BMW G61 540d xDrive – Ein Erfahrungsbericht nach 1.000 km

BMW 5er G60

Wenn Fortschritt sich wie Rückschritt anfühlt

Ausgangslage
Ich fahre den 5er Touring, seit man dafür noch Kassetten ins Radio geschoben hat – genauer gesagt: seit dem E34.
Über all die Jahre – E39, E61, F11, G31 – war der 5er Touring für mich das Maß der Dinge: eine perfekte Mischung aus Langstreckentauglichkeit, Understatement und Fahrfreude.
Besonders der G31 LCI 530d mit M-Sportfahrwerk und 20-Zoll-Rädern hat diese DNA für mich auf den Punkt gebracht.

Der neue G61 sollte diese Linie fortführen.
Was er liefert, ist… eine neue Interpretation.
Nicht zwingend schlechter – aber in vielen Punkten anders.
Und in manchen leider auch: enttäuschend.
Was man bekommt, ist... sagen wir: eine interessante Interpretation von Fortschritt.

Fahrverhalten & Dynamik
Was beim G31 noch sportlich-agil war, fühlt sich im G61 eher nach „massiv-souverän“ an. Die Agilität? Verloren.
Der Antritt? Gedämpft – als würde das Auto kurz prüfen, ob es sich wirklich lohnt, loszufahren.
Kurvenlage? Klar, schafft er. Aber ohne jeglichen sportlichen Ehrgeiz.
Dass sich der Sitz nicht einmal in eine sportliche Position bringen lässt, passt ins Bild.
Die M-Schürze vorne wirkt, als sei sie versehentlich zu hoch montiert – wie ein visuelles Placebo für Sportlichkeit.
Unterm Strich: Ein Fahrzeug, das optisch M sagt, aber innerlich längst „Komfortmodus“ eingestellt hat.

Komfort & Sitze
Der Innenraum ist größer – theoretisch. Praktisch bleibt vor allem eins: Platz für Fragezeichen.
Die Komfortsitze bieten auf Langstrecke deutlich weniger Support als der G31 – mehr Sofa, weniger Ergonomie.
Der Veganza-Bezug bringt zwar das beruhigende Gefühl, kein Tier belästigt zu haben – allerdings auch das Gefühl, auf einer Plastiktüte zu sitzen. Schwitzen inklusive. Die Sitzbelüftung - unabdingbar!
Dazu ein merklich lauteres Innenraumgeräusch bei Autobahntempo – Wind, Abrollgeräusche, manchmal das Gefühl, dass irgendwo etwas mitschwingt, das früher nicht da war.
„Entschleunigt“ trifft es gut – aber leider auch emotional.

Technik & Bedienung
Das neue iDrive System ist modern, großflächig, clean – und streckenweise schlicht unpraktisch.
Der Controller ist kein Joystick mehr, sondern ein Touch-Schieber mit Ambitionen zur Sinnkrise.
Touchtasten reagieren selektiv, das Head-Up-Display wirkt teilweise träge und hat die Routenführung so weit abstrahiert, dass man manchmal lieber wieder aufs Navi bzw. in die Instrumentenkombi schaut.
Fingerabdrücke überall, dank Klavierlack, der offenbar nur dafür gemacht wurde, sich ständig selbst zu dokumentieren.
Kurz: Technik, die schick aussieht, aber oft mehr Distanz als Nähe schafft.

Multimedia & digitale Features
Es gibt Lichtblicke.
Das Harman Kardon Soundsystem ist hervorragend – klar, druckvoll, ausgewogen.
Die Kameraauflösung ist endlich auf 2020er-Niveau angekommen, Smartphone-Integration inkl. E-SIM für zwei Geräte funktioniert reibungslos.
Besonders positiv: Der digitale Komfortzugang per iPhone oder Apple Watch. Funktioniert zuverlässig, macht den Schlüssel praktisch obsolet.
Auch der Sprachassistent hat spürbar dazugelernt – man wird inzwischen verstanden. Und bekommt sinnvolle Antworten.
Ein seltener Moment, in dem der Fortschritt mal tatsächlich Fortschritt ist.

