Zwickmühle: Schilder vs. Sinn
Schilder sind Verwaltungsakte und gelten insofern als Vorschrift, die es einzuhalten gilt. Verstanden! Das regelmäßige Lesen des Forums „Verkehr & Sicherheit“ bringt es aber immer wieder an die Tagesordnung: Recht ist das Eine, Gesetz das Zweite, Praxis das Dritte. Selbst unter denjenigen hier, die sich recht viel mit der Materie beschäftigen ob nun Anwalt, Polizist oder Hobbyrichter, gibt es regelmäßig Überraschungen, wie sich welche Frage auflöst und was Grundsatzurteile etc. dazu sagen.
Dies alles auf die Seite gekehrt, interessiert mich was tatsächlich passiert, was Praxis ist, warum wir wie handeln und ob das Wissen oder Unwissen gepaart mit dem Mut zur individuellen Entscheidung wider der Regel Usus ist.
Dazu habe ich ein paar Beispiele, wo ich mich immer wieder frage, wie ich es denn jetzt richtig oder praktisch machen soll:
- Geschwindigkeitsbegrenzungen via Wechsellichtzeichen (Schilderbrücke): Wie oft finden wir die Situation, dass ein angezeigtes Tempolimit nach einer Anschlussstelle oder gar einem Autobahnkreuz nicht widerholt wird. Hatte der Beamt etwa eine Aufhebung im Kopf und dachte sich, wenn nix da steht sollen sie doch fahren, oder hat er nicht an die gedacht, die frisch auf die Bahn kommen?
- Vergessene Schilder nach Baustellen oder sonstigen Einschränkungen. Gerne auch mal 3 Monate nach einer Rollsplitattacke auf die Fahrspur wird noch ein 80 Schild gesehen, dass de facto Unfug ist.
- Ein zu früh stehendes neues (temporäres) Schild „80 Baustelle“, hinter dem in wenigem Abstand dann das dort übliche und alte „120“ prangt.
- Ein „30 Schule“ Nachts um halb 4.
- Ein „80 Straßenschäden“, dass quer über die ganze BAB geht, auch mal nur für 30 Meter, wenn ich doch weiß, dass es nur die rechte Spur betrifft.
Insgesamt fallen diese Dinge sehr häufig dann auf, wenn man echt ortskundig ist. Da die Rechtsprechung von Ortskundigen erwartet, dass sie aufgrund ihrer Ortskundigkeit auch Geschwindigkeitsbeschränkungen beachten, wenn sie aufgrund falsch stehender Schilder nicht gesehen werden, der Ortskundige aber weiß, dass sie dort existiert, gilt es dann im Umkehrschluss, dass ich ein Schild ignorieren kann, wenn ich weiß, dass es eigentlich nicht dort stehen soll?
Jetzt bitte keine Einzeldiskussion über die rechtliche Frage, klar ist, dass eine Geschwindigkeitsbeschränkung gilt, bis sie durch ein Schild aufgehoben wird oder ich mich auf einer neuen Straße befinde. Und klar ist auch, dass das gilt was dort steht oder das was ich weiß, was dort stehen müsste. Selbst Hinweise: Bitte bei Bauamt melden und das Schild wird korrigiert/weggeräumt, sollen hier nicht ankommen.
Ich frage mich: Wie macht ihr das, wenn ihr in der Zwickmühle zwischen Schild und sinnvollem Straßenverkehr steckt?
Gruß
Stefan
(Entscheidet mal so und mal so)
Beste Antwort im Thema
Wenn ein Schild mir vorschreibt was ich zu tun habe halte ich mich dran. Ich habe keine Lust und maaße mir auch nicht an zu entscheiden ob das Schild sinnvoll, sinnlos, vergessen, zu früh aufgestellt.... wurde/ist.
Mir ist dabei noch kein Zacken aus der Krone gebrochen und meinen Geldbeutel hat es auch geschont, Nerven habe ich keine gelassen und Zeit musste ich auch keine investieren.
Sich gegen die bestehenden Vorschriften aufzulehnen indem man sie ignoriert oder missachtet ist sowieso nicht ratsam. Da gibt es andere Wege, aber die sind für viele Freiheitskämpfer hier zu anstrengend und zu mühsam.
97 Antworten
So lange die Bahnschranke nur halbseitig ist, geht's ja noch.
Der Punkt ist nicht sich aufzulehnen oder Freiheitskampf oder was auch immer so mancher, der gern die Denkleistung von sich weg schiebt, behaupten mag. Der Punkt ist, dass diese Verkehrszeichen einen einzigen Sinn haben: Sie sollen dem Menschen dienen. Nicht umgekehrt.
Zitat:
Original geschrieben von Wraithrider
Der Punkt ist, dass diese Verkehrszeichen einen einzigen Sinn haben: Sie sollen dem Menschen dienen. Nicht umgekehrt.
Klar, blöd ist nur wenn Du gerade nicht zu "den Menschen" gehörst, sondern es nur die anderen sind und Du es nicht merkst.
@Bahnschranke: Grosses Problem, wenn man alleine unterwegs und eigentlich möchte, aber es könnte ja immer ein Zug kommen. Die Höchstgeschwindigkeit eines mehrere hundert Tonnen schweres Zuges ist manchmal beachtlich.
Gruß
Stefan
(Twitterdeutsch: #Deformationskraft)
Zitat:
Original geschrieben von Flinx1960
War die Schranke nicht zufällig in Köln? Die rechte Rheinstrecke soll ja verkehrsreich sein ...
450 km weiter. 😉
Ähnliche Themen
Zitat:
Original geschrieben von Wraithrider
So lange die Bahnschranke nur halbseitig ist, geht's ja noch.
Trotzdem nicht zu empfehlen
Zitat:
Original geschrieben von Wraithrider
Der Punkt ist nicht sich aufzulehnen oder Freiheitskampf oder was auch immer ...
Der Punkt ist, dass diese Verkehrszeichen einen einzigen Sinn haben: Sie sollen dem Menschen dienen. Nicht umgekehrt.
Und da kommen wir der Sache näher. Es geht nicht um die grundsätzliche Frage, ob Verkehrszeichen beachtet werden sollten oder nicht, sondern wie man sich bei offensichtlich unsinnigen, widersprüchlichen, vergessenen, defekten oder manipulierten Schildern bzw. Lichtzeichenanlagen verhalten sollte. Das es dafür kein einheitliches Patentrezept gibt, ist klar.
Der Satz "Wenn ein Schild mir vorschreibt was ich zu tun habe halte ich mich dran" kann zwar als standfest, aber ggf. wenig sinnvoll oder angemessen betrachtet werden.
Zitat:
Original geschrieben von StefanLi
Klar, blöd ist nur wenn Du gerade nicht zu "den Menschen" gehörst, sondern es nur die anderen sind und Du es nicht merkst.
Bin nie Mensch, sondern immer an erster Stelle Motorradfahrer, und finde daas ganz und gar nicht blöd.
Zitat:
Original geschrieben von Manitoba Star
Trotzdem nicht zu empfehlenZitat:
Original geschrieben von Wraithrider
So lange die Bahnschranke nur halbseitig ist, geht's ja noch.
Was man empfiehlt und was man macht, sind doch völlig verschiedene Sachen. Ich würde ja auch niemandem empfehlen, z. B. V-Power Racing zu tanken oder 5km weit über die Grenze zu fahren und dort dann mit Kreditkarte zu tanken oder oder oder. *shrug*
Zitat:
Original geschrieben von Diedicke1300
Das ist ein anderer Fall, aber nein, das habe ich noch nicht erlebt.
Tja, mir ist's letzte Woche passiert.
Zitat:
Original geschrieben von yo-chi
Die war ne Stunde lang unten...Irgendwas defekt.Zitat:
Original geschrieben von Pastaflizzer
Wenn die Bahnschranke senkrecht steht brauchst Du aber nicht warten bis sie sich senkt und dann erst losfahren 😁
Auf einigen ländlichen, eingleisigen Strecken, man glaubt es kaum, bleiben die Schranken so lange unten, bis man einen Anforderungsknopf gedrückt hat.
Zitat:
Original geschrieben von Brueggener
Auf einigen ländlichen, eingleisigen Strecken, man glaubt es kaum, bleiben die Schranken so lange unten, bis man einen Anforderungsknopf gedrückt hat.Zitat:
Original geschrieben von yo-chi
Die war ne Stunde lang unten...Irgendwas defekt.
Kenne ich, gibt es bei uns auch noch. Und die Strecke ist sogar zweigleisig ...
Zitat:
Original geschrieben von Pastaflizzer
Kenne ich, gibt es bei uns auch noch. Und die Strecke ist sogar zweigleisig ...
Ja, und bis vor Kurzem vor auch ein ICE regelmäßig darüber.
Zitat:
Original geschrieben von StefanLi
Ja, und bis vor Kurzem vor auch ein ICE regelmäßig darüber.Zitat:
Original geschrieben von Pastaflizzer
Kenne ich, gibt es bei uns auch noch. Und die Strecke ist sogar zweigleisig ...
Ne, bei uns fahren eigentlich nur die Regionalexpresszüge und ein paar Güterzüge.
Zitat:
Original geschrieben von Manitoba Star
Der Satz "Wenn ein Schild mir vorschreibt was ich zu tun habe halte ich mich dran" kann zwar als standfest, aber ggf. wenig sinnvoll oder angemessen betrachtet werden.
Wenn mir ein Schild vorschreibt"Hier darfst Du maximal 80 fahren" dann fahre ich hier maximal 80, wenn mir ein Schild vorschreibt"Hier darfst Du nicht parken" dann parke ich hier nicht, wenn mir ein Schild vorschreibt"Hier darfst Du nicht überholen", dann überhole ich hier nicht....
Was ist daran nicht sinnvoll bzw. nicht angemessen. Ich akzeptiere die Schildchen, ich habe da kein Problem mit, warum soll ich mich nicht dran halten ?
Ich vermute das einigen nicht bewusst ist das man z.b. bei einem Schild mit TL 80 km/h nicht stur die 80 fahren muss. Logischerweise auch weniger wenns die Strasse oder der Verkehr nicht her gibt😉 Oder warum wird diskutiert ob solche Schilder zu beachten sind?
Zitat:
Original geschrieben von mattalf
Ich vermute das einigen nicht bewusst ist das man z.b. bei einem Schild mit TL 80 km/h nicht stur die 80 fahren muss.
Diese Zahl da bedeutet die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht die muss/soll Geschwindigkeit. Ansonsten sollte man sich schon den Verkehrsbedingungen anpassen.
In der Tat gibt es einige Zeitgenossen die aus egoistischen Gründen Deine Vermutung propagandieren.
Ich glaube mich zu erinnern, dass in der Fahrschule gesagt wurde, am Schild muss man die drauf vorgeschriebene Geschwindigkeit erreicht haben. Zum Glück hat der Fahrlehrer in dem Moment nicht gesagt, aus welcher Richtung kommend.
Zitat:
Original geschrieben von Diedicke1300
Wenn mir ein Schild vorschreibt"Hier darfst Du maximal 80 fahren" dann fahre ich hier maximal 80, wenn mir ein Schild vorschreibt"Hier darfst Du nicht parken" dann parke ich hier nicht, wenn mir ein Schild vorschreibt"Hier darfst Du nicht überholen", dann überhole ich hier nicht....
Was ist daran nicht sinnvoll bzw. nicht angemessen. Ich akzeptiere die Schildchen, ich habe da kein Problem mit, warum soll ich mich nicht dran halten ?
Die Frage ist: Warum söllte man sich dran halten? Nicht warum nicht. Noch mal mein Eingangssatz: Die Schilder haben den einzigen Zweck, zu dienen, wenn sie das aber nicht tun, sondern im Gegenteil behindern, dann haben sie ihre Existenzberechtigung verloren.
Wenn die 80 unangemessen niedrig angesetzt sind, dann werden sie zu Recht von vielen ignoriert. Wenn direkt vor'm Fahrradparkplatz ein Halteverbotschild steht, dann wird auch das von motorisierten Zweirädern völlig zu Recht ignoriert (um so mehr wenn die Parkplätze davor mit so durchlöcherten Rasensteinen ausgelegt sind). Und wenn Überholen nun mal völlig problemlos möglich ist, dann gibt es auch da keinen Grund, sich an das Schild zu halten.
Beschilderungen sind KEIN Selbstzweck. "Sie sind da" ist KEINE hinreichende Existenzberechtigung.