Der BMW von Bayer Leverkusen mit exklusiven Werksfotos

BMW Isetta 250

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Vor 30 Jahren baute Bayer Leverkusen das erste Vollkunststoffauto der Welt. Das KÜS Magazin traf die Sensation von 1967 in einer kleinen Oldtimer-Schmiede wieder. Heute sprechen wir von Nano-Tubes (Kohlefaser in superleicht) und Makrolon (Kunststoff für Seitenfenster), im Jahr 1967 war Plastik am Auto noch eine echte Sensation. Damals gab es Stoßfänger aus verchromtem Stahl und Dreiecksfenster aus Glas. Für den Chemieriesen Bayer vor 40 Jahren Grund genug, auf der Deutschen Industriemesse in Hannover erstmals ein komplettes Auto aus Polyurethan-Werkstoffen zu präsentieren. Man wollte es den Stahlleuten mal so richtig zeigen. Schließlich hofften die Bayer-Oberen, dass der K67-Prototyp auf BMW 1600ti-Basis die Autobosse dazu bewegen würde, von Metall auf Plastik umzusatteln. Würden alle Autos künftig mit Kunststoffkarosserie daherkommen, müssten sich die Bayer-Absatz-Märkte – so hoffte man – vervielfachen. Na ja, ein Stück weit hat es sogar geklappt. Zwar sind unsere Autokarosserien immer noch aus Blech und Stahl, aber Stoßfänger, Innenräume, Aerodynamikbauteile und Scheinwerfer sind bei den meisten Modellen längst aus Makrolon & Co.

Im Jahr 2007 will Bayer das Kunststoffauto von einst zum 30jährigen Jubiläum richtig hochleben lassen. Eigens dafür wurde der K67 aus den Katakomben des Leverkusener Werks in die Hallen einer kleinen rheinländischen Oldtimerschmiede geschafft. Wie man hört sogar auf eigener Achse. In Niederkrüchten bei Köln soll der Innovationsträger von einst wieder aufgemöbelt werden. Exklusiv durfte das Küs Magazin vorab einen Blick hinter die schweren Eisentore des kleinen Betriebs werfen. Bayer-Presse-Chef Gerhard Dresen ermahnte uns aber: „Der K67 war einst der Star von Bayer. Also bitte mit Respekt behandeln.“ Machen wir.

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Unser erster Eindruck: Der Teil zerlegte K67 sieht aus wie ein kleiner Ferrari. Flache, lange Schnauze, geschwungene Kotflügel und ein kurzes Heck mit aerodynamisch ausgefeilter Abrisskante. In die kreisrunden Luken am Heck passen die Rückleuchten des ersten 1600er BMW. Wie Audi Ende der 90er Jahre den A2 baute – in Spaceframe-Technik – so ist auch der K67 aufgestellt: Eine Stahlkonstruktion liefert das Gerüst, die Karosserie wurde mit Kunststoff beplankt. Die selbst tragende, einteilige Sandwich-Bodengruppe besteht aus Glasfaser verstärktem Plastik.

Ein Blick unter die Haube verrät: Dem K67 wurde ein eigenes Typschild des Kraftfahrtbundesamtes verliehen. Hier steht tatsächlich: Fahrgestellnummer E4/V2, Hersteller Bayer AG. Dieser Prototyp ist kein Blender, sondern ein funktionsfähiger Sportwagen, der etliche Testkilometer auf Landstrassen, Autobahnen und Marterstrecken hinter sich gebracht hat. So ungewöhnlich wie das Auto, sind die Unternehmen, die an der Entwicklung des K67 beteiligt waren: Die Firma Gugelot-Design GmbH in Neu-Ulm, die Wagon- und Maschinenbau AG in Donauwörth und schließlich auch BMW. Die Bayrischen Motoren Werke lieferten das Herzstück des K67: Den Vierzylinder aus dem BMW 1600ti. Von 1967 bis 1968 wurde der 1600ti ganze 8835mal gebaut. Seine Stärke waren die beiden 40er Solex-Doppelvergaser, die aus nur 1573 Kubik stolze 105 PS zauberten.

Erst im Jahr 1971 kam der legendäre 2002tii mit Kugelfischereinspritzung und 130 PS. Während die relativ stark zerklüftete Neue Klasse von BMW mit 105 PS bereits 175 km/h schaffte, rannte der Luftwiderstands optimierte K67 mit gleicher Motorisierung noch besser: Mit etwas Anlauf waren über 190 km/h drin. Bayer erklärte 1967 stolz in seiner Pressemitteilung: „Für Ingenieure, Konstrukteure und Formgestalter bieten sich nun neue und bessere Möglichkeiten, zeitgemäße Fahrzeuge zu schaffen. Sie können ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf die notwendige Fahrzeugsicherheit, Verminderung des Luftwiderstandes, Wetter- und Korrosionsschutz, Temperatur- und Schallisolierung und nicht zuletzt auf die schöne Form und die Wirtschaftlichkeit richten.“ Mittlerweile ist der Prototyp K67 restauriert und hatte seinen glanzvollen Auftritt auf der Kunststoffmesse und ist ins Museum zurückgekehrt. Dort parkt er so lange, bis ihn in 40 Jahren wieder jemand entdeckt, restauriert und in die Öffentlichkeit zerrt. Hoch lebe das Kunststoffauto. Werksfotos: Bayer Archiv.
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13 Antworten

Schöne Photos,
schöne Dokumentation.

