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Goify's Blog

Mobilität heute und andere Absurditäten

Mon Nov 26 08:56:01 CET 2018    |    Goify    |    Kommentare (214)

Werte Gemeinde,

anlässlich eines Vorschlags von Dynamix im Motor-Talk-Blog bzgl. dem Ende der News auf Motor-Talk selbst, dachte ich mir, das mal als Anlass zu nutzen, hier über ein kontroverses Thema zu sprechen, nämlich dem unabhängigen Auto-Journalismus.

[bild=1]Seit je her gibt es Fachmagazine und Fernsehsendungen, die meist recht umfangreich und zur Anfangszeit auch eher unabhängig über neue Fahrzeugmodelle berichteten. Hierzu fällt mir zum Beispiel "ZDF Telemotor" von anfangs Rainer Günzler und später dem undeutlich sprechenden Paul Frère ein, was dann am Ende durch Gert Hack fortgeführt wurde, den kennt man unter anderem von der Buchreihe "Autos schneller machen".
Das waren sehr aufwändige Tests, die anfangs auf dem Testgelände von Mercedes-Benz in Untertürkheim und später auf dem Gelände von VW in Ehra-Lessien erfolgten. Da gab es dann auch Disziplinen wie Seitenwindempfindlichkeit, Wasserdurchfahrt oder dem Starten eines Motors bei -15 °C. Heute gibt es das nicht mehr, selbst in den Supertests der Auto Motor und Sport nicht mehr.
Aber auch bei diesen Tests merkte man, dass negative Punkte recht wohlwollend formuliert wurden, weil man wohl fürchtete, keine kostenlosen Testwagen mehr zu erhalten.

Über die Jahre hinweg habe ich den Eindruck, dass sich der Journalismus mehr und mehr hin zu einer Werbeplattform für die Autoindustrie entwickelt und kaum noch kritisch geurteilt oder investigativ Probleme ermittelt werden. Ausnahmen gibt es zwar immer wieder mal, aber im Großen und Ganzen gewinnen im jeweiligen Land die Heimatmarken und die Auslandsfabrikate sind höchstens "interessante Alternativen".

[bild=4]Seit ca. 6 Jahren verbreiten sich die Blogs von Privatpersonen, die Autos testen und am meisten fallen die vielen Tests auf Youtube auf, die teils über eine Stunde lang ein einzelnes Fahrzeugmodell testen. Hervorheben möchte ich hier Ausfahrt.tv. So umfangreich diese Bewertungen auch ausfallen mögen, unabhängig sind sie nicht, denn die Tester werden oft kostenlos zu diversen Neuvorstellungen an exotische Orte eingeladen und man nimmt dann an, dass auch positiv berichtet wird. Als Mercedes-Fan gefällt mir natürlich Fünfkommasechs am besten, jedoch ist das von neutraler Berichterstattung so weit entfernt wie die Sonne von der Erde. Das sind Mercedes-Fans, die die neusten Modelle lobend vorstellen. Das ist auch interessant, aber sehr einseitig.

Will man sich nun aber Infos holen, die eher unabhängig erfolgen, so kann ich die Tests des ADAC empfehlen. Egal, wie man zu diesem Verein steht, so sind deren Tests ähnlich aufwändig wie von Telemotor in den 80ern und man kann sie trotz (oder vielleicht sogar wegen) fehlendem Punktesystem recht gut miteinander vergleichen. Es gibt sogar eine Archiv-Funktion, um Tests aus den 80ern zu finden.
Zwei Alternativen ohne wissenschaftlichen Anspruch stellen für mich zum Einen Motor-Kritik und Der Autokritiker dar. Ersterer ist recht Nürburgring-lastig, was wohl auch an seinem Wohnort und familiären Rennsportvergangenheit liegt und zweiteren kann man wohl als recht grün (im positiven Sinne) ansehen. Beide eint, dass sie Werbeaussagen analysieren und auf deren Wahrheitsgehalt untersuchen, sowie ihre eigene Meinung zum Sachverhalt kund tun. Sponsoring erhalten beide, so weit ich das beurteilen kann, nicht. Bei Motor-Kritik müsste der Audi quattro Artikel mittlerweile jedem bekannt sein, so oft wie er hier auf Motor-Talk verlinkt wurde.
Auch interessant sind die Analysen von Tests der Autobild oder ams, die die zwei auf deren Wahrheitsgehalt untersuchen.
Wer eine zweite Meinung, jedoch genauso wenig unabhängig, hören will, schaut oder liest Testberichte aus dem Ausland. Wobei dort meist die Unterhaltung an erster Stelle steht. Empfehlen kann ich Motor-Week.

Wie seht ihr die Sache und habt ihr noch Vorschläge, wo man sich abseits des Mainstreams informieren kann? Immer her damit und auf einen guten Erfahrungsaustausch. Gern gesehen sind Links zu alten Autotests aus den 60ern und 70ern.
Meint ihr, es gibt irgendwann mal wieder Tests wie von Telemotor in den 70ern?

Quellen:
Sind oben verlinkt

Bildquellen:
https://www.menzels-lokschuppen.de/.../55-46813.jpg
https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/81Qho-244-L.jpg
https://i.ytimg.com/vi/otLJmBXAG7o/maxresdefault.jpg
https://i.ytimg.com/vi/QbEmGuFlfeA/maxresdefault.jpg

[galerie]

Telemotor
Telemotor
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Wed Dec 05 13:42:11 CET 2018    |    sampleman

Zitat:

@Goify schrieb am 5. Dezember 2018 um 11:12:48 Uhr:


Und was sagen die Testberichte über diesen Exot?
https://www.youtube.com/watch?v=1CeSGqzSFHY 😁

Unter Redakteuren gibt es einen flapsigen Spruch: "Ich bin Redakteur, das bisschen, was ich les', das schreib' ich mir schon selbst." Das scheint vor allem für Herrn Clarkson zu gelten, denn die Bedienungsanleitung zum Öffnen, Umbauen und Schließen des Dachs hat er ganz offensichtlich nicht gelesen. Dabei kommt - angesichts des Ersatzteilpreises von schlanken 4.500 Euro für ein neues Pluriel-Dach - der korrekten Handhabung aller Teile eine besondere Bedeutung zu. Das weiß Citroen auch, deshalb gibt es auf der Unterseite der Laderaumabdeckung extra eine Halterung für ein Faltblatt, in dem der Umbau noch einmal genau beschrieben wird...

... und das mich beim ersten Mal auch komplett ratlos zurückgelassen hat.

Deshalb habe ich mir auf Youtube das offizielle Erklärvideo von Citroen angesehen, das hat geholfen. Und wenn man es selber ein, zweimal gemacht hat, dann ist das auch nicht mehr wild. Ich baue das Auto heute in drei Minuten von der Limo zum Pickup um.

Aber Clarkson ist natürlich ein Super-Beispiel für eine Form von Motor-Journalismus, die im Grunde keinen Informations- sondern nur noch einen Unterhaltungsanspruch hat. In dem zitierten Video vergleicht er eine viersitzige Cabrio-Limousine, mit der man bei Bedarf auch mal eine Kommode vom Ikea abholen oder sechs Umzugskisten von A nach B fahren kann, mit einem zweisitzigen, knappen Roadster, in dessen Kofferraum noch nicht mal eine Kiste Sprudel passt. Ist lustig, aber natürlich überhaupt nicht objektiv.

Wed Dec 05 13:45:39 CET 2018    |    Goify

Ich glaube viel mehr, er wollte einfach nur zeigen, wie vergleichsweise kompliziert der Dachmechanismus des Pluriel im Vergleich zum Marktführer ist. Mir ist ehrlich gesagt auch nicht klar, was ich machen soll, wenn es fernab der Garage zu regnen beginnt.

Wed Dec 05 14:39:53 CET 2018    |    sampleman

Zitat:

@Goify schrieb am 5. Dezember 2018 um 13:45:39 Uhr:


Mir ist ehrlich gesagt auch nicht klar, was ich machen soll, wenn es fernab der Garage zu regnen beginnt.

Dem Auto liegt eine Persenning bei, mit der man es in diesem Fall abdeckt. Fahren kann man dann allerdings nicht mehr. In der Praxis baut man die Dachbögen relativ selten ab, der Wagen fährt sich auch so schon sehr angenehm. Ich hatte eher das Problem, dass, wenn ich den Wagen mal komplett offen hatte und eine große Runde Spider fahren war, irgendwann die Sonne mal mächtig stach.

Disclaimer: Ich habe die Persenning auch, habe sie aber noch nie benutzt.

Der Nachfolger des Pluriel hatte dann auch keine abbaubaren Dachbögen mehr, der hatte eher so ein Dach wie der Fiat 500C. Bei der Präsentation haben sie von Citroen gesagt, dass 98% aller Pluriel-Fahrer niemals die Dachbögen ab hatten. Nach meiner Beobachtung macht die Mehrzahl der Pluri-Fahrer nur das Schiebedach auf und zu, mehr nicht.

Thu Dec 20 21:36:42 CET 2018    |    Goify

Das passt ja gut mit dem Spiegel-Journalisten.
Wobei es bei ihm nicht um „die große Verschwörung“ geht, sondern er wollte wohl nur bessere Stories schreiben.

winnerl, das „Wicht“ ist hier nicht so gern gesehen.

Thu Dec 20 22:07:38 CET 2018    |    Antriebswelle96

Aus dem Fehlverhalten eines Menschen wird mal fix auf die gesamte Branche geschlossen. Da fragt sich, wer denn wohl der Wicht ist...

Thu Dec 20 22:50:07 CET 2018    |    Dynamix

Blöd gelaufen, für den Spiegel. Ist natürlich auch ein gefundenes Fressen für alle die permanent Lügenpresse schimpfen. Zeigt aber eben auch das es eben auch kein Ding der Unmöglichkeit ist. Wobei das auch wieder ein schlechtes Licht auf den Spiegel als seriöse Zeitung wirft wenn man erst nach 7 Jahren feststellt das man da jemanden in der Redaktion sitzen hat der seine Artikel zum Teil frei erfunden hat.

Thu Dec 20 22:56:08 CET 2018    |    Goify

Ich hörte, dass der Spiegel zwar eine interne Prüfung hat, aber wenn es um Interviews geht, wo der Journalist allein hin geht, ist eine Überprüfung nahezu unmöglich. Man wird schlecht den Interviewten fragen können, was alles gesagt wurde. So findet man jedoch raus, ob es die Person überhaupt gibt.

Fri Dec 21 11:46:22 CET 2018    |    Trennschleifer134328

Zitat:

@Goify schrieb am 20. Dezember 2018 um 21:36:42 Uhr:


Das passt ja gut mit dem Spiegel-Journalisten.
Wobei es bei ihm nicht um „die große Verschwörung“ geht, sondern er wollte wohl nur bessere Stories schreiben.

winnerl, das „Wicht“ ist hier nicht so gern gesehen.

Goify, da hab ich mich noch schwer zurückgehalten, nachdem mich dieser Typ einen Lügner nannte!

Frohe Weihnachten und ein erfolgreiches neues Jahr aus Spanien!

Fri Dec 28 21:18:40 CET 2018    |    tazio1935

Hier mal eine Aussage des Medienwissenschaftlers Prof. Dr. Lutz Hachmeister:

Zitat:

Es gibt vier Faktoren, von denen außergewöhnlicher Journalismus abhängt: Geld, Zeit, Recherche und Stil. Man kann auch als Solist oder Amateur oder Blogger gute Ideen haben und intensiv recherchieren, aber die professionelle Kombination von ganz eigenem Stil, hartnäckigem Nachhaken und auch Wirkung in die Gesellschaft hinein garantieren nur ökonomisch gut ausgestattete Institutionen mit hohen Standards.

Verfügen z. B. Youtube-Blogger über eine gut ausgestattete Institution mit hohen Standards, Geld und Zeit? Wenn sie es als Hobby betreiben, dann eher nicht. Wenn sie finanziell auf ihren Blog als Haupteinnahmequelle angewiesen sind, haben sie vielleicht Zeit und sogar etwas Geld, aber dann kann von Unabhängigkeit keine Rede sein. Denen fehlen etliche Ressourcen, die einem professionellen Journalisten zur Verfügung stehen, notfalls auch die Rechtsabteilung. Sampleman hat das bereits gut darlegt. Blogger können eine nette Ergänzung sein, aber keine echte Alternative.

Auf meine Lautsprecher bin ich übrigens aufmerksam geworden, weil sie Testsieger in der "Stereo" waren. Die verrichten recht unaufdringlich und neutral seit 1994 ihren Dienst, sind also keine Bose. 😁

Fri Dec 28 21:46:27 CET 2018    |    Goify

Geld, Zeit, Recherche und Stil sind in meinen Augen aber noch immer nur ein Teil. Die Redaktion oder das Verlagshaus (bei Printmedien) hat das letzte Wort und bestimmt, was am Ende gedruckt werden kann und was nicht. Der beste Test oder die beste Dokumentation kann jederzeit aus politischen oder auflagentechnischen Gründen in der Versenkung verschwinden.
Heute hat sich die Motor-Talk-Redaktion offiziell verabschiedet und ich bin gespannt, wie die Lücke hier im Forum gefüllt wird - wenn überhaupt. Mir ist keine Alternative bekannt, was nicht so sehr die Qualität der Beiträge, sondern die Kommentierfunktion betrifft. Dort entstanden oft recht gute Diskussionen, allerdings gab es auch oft Streit und Aufwand durch die Moderation.

Fri Dec 28 22:10:54 CET 2018    |    tazio1935

Zitat:

@Goify schrieb am 28. Dezember 2018 um 21:46:27 Uhr:


Heute hat sich die Motor-Talk-Redaktion offiziell verabschiedet und ich bin gespannt, wie die Lücke hier im Forum gefüllt wird - wenn überhaupt. Mir ist keine Alternative bekannt, was nicht so sehr die Qualität der Beiträge, sondern die Kommentierfunktion betrifft.

Es soll zwar News bei Mobile.de geben, aber nicht von einer eigenständigen Redaktion und nicht mit einer Kommentierfunktion. Findet auch mein Bedauern.

Sat Dec 29 08:23:37 CET 2018    |    Goify

Diese News gibt es dort schon und aktuell sind es noch die selben wie auf der Motor-Talk-Startseite. Also entweder ist alles halb so wild und die Journalisten ziehen dort hin um und schreiben für mobile.de oder aber es gibt ein bis zwei Mitarbeiter, die dpa-Nachrichten umformulieren und auf mobile.de online stellen.
Meine Zeit auf Motor-Talk wird sich damit drastisch reduzieren. Das ist für mich persönlich sogar ganz gut, weil einfach zu viel Zeit hierfür „drauf ging“.

Sat Dec 29 14:08:43 CET 2018    |    tazio1935

Zitat:

@Goify schrieb am 29. Dezember 2018 um 08:23:37 Uhr:


entweder ist alles halb so wild und die Journalisten ziehen dort hin um und schreiben für mobile.de oder aber es gibt ein bis zwei Mitarbeiter, die dpa-Nachrichten umformulieren und auf mobile.de online stellen.

Die News auf Mobile.de werden künftig mit eingekauften Beiträgen freier Mitarbeiter oder mit Agenturmeldungen bestritten. Mehr dazu in einem Artikel auf meedia.de vom 9. November 2018:

eBay-Tochter Mobile.de kündigt kompletter Motor-Talk-Redaktion

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