Bericht: Selfmade EHS-Überholung 722.9 Automatikgetriebe

Mercedes E-Klasse S211

Hallo zusammen,
ich dachte ich Teile hier mal meine gewonnenen Erfahrungen, vielleicht fühlt sich ja der ein oder andere dazu inspiriert, diesen Eingriff auch vorzunehmen.

Hintergrund:
Mein S211 280 CDI Mopf (2006) schaltete bereits beim Kauf mit 270tkm kalt hart. Im warmen Zustand traten keine Probleme auf. Der Fahrzeughistorie war zu entnehmen, dass die EHS bereits 2x getauscht wurde, zuletzt bei 50tkm in 2008.
Nun hat der Wagen 308tkm gelaufen und die Schaltvorgänge wurden zunehmend problematischer, insbesondere im kalten Zustand. Harte Schaltstöße in den Gängen 1-3 und beim Herunterschalten ein sehr starkes, jäh einsetzendes Bremsmoment. Zuletzt ruckte es auch im warmen Zustand, so dass ich zum Handeln gezwungen war.

Ich schraube auch nur hobbymäßig zuhause und habe den nachfolgend beschriebenen Eingriff fast ein Jahr lang vor mir hergeschoben, bis ich mich letztlich dazu durchgerungen habe, es zu machen. Intensiv studierte ich MB-Anleitungen, Youtube-Videos, Erfahrungsberichte im Freundeskreis.

Der Eingriff an sich ist schnell erklärt. EHS ausbauen, komplett zerlegen, reinigen und wieder zusammenbauen. Dabei kann man dann die auch Regelmagnetventile prüfen, spülen und bei Bedarf ersetzen. Einen EHS Ein- und Ausbau brauche ich hier wohl nicht zu erklären, dazu liefert die Suche viele Ergebnisse.
Für die Zerlegung der EHS hat mir letztlich dieses Youtube-Video von Gary Ferraro enorm geholfen:
https://youtu.be/PCG4plcPC_8?si=RiKtY13zjQJGTbCo

Der Eingriff beruht auf der Annahme, dass sich die EHS mit der Zeit mit Aluminiumabrieb zusetzt, die Ventile schlechter laufen und dadurch das Öl nicht schnell genug durch Ventile und Kanäle fließt. Neben feinstem Aluminiumsand findet sich in der EHS auch altes Getriebeöl, was im normalen Betrieb nicht ausgespült wird. Das ist auch nicht durch eine Getriebeölspülung zu erreichen, das muss hier klar gesagt werden! In diese feinen Kanäle kommt keine Getriebeölspülung, das wird zwangsläufig jedem klar, der das Ding einmal in Händen gehalten hat.

Ich habe letztlich alle (!) Komponenten der EHS ausgebaut, gereinigt und wieder eingesetzt. Auch die seitlichen Ventile hinter den Abdeckplatten, die Federn, Checkballs (Kugeln), und die kleinen Kunststoffventile. Zur Reinigung habe ich Bremsenreiniger genommen. Gut ablüften lassen, alles in frisches Getriebeöl tauchen und wieder einbauen. Die Reinigungsprozedur hat ingesamt sicher 6 Stunden gedauert, da ich hochkonzentriert und absolut fehlerfrei arbeiten wollte. Es muss jedem klar sein, dass hier keinerlei Schmutz, Fusseln, Flusen oder was auch immer hineingelangen darf. Also wirklich darauf achten.
Meine Regelmagnetventile entsprachen vom Zustand her noch den MB-Spezifikationen was die Microsiebe angeht, daher habe ich sie nur gespült. Die von MB in den Anleitungen beschriebene Reinigung der Siebe mit einem Magneten ist relativ witzlos, da Aluminium nunmal nicht magnetisch ist. Mann kann spülen wie der Teufel oder die Regelmagnetventile ersetzen. Die müssen dann aber angelernt werden, dazu habe ich keine Erfahrungswerte.

Der Wiedereinbau und die Befüllprozedur war problemlos. Ich habe in dem Zuge auch den Wandler entleert und habe 10 Liter frisches Öl eingefüllt, um auf Nummer sicher zu gehen. In und über der EHS sitzt auch einiges drin. Wie gewohnt die Getriebeöltemperatur mit einer Diagnose überwachen und bei 45 Grad den Stöpsel ziehen. Bei mir kamen rund 1,5 Liter wieder raus.

Nach der Prozedur sollte man mit der Gaspedal-Methode die Schaltadaption zurücksetzen, das hat bei mir auch nochmal was gebracht. Insgesamt würde ich sagen es ist jetzt 60-70% besser als vorher. Die Schaltstöße sind deutlich geringer geworden. Das Getriebe spricht auch schneller an beim Wechseln von P-R-N-D. Ich hätte aber ehrlich gesagt mehr erhofft. Man muss aber auch sehen, dass sich die ganzen seitlich verbauten Ventile einfach abnutzen. Die fahren nur in ihren Ausfräsungen hin und her und das sieht man denen irgendwann auch an. Dann dichten die nicht mehr zu 100% ab und der zu erreichende Druck wird nicht mehr 100% aufgebaut. Für das 722.6 gibt es hier auch Ersatz-Kits z.B. von Transgo. Für das 722.9 konnte ich das aber nicht finden.
Ich bin bislang nur 50km gefahren. Vielleicht sieht es nach der ersten echten Langstrecke nochmal anders aus. Ich würde es aber auf jeden Fall wieder machen, alleine weil die Kosten absolut überschaubar sind. Letztlich ist es nur ein Getriebeölwechsel, paar Schrauben und jede Menge Bremsenreiniger.

Die Drehmomente sind übrigens 4nm für die Schrauben der seitlichen Abdeckplatten und 8nm für die ganzen anderen, größeren Schrauben am EHS, für die es keine MB-Anleitung gibt. Ansonsten richtet man sich natürlich danach. Schicke gleich noch ein paar Bilder.

Grüße Hasebock

26 Antworten

Nein habe keine Adaption gemacht. Muss man doch nur machen wenn EHS komplett getauscht wurde (?)

Zitat:

@Hasebock schrieb am 16. Dezember 2023 um 13:45:10 Uhr:


Nein habe keine Adaption gemacht. Muss man doch nur machen wenn EHS komplett getauscht wurde (?)

Macht jeder anders , ich mach das nach Spülung oder wenn WÜK gewechselt . Läuft der gut und macht was er soll , nur Ölwechsel am Getriebe und dann geht’s weiter. Da experimentier ich auch nicht rum , don‘t touch a Running System ……

So eine EHS Revision habe ich an meinem W212 schon vor ein paar Monaten gemacht ohne das Viedeo vorher gesehen zu haben. Da hatte ich hin und wieder mal die Meldung im Display, dass "Rückwärstfahren nicht möglich" sei und ich "eine Werksatt aufsuchen" solle. Im Fehlerspeicher war dann auch immer wieder was mit Druckschalter "C" hat eine Funktionsstörung. Ich habe die EHS zerlegt, gereinigt (aber ohne Bremsenreiniger usw.) nur mit Getriebeöl, alle Ventile gereinigt, div. O-Ringe ersetzt und wieder zusammen gebaut. Keine Adation weder Gaspedal noch Getriebe gemacht. Das Getriebe (724.2) ist sehr verwandt mit 722.9. Seither keine Meldungen mehr und nichts im Fehlerspeicher.
Das selbe nochmal mit dem W211 722.6. Dabei noch das WÜK-Ventil erneuert. Auch weder Gaspedal noch andere Adationen durchgeführt. Seither Schaltet das Getriebe auch im kalten zustand butterweich und ohne Beanstandungen.
Wir haben auch schon an einem 722.9 experementiert. Das Drehzalsensor-Phänomen kosten günstig repariert. Danach auch weder Gaspedal noch Getriebe Adaption gemacht. So viel dazu.

Ich bin auch momentan dran vielleicht hilft es den ein oder anderen

https://youtu.be/s4t6q0VpHgw?si=28vkZkD2X-NwMqvi

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Die Gaspedaladaption ist ja auch ein Mythos der nicht aussterben möchte. Da wird nämlich gar nichts adaptiert oder zurückgesetzt.

