22.04.2022 18:55 | notting | Kommentare (7) | Stichworte: Ausbildung, E-Auto, Schulabschluss, Studium
Was für Erfahrungen hast du mit dem Thema?Logo Welche E-Auto-relevanten Berufe gibt’s?Hallo!
Wie jedes Jahr machen insb. junge Leute im Frühjahr Schulabschluss-Prüfungen. Dieses Jahr mal wieder Corona-bedingt etwas später als sonst, zumindest in Baden-Württemberg. Der/die eine oder andere möchte vielleicht E-Auto-Entwickler werden oder sonstwie im Dunstkreis um das Thema E-Autos arbeiten. Der Artikel enthält aber auch für alle anderen interessante Infos, die zwar nun einen Schulabschluss machen, aber sich nicht für E-Autos interessieren.
Den Anstoß zu diesem Artikel gab mir ein Video vom Car Maniac über eine Hochschule mit einem speziellen E-Mobilitäts-Studiengang und eine Artikelreihe auf insideevs.com, die sich offenbar auf die USA bezieht. Zudem habe ich mich daran erinnert, dass ich um diese Zeit schon 2x einen Schulabschluss gemacht habe. Mehr zu diesem „Upgrade“ später im Artikel. Und gerade diese Woche wird wie jedes Jahr in den letzten paar Jahren wieder darüber berichtet, dass Maschinenbau- und Elektrotechnik-Studiengänge immer weniger gefragt sind: https://www.stuttgarter-zeitung.de/...4788-4539-9980-2db907a729c2.html
Hinweis: Dieser Artikel bezieht sich insb. bei den Schulformen auf die Situation in Baden-Württemberg. Informiere dich, ob es in deinem Bundesland anders ist. Das ist auch eine gute Übung für dich, falls du das Recherchieren im Internet oder dich selbst zu organisieren in welcher Reihenfolge man Dinge tun muss noch nicht so gut kannst. Selbstständiges Arbeiten ist in der Ausbildung bzw. Studium und im Job auch sehr wichtig. Außerdem kenne ich auch nicht alle Änderungen zu heute im Detail ;-)
Du machst also dieses Jahr oder in den nächsten Jahren einen Schulabschluss? Nun zum eigentlichen Artikel. Du machst also dieses Jahr oder in den nächsten Jahren einen Schulabschluss und weißt noch nicht in welche berufliche Richtung du gehen willst? In diesem Artikel ist es im Grunde egal ob du das an einer Hauptschule, Werkrealschule, Realschule, Gymnasium, Sonderschule, Berufskolleg, Berufsfachschule oder was es sonst noch alles gibt machst. Eigentlich solltest du in der Schule im Unterricht schon etwas Beratung zu deinen Möglichkeiten bekommen haben. Allerdings fand ich die bei uns so naja. Möchte dich deswegen an meiner diesbzgl. gewonnenen Lebenserfahrung auf dem Weg zu meinem Abschluss als Dipl.-Ing. (FH) in einem elektrotechnischen Studiengang teilhaben lassen, in der Hoffnung, dass sie dir hilft.
Reicht mein Schulabschluss? Beispiel: Ich habe an einer Realschule die mittlere Reife gemacht. Damit hätte ich mit diesem Abschluss theoretisch quasi jede Ausbildungsstelle z. B. im Handwerk, Industrie, Handel oder Gesundheitsbereich bekommen, die kein Abitur voraussetzt – wenn man das Auswahlverfahren der jeweiligen Firma besteht. Ausbildungsstellen speziell für Abiturienten gibt’s aber IMHO nicht soviele. Abiturienten gehen zum allergrößten Teil studieren. Heute noch stärker als damals. Kenne aber auch Abiturienten, die eine spezielle Abiturienten-Ausbildung z. B. bei einer Bank gemacht haben und z. B. recht schnell Leiter einer Bankfiliale geworden sind. Ok, die sterben immer stärker aus (die Bank-Filialen ;-)). Aber es gibt auch intern bei den Banken wohl immernoch Stellen für solche Leute, die besser bezahlt sind aber auch entsprechend höhere Anforderungen haben als die Jobs für Leute mit einer Ausbildung, die „nur“ mittlere Reife voraussetzt. Kenne auch Abiturienten, die mit (einem nicht so tollen) Abi Autoverkäufer gelernt haben. Macht das Sinn? Nun, sie haben dadurch Vorteile gegenüber den meisten die kein Abitur haben:
Ähnliches gilt entsprechend wenn man z. B. die Oberstufe abbricht (wobei es immer besser ist, den Abschluss zu machen auch wenn’s schwerfällt, um den Firmen zu zeigen, dass man Durchhaltevermögen hat) oder in einem Jahr die Fachhochschulreife gemacht hat.
„Upgrade-Möglichkeiten“ Worauf ich hinaus will: Zumindest in Baden-Württemberg gibt’s aber auch viele Möglichkeiten, seinen Schulabschluss „upzugraden“. Man sollte wirklich darüber nachdenken, sie auch möglichst frühzeitig zu nutzen. Selbst wenn man den „Upgrade-Abschluss“ trotz aller Anstrengungen nicht schafft, hat man Vorteile auf seinem späteren Berufsweg. Allerdings sollte man sich nicht gegen die eigene Überzeugung z. B. aufgrund von direktem oder indirektem Druck von außen sowas machen.
Auf diese „Upgrade-Möglichkeiten“ möchte ich nun genauer eingehen. Und zwar zunächst anhand meines Beispiels. Da ich in meinem Mittlere-Reife-Zeugnis die nötigen guten Noten hatte, bin ich auf ein berufliches Gymnasium. Gab dort sowohl einige Klassenkameraden, die von allgemeinbildenden Gymnasien kamen als auch ehemalige Hauptschüler, die an einer 2jährigen Berufsfachschule mittlere Reife gemacht haben. Letztere hatten Vorteile, weil diese Inhalte hatten, die am beruflichen Gymnasium Pflicht sind, man aber an anderen Schulen sicher nicht hatte. Und die Gymnasiasten hatten meistens den Vorteil, dass sie sich nicht noch in der Oberstufe mit einer zweiten Fremdsprache beschäftigen müssen. Ich habe folglich im selben Jahr Abi gemacht wie die vielen anderen, die im selben Jahr eingeschult wurden wie ich, aber nach der Grundschule direkt auf’s Gymnasium sind. Hinweis: Damals gab’s noch kein G8 (8jähriges Gymnasium). Diejenigen die nach der Hauptschule auf der 2jährigen Berufsfachschule waren, waren dementsprechend ein Jahr älter. Dadurch hatten sie eher einen Führerschein und ein Auto, um Klassenkameraden mitzunehmen :-) Und das war immer wieder erforderlich, da die Orte wo der Unterricht stattfand bei uns quasi über die ganze Stadt verteilt waren und der ÖPNV mies war (bzw. AFAIK aus der Perspektive von Schülern dieses beruflichen Gymnasiums immernoch mies ist, zumindest wenn sie in meiner Gegend wohnen, hab vor kurzem aus einem anderen Grund den ÖP(N)V-Routenplaner des Landes bemüht um die aktuellen Versionen dieser Routen zu berechnen).
Muss zugeben, dass ich in der Realschule in Mathe in der 10. Klasse zu den 1er-Schülern gehört habe und in der 11. Klasse große Probleme hatte, eher Note 3-4. Ging aber viele anderen auch so. Man muss viel Mühe reinstecken. In der 12. Klasse wird’s schon wieder besser. In den anderen Fächern ist es nicht so krass. Zum Teil war ich sogar schon in der 11. Klasse besser als in der 10.
Mit einer mittleren Reife gibt’s aber auch andere Wege Richtung Studium, nämlich die Fachhochschulreife. Diese kann man entweder in einem Jahr Vollzeit-Schule erlangen (Berufskolleg) oder in 3 Jahren abends neben der Berufsausbildung. Der Nachteil ist, dass man (zumindest damals) wie der Name schon sagt nur an Fachhochschulen (und Berufsakademien?) studieren konnte, u.a. weil man keine zweite Fremdsprache hatte. Wobei es inzwischen wohl auch die Möglichkeit gibt ohne Abi zu studieren. Allerdings dürfte eine Fach- bzw. allgemeine Hochschulreife trotzdem sehr hilfreich sein.
Generell empfehle ich bei der Berufswahl
Berufsausbildung? Zunächst ein Nachteil der Berufsausbildung: Wenn man sich mal an das Geld gewöhnt hat, wird ein Studium aus finanziellen Gründen unattraktiver. Vorteil: Ohne Studium verdient nach dem Abschluss zwar weniger. Da man aber früher anfängt Geld zu verdienen, weil man nicht so lange zur Schule geht bzw. nicht noch die Studienzeit mit extrem geringen Einnahmen dazukommt, kann man von mehr Jahre die Steuerfreibeträge nutzen. Desweiteren werden ab einer gewissen Jahresgehaltshöhe Gehaltssteigerungen überproportional stark besteuert. Wobei es auch vereinzelt Möglichkeiten gibt zu studieren und dafür ein Azubi-Gehalt (siehe unten) bzw. ein Stipendium (siehe Internet) zu bekommen. Neben dem Studium zu arbeiten ist allerdings immer schwieriger geworden.
Was für Berufsausbildungen gibt’s nun für E-Auto-affine Leute, die nicht studieren wollen? Die folgende Liste ist nicht abschließend und die Berufsbezeichnungen sind evtl. nicht aktuell. Ihr solltet durch diese Denkanstöße in Internet die aktuellen Infos finden. Schau euch auch Stellenausschreibungen an.
Die Anforderungen in den technischen Berufen sind meist ähnlich. Gute Noten in bzw. Interesse an Physik und Mathe sind sehr wichtig. Es müssen aber keine Einser im Zeugnis stehen. Wenn’s um handwerkliche Dinge geht, ist handwerkliches Geschick und räumliches Vorstellungsvermögen sehr hilfreich. Verkäufer müssen natürlich gut mit Menschen umgehen können. Auch bei Jobs im technischen Support ist das sehr hilfreich.
Höhere Berufsabschlüsse, die kein Studium erfordern? In vielen Berufen gibt’s die Möglichkeit einen Meister oder einen staatlich geprüften Techniker zu machen, wenn man etwas Berufserfahrung gesammelt hat. Ein Meister-Kurs vermittelt vor allem tiefere Fachkenntnisse und die Führung kleinerer Gruppen von Arbeitern der jeweiligen Fachrichtung. Zudem u.a. betriebswirtschaftliche Kenntnisse falls jemand z. B. einen eigenen Handwerksbetrieb eröffnen will. Ein staatlich geprüfter Techniker lernt tiefergehende Fachkenntnisse. Er hilft an der Schnittstelle zwischen den Entwicklungsings. und anderen bei der Entwicklung unterstützenden Leuten ohne akademischen Abschluss. Beides führt wenn man entsprechende Stellen findet tendenziell zu einem höheren Gehalt. Wobei ein staatlich geprüfter Techniker eher nicht in einem Handwerksbetrieb zu finden ist, sondern eher in der Industrie und ihren Zulieferern. Z. B. bei den beiden Fachinformatiker-Berufen und dem IT-Systemelektroniker (bzw. -kaufmann) gibt’s keinen Meister. Sie können sich über Qualifizierungen wie z. B. für besonders komplexe Netzwerktechnik „wertvoller“ machen. Diese werden meist von den Netzwerkausrüstern mit starkem Fokus auf die eigenen Produkte angeboten. Ähnliches gibt’s z. B. auch für die Administration div. Server-Arten.
Was ist der Unterschied zwischen einer dualen Ausbildung und Studium? Stark vereinfacht gesagt: Im Studium bekommen man ein viel breiteres Wissen und lernt noch mehr Dinge zu berechnen bzw. von Grund auf neu zu entwickeln. In einer dualen Ausbildung wird man eher für immer wiederkehrende praktische Tätigkeiten ausgebildet bzw. wie man fertige Produkte „zusammenstöpselt“ und Fehler sucht wenn was nicht funktioniert. Es kann daher z. B. passieren, dass jemand ein super Auto-Schrauber ist, aber die ganzen Mechanik-Berechnungen so überhaupt nicht seine Welt sind, sodass er das Studium abbricht. In der dualen Ausbildung bekommt man ein Gehalt. Im Studium muss man schauen, dass man über Stipendien, Nebenjobs & Co. genug Kohle reinbekommt. Wobei ich nun alles was ich in diesem Abschnitt bisher geschrieben habe relativieren muss: In der Realität sind die Grenzen doch oft fließend. Es gibt durch auch Stellen in Firmen mit Azubi-Gehalt, wo man dann an einer Berufsakademie studiert. Und auch in der Produktentwicklung werden oft von Akademiker wo sinnvoll möglich fertige Produkte „zusammenzustöpselt“, wenn auch auf einem komplexeren Niveau. Und mit einer dualen Ausbildung kann man wie oben erwähnt einen staatlich geprüften Techniker machen, wodurch man wenn man entsprechende Stellen findet sehr stark an der Entwicklung dran ist. Hoffe aber trotzdem klargemacht zu haben, dass sich beides doch deutlich voneinander unterscheidet.
Studium: Welche Hochschulart?
(Fach-)Hochschule: Diese Hochschulart hat sich z. B. aus den Ingenieurschulen entwickelt. Dafür dass man studiert, hat man einen relativ festen strukturierten Zeitplan. Das Studium war früher (bis Bologna, siehe unten) etwas kürzer und und ist heute noch etwas praxisnäher als an einer Universität. Noch etwas mehr Erklärung nur zum Verständnis des Unterschieds zur Universität, auch wenn das was im folgenden Absatz steht heute in der Praxis nicht mehr relevant ist: Man war dann z. B. „nur“ Dipl.-Ing. (FH). Das Einstiegsgehalt ist/war niedriger als z. B. bei entsprechenden „Dipl.-Ing. (univ.)“. In der freien Wirtschaft glich sich das mit der Berufserfahrung an – außer im öffentlichen Dienst. Dort hat insb. für viele Führungspositionen ein Dipl.-Ing. (FH) nicht gereicht. Dort wird auch heute noch (insb. bei Forschungseinrichtungen wie Fraunhofer) stark gewünscht, dass man promoviert, also einen Doktor-Titel macht. Als Dipl.-Ing. (FH) ist die Promotion mit deutlich höherem Zusatzaufwand verbunden, weil man erst noch div. Dinge lernen muss, die man dazu braucht, die an der FH nicht gelehrt wurden.
Berufsakademie: Manche Firmen bieten eine Art von Ausbildungsstellen, die die Fach- oder allgemeine Hochschulreife (Abitur) erfordern. Dort werden die Azubis nicht in die Berufsschule geschickt, sondern auf eine Berufsakademie. Dadurch bekommen sie einen akademischen Abschluss wie z. B. Dipl.-Ing. (BA) (bis Bologna, siehe unten). Das Thema Prüfungen ist dort meist stressiger, insb. wenn eine Wiederholungsprüfung nötig ist.
Universität: Fast alle Studiengänge die es auch an (Fach-)Hochschulen und Berufsakademien gibt, gibt’s auch an Universitäten. Nur mit noch stärkerem wissenschaftlicheren Tiefgang, was eine Promotion erleichtert. Manche Studiengänge gibt’s auch nur an Universitäten. Z. B. angehende Ärzte (die aber nicht zwangsläufig mit einem Doktor-Titel auf dem Grabstein sterben werden, siehe unten) und Juristen kommen an einem Uni-Studium nicht vorbei. An Universitäten ist man wesentlich freier, in welchem Semester man was genau macht.
