Argumente für / gegen den Wasserstoffantrieb

Welche Argumente sprachen eigentlich für den Abbruch der H2 Konzepte, z.B. MB ? Abgesehen vom sehr dünnen Versorgungsnetz.

Beste Antwort im Thema

Das ich das noch erleben darf! Ein Thread, der sich mal kritisch mit der Brennstoffzelle als Antrieb auseinandersetzt. Es wiederspiegelt das, was ich schon seit ungefähr 2 Jahren versuche den Leuten klar zu machen. Brennstoffzelle toll und gut, aber nur, wenn man nur die Betankzeiten im Auge hat und einen 1:1 Ersatz für Benzin/Diesel sucht.

Kurzer Abriss zu meinem "mentalen" Werdegang vom Petrolhead hin zum BEV-Befürworter:

Vor 3 Jahren die Wortgefechte die ich mir mit Kaju74 geliefert habe legendär, ich konnte/wollte ein BEV überhaupt nicht akzeptieren. Ich habe ähnlich argumentiert, wie jene, gegen die ich heute vor gehe: Zu geringe Reichweite, zu lange Ladezeiten und vieeeel zu hoher Stromverbrauch. Kurz ich war einer von den "Alten". Aus Angst/Unwissenheit meine Gewohnheiten umstellen zu müssen, war mir jedes, wirklich jedes noch so verdrehte Argument recht, meinen Standpunkt zu vertreten und diese teuflischen BEV's aus den Köpfen anders denkender zu verbannen.

Dabei bin ich selber Elektronikentwickler, ich sollte es besser wissen.

Irgendwann ging mir das Thema so auf den Senkel, das ich wirklich begonnen habe, meinen bisherigen Standpunkt zu hinterfragen:

+ Wie relevant sind die Ladezeiten wirklich?
+ Wieviel Reichweite brauche ich typischeweise?
+ Wieviel mehr Strom braucht man will man 45Mio. PKW elektrisch betreiben?
+ Wie sieht die Energiebilanz BEV vs. FCEV aus?

Frage 1 & 2 sind schnell und gemeinsam zu beantworten. Trotz meiner überdurchschnittlichen Jahresfahrleistung von 25.000km komme ich selten über mehr als 100km am Tag. Eine Steckdose ist in der Garage vorhanden (ja, hat nicht jeder). Im Schnitt das nachladen, was ich am Tag verfahre ist an mindestens 360 Tagen im Jahr kein Problem. Und selbst unsere "Fernfahrten" von etwa 250km eine Richtung schaffen BEV's von heute.

Frage 3 war schon interessanter. Gefühlt braucht eine PKW-Flotte viel zu viel Strom, den man niemals heranschaffen kann. Pustekuchen. Deutschland hatte einen Bruttostromverbrauch von 600TWh/Jahr, ein BEV braucht etwa 20kWh/100km, also kommt eine 50Mio.-Flotte auf etwa 150TWh, was gerade mal 25% mehr Strom wären. Nun, nachdem der Umstieg nicht von heute auf morgen von statten geht, sondern in einem Zeitraum von 20-30Jahren halte ich das durchaus für realistisch. Das konnte also kein Argument mehr gegen BEV's sein.

Frage 4 dann die komplette Ernüchterung. Preiswerter H2 kommt aus Erdgas unter Abspaltung des CO2, das kann es nicht sein! Da ist es gescheiter das Erdgas in einem Verbrenner zu verfeuern (so kann der Kohlenstoff noch etwas zum Vortrieb beitragen, bevor er in der Atmosphäre landet). Umweltfreundlicher H2 aus Elektrolyse braucht ~50kWh/kg. Mit dem kg kommt dann ein Mirai 110km, ein BEV etwa 250km. Da brauche ich nicht mehr weiter nachdenken. Ja, es macht Sinn für Überschussstrom, allerdings ist das nicht genug um eine ganze Flotte zu betreiben. Deswegen würde ich den H2 nur dort einsetzen wo er unverzichtbar ist, sprich im Fern-, Schiff- und Flugverkehr, wollen wir eine Energiewende schaffen.

Aber für so Trivialitäten wie 1000km mit 200km/h+ am Stück und 5min nachtanken, dafür haben wir nicht die Energie. Und wenn, dann sollen bitte die Leute die meinen, nicht darauf verzichten zu können, entsprechend löhnen (5€/l für den Supersprit, der diese Dinge ermöglicht!).

Grüße,
Zeph

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Moin

Zitat:

Ich hingegen müsste mit dem Stromer drei- bis viermal so oft an die "Tanke" fahren.

Du. Wie schon so oft beschrieben, dann ist ein E-Fahrzeug genau für dich nichts. Noch nicht.