Die Adaptionsfahrt reihe ich persönlich auch unter Mythos ein. Ausgenommen, das Getriebe wurde von einem anderen Fahrzeug übernommen oder das Steuergerät getauscht.
Bis zu einem gewissen Grad lernt die Automatik und stellt sich auch auf den Fahrstil ein. Wenn jetzt die Parameter wieder *wie neu* sind, lernt es in die andere Richtung, dauert vielleicht eine zeitlang.
Allerdngs: wenn kürzlich ( mit viel Dreck im Getriebe und altem Öl) eine Adaptionsfahrt gemacht wurde, würde ich es jetzt nach der Überholung empfehlen.

Mir hatte dieser Reset den viele seit bald 20 Jahren glauben keine Ruhe gelassen und ich machte mal ein langes Experiment. Ich habe die Daten dieses Experiments bezüglich des Resets über das Gaspedal schwarz auf weiß vorliegen. Es ist faktisch ein Mythos und es macht einfach gar nichts im Steuergerät wenn man mit dem Schlüssel und dem Gaspedal versucht irgendwas zu resetten.

Ich habs auch ausprobiert, den Wagen eines Freundes hergenommen, der wie Blücher unterwegs ist und das Schaltverhalten genau analysiert. Dann ist jemand anders gefahren für einige Zeit und der Freund hat sich dann beschwert, dass sein Auto auf einmal so weich schaltet.
Wir haben heimlich diese Gaspedal Methode ausprobiert und er hat sich weiter beschwert. Also sozusagen eine einfach verblindete Studie (für die Pharma-affinen hier).
Bis zu diesem Zeitpunkt hätte ich persönlich die Schwiegermutter verwettet, dass die Methode funktioniert ......

Wenn es irgendjemand in irgendeinem MB oder ZF oder Bosch Dokument findet, dann bitte her damit, ich hab lange gesucht.

Ich glaubte es ja auch für eine gewisse Zeit (davon kann ich mich auch nicht freisprechen), aber irgendwann sind eben harte Fakten besser als Glauben und so machte ich den Test.

Zu deiner Anfrage schreibe ich dir privat was.

Zitat:

@Mackhack schrieb am 15. Okt. 2024 um 00:20:38 Uhr:


Es ist faktisch ein Mythos und es macht einfach gar nichts im Steuergerät wenn man mit dem Schlüssel und dem Gaspedal versucht irgendwas zu resetten.

Achtung, ich spreche von einem S212 mit 7g+:

Ich lade jeden ein, mein Getriebe vor und nach dem "nutzlosen" Reset probezufahren. Den darf derjenige dann auch gerne selbst ausführen. Der regelmäßig harte Schaltvorgang 5->4 ist danach komplett weg und das Getriebe verschleift die Gänge deutlich mehr. Das ganze hält leider nur ungefähr 100km, bis sich das Getriebe wieder den Ruckler 5->4 "angelernt" hat.

Gruß
Achim

Ich glaube aktuell an keinen Reset über Schlüssel/Gaspedal, egal welches Getriebe. Sollte ich mal ein 722.9 in die Finger bekommen werde ich auch hier das Experiment machen. Bis dahin, bleibt es für mich nicht nur beim 5G sondern auch beim 7G/7G+ ein Mythos.

Ich kann deine Argumentation auch komplett nachvollziehen da ich eben selbst auch immer dachte es schaltet anders danach. Aber wenn sich de facto an den Daten nichts ändert, dann kann sich auch am Fahrverhalten nichts ändern.

Ich habe mich gestern auch an meine EHS gewagt.

Nach dem ich mehrere Videos vom ausbauen der EHS und dem zerlegen gesehn habe, ging das Ganze relativ problemlos.

Zum reinigen habe ich Bremsenreiniger und neues Getriebeöl benutzt.

Bei fast 300tkm habe ich ehrlich gesagt mit mehr Verschmutzung gerechnet als es wirklich der Fall war.

Trotzdem merke ich Unterschiede nach dem ganzen Prozedere.

Falls jemand wie ich ein 7G plus hat:

Man muss man beim wieder zurück platzieren der kleinen Ventile (gelbe und schwarze) aufpassen, es gibt da Unterschiede zum 7G (ohne plus)

Falls es jemanden hilft, kann man anhand der Bilder die Positionen der kleinen Kugeln und Ventile gut sehen.

Bild #211528772
Bild #211528775
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