Kein Dipl.-Ing. ... & Co. mehr wegen Bologna, sondern Bachelor und Master Dank Bologna, also der Einführung von Bachelor und Master, wurden (Fach-)Hochschulen und Universitäten weiter aneinander angeglichen. Der Start dieses Prozesses ist nun schon einige Jahre her und praktisch abgeschlossen. Bachelor und Master müssen in der Summe mindestens 10 Semester (sozusagen Halbjahre) haben, um einen z. B. dem Dipl.-Ing. (univ.) entsprechenden Abschluss zu bekommen. Dabei ist es irrelevant, ob man das auf einer (Fach-)Hochschule bzw. Berufsakademie oder auf einer Universität gemacht hat. Es gibt aber ein Aber: Die (Fach-)Hochschulen haben meistens aus dem Dipl.-Ing.-(FH)-Studiengang mit 8 Semestern Dinge in den Master verlegt oder ganz gestrichen (z. B. das 1. Praxissemester wofür man nur extrem schwer Stellen fand und was denjenigen mit einer Berufsausbildung erlassen wurde), sodass ein Bachelor mit 7 Semestern daraus wurde. Mit dem hat man realistische Chancen einen Job zu bekommen. Manchmal wurden je nach Studiengang auch 8 Semester ungekürzt in 6 Semester gepresst :-( Wobei auch Bachelor im öffentlichen Dienst (inkl. z. B. Forschungseinrichtungen wie Fraunhofer) praktisch nie Führungskräfte werden, wenn sie nicht vorher einen Master machen um die mind. 10 Semester zu erreichen. An Universitäten wird der Bachelor auch z. B. in den Ing.-Studiengängen eher als besseres Vordiplom betrachtet. Heißt keine realistische Jobchance in einer Firma im Vergleich zu den (Fach-)Hochschul-Bachelorn. Allerdings kann’s beim Wechsel zwischen (Fach-)Hochschule/Berufsakademie und Universität auch Bonus-/Malus-Regelungen gelten. Heißt die Bachelor werden je nach Hochschul-Art doch wieder etwas unterschiedlich behandelt...
Will studieren – aber welches Fach? Ein E-Auto besteht aus Sicht der Automobil-Hersteller im Wesentlichen aus Mechanik, Elektronik, Software und sonstigem was noch weniger intern entwickelt wird wie Glasscheiben, Scheinwerfern, spezielle Oberflächen wie Leder, Velours oder was auch immer. Wie ich gerade angedeutet habe: Viel Mechanik, Elektronik und Software wird von Zulieferern gemacht. Versteift euch also nicht zu sehr auf die Automobil-Hersteller, sondern schaut mindestens auch auf ihre Zulieferer. Dementsprechend sind in diesen Jobs hauptsächlich Absolventen des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Mechatronik und Informatiker zu finden. Aber: Gerade die Tätigkeiten von Ings. und Infs. nähern sich immer stärker aneinander an. Schon zu meiner Studienzeit musste ich eine Vorlesung über die Programmierung in C und Assembler absolvieren. Als Wahlpflicht konnte ich auch Mikrocontroller in C programmieren und tiefer in C einsteigen. Beides konnte ich im Ing.-mäßigen Praxissemester brauchen. Es gab auch ein Wahlpflicht-Fach „objektorientierte Programmierung in C++“. In der anderen Elektrotechnik-Richtung war das Pflicht. So einen C++-Kurs hat mir später ein Arbeitgeber teuer bezahlt. Soll heißen: Auch für Ings. ist es heute gerade im Automobil-Bereich sehr wichtig, dass sie auch programmieren können. Wobei meiner Erfahrung nach in den Maschinenbau-Studiengängen am wenigsten Interesse dafür besteht. Allerdings gibt’s zwischen dem Software-Entwicklungsniveau von Ings. und Infs. immernoch einen großen Unterschied. Allerdings kann auch ein Elektrotechnik-Ing. in einem Job landen, wo er sein Software-Entwicklungsniveau stark steigern kann, in dem er z. B. von erfahreneren Kollegen lernt und Weiterbildungen in dieser Richtung macht. Gerade mit steigender Berufserfahrung spielt das Thema welchen Studiengang man absolviert eine immer geringere Rolle. Allerdings habe ich den Eindruck, dass immer stärker der Abschluss eines Studiums vorausgesetzt wird. Zu meiner Zeit hat man auch gesagt: Ein angehender Ing. braucht von der Schule her insb. Mathe, Physik und Englisch und ein angehender Inf. Mathe, Mathe und Englisch. Ein Inf.-Studium hat sehr viel von einem Mathematik-Studium, nur mit viel mehr Software-Entwicklung. Wobei es auch Mathematiker gibt, die irgendwelche noch krasseren Algorithmen in Software gießen. Wobei die ähnl. wie die Ings. im Studium natürlich nicht so tief in die Software-Entwicklung eintauchen wie Infs., aber wie Ings. durchaus sich auch nach dem Abschluss sehr stark Richtung Software-Entwicklung entwickeln können.
Vermutlich alle MINT-Studiengänge sind am Anfang eher trocken und machen wenig Spaß. Viele haben keinen NC. Es wird also nicht auf die Abi-Note geachtet, sondern in den ersten Semestern heftig ausgesiebt. Später wird’s aber interessanter, das verspreche ich euch.
Bologna und die Inflation des Angebots an Studiengängen Leider hatte Bologna noch eine unschöne Nebenwirkung: Ein inflationärer Anstieg der Auswahl an Studiengänge. Viele unterscheiden sich nur durch 1-2 Vorlesungen voneinander. Früher war das Grundstudium für alle gleich. Z. T. schon im Grundstudium konnte man Wahlpflicht-Fächer belegen, die dem Hauptstudium angerechnet werden. Erst im Hauptstudium musste man sich für Schwerpunkte entscheiden. Solche Entscheidungen muss man heute verstärkt schon bei der Einschreibung in ein Studium treffen. Man merkt aber oft erst im Studium was einem z. B. innerhalb der Elektrotechnik genau liegt. Da hilft leider nur gut informieren. Allerdings hat man z. B. über Praktika bzw. ein ggf. vorhandenes Pflicht-Praxissemester die Möglichkeit stärker die Fühler in gewisse Richtungen auszustrecken, wie z. B. E-Mobilität. Manchmal haben (Fach-)Hochschulen bzw. Universitäten auch schlicht mit „Gewalt“ versucht, vom Ministerium die Erlaubnis zu bekommen, klassische Studiengänge wie Elektrotechnik anzubieten, obwohl es bereits genug derartige Studienplätze an den nächstgelegenen (Fach-)Hochschulen bzw. Universitäten gibt. Das hat man z. T. erreicht, in dem diese klassischen Studiengänge mit 1-2 spezielleren Vorlesungen zu Buzzword-Themen wie Nachhaltigkeit z. B. nicht als klassische Elektrotechnik, sondern als „nachhaltige Elektrotechnik“ verkauft.
Diese 1-2 Vorlesungen Unterschied sind für Arbeitgeber meist nicht relevant, außer es passt wirklich gut, wie z. B. ein Ing. mit vertieften Programmier-Kenntnissen, der sich auf eine Stelle für relativ Hardware-nahe Software-Entwicklung bewirbt. Glaube allerdings nicht, dass z. B. Nachhaltigkeit für Arbeitgeber ein großes Argument ist, jemanden einzustellen.
Und wie bereits angedeutet: Mit eher klassischen z. B. Ing.-Studiengängen hat man durchaus auch Chancen z. B. was eben Jobs rund um das E-Auto angeht. Man hat sogar eher die Möglichkeit wenn man während dem Studium merkt, dass einem z. B. ein bestimmter Bereich der Elektrotechnik nicht liegt, einen anderen Schwerpunkt auszuwählen ohne gleich den ganzen Studiengang wechseln zu müssen.
Kann mich immernoch nicht für ein Fach entscheiden :-( Es gibt auch Hochschulen, die eine Art Schnupper-Semester anbieten. Dort kriegt man innerhalb eines Semester einen Überblick über die verschiedenen Studiengänge z. B. im Ing.-Bereich, die man dort studieren kann. Man studiert relativ normal div. Grundlagenfächer, die man eben z. B. in den meisten Ing.-Studiengängen braucht. Die bestandenen Prüfungen kann man sich z. T. wenn man ein „richtiges“ Studium dort beginnt anrechnen lassen.
Als ich mit dem Abi fertig war, gab’s noch eine Wehrpflicht, d.h. ich durfte nicht sofort anfangen zu studieren. Hab beantragt Zivildienst machen zu dürfen, was auch geklappt hat. Hatte vor allem mit Kinder mit Down-Syndrom, ADHS und anderen Behinderungen zutun. Hab dabei sehr viel gelernt, was nicht irgendwie mit Technik zutun hat. Heutzutage gibt’s so einen Pflichtdienst nicht mehr, sondern nur freiwillig wie z. B. Bundesfreiwilligendienst oder soziales/ökologisches Jahr.
Wo finde ich noch mehr Infos? Mir hat damals die Webseite „Studis Online“ sehr geholfen, auch was das finanzielle wie z. B. Bafög angeht. Inzwischen gibt’s auch div. Youtube-Kanäle wie z. B. „Ingenieur werden mit Ben“.
Was ist ein Doktor-Titel bzw. eine Promotion? Ärzte mit Doktor-Titel kennen die meisten sicher mehr als genug. Aber gibt’s auch außerhalb der Medizin Doktoren? Ja, gibt es, auch z. B. in MINT-Fächern. In der Show „MAITHINK X“ (ZDF Neo bzw. deren Mediathek) gab’s vor kurz eine gute Folge mit dem Titel „Die Verstopfung der Wissenschaft - Wer ist Hanna?“ in der aufgezeigt wird, wo auch was Promotionen angeht die Probleme sind. Allerdings mit Fokus auf Naturwissenschaften und weniger auf Ings./Infs. Im MINT-Bereich dauert eine Promotion meist mehrere Jahre. Deswegen ist man oft über 30 Jahre alt, bevor man seinen ersten richtigen Job hat. Mit G8, ohne Zivi und 5 Jahre Bachelor und Master vielleicht etwas jünger. Dann ist man quasi Berufseinsteiger und muss ein paar Jahre Berufserfahrung sammeln, bevor man dort richtig Fuß gefasst hat. In manchen Bereichen wie Biologie braucht man einen Doktor-Titel um einen vernünftigen Job zu bekommen, der zum Teil dann aber auch nicht mehr soviel mit Biologie zutun hat. Wie es im Bereich Chemie ist (Akkuzellen & Co.), weiß ich nicht. Im Ing.-/Inf.-Bereich ist man mit einem Doktor-Titel schnell für die meisten Stellen in der Industrie überqualifiziert. Wobei Forschungseinrichtungen wie Fraunhofer die Leute mit Master (bzw. Uni-Diplom) trotzdem stark dazu motivieren zu promovieren. Solche Leute werden dort tendenziell Führungskräfte. Mit entsprechenden Kontakten finden viele aber doch einen passenden Job in der Industrie – bei deutlich größerer Umzugsbereitschaft als normale Ings./Infs. Wobei solche Jobs z. T. auch eher einen administrativen Charakter haben oder auch Führungsjobs sind. Z. B. sind ehemalige promovierte Physiker-Kollegen von mir zu einer Firma gewechselt, wo sie neue speziell für ihre Produktion entwickelte Anlagen abgenommen haben. D.h. sie sitzen vor mehreren dicken Aktenordnern und überprüfen jede Eigenschaft und jede Funktion. Einer von beiden ist dort ein paar Jahre später aufgestiegen, in dem er Abteilungsleiter wurde.
Übrigens: Wer diesen langen Text bis hierher gründlich durchgelesen hat (natürlich mit Pausen), erfüllt eine wichtige Voraussetzung für ein Studium ;-)
Wünsche euch viel Erfolg bei den aktuellen Prüfungen und allem was sonst noch auf euch zukommt!
notting
PS: Als ich meinen Studium abgeschlossen habe, habe ich die Wirtschaftskrise und ihre Folgen Ende der 2000er Jahre bzw. deren Nachwehen mehrfach stark zu spüren bekommen. Es gab nichts wie z. B. das Brückenprogramm Ingenieurwissenschaften des Landes Baden-Württemberg, was wegen Corona eingeführt wurde (https://mwk.baden-wuerttemberg.de/.../), was angeblich schneller wieder vorüber sein sollte als die Wirtschaftskrise. Ich war teilweise monatelang komplett ohne Sozialleistungen arbeitslos, da ich für AlgI noch nicht lange genug arbeiten konnte und für AlgII die Freibeträge für Vermögen bei jüngeren irrsinnig niedrig waren. Das Vermögen war für mein nächstes Auto gedacht, da das alte schon >20 Jahre alt war und immer mehr kaputt ging. Ohne Auto hatte ich keine Chance auf einen vernünftigen Job. Selbst heute ist der ÖPNV noch mies, teilweise sogar noch mieser gemacht worden. Hab meine Krankenkasse usw. selbst aus meinem Vermögen zahlen müssen. Hatte zum Glück Unterstützung durch meine Eltern. Ca. 10 Jahre nach meinem Abschluss hatte ich meinen ersten entfristeten Vertrag, der viel länger als ein halbes Jahr Bestand haben sollte. Arbeite dort immernoch. Und auch erst dank Corona habe ich Home-Office bekommen, was mir ca. 2h Pendeln pro Tag erspart. Ein Onkel hat mir generell sehr beim Thema Bewerbungen & Co. geholfen. Drücke euch die Daumen, dass es euch besser ergeht, auch wenn’s manchmal total scheiße aussieht. War bei mir auch immer wieder mal. |
27.04.2022 09:09 | slv rider
siehe dazu
quelle
https://de.wikipedia.org/wiki/Hochvolt
27.04.2022 18:56 | notting
https://de.wikipedia.org/wiki/Kleinspannung
-> Es gab schon einen Begriff für i.d.R. ungefährliche Spannungen, auch wenn evtl. je nachdem wer sich die Grenzen ausgedacht hat diese unterschiedlich sein können.
notting
27.04.2022 19:49 | slv rider
mild hybride mit ihren 48V sind wohl eher nicht gemeint. der Trend bei den "großen" geht von den ~400 zu 800V DC. das funkt schon ganz gut....
(habe schon 15KA Sicherungen in MSDs gesehen...)
09.05.2022 12:00 | emv_tester
EMV-Test. Da kannst Du Dir den Arbeitgeber und das Gehalt aussuchen.
10.05.2022 12:40 | GerhHue
Guter Input für die, denen es nützlich ist.
Für mich als Rentner nicht mehr.
Deckt sich aber mit meinen Erfahrungen ... soweit ich die Erfahrungen hatte.
Und Kompliment für den hohen Aufwand des langen Schriftsatzes!
10.05.2022 14:20 | slv rider
entsorgungsbranche für e-autos und deren einzelteile gehört auch mit zum thema.
obwohl, vielleicht werden die nur bei lidl geshreddert und zu neuen pet falschen gepresst.
10.05.2022 16:45 | notting
Danke :-)
notting
Deine Antwort auf "Welche E-Auto-relevanten Berufe gibt’s?"