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zum technischen Verständnis: Warum können Verdampferanlagen nicht auf Gas starten?

Hi! Ich würde mich hiermit mal über eine technisch detaillierte und fundierte Erläuterung freuen, denn ich habe einen Verständniskonflikt in meinem Kopf.

Normalerweise ist ja Gas (also ein Brennstoff, dessen Siedepunkt weit unter der Lager- und Umgebungstemperatur liegt) der beste Kraftstoff für den Kaltstart, den man sich für einen (Homogenbetrieb-) Ottomotor nur vorstellen kann. Grund: Bei kaltem Motor haben wir das Kondensationsproblem flüssiger Kraftstoffe. Eingespritzes Benzin oder erst recht Ethanol schlägt sich als nasser Film auf kalten Motorteilen nieder. Dadurch haben wir 2 Probleme: 1.) Die stöchiometrisch zugemessene Kraftstoffmenge stimmt nicht, das Gemisch wird durch Auskondensieren wieder so mager, daß es nicht mehr zündfähig ist. Da die Lambdaregelung noch nicht funktioniert, wird ein äußerst fettes Startgemisch zubereitet, nach dem Motto "hoffentlich bleibt möglichst viel davon übrig, wenn die Zündkerze zündet" bzw. "viel hilft viel". (früher war das der Choke) 2.) ein Teil des Kraftstoffs kondensiert natürlich auch in den Zylindern und wäscht den Ölfilm ab, während er an den Kolbenringen vorbei nach unten in die Ölwanne läuft.

So. Nun kenne ich ja auch die bisherigen Erklärungen für das Startbenzin. Bei LPG-Fahrzeugen wird das Autogas im Verdampfer in die Gasphase überführt, und der entzieht der Umgebung Wärme. Aber warum reicht als Wärmelieferant nicht die Umgebungswärme von sagen wir 10°C Plus? Butan hat, wenn ich mich richtig erinnere, -4°C Siedepunkt, Propan geht Richtung -40°C. Der Verdampfer wird vom Kühlwasser umströmt, das hat fast die Wärmekapazität von Wasser. Wenn das Kühlwasser 10°C warm ist, warum reicht das nicht zum Verdampfen des Start-LPGs?

Vergleichen wir doch mal mit Gasgeräten wie: Hochleistungs-Gasgrill (Imbißbuden), Heizpilze, Propangasherd. Alles Gasgeräte mit einem relativ hohen Verbrauch bei Volllast. Aber die haben keinen Verdampfer, der von einer Kühlflüssigkeit umspült wird. Da muß die blanke Umgebungsluft die Verdampfungswärme für das Propan liefern. Und es funktioniert!

Gut, nun könnte man sagen, wenn einer startet und mit kaltem Motor gleich mit Vollgas auf die Autobahn auffährt bis V max, dann würde er wirklich die 10-fache Menge an Propan verdampfen müssen wie ein Gasgrill. Der kalte Verdampfer würde vereisen, flüssiges LPG würde evtl. das Saugrohr vereisen. Aber ist das realistisch? Wird wegen dieses Worst-Case-Szenarios gewartet, bis das Kühlwasser 30, 40 oder 60°C hat?

Für jemanden, der erstmal im Schneckentempo die 30-Zone verläßt und an 3 Ampeln wartet, sollte doch auch ein 10°C warmer Verdampfer schon vollständig verdampfen können wie ein luftumspülter Profi-Gasgrill? Jedenfalls läuft ein Trabi-Motor auf der Werkbank schon mit einem mittelgroßen Propan-Lötbrenner, den man in den Ansaugflansch am Kurbelgehäuse steckt. Luftklappe am Brenner richtig einstellen, Brenner auf vollgas, und schon läuft der Trabimotor auf Standgas, mehr ist nicht drin. Also, der Gas-Kaltstart ist experimentell bewiesen! (und zwar schon vor 10 Jahren)

So, und falls der Benzinstart-Grund jetzt "Sicher ist sicher, könnte ja wirklich jemand gleich 10km Autobahn bergauf beschleunigen wollen" ist: Warum tuts nicht ein Temperatursensor im Verdampfer? Wenn eine kritische Temperatur unterschritten ist, wird auf Benzin umgeschaltet. Packts der Verdampfer wegen 3km Tempo 30 und 3 Ampeln, auch gut.