Innenraum & Alltagstauglichkeit
Trotz der gewachsenen Außenmaße wirkt der Innenraum… aufgeräumt. Im Sinne von: Alles, was praktisch war, wurde entfernt.
Ablageflächen? Kaum noch vorhanden.
Das große Fach unter der Mittelarmlehne – Kleiner.
Türtaschen? Reduziert.
Was bleibt: viel glatte Fläche, wenig Alltag.
Das Glasdach ist nicht mehr zu öffnen – also Licht, aber keine Luft.
Heckrollo und Trennnetz fühlen sich billiger an als alles, was man von einem Fahrzeug dieser Klasse erwarten würde.
Immerhin: Die Anhängerkupplung ist hervorragend integriert, mechanisch wie softwareseitig. Da klappt etwas, wie es soll.

Licht & Fahrwerk
Fangen wir mit dem Positiven an: Das Licht ist überragend. Sichtweite, Ausleuchtung, adaptives Verhalten – hier wirkt der G61 fast schon wie ein rollender Leuchtturm mit Führerschein.
Bei Nachtfahrten hat man das Gefühl, im besten Sinne „unter Strom“ zu stehen.

Und das Fahrwerk? Komfortabler. Spürbar.
Selbst mit 21-Zoll-Felgen und M-Sportfahrwerk gleitet der G61 sanft über Unebenheiten hinweg – da hat sich technisch wirklich etwas getan.

Aber: Dieser Zugewinn an Komfort wurde offensichtlich mit einem Verlust an Sportlichkeit bezahlt.
Die Dämpfung ist zwar intelligenter, die Federung geschmeidiger – doch der Wagen wirkt in schnellen Kurven deutlich träger, weniger verbindlich.
Wo der G31 noch sportlich forderte, bleibt der G61 lieber diplomatisch.

Es ist also kein technisches Problem – sondern eine bewusste Charakterentscheidung. Leider nicht in meinem Sinne.

Fazit
Der G61 540d xDrive ist groß, komfortabel, modern – und gleichzeitig ein Paradebeispiel dafür, wie man einem Auto den Charakter systematisch abtrainieren kann.
Was bleibt, ist ein souveräner Cruiser mit Top-Technik in ausgewählten Bereichen – und einer Vielzahl kleiner Entscheidungen, die man nur als: "Design by Kompromiss" beschreiben kann.

Der G61 zeigt: Man kann vieles neu machen – und dabei trotzdem weniger richtig. Er fährt sich wie ein Statement, er fühlt sich nicht wie der nächste Schritt an – eher wie ein anderer Weg.

Ob ich ihn wieder kaufen würde?
Das hängt davon ab, was man sucht:
Will man ein rollendes Prestigeobjekt? Ein komfortables Digitalsofa mit großem Kofferraum? Dann – ja.
Will man den letzten BMW Touring, der noch richtig Freude am Fahren vermittelt hat?

Dann stand der vermutlich schon in der Garage – und hieß G31.

65 Antworten

Ich denke, dass ehemalige 540d Fahrer eher zum MB E450d wechseln werden, so denn es weiterhin ein Diesel sein soll und die Leistung wichtig ist.

Um nicht fremde Threads zu kapern… Ich bemängele ja u.a. die Sitzverhältnisse (Platzangebot) für große Fahrer im G61.

Ich hatte heute die Gelegenheit, Vergleichsphotos mit einem G21 LCI anzufertigen.
Bei Beiden ist der Sitz ganz hinten, ganz unten und nicht geneigt!
Bild 1 G21, Bild 2 G61

G21
G61

Dein Thread deine Regeln

Der Unterschied ist erheblich. G31 wär' noch interessant.

Aber der G6x ist halt ein deutliche höheres Fahrzeug. Deswegen höhere Sitzposition und mehr Kniewinkel. Im X5 sitzt man ja auch höher. Ist also zwangsläifig.