Zitat:

Nun brauchen wir bei den privaten PKW-Besitzern nur mal prozentual aufteilen, wieviele von denen ihr Auto zu Hause aufladen könnten.

Weit über die Hälfte, wurde schon mehrfach dargelegt. Mindestens jeder Zweitwagen könnte in der Regel als Stromer laufen.

Zitat:

Da würden unterm Strich möglicherweise doch einige mehr Lade- als Tankvorgänge an der Säule zustandekommen. Bei beruflichen Langsrecklern wird es ohne Ladesäulen sowieso nicht funktioinieren, egal, ob sie zu Hause laden können, oder nicht.

Die durchschnittliche Fahrstrecke eines PKWs in D ist nichtmal 20 km am Tag. Ich glaube, so unterm Strich, kommen da mehr Autos zusammen als du denkst, die eine Ladesäule mit 100 kW nie sehen brauchen.

Zitat:

Und die Crux ist ja, je schneller man die Batterien geladen bekommt, desto flexibler ist man diesbezüglich, desto häufiger werden Ladesäulen genutzt werden, insbesondere wenn an ihnen das Leden mitunter preiswerter ist, als an der heimischen Steckdose.

Wie lange solche Säulen noch gesponsert werden steht in den Sternen, auch Tesla verkauft den Strom nicht mehr umsonst. Klar ist man flexibler, darauf wird es auch hinaus laufen. 360 Tage im Jahr zu Hause tanken, und wenn man dann in den Urlaub fährt entweder den Verbrenner leihen oder eben Schnelladepunkte nutzen. Das macht dann aber nur einen kleinen Teil der Nutzung aus.

Diesen Wahnsinn der Nutzung, den versteht eh keiner. Da werden sich 300 PS Fahrzeuge gekauft, um in der Stadt zu fahren. SUVs mit Allrad, nur um mal im Vorgarten zu stehen.... Vieleicht sollte man sich von dier Schwachsinnigen Nutzung mal verabschieden.

Moin Björn

Zitat:

@Schwarzwald4motion schrieb am 3. März 2018 um 18:45:06 Uhr:



Zitat:

@ortler schrieb am 3. März 2018 um 18:32:33 Uhr:


Der cobaltfreie Akku mit höherer Zellenspannung ohne thermische Anfälligkeit, der LiFePo4-Akku ist ber. erprobt, in China .Höhere Energiedichte bei ident. Abmessungen.

Er ist nicht Energiedichter Link

Die Zellenspannung beträgt m.W. 3,3 V und braucht deshalb weniger Zellen. Deshalb eine geringere Abmessung bei gleicher Spannung des Akkus.

Hinsichtlich der Ladestruktur sollte nicht nur an Steckkontakte und Ladesäulen gedacht werden. Vllt. wären Induktionsschleifen mit Fzg-Halterkennung und Abbuchung vom Kto. denkbar. Bei Lidl, Aldi auf allen öffentl. Parkplätzen. Denkbar wären Preisnachlässe beim Laden zu verbrauchsarmen Zeiten oder Zeiten mit viel Wind / Sonne. Manchmal ist Fantasie gefragt.😉

Dass die Zellspannung für die "Wattstunden je Kilo" so entscheidend sind wie das Drehmoment für die Leistung ist dir aber schon klar?

Zitat:

@ortler schrieb am 5. März 2018 um 19:04:21 Uhr:



....Denkbar wären Preisnachlässe beim Laden zu verbrauchsarmen Zeiten oder Zeiten mit viel Wind / Sonne. Manchmal ist Fantasie gefragt.😉

Die Phantasie ist selten das problem sondern die Umsetzung, und das Zusammenspiel der Agierenden.
Jeder der Akteure* will/muss Geld verdienen alleine die erforderlichen Investitionen sind massiv.
Tesla hat hier mit seinen SuC alles richtig gemacht, aber wird dafür verhöhnt als Unternehmen welches nur "Verluste" produziert u.s.w. Gehört aber nur noch peripher zum Thema.