Technisch die Dokumentation eines Irrweges, der relativ schnell wieder korrigiert wurde (im Fahrzeugbau mit so "tollen" Ideen wie Vollkunstoffkarosse und Blattfedern aus Kohlefaser genauso wie im Anlagenbau wo es kurzzeitig Schornsteine aus Kunstoff gab).

Das Ganze ist heute wieder aus zähen Metallen und das ist gut so.

BMW wird mit dem Kohlefaserbomber kläglich scheitern.

Gruß SRAM

Zitat:

das erste Vollkunststoffauto der Welt [...]
Eine Stahlkonstruktion liefert das Gerüst, die Karosserie wurde mit Kunststoff beplankt. Die selbst tragende, einteilige Sandwich-Bodengruppe besteht aus Glasfaser verstärktem Plastik. [...]

das ist doch wie beim trabant, nur, dass die bodengruppe bei der pappe aus blech ist. der war aber eher dran... (1957) und das sogar in serienproduktion. 😁

Zitat:

Heute sprechen wir von Nano-Tubes (Kohlefaser in superleicht)

carbon nanotubes haben mit "normalen" kohlenstofffasern so gut wie nichts zu tun. eine faser ist in der werkstofftechnik definiert als ein gebilde, das ein breiten- zu längenverhältnis von mindestens 1:100 besitzt. das kommt bei einem einzelnen nanotube nicht hin. es gibt nur verfahren einzelne nanotubes zu einer faser aneinander zu reihen. dabei können (im versuchsstadium) fasern bis zu mehreren cm entstehen (kurzfasern).

ansonsten: nette studie. meiner meinung nach haben kunststoffe aber keine wirkliche zukunft. in nächster zeit wird immer mehr die verstärkten metalle (verbundwerkstoffe) einzug halten. die brauchen nämlich kein öl um zu bestehen.

Zitat:

Original geschrieben von mousejunkie


das ist doch wie beim trabant, nur, dass die bodengruppe bei der pappe aus blech ist. der war aber eher dran... (1957) und das sogar in serienproduktion.😁

Nur so am Rande: Eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff hatte und hat die Corvette seit 1953 serienmäßig… 😉

Grüsse
Norske

Schönes Stück Zeit-, Automobil- und Industriegeschichte!

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Zitat:

Original geschrieben von norske


Eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff hatte und hat die Corvette seit 1953 serienmäßig… 

siehste, noch ein fahrzeug, dass "schneller" war. 😁

Hallo KÜS, ich mag ja nur ungern die Feier stören, aber...von 1967 bis 2007 sind vierzig Jahre, keine dreißig.

Und bald ist 2012.

Sieht irgendwie aus wie ein verkappter Monti mit einer SUD-Front. Mit einem Stratos-Heck.

Aber wie so oft: Die "Wessis" machen viel Wind um "Innovationen", die eigentlich keine (mehr) sind. :-D

Aber der Trabbi war der erste, bei dem serienmäßig die Faserverbundkarosserie auf den Rahmen geklebt wurde.

P.S: Aber es ist ja hinreichend bekannt, dass eine BMW-Basis erst gut wird, wenn eine italienische Karosse drauf sitzt. :-)

Zitat:

Original geschrieben von mousejunkie


siehste, noch ein fahrzeug, dass "schneller" war. 😁

Da lassen sich bestimmt noch einige andere finden, spontan fallen mir Renault Alpine A108 (1958–1964), Renault Alpine A110 (1961–1977) und Victoria Spatz (1956–1958) ein… 😉

Grüsse
Norske

Das ist zwar kein schönes Auto, aber ein einmaliger Technologieträger der 60er-Jahre, der zeigte, was damals schon möglich war und der auch erhalten bleiben sollte.

@ladafahrer - stimmt, Du hast völlig recht. Mittlerweile sind es 40 Jahre. Ich hab's gleich korrigiert. ÜBRIGENS eine skurrile Vorstellung, dass der K67 die italienisch anmutende Interpretation eines Mixes aus Corvette und Trabant ist.

Lies noch mal richtig ;-)

Kommentiert auf: Oldtimer:

Oldtimer - Oldies - Quiz Ia

[...] mt-blog dazu
[...]

Artikel lesen ...

Entschuldigt den Riesen-Bump aber hier https://www.autoscout24.de/.../...005a-4bdd-802f-e053-e350040ad1c6?... wird ein angeblicher Prototyp des K67 zum Kauf angeboten. Bin gestern darauf gestoßen und frage mich, was das Teil genau ist, den Käufer mit der Frage anzuschreiben ist wahrscheinlich eher Zeitvereschwendung. Im Internet finde ich keinerlei Hinweise auf einen Prototypen, der so aussah oder überhaupt ein Auto, das so aussieht.

Weiß irgendwer was darüber? Ich halte das Teil ja ffür ein schlecht zusammengeschustertes Kit-Car, das so niemals durch den TÜV kommen würde.

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