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Zitat:
@Xantl-Groove schrieb am 20. April 2025 um 22:09:11 Uhr:
Ich bin 40-Tausender:
400km ein Weg zum Hauptdienstort, den ich jede Woche aufsuche … mal für 2, mal für 4 Tage. Sind 800 km jede Woche
40 Wochen x 800 km = 32.000 km
Zwei Mal im Jahr nach Tirol aus dem Raum Berlin sind 4 tkm.
Und die restlichen 4tkm sind die Stadtfahrten und die Golfrunden.
Keine Chance aus meiner Sicht, so ein Fahrprofil mit einem reinen Elektroauto zu machen. Egal welcher.
Daher hatte ich die Wahl zwischen 540d und dem 550e.
Ich habe mich einzig wegen der 0,5% Regel für den 550e entschieden, den ich dann voraussichtlich zu 90% im Sportmodus als Verbrenner fahren werde.
Jaja … das ist nicht ökologisch, schont aber mein Portemonnaie. BLP von 94.600 bedeutet 473 Euro weniger an geldwerter Versteuerung.
Und diese Foren hier finde ich total genial, weil man so viele unterschiedliche Meinungen u d Eindrücke bekommt. Von Gemecker zu hochwissendchaftlichen Analysen. Danke an Alle! Solange keine Klugscheisser versuchen, Wahrheiten zu verbreiten, sonder ehrliche Erfahrungen und Meinungen geteilt werden, sind die Posts für mich total wertvoll. Ich meinte eben nur, dass mich die vereinzelten Beschwerden über zu laute Autos möglicherweise persönlich betreffen und sie mich daher interessieren.
Mein G61 550e kommt Ende Mai, ich werde dann mal Ende Juni die ersten Eindrücke teilen …
LG Xantl

Hey Xanti,

ich stehe vor der Entscheidung von einem 540d Touring zu einem Nachfolgemodell zu wechseln. Aufgrund der schlechten Bewertungen auch bei ams (gg MB E-Klasse) und Co. war ich eigentlich schon beim M340d Touring, ja der Bügelgriff, etc. weil der 5er ja so viele drawbacks hat, von der Heckklappe über die manuelle Abdeckung und so weiter, wo sind die PS geblieben? Audio, etc., kennt ja hier jeder. Irgendwie zu Tode gespart von den Controllern. Danke an die Familie Quandt! Sie müssen ja echt ein Problem haben. Sehr ärgerlich für ein >100T€ Mobil. Wahrscheinlich sind sie aber eh in 3-5 Jahren vom Markt verschwunden. Verdrängt, verkauft, oder in chinesischen Konzernen eingebunden oder aufgegangen. Who cares.
Bin aber jetzt auch dabei, den 550e zu "casten", einfach nur noch wg der Steuer, aber das ist ja nicht alles. Nehme ich jetzt noch einen "alten" G31 Alpina zB, mit geringer Laufleistung (aber voller Steuer) oder ist das zB mit dem 550e alles halb so wild. Nervt mich schon sehr, ich möchte nicht mit meinem Auto "sprechen" müssen, dann lieber wieder mehr mit meiner Frau. :-)) Bin wahrscheinlich ein alter weißer Mann...
Die Taste 6 für Office, 7 für Home, 1, 2, 3, 4 und so weiter, direkt belegt mit Sendern oder TelNummern, oder sonstwas, genial, besser geht's nicht. Wie kann man so etwas Wegsparen? Dazu das "Display", Ihr wisst ja was ich meine. Stattdessen Blingbling mit beleuchteter Niere, ernsthaft?? E-Klasse ist und bleibt Taxi, Audi macht es im Moment auch nicht besser.

Wir die Briten vor 30 Jahren.

Hilfe!!

beste Grüße, AvdH

Hallo avdh und alle!

Dieser Post ist eher für Leute, die den 550e nicht kennen.

Ich habe den G61 550e nun seit 23.06. und bin 3.700 km gefahren.

Verbrauch 9,8 Liter, elektrisch 19%.

Sehr viel Autobahn A9 und A4 mit 180 km/h und mehr.

Bei einer Fahrt kürzlich bin ich 300km lang volle Pulle gefahren, d.h. immer wenn frei ist auf VMax beschleunigen. Da hatte ich einen Verbrauch von 14,4 l und der E-Motor war nach 160km leer. Das war extrem schnell, extrem verschwenderisch und extrem stressig. Aber mal ein Versuch, was der Antrieb kann und wie viel er dabei schluckt.

„leer“ bedeutet natürlich nicht, dass der Emotor keine Leistung mehr abgibt, sondern dass ich dann nicht mehr rein elektrisch fahren kann. Aber er hält (lädt) immer genug Hochvoltbatterie, dass man noch mit dem vollen Antrieb beschleunigen kann. Und das ist ein super Feature generell bei dem Wagen: Antrieb, Fahrdynamik, Kurvenlage, Bremskraft mit den bunten Backen.

Ich lade in der Firma und mache dann die kurzen Strecken mit Elektro. Zuhause in der Großstadt lade ich eher nicht. Nur wenn ich Lust habe umzuparken.

Wenn man den Equalizer gut einstellt, ist das B&W völlig in Ordnung - nicht Spitzenklasse aber in Ordnung.

Ich habe die Favoritentasten mit den für mich wichtigsten Shortcuts so belegt, dass ich den idrive Controller nach vorne kippe, kurz am Rad drehe, drücke und fertig. Alle anderen Funktionen mache ich mit der Sprachsteuerung. Das funktioniert für mich sehr gut, denn ich möchte bei 245 km/h nicht nach vorn gelehnt auf dem Bildschirm rumfingern.

Ich bin 95% zufrieden mit dem Wagen und würde ihn wieder nehmen (ich hatte ja schon mal geschrieben, dass ich ihn auch wegen 0,5% Versteuerung genommen habe). Ich glaube, dass er mehr Power hat als der 540d, bin den aber nie gefahren.

Einzige Mankos:

Heckabdeckung geht immer mal wieder von allein halb auf (wahrscheinlich wenn die Golftasche bei 230 in der Kurve durch den Kofferraum ballert).

Klavierlack im Cockpit muss immer wieder mit Mikrofasertuch (Mittelkonsole) abgewischt werden.

Kompletträder bei Auslieferung sind nix. Ich steige jetzt um auf 20Zoll und gute Reifen, denn die 19 Zoll mit den Hankook sind zu schwammig bei hohen Geschwindigkeiten.

Plastikniere finde ich hässlich, aber ich muss sie ja nicht sehen.

Nicht teilbare Hecköffnung ist schade (Garage), aber reicht nicht als Grund zu Unzufriedenheit.

Ich habe iconic Sounds ausgeschaltet und Ambientebeleuchtung auch aus.

Auto bekommt von mir die Note 1,8 für meine Bedürfnisse.

Freude am Fahren, all the best, Xantl

Kleiner Zusatz: Man muss sich mit den Menüs und den Bildschirmen am Anfang einmal richtig beschäftigen, ansonsten nervt die Bedienung. Aber wenn man einmal kapiert hat, was man wo findet und wie man die Themen gut mit der Stimme ansteuert oder eben auf einen Shortcut speichert, dann ist das halb so wild. Und ich bin vor 1970 geboren ;-)

@Xantl-Groove ich kann dir nur soviel sagen, dass auch 40T km mit einem E-Auto gehen. Wir fahren mehrmals im Jahr 800 km am Stück, sowohl dienstlich, wie auch privat.

Ja das weiß ich. Aber wenn ich in der Großstadt wohne und dort nur laden kann indem ich einen freien Platz suche, lade und zwei Stunden später wieder runter gehe und dann umparke…

Würdest Du das machen?

Ja, bin in München und kann zu Hause nicht laden. Aber das ist hier am Thema vorbei.

Der Nutzer avdh hat mich gefragt, was mich zum 550 bewogen hat und welche Erfahrungen ich habe, weil er (wie ich damals) vor der Entscheidung 540d versus 550e steht. Daher habe ich meine Eindrücke in einem 540d Thread geteilt.

Jetzt kommst Du, shark, und erklärst uns, was ein BEV kann. Ich denke, da solltest Du einen anderen Thread wählen … denn das ist definitiv off topic.

VG Xantl

Ich hatte lediglich deine Frage beantwortet, nicht mehr und nicht weniger. Ich bin kein Verfechter vom E-Auto, aber ich finde es unhöflich Fragen die gestellt werden nicht zu beantworten.

Vielen Dank Xanti!

Das hilft mir schonmal weiter. Ich sehe schon, tatsächlich ist die Bedienung zwar nicht mehr so radikal einfach, aber immerhin, wenn man sich Favoriten oder "shortcuts" (bin auch vor 1970 geboren) anlegen kann, etc., dann komme ich damit schon klar.

Ich verstehe einfach nicht, warum man bestimmte Sachen immer "neu" aber nicht unbedingt besser machen muss. Manche Lösungen sind einfach nicht verbesserungsfähig werden aber wegen des Zeitgeistes (oder der Zielgruppe in China??) trotzdem geändert. Naja, werde mal zum Händler gehen und mir das Ding etwas genauer ansehen.

Dank nochmal, bG AvdH

P.S.: Habe jetzt nach rd 85 tkm einen Verbrauch von knapp 11 l/100km, ca. 80% Autobahn, das wird mit dem 550 E dann wohl deutlich teurer...

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