*=Staatliche Startsubventionen mal ausgenommen

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Wenn wir das mal auf das Thema Wasserstoff zusammenfassen, habe ich folgenden Grundtenor herausgehört:
Infrastruktur: teurer als Erdgastankstellen und deutlich energie-(Kosten)aufwändiger, diese zu betreiben
Treibstoff: nicht natürlich vorhanden, muss aufwändig produziert werden,
Kosten: 9€ je kg, reicht für ca 100km (Werksangabe!), liegt damit leicht über Dieselniveau
Energieaufwand 55kWh/kg: rechnet man das auf den derzeitigen deutschen Strommix um, haben wir einen
mittelbaren CO2-Ausstoß von 352g CO2/km global.
Ich halte die Rechnung für zulässig, da die H2-Anlagen besonders nachts in den Schwachlastzeiten laufen, wenn wenig Strom angenommen wird und auch die Preise im Keller sind. Dieser Strom wäre allerdings besonders "Dreckig" da zumeist aus Braunkohle!!!
Technik: teuer, noch anfällig,
Infrastruktur: keine und wenn. dann teure
Treibstof: teuer, nur synthetisch
Umweltnutzen: fraglich,
lokal allerdings vorbildlich
Geschäftsaussichten: interessant, da quasi Monopolstellung (Linde)

Deine Punkte fassen die Problematik genau zusammen, allerdings lässt du die Herstellung des heute verfügbaren Wasserstoffs außen vor. Dieser wird nämlich mittels Dampfreformierung erzeugt. Wie man sieht ist das Ausgangsmaterial Erdgas. Simpel ausgedrückt es wird das CO2 (das beim Verbrennen von Erdgas entstehen würde) abgespalten, in die Atmosphäre geblasen und der Wasserstoff gebunkert.

Grüße,
Zeph

Fast. Statt CH4 -> CO2 + 2 H2 gehts bei der Dampfreformierung über den Zwischenschritt

CH4 + 1/2 O2 -> CO + 2 H2 und dann nachgelagert CO + H2O -> CO2 + H2. Also etwas besser als ne "reine Abspaltung". Ändert aber nichts daran, dass es Wasserstoff aus Erdgas schwer hat bilanziell gegen einen Erdgasmotor zu gewinnen.

Und da eine Elektrolyse lockere 66% Wirkungsgrad hat, da rechnet sich auch der "hohe" Wirkungsgrad einer PEM-FC nicht. Selbst mit 60% angenommen sind das in Summe kaum 40%. Was ein Erdgasmotor als Hybridlösung (Miller/Atkinson Cycle mit höherer Verdichtung) auch erreichen kann. Und das ohne Membranen, Edelmetalle und eine neue Infrastruktur, jederzeit für Massenfertigung verfügbar.

Ja, hab' auch schon gelesen, das ein Teil des H2 sogar aus dem Prozessdampf kommt. Nur leider bin ich kein Chemiker. Für mich (und die Umweltbilanz) wäre es interessant zu wissen, wieviel CO2 in die Atmosphäre pro kg H2 entlassen wird.

Zitat:

-> CO2 + H2

Kann man es so rechnen?

Pro H2-Molekül wird ein CO2-Molekül erzeugt. Ein Mol enthält immer gleich viele Moleküle. 1mol CO2 wiegt 44.1g, 1mol H2 2g. Damit ergibt sich pro Kilogramm Wasserstoff ein "Abfall" von ~22kg CO2.

Macht bei einem Mirai mit 1kg H2 pro 100km einen CO2-Ausstoß von 220g/km.

Was ich auch noch irgendwo aufgeschnappt habe: 48% der weltweiten H2-Produktion passieren nach dem Dampfreformationsprozess.

Grüße,
Zeph

Es müsste sogar mehr sein was aus Steam Reforming kommt. Bei Erdgas ist es bestenfalls 1 Methan (44 g CO2) wird zu 3 Mol Wasserstoff (6g). Damit haste für 1 kg Wasserstoff also 7.3 Kilo CO2. Du hast zwei Mol Wasserstoff aus dem ersten Schritt vergessen 😉

Wenn du CO2 betrachtest, dann gibts nur Steamreforming oder Partialoxidation. Meistens ist es ein energetisvher Mix da der erste Schritt stark exotherm ist und der zweite Endotherm. Man fährt dann beide parallel so, dass in Summe +/-0 Wärmebedarf rauskommt.

Ah, jetzt hab' ich's verstanden. Klar, dann sind's 6 H2. Schon komisch, dann ist im CO2 Ausstoß die Erzeugung aus Erdgas her besser, als die Elektrolyse aus dem vorhandenen Strommix. Mit 73g/km wäre der Mirai ja gar nicht mehr so problematisch.

Grüße,
Zeph

Naja, wenn du den als CNG-PHEV betreibst, mit einem etwa 14-16:1 verdichteten Miller/Atkinson Range Extender, dann haste 40% Wirkungsgrad zu "On Board" Strom wahrscheinlich überschritten und kannst dir das Wasserstoffgeraffel gleich sparen. Abzüglich dessen, was du über den Strommix tanken kannst.

Bei CNG reden wir über theoretische 15 kWh/kg, was zu 40% verstromt 6.2 kWh Strom ergibt und eben 2.75 kg CO2. Also etwa 443g/kWh. Was besser ist als der deutsche Strommix.

