Lenkrad-Restaurierung - selbst gemacht
Hallo Gemeinde!
Ich habe diesen Thread aus meinem Mustang-Projekt ausgegliedert, da eine Lenkradüberholung sicher mehrere Leute interessiert. Die müssen dann nicht so lange suchen.
Nachdem ich wegen Regenwetter meine Gartenarbeit abgebrochen habe, schaute ich mir mal das vor kurzem erworbene Mustang-Lenkrad etwas an. Im Wagen ist momentan ein Holzlenkrad von Grant, welches zum Mustang Mach 1 so gut paßt wie ein Kaktus in ein Aquarium. Eine echte Beleidigung fürs Auge!
Mein Mach 1 hat eine Deluxe Innenausstattung. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit war er damals mit einem dreispeichigen "Rim-Blow"-Lenkrad ausgeliefert worden. Es gab sie von 1969 bis etwa 1974. Und eben genau so eines soll da auch in der passenden farbe wieder rein.
Diese sind ein besonderes Kuriosum. Ihr Hupenschalter liegt nicht in der Mitte des Lenkrades, sondern ist ein drucksensitiver Langkontakt, der um den ganzen Lenkkranz läuft. Sinn dieser Erfindung sollte sein, daß der Fahrer zum Hupen nicht mehr die Hand vom Lenkrad nehmen sollte, sondern nur den Lenkradkranz drücken mußte um die Tröte zu schallen.
Alle Hersteller - Chrysler, GM, Ford und AMC - verbauten diese Lenkräder. Durchgesetzt haben sie sich nie. Deswegen verschwanden sie wieder in der Versenkung. Die kurze Herstellungsdauer und die exotische Funktion, sowie die Tatsache daß es keinerlei Reproduktionen gibt, machen die Teile in Topzustand zu gesuchten Raritäten, da sie in allen namhaften Musclecars zu finden waren - Mustang, Cougar, Charger, Road Runner, Barracuda, Challenger, Charger, etc.
Übel: Die schlauchartigen Schalter härteten mit den Jahren aus und funktionierten entweder gar nicht mehr oder das Auto hupte von allein. (HONK!)
Weiterhin neigen alle Fordlenkräder dieser Zeit (und davor) zum Reißen. Neuralgische Punkte sind die Punkte wo die Speichen auf den Kranz treffen. Lenkräder wurden im Laufe der Autogeschichte aus unterschiedlichen Materialien gefertigt - Metall, Holz, Bakelit, Hartplastik, Vinyl/PVC, Leder oder eine Kombination davon. Je nach verwendetem Material gibt es eine unterschiedliche Reparaturweise.
Dieses Rim-Blow-Lenkrad ist aus Hartplastik, genauer gesagt aus Polyurethan. Die Mittelabdeckung ist aus Vinyl mit einem Korpus aus Hartschaum über einem metallenen Skelett. Der Verkäufer hatte das Lenkrad als "blau" angeboten, in Wirklichkeit ist es ein braunes, welches mit großem Dilettantismus blau angepönt wurde. Etwas rubbeln und die Originalfarbe trat zutage. Somit setzen wir es hier also nicht nur mechanisch instand, wir werden es auch umfärben.
Beste Antwort im Thema
Die meisten Bücher gibt es schon, fast alle stehen in meinem Regal und daraus habe ich mein Wissen. Also macht es nicht wirklich Sinn, noch ein 25. Buch über die Mustangrestaurierung zu schreiben. Zwar bekommt man nur durch Lesen und eine tolle Büchersammlung noch keinen Nagel gerade in die Wand, daher ist auch der Mut gefragt, mal einfach etwas beherzt zu versuchen. Das ist auch mein erstes Lenkrad in der Mache. Nie vorher versucht. Mal sehen, was es wird...
Allerdings handelt es sich bei den meisten "Wie-mache-ich-es"-Werken um Abhandlungen über die 64 1/2- 70er Modelle. Ein umfassendes Werk über den 71-73 existiert meines Wissens nach nicht. Gefragt wurde ich schon mal von einem Verleger, ein Sachbuch über US-Autos zu schreiben...
In deutscher Sprache macht das aber wohl keinen Sinn.
Was mich wundert ist, daß hier im Forum nicht dauernd solche Dinge gezeigt werden. Es gibt hier 500 Threads zum Thema "mein Blinker geht nicht" mit jeder Menge Gesülze oder ungefähr 1500 Troll-Threads "soll ich mir einen Ami kaufen oder nicht" von Typen, die das dann doch nicht tun, aber das Zerlegen einer Hinterachse, das Planen eines Motorblocks oder das richtige Einstellen einer Tür zeigt hier niemand. Solche Sachen finde ich zum Beispiel wahnsinnig interessant.
182 Antworten
Sensationell. Das sowas alles machbar ist - auch Deine Restobeschreibung für den Mach1 zeigt da gewisse Beispiele - macht doch Mut, gewisse Sachen einfach mal selbst zu probieren. Hut ab.
@V8Triker und Tob30
Dem steht im Prinzip nichts im Wege. Das oben gezeigte Problem ist typisch bei Ford-Hartplastiklenkrädern. Geht denn Dein Rimblow-Schalter noch? Der muß für die Reparatur entfernt werden und ob man den dann heil da rausbekommt...
Der fehlende Teil des Lenkrades muß aus Polyurethan nachmodelliert werden. Ist nicht ganz einfach, aber machbar.
Man kann übrigens auf dem Bild gut den imitierten Holzkranz des Lincoln-Lenkrades sehen. So ähnlich soll das dann bei dem Toronado-Lenkrad auch aussehen. Nur halt in echtem Holz.
@Spechti
der Rimblow-Schalter funktioniert noch.
Gruß
Meiner auch...
Bei mir ist die Lenkradabdeckung unschön gebrochen. Einen guten Ersatz habe ich noch nicht gefunden. Ich kann ja am WE mal ein Bild schicken!
Viele Grüße
Florian
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Ich sag ja, Spechti sollte seinen normalen Job aufgeben, er ist im Restaurations-Gewerbe defintiv perfekt :-)
Bevor Du zu viele Vorschußlorbeeren verteilst, warte erst mal das Endergebnis ab. Vielleicht gefällt es Dir dann ja gar nicht und ich bin dann schuld...😁
Bin übrigens mal gespannt wie lange es dauert, bis es über den Teich ist was wir hier so treiben und sich der erste Amerikaner bei mir meldet um sein Lenkrad hinzufummeln...😉
Ich bin überzeugt, dass das Ergebnis sowohl technisch als auch optisch vollkommen perfekt werden wird.
Wieso ich das meine?
Weil du es machst, ganz einfach! :-)
Der neue Holzring ist aus den dünnen Leistchen nun nahezu vollständig aufgebaut.
Ich habe den Rimblow-Schalter mit Tesa beklebt und in der Nut gelassen. Der Sinn davon ist, daß ich so nun die Leisten eng um den Schalter herumformen konnte. So wird er später sicher sitzen.
Nach einem Tag Trocknungszeit beginne ich nun mit dem Verschleifen und Ausformen des Mahagoni. Das mache ich ausschließlich von Hand. Nur so hat man das maximale Fingerspitzengefühl. Ich baue den Ring etwas dicker auf als er original wäre, da Holz etwas weniger stabil ist als Hartplastik.
Zum engültigen Feinschliff wird der Schalter entfernt. Danach wird der Holzteil zuerst passen zur Nabenfarbe gebeizt, mehrfach mit 2K-Klarlack lackiert und jewels zwischengeschliffen bis er spiegelblank ist.
Den Lack muß ich noch besorgen. Das muß das beste vom besten sein, da die Oberfläche hundertprozentig beständig sein muß.
Wahnsinn ! Verfolge das Thema mit großem Interesse und freu mich schon auf den fotogenen Anblick des Lenkrads 🙂
Ich freu mich auch riesig auf ein Gesamtbild dieses Kunstwerkes!!
:-)
Wirklich geniale Arbeit!
Richtig schön wird das erst wenn das Holz fertig geschliffen, in die richtige Farbe gebeizt ist (Mahagoni nimmt schlecht Beize an, da das Holz ein gewisses Eigenfett hat) und dann seinen Hochglanzlack bekommt. Der danach auch noch poliert wird.
Ich habe gerade den 2K-Lack bestellt. Der ist sehr hochwertig und 200 ml kosten fast 20 Euro.
Beim Lack ist Vorsicht geboten.
Einfach Autolack drauf geht zwar aber es kann passieren, dass das Holz bläut. D.h. es wird in der Maserung bläulich.
Das ist je nach Lackzusammensetzung und Holzart unterschiedlich. Auch das Alter des Holzes ist ein Kriterium. Da würde ich auf einem Verschnittstück erstmal ein paar Tests machen. Auch mit schleifen und polieren.
Gruß
Gedönsrat
Keine Panik! Ich habe das schon öfter gemacht. Ich sage nur "Bootsbau".
Übrigens neigt Mahagoni nicht zum Bläuen. Einige andere Hölzer schon. In diesem Fall handelt es sich um einen speziellen 2K-Dickschichtlack aus dem Bootsbau, der extrem resistent gegen Chemikalien und Kratzer ist. Seine Opberfläche läßt sich gut feinschleifen und polieren.
Ahhso,
dann bin ich ja beruhigt.
Ich dachte:"Erwähn´ es mal".
Gruß
Gedönsrat
Das Lenkrad hat nun seinen endgültigen Schliff. Alles per Hand. Über zwei Stunden geschmirgelt. Die Form sieht gut aus.
Ich habe dann auf Probestücken einen Beizton gesucht. Den Ton des Plastikteils in der mitte zu treffen wird nicht ganz gelingen, denn gefärbtes Plastik ist nun mal kein Holz. Aber der Unterschied wird nicht so augenfällig sein. Ein Gang Beize ist nun drauf. Die muß erst mal trocknen. Dann werde ich noch etwas mischen und variieren bis es halbwegs paßt.
Auf dem einen Bild ist die neue Nut für den Rimblowschalter zu sehen.