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Suzuki Ignis 3 (MF) 1.2 ALLGRIP Hybrid Test

10.02.2021 21:48    |   Bericht erstellt von _RGTech

Testfahrzeug Suzuki Ignis Allgrip Hybrid ComfortPlus
Leistung 90 PS / 66 Kw
Hubraum 1242
HSN 7102
TSN AEG
Aufbauart Schrägheck
Kilometerstand 1822 km
Getriebeart Handschaltung
Erstzulassung 9/2020
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer einige Monate
Gesamtnote von _RGTech 3.5 von 5
weitere Tests zu Suzuki Ignis 3 (MF) anzeigen Gesamtwertung Suzuki Ignis 3 (MF) (seit 2017) 4.0 von 5
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Einleitung

TL;DR: Hab ich gekauft.

 

Suzuki Ignis. In den ersten 2 Generationen ein Auto, das nicht wirklich für Aufmerksamkeit sorgte. Optisch irgendwo zwischen Kleinwagen, Rentnerauto und geschrumpftem Geländewagen angesiedelt, war er gleichermaßen Basis für den Subaru Justy wie auch den Opel Agila - und die beiden sprechen nun wirklich nicht die gleiche Käuferschicht an. Der dritte, nach einer Pause von mehreren Jahren in frischer Optik mit Retroanleihen aus Suzukis Historie 2015 vorgestellt und ab 2017 erhältlich, hat das Grundkonzept beibehalten, sieht aber erfrischend anders aus. Mit Allradantrieb ist die einzige Konkurrenz in der Größenklasse der Fiat Panda, und der begeistert mich mit Luftpumpenmotörchen eindeutig nicht.

Als reines Winterauto für eine einzelne Person, im Hinblick auf Klimadebatten und drohende Elektrifizierung, vielleicht die letzte Möglichkeit, ein sparsames und sauberes Auto ohne nötigen Ladesäulenanschluss zu finden - und daher meine ganz eigene Art des Downsizing. Denn genaugenommen brauche ich den Raum meiner Kombis nur für Urlaubsfahrten und gelegentliche Umzüge, und dafür findet sich in der Familie dann immer noch was zum Leihen. Aber Stromer gehen nicht, und ohne geht auch nicht. Also ist die Reduzierung aufs Notwendige der naheliegendste Weg.

 

Der Wagen wurde von mir als "Neuwagen auf Lager" im August 2020 unbesehen gekauft. Ausschlaggebend war zuvor eine Probefahrt mit einem Vorführer mit Frontantrieb. Geplanter Einsatzzweck war eine reine Winterzulassung (10-04) - aktuell in Ganzjahreszulassung geändert, trotzdem gibt's nur einen Rädersatz (derzeit Winterreifen, irgendwann wahrscheinlich GJR), also kann ich RDKS-Probleme beim Räderwechsel nicht beurteilen... Die Stammstrecke war damals eine 10km-Etappe 2x täglich (Steigungen, Überland, Innerorts), die der Vorführwagen bei der Probefahrt gut absolviert hatte. Dazu kommen gelegentliche Besuchsfahrten um 35km mit Autobahnanteil.

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Karosserie

3.0 von 5

Auf der Länge eines Golf 1 bringt Suzuki ein Platzangebot unter, das einen Golf 2 beschämt. Das liegt einerseits am höheren Dach, durch das auch Zweimetermänner reinpassen - hinten allerdings nicht rausschauen können, die Fenster liegen zu tief ;) Die Verglasung ist aber schön groß und auch hinten komplett versenkbar. Zum Anderen hat man vorne am Motorraum geknapst, wo der Vierzylinder quer steht und trotzdem ein dicker Schrauberarm ganz durchpasst, und hinten ist das Ladevolumen im Ausgangszustand für nur 2 Sprudelkisten optimiert. Dort allerdings hilft die Variabilität! Ich habe den doppelten Ladeboden ("Kofferraum-Organizer") eingesetzt, der mit Kramfächern für einen leeren Kofferraum sorgt und die Ladefläche auf das Niveau der Ladekante hebt. So muss ich auch für 5 (!) Kisten die beiden Rücksitze (Viersitzer!) nur vor- und steilstellen (die Bedienelemente sind überall leicht erreichbar, oben außen auf den Lehnen).

Den Kühlern vorne hätte man etwas Steinschlagschutz gönnen können; hier habe ich von diversen VWs gelernt und selbst einen Zaun vorgebaut.

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Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Innen viel größer als außen... bisher hat den Ignis noch kein Einkauf (auch im Baumarkt) geschreckt. Perfekte Raumnutzung.
  • - Rostschutz wurde mittlerweile wieder eingespart, Wachs-Auftrag auf eigene Rechnung dringend empfohlen

Antrieb

3.5 von 5

Der Motor (bei mir der 2020 abgelöste 1.3-Liter mit 90 PS mit Hybridunterstützung, die mit 1 PS allerdings nicht spürbar Mehrleistung bietet und deren 3Ah-Akku gefühlt winzig ist) ist dem Gewicht des Kleinen (< 1 t) angemessen. Man muss das Getriebe allerdings als klassisches 4+E behandeln, sprich der fünfte ist ein Schongang und auch bei Autobahntempo nicht wirklich zum Beschleunigen geeignet. Das ist nur eine Sache der Gewohnheit... innerorts geht zwar auch mal der fünfte (wird sogar angezeigt!), aber man spürt dann jede kleine Steigung; außerorts bergauf ist auch bei 70 zeitweise der dritte notwendig. Das war so zu erwarten. (Nix für Dieselfahrer.)

 

Was den Verbrauch anbetrifft, habe ich mit Überlandstrecken und gelegentlichen 0-100-Beschleunigungen nicht das optimale Fahrprofil, auch bei Autobahntempo ist er kein Sparwunder. Die angegebenen 4,6 Liter schaffe ich also nicht, es sind eher mittlere Fünfkomma. Wenn ich irgendwelche extremen Schnitte hinkriege, trage ich das hier nach, vermute aber, dass das so bleibt.

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Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Reicht im Alltag völlig aus
  • - 6 Gänge (ein etwas kürzerer 5. und ein noch etwas längerer 6. zur Drehzahlsenkung auf der AB) wären schon schöner

Fahrdynamik

4.0 von 5

Das Fahrwerk ist eine leicht zwiespältige Angelegenheit. Bei der Probefahrt lag mein Augenmerk auf dem wank- und neigungsarmen Kurvenumrunden, das klappt auch, die Federung ist entsprechend straff. Die Grenzen der Bodenhaftung werden eindeutig durch den Radstand vorgegeben. Und damit ist auch der Hauptnachteil schon begründet: beides, zusammen mit der Starrachse, bewirkt auch eine Hoppelneigung auf Unebenheiten und gelegentlich einen Tritt ins Kreuz.

Dank der geringen Breite umkurvt man störende Schachtdeckel aber viel leichter als sonst, nur beidseitige Erhöhungen (Bodenwellen) sind definitiv ein Problem.

 

Über eine indirekte Lenkung wie anderswo wird man bei mir nichts lesen. Klar: sie ist nicht so knackig wie die eines Porsche Boxster oder Golf 4 V6. Aber ich fahre ansonsten einen 90er-Jahre-Mercedes - damit kann sie gut mithalten, und mit dem Niveau (das war mal Premium!) komme ich klar.

Es kann natürlich auch sein, dass da im Laufe der Jahre was überarbeitet wurde und ich die Ansicht früherer Tester daher nicht nachvollziehen kann.

 

Der Allradantrieb konnte dank einem nennenswerten Winter diese Saison auch mehrfach getestet werden: er schaltet sehr sanft zu, auch bei provoziertem Einsatz ruckelt nichts. Sehr schön. Noch schöner: er ist leicht untersteuernd ausgelegt, ich kann also leicht mit dem Gasfuß mitlenken... genau meine Richtung :)

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Straffes Fahrwerk mit geringer Kurvenneigung trotz der Höhe
  • - Manche Bodenunebenheiten teilt einem die Starrachse doch recht deutlich mit

Komfort

3.5 von 5

Mein Ignis besitzt die höchste Ausstattungslinie "Comfort +". Damit bekommt man Lederlenkrad, Tempomat, 4 Fensterheber, und andere Nettigkeiten, die ich schon aus Gewohnheit nicht mehr missen möchte. Es sind aber auch Sachen dabei, die in der Klasse nicht so selbstverständlich sind, wie ein Bosch Bluetooth-Rückfahrkamera-USB-Navi, LED-Scheinwerfer mit Lichtsensor, Keyless-Zugang, ein Assistenzsystem mit Kamera...

Dafür gibt es manche Dinge nicht für Geld und gute Worte.

 

Das niedrige Gewicht, das Verbrauch und Fahrleistungen zuträglich ist, wird nämlich erkauft durch konsequenten Leichtbau. Suzuki lässt vieles weg, was bei anderen den Eindruck von Wertigkeit vermitteln soll... so sind die schwarzen Scheibenrahmen einfach foliert. Der Teppich ist labberig wie Malervlies. Schrauben bekommen keine extra Abdeckungen. Der Motorraum auch nicht (was schrauberfreundlich ist). Stoffbespannung in Türverkleidungen wurde zugunsten abwaschbarem Hartplastik gespart. Sitzschienen und -konsole haben keine Abdeckungen. Haltegriffe gibt's nur für den Beifahrer (kann man aber rundum nachrüsten). Bordwerkzeug, Notrad, sind nicht da (ein Radschlüssel schon!). Die Hupe ist Spielkram. Nicht mal Licht im Kofferraum... was das für mich bislang größte Ärgernis war, auch in Sachen Nachrüstung (es liegt kein Kabel!). Immerhin das Licht ist im Facelift jetzt adressiert worden. Ich finde meine Nachrüstlösung an der Decke aber so viel besser, dass wir die sogar in einem Tucson nachgerüstet haben :)

Manches lässt sich offiziell im Zubehör nachrüsten (Parkpiepser für vorn, Regensensor, verstellbare Mittelarmlehne mit Staufach), manches auf Nachfrage (Haltegriffe, Hupe), anderes wie ein Schiebedach fehlt einfach (Pech gehabt).

Ich muss aber auch sagen: vieles geht mir nicht ab. Selbst die offenen Schrauben in den Verkleidungen sind so angeordnet, dass man sie selten wahrnimmt. Und ganz ehrlich: eine mechanisch wirkende Handbremse (die sich dosieren lässt) und Trommelbremsen hinten (die nicht ständig Flugrost ansetzen) finde ich sogar toll! Da kann mir aber wirklich jede elektronische Parkbremse oder ähnlicher Verhau gestohlen bleiben.

 

Die Sitze sind oft als zu weich geschmäht worden - ist mir jetzt noch nicht negativ aufgefallen. Dafür passt mir die Form (im Ford Focus I und Twingo III bekomme ich Rundrücken). Das muss eben jeder für sich rausfinden.

 

 

Der Keyless-Zugang ist ein nettes Gimmick, das man in der Kleinwagenklasse nicht unbedingt erwartet. Mit dem Schlüssel in der Nähe ent- und verriegelt man per Knopfdruck an Fahrertür oder Kofferraum und muss den Schlüssel nicht suchen. Super mit vollen Händen beim Einkauf. Auch der Startknopf ist schick, bedarf nur etwas Erlernens (Zündung ohne Motorstart = Kupplung nicht treten, 2x drücken). Allerdings wär's noch schicker, wenn das System selbsttätig öffnen und schließen würde (ohne den Knopf am Griff).

 

 

Innen fühle ich mich wohl. Viele Bedienelemente sind nachvollziehbar angeordnet, die Lenkradtasten reduzieren den Blick aufs Naviradio. Der Blinkerhebel ist für mich Daimlerfahrer etwas arg kurz geraten - manchmal fasse ich vorbei. Auch die Mehrfachdrehfunktionen habe ich noch nicht ganz im Kopf; wobei, am Licht muss man dank der schnell reagierenden Lichtautomatik ja wenig tun (eventuell Nebel, aber sonst?). Nur der rechte Hebel für beide Scheibenwischer irritiert (nach oben ist Tippwischen, nach unten schaltet die Intervalle, das hatte ich immer andersrum! Ist das eine japanische Eigenheit? Wobei, Renault soll das auch haben...).

Wo wir schon beim Heckwischer sind - der hat keinen Intervall :eek: Und ich finde schon die üblichen Heckwischer meist übereifrig...

 

Wer die Schalter für die Sitzheizung zwischen den Sitzen versteckt hat, gehört nachträglich noch geprügelt. Wenn man die originale Mittelarmlehne nachgerüstet hat, bricht man sich halb den Arm, um da ranzukommen - mit besetztem Beifahrersitz ist es annähernd unmöglich. Das hätte besser gelöst werden können (in Klimaanlagennähe!).

 

Beim Tempomat erschließt sich die Logik auch nicht ganz, warum ich den jeden Morgen erst mit einem extra Tastendruck einschalten muss. Da könnte der letzte Zustand gern gespeichert bleiben.

Genauso doof ist, dass er erst ab 45 km/h funktioniert. Grade in 30er Zonen fände ich den gut, um direkt den Fuß über der Bremse zu haben.

Dafür merkt sich die Klimaanlage die Defrost-Stellung unnötigerweise auch über Nacht. Irgendwas is ja immer...

Testkriterien
Federung (komfortabel): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Viel Zeug drin, das man nicht unbedingt erwartet...
  • - ...aber manches hätte man noch etwas gelungener umsetzen können.

Emotion

3.0 von 5

Ja... ein klassisches "Habenwollen"-Gefühl wird der Ignis nur selten auslösen. Er ist nicht so knuffig wie ein Twingo, niedlich und äußerlich auf Statement gedacht wie ein Zoe oder Smart, und viel zu klein und vernünftig für das Testosteronzentrum. Und optisch gibt's auch immer eine Schokoladenseite (die Front) und eine Seite, die weniger gefällt (ich würde gerne die Rückleuchten tauschen, ein Kollege stört sich an den 3 Sicken in der C-Säule, der stämmige Hintern durch die nach außen ragenden Radkästen fällt auch vielen auf). Ich mag die Zweifarbigkeit innen, ein Kollege fand's billig. Das Facelift hat hier für Änderungen gesorgt, jetzt ist nur noch eine Querleiste weiß - das wäre mir nun zu dunkel.

 

Die Sicherheits-Assistenten mit dem Doppelkamerasystem... funktionieren. Ich hatte bisher zwar hauptsächlich Fehlalarme und der Müdigkeitsassistent ist mir noch nicht mal begegnet. Aber man wird beim Spurwechsel definitiv zum Blinken erzogen. Leider versperrt die Kameraanlage ab und zu den Blick Richtung einer Ampel, da sie über dem Innenspiegel alles ausfüllt. Und das Blinken im Tacho, wenn das System mal aufgrund verschneiter oder beschlagener Scheibe nicht funktioniert, macht sich wichtiger als es ist.

 

Die Freude im Alltag vermittelt sich eher durch die Leichtigkeit. Bei der Parklückensuche. Beim Wenden. Beim Durchwitschen in engen Straßen trotz Gegenverkehr. An der Tankstelle. (Natürlich, rund 500km Reichweite kann auch mein V6-Mercedes... aber da muss ich auch für 60 statt 30 Liter bezahlen!)

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (komfortabel): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Macht besonders viel Spaß beim durch-enge-Lücken-wuseln, Einparken, Tanken.
  • - Nicht unbedingt ein Eye-Catcher

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Wie üblich wurde bisher hauptsächlich Kritik geübt, aber man muss das so sehen: was nicht genannt wird, stört auch nicht.

 

Der Ignis ist ein Fahrzeug der Extreme. Es ist klein, leicht, sparsam, und das alles ist wirklich exzessiv umgesetzt - das muss man akzeptieren. Manche extremen Kompromisse kann man auch mit etwas handwerklichem Geschick und ein paar € auflösen, und wer das nicht scheut, hat ein kleines leichtes Auto mit Potential.

 

Mich freut nach wie vor die Handlichkeit und der Alltagsnutzen, und die geringen Unterhaltskosten. Auch die simple Technik hinterlässt ein gutes Gefühl - der ganze neumodische Kram der "Premiumhersteller", der gefühlt öfter kaputt ist als er Nutzen bringt (Turbolader, elektronische Parkbremse, ...), ist einfach nicht anwesend.

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Es ist zugegeben nicht für jeden Geschmack, wenn im Sinne der Gewichtseinsparung sehr dünne Sitzbezüge/Teppiche/großflächige Hartplastikverkleidungen vorhanden sind, oder sogar Seibstverständlichkeiten wie Licht im Kofferraum fehlen.

Die Geräuschkulisse ab 120 km/h (3500u/min) sowie die Elastizität im 5. Gang machen auch deutlich, dass der Haupt-Lebensraum nicht die Autobahn ist.

Gesamtwertung: 3.5 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 3.5 von 5 möglichen Sternen
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