restbremswirkung:
Zitat:
2.2.1.4
Bei Ausfall eines Teils der Übertragungseinrichtung der Betriebsbremsanlage müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
2.2.1.4.1
Eine ausreichende Anzahl Räder muß durch Betätigung der Betriebsbremsanlage noch gebremst werden können, unabhängig von dem Beladungszustand des Fahrzeugs.
2.2.1.4.2
Diese Räder sind so zu wählen, daß die Restbremswirkung der Betriebsbremsanlage den Vorschriften des Punktes 2.1.4 des Anhangs II entspricht.
2.2.1.4.3
Die vorgenannten Vorschriften gelten jedoch nicht für Sattelzugmaschinen, wenn die Übertragungseinrichtung der Betriebsbremsanlage des Sattelanhängers von der des Zugfahrzeugs unabhängig ist.
Die hier seitenlang diskutiert "Notbremsfunktion" ist und war nie zulassungsrelevant.
Ups…gelöscht
Zitat:
@hk_do schrieb am 24. November 2024 um 20:30:29 Uhr:
Das ist ja das schöne an diesem §41: erst kann man sich 17 Absätze lang alle möglichen Vorschriften über Bremsanlagen durchlesen. Und dann kommt zum Schluss ein "Ätsch, für 95% aller Fahrzeuge gilt das überhaupt nicht!" 😛
Ja, vielen Dank. 🙂
Deine Antwort hat mir genau das erspart.
Gruß
Uwe