Zitat:

@Schwarzwald4motion schrieb am 6. März 2018 um 04:53:22 Uhr:



Zitat:

@ortler schrieb am 5. März 2018 um 19:04:21 Uhr:



....Denkbar wären Preisnachlässe beim Laden zu verbrauchsarmen Zeiten oder Zeiten mit viel Wind / Sonne. Manchmal ist Fantasie gefragt.😉

Die Phantasie ist selten das problem sondern die Umsetzung, und das Zusammenspiel der Agierenden.
Jeder der Akteure* will/muss Geld verdienen alleine die erforderlichen Investitionen sind massiv.
Tesla hat hier mit seinen SuC alles richtig gemacht, aber wird dafür verhöhnt als Unternehmen welches nur "Verluste" produziert u.s.w. Gehört aber nur noch peripher zum Thema.

*=Staatliche Startsubventionen mal ausgenommen

Soweit mir bekannt, reinvestiert der Musk in den Aufbau seiner Unternehmungen, ohne staatl. Zuwendungen.
Hinsichtlich des Geldverdienens ist VW ein brauchbares Beispiel. Mit überholter Technik in USA 25 Milliarden US$ Strafe für Betrug. Hier in 2017 11,4 Milliarden € Reingewinn und der Kunde zahlt mit der Möglichkeit des Fahrverbotes die Zeche.
Weitere Peripherie:Bosch gibt die Zellenentwicklung auf, kauft in China oder Panasonic, soviel zur Innovation in D. Toyota gibt den Diesel für die EU zugunsten der Vorstufe (Hybrid) des E-Antriebs auf.

Hallo,

wirklich interessant und informativ, die Betrachtungen von Euch.
Ich kann mich den Argumenten nicht ganz verschließen, aber eine Frage - weil das die letzten 5 Seiten so ein Thema ist:

Wen interessiert real die Energie-Effizienz?
Spielt die für den Käufer eine besondere Rolle ob ich mit der Energiemenge X 300km i3 oder nur 100km Mirai fahren kann?

Wenn die Effizienz wichtig wäre, warum gibt es täglich neue SUV-Modelle - Effizienz sieht doch anders aus.
Warum kauft die Mehrheit nicht das sparsamste Einstiegsmodell, sondern die höher motorisierten Versionen etc.
warum fahren die meisten Nutzer allein?

Der aktuelle Nexo von Hyundai kommt lt. Medien mit H2 600km weit - nach "Unfug-Nefz" 800 km.
Vollgetankt in 5 Minuten.
Klar, die neue Porsche-Ladesäule soll auch mal 350KW Max-Leistung haben - ich hoffe, die steht direkt neben einem Umspannwerk damit diese extremen Stromspitzen auch abgedeckt werden können.
Das ist nämlich ein großer Nachteil - Abnahme und Erzeugung müssen gleichzeitig passieren - und zudem noch der Transport zur Super-Duper-Ladesäule gesichert sein.
Da dürfte das Aufstellen der Ladesäule das günstigere und kleinere Problem sein - auch Kostentechnisch.

Wer zuhause laden kann - schön. Die Mehrheit der Nutzer ist das wohl nicht.
Und das PV-Dach nutzt dem Pendler, der Abends heimkommt und nachts lädt, wohl eher wenig.
Kohle und Gas rocks?

Ehrlich, ich denke, dass es für erschreckend viele Käufer/Leaser komplett egal ist, ob ein anderes Auto mit anderem Konzept sie mit der gleichen Energiemenge 3mal weiter bringt.

PS:
warum eigentlich Kryo-Anwendung???
H2 wird mit 700bar im Auto gespeichert und beim Betanken auf -40°C gekühlt - das ist doch nicht Kryo.

SchwarzerLeon

Ja, interessant ist dass das die Mehrheit der Menschen absolut egal ist ob wir sauberen oder dreckigen Luft / Wasser haben. Das ist der Fakt. Hauptsache Ich komme weiter... die anderen sollen selber schauen.

Das ist typische Ego Haltung die die Mehrheit auch vertritt. Da bin ich sehr pragmatisch genug um das täglich zu sehen.
Bei so einer Einstellung wäre Wasserstoff das richtige Stoff um die Schafe zu rasieren... Damit bekommt man diese wieder in massive Abhängigkeit rein und es ist wieder alles gut. Hauptsache schnell getankt.

Ganz ehrlich...dann lieber Benziner fahren mit E85 ... das wäre auch eine Lösung (die leider keiner so haben wollte).

Das mit den 5min stimmt leider nicht siehe Weltrekordversuch Toyota Mirai.
Strom gibt es halt überall und ein Energiespeicher kostet auch nicht mehr die Welt.

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