So, und jetzt ihr...

Beste Antwort im Thema

So, ein kleiner Exkurs in die Verfahrenstechnik der Wärmeübertragung.

Punkt 1: Es gibt eine Dampfdruckkurve. Ein Stoff siedet dann, wenn der Dampfdruck dem Umgebunsgdruck entspricht. Bei Venturianlagen dosiert das Ventil gegen deutlichen Unterdruck im Ansaugtrakt, bei neueren Einspritzanlagen ist der erforderliche Vordruck durch den Druckverlust der Einspritzdüsen plus dem Druck im Ansaugtrakt deutlich höher.

Punkt 2: LPG entzieht der Umgebung beim Verdampfen Wärme. Wenn Wärme nicht nachfliessen würde, muss sich die Stelle der Verdampfung auf die Siedetemperatur des verdampfenden Stoffs abkühlen (grob gesagt).

Punkt 3: Wärme fließt von warm nach kalt. Dieser Wärmestrom (=Leistung) ist proportional der Tauschfläche und dem Temperaturgradienten. Da Kühlwasser üblicherweise 85-90 Grad aufweist, hat ein Verdampfer in einer Venturianlage mehr Gradient und damit Spitzenleistung als der gleiche Verdampfer, der mit 2.5 Bar einen Turbo bedienen muss. Die maximal nutzbare Leistung ist bei gleicher Tauschfläche höher, da die Differenz zwischen der Siedetemperatur bei Betriebsdruck und der Kühlmitteltemperatur bei der Venturi höher ist.

Das ist übrigens auch der Grund, wieso die Verdampfer bei Turbos wesentlich stärker gefordert sind als bei Saugern. Auf der einen Seite hat ein Turbo massig Leistung und braucht damit viel Kraftstoff pro Zeiteinheit, auf der anderen Seite ist die Temperaturdifferenz zwischen Siedetemperatur und Kühlwasser gering. Reines Propan hat bei 2.5 bar Verdampferdruck (bei einem Turbo) etwa -20°C Siedetemperatur, reines Butan bräuchte +20°C für 2.5 bar. Beim Motorstart im Winter hat das Kühlwasser anfänglich vielleicht 0°C, im Betrieb deren 80, meist 60/40 Propan/Butan. Anfänglich steht also nur 1/5 der maximalen Wärmetauschleistung zur Verfügung. Gleichzeitig fetten Motoren beim Kaltstart an, fordern massig Kraftstoff.

Leuchtet es ein? Eigentlich ist alles ganz logisch wenn man sich seit etwa 15 Jahren mit Wärmeübergang beschäftigt ;-)

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Also, dann baut euch eine Standheizung ein. Dann könnt ihr auch auf Gas starten. Keine Kaltlaufphase auf Benzin, keine Ölverdünnung durch Benzin.
Gruß
Frank, mit LPG ohne Standheizung unterwegs.

Zitat:

Original geschrieben von viktor12v


Hallo iceman1000

Wie ist dein Verdampfer Kühlwassermässig angeschlossen?
In Serie oder parallel.

Bei mir wurde der Verdampfer vom Umrüster auch parallel angeschlossen.
Brauchte bis zum Umschalten 1,5 km.
Jetzt beim seriellen Anschluß schaltet der Wagen schon bei 500 m um.

Viktor

Hm, ich habe keine Ahnung, wie der Verdampfer angeschlossen ist. Wie erkennt man das? Und wer schließt ihn ggf. anders an? Der Umrüster? Mir würde es natürlich auch wesentlich besser gefallen, wenn er schneller auf Gas umschalten würde.

Meine Anlage ist parallel zum Heizungswärmetauscher eingebunden, wobei der Heizkreislauf KEIN Ventil hat, sondern nur Luftklappen.

Ich hab auch eine OMVL.
Der Gasstart funktioniert bei mir aber nur oberhalb von ca. +10° und da mit viel ruckeln.
Drunter kann ich zwar auch mit Gas starten, aber der Motor springt nicht an.
Erst bei 15-20° geht bei mir der sogenannte Gasnotstart.

Wird dem Verdampfer wohl zu kalt sein.

@iceman1000

Ich hab dir mal grob den Unterschied von paraller und serien Anschluß des Kühlerwasseranschluß aufgezeichnet.

Von parallel auf serie hab ich es mir selber umgeschlossen.

Viktor

Danke @ Viktor, ich habs mir mal ausgedruckt. Was ich damit jetzt anfangen soll, weiß ich noch nicht, dafür fehlt mir das techn. Verständnis....

Wenn der Verdampfer parallel Angeschloßen ist läuft nicht zwingend die ganze Menge Kühlwasser durch den Verdampfer.

Das Wasser nimmt den Weg des geringsten Wiederstandes (wie wir Menschen meißt auch ;-) ). Dieser Weg führt meißt nicht durch den Verdampfer.

Wenn ich ehrlich bin weiß ich nicht wie mein Verdampfer eingebunden ist. Per Software und Interface hab ich aber schon versuche gemacht.
Er schaltet auch bei -10°C mit einem Doublemix von 15% und Umschalttemperatur von 20°C Problemlos um. Dass ist dann bei der oben genannten Umgebungstemperatur ca. nach 400-600m.

Im Sommer weiß ich es noch nicht, aber wohl noch früher.

Prins VSI Gasfilter hab ich den alten, nicht den neuen bei dem erst bei 35°C oder mehr umgeschalten werden soll.

Hat die Prins VSI auch Temperaturfühler an den Rails?
Sehe nur die Verdampfertemperatur und die steigt rasant auf 83°C an und schwankt nie nach unten, auch nicht bei Volllast oder kaltem Motor mit Überholvorgang.

P.S.: Den neuen Prins VSI Filter gibt es nur wegen scheinbar verunreinigtem Gas und der Parafin Bildung. Bewießen dass der was bringt ist aber glaub auch noch nicht`s...

Hallo iceman

Hast du einen Bekannten/Freund, der sich ein wenig mit Autos auskennt?

Du kannst natürlich auch deinen Umrüster fragen wie er den Verdampfer angeschlossen hat.
Vielleicht macht er dir es umsonst.
Mal einfach danach fragen.

Viktor

Zitat:

Original geschrieben von viktor12v


Wie ist denn das bei den Gas-Staplern.
Fahren die nur mit Gas,
oder Gas + Benzin wie beim Auto?

Rein mit Gas, ansonsten dürften sie auch nicht in geschlossenen Räumen genutzt werden.

Zitat:

Original geschrieben von viktor12v


Da war vor kurzem im TV (ich glaub N24) eine Sendung über die Ice-Road.
Da fahren die Truck´s über gefrorenes Wasser.
Da hat mann auch so einen Gas-stapler mit der Gasflasche gesehen.

Normale Fahrzeuge werden bei extremer Kälte i.d.R. gar nicht ausgeschaltet. Sie laufen 24/7 sofern sie nicht "warm abgestellt" werden können.

Zitat:

Original geschrieben von viktor12v


Dort ist es sicher etwas kälter als bei uns.
Oder hat der eine andere Gasmischung?

95/5 ist normal - auch hier in .de. Ein "Wintergas" ist eine technische Notwendigkeit damit der Betrieb gewährleistet ist. Der Butananteil hat seinen Siedepunkt bei -0,5 °C, daher ist dies Notwendig. Beim Propan gibt es da kein Problem.

Leider kenne ich den genauen Aufbau eines Gasstaplers nicht, jedoch wurde mir erklärt, dass die deutlich (!) geringere Leistung (nur ein paar kW anstatt jenseits der 100 kW) auch weniger Gas benötigt -> daher ist auch weniger Wärme am Verdampfer notwendig.

Ob elektrisch zugeheizt wird? Bin ich leider überfragt. Müsste man wohl mal bei Still und Co. anfragen...

Grüße, Martin

Hallo Viktor,
ich muss demnächst zur Durchsicht (90.000km), vielleicht frag ich da einfach mal nach.
Oder eben den Umrüster. Mal sehen, was der davon hält.
Danke auf jeden Fall erstmal.

Die Stapler haben keine Verdampfer sondern sind mit Venturi-Anlagen ausgerüstet. Euro 1 u. 2 PKW können auch mit diesen günstigen Anlagen ausgerüstet werden, erzeugen aber Leistungsverlust.

Insofern passt das Staplerbeispiel nicht ganz.

Zitat:

Original geschrieben von Abbuzze_0


Die Stapler haben keine Verdampfer sondern sind mit Venturi-Anlagen ausgerüstet. Euro 1 u. 2 PKW können auch mit diesen günstigen Anlagen ausgerüstet werden, erzeugen aber Leistungsverlust.

Insofern passt das Staplerbeispiel nicht ganz.

Errr... Venturi -> braucht beim PKW ebenfalls einen Verdampfer. 🙂

Beim Stapler: Die Gasflaschen liegen i.d.R. Wie wird das mutmaßlich flüssig gespeicherte Gas entnommen? Gleich in der Gasphase und dann über einen Druckminderer (wie beim Camping)?

Grüße, Martin

So, ein kleiner Exkurs in die Verfahrenstechnik der Wärmeübertragung.

Punkt 1: Es gibt eine Dampfdruckkurve. Ein Stoff siedet dann, wenn der Dampfdruck dem Umgebunsgdruck entspricht. Bei Venturianlagen dosiert das Ventil gegen deutlichen Unterdruck im Ansaugtrakt, bei neueren Einspritzanlagen ist der erforderliche Vordruck durch den Druckverlust der Einspritzdüsen plus dem Druck im Ansaugtrakt deutlich höher.

Punkt 2: LPG entzieht der Umgebung beim Verdampfen Wärme. Wenn Wärme nicht nachfliessen würde, muss sich die Stelle der Verdampfung auf die Siedetemperatur des verdampfenden Stoffs abkühlen (grob gesagt).

Punkt 3: Wärme fließt von warm nach kalt. Dieser Wärmestrom (=Leistung) ist proportional der Tauschfläche und dem Temperaturgradienten. Da Kühlwasser üblicherweise 85-90 Grad aufweist, hat ein Verdampfer in einer Venturianlage mehr Gradient und damit Spitzenleistung als der gleiche Verdampfer, der mit 2.5 Bar einen Turbo bedienen muss. Die maximal nutzbare Leistung ist bei gleicher Tauschfläche höher, da die Differenz zwischen der Siedetemperatur bei Betriebsdruck und der Kühlmitteltemperatur bei der Venturi höher ist.

Das ist übrigens auch der Grund, wieso die Verdampfer bei Turbos wesentlich stärker gefordert sind als bei Saugern. Auf der einen Seite hat ein Turbo massig Leistung und braucht damit viel Kraftstoff pro Zeiteinheit, auf der anderen Seite ist die Temperaturdifferenz zwischen Siedetemperatur und Kühlwasser gering. Reines Propan hat bei 2.5 bar Verdampferdruck (bei einem Turbo) etwa -20°C Siedetemperatur, reines Butan bräuchte +20°C für 2.5 bar. Beim Motorstart im Winter hat das Kühlwasser anfänglich vielleicht 0°C, im Betrieb deren 80, meist 60/40 Propan/Butan. Anfänglich steht also nur 1/5 der maximalen Wärmetauschleistung zur Verfügung. Gleichzeitig fetten Motoren beim Kaltstart an, fordern massig Kraftstoff.

Leuchtet es ein? Eigentlich ist alles ganz logisch wenn man sich seit etwa 15 Jahren mit Wärmeübergang beschäftigt ;-)

Zitat:

Gleichzeitig fetten Motoren beim Kaltstart an, fordern massig Kraftstoff.

Selbst angefettet ist der Kraftstoffbedarf im Leerlauf (oder erhöhten Leerlauf in der Kaltstartphase) absolut gesehen sehr gering. Bedenklich wäre Vollast bei kaltem Motor. Aber wer so fährt, hat sie sowieso nicht alle.

Ich habe selber das Glück, mit meiner Venturi-Anlage kalt starten zu können. Es geht wunderbar. Natürlich ist auf den ersten paar 100 m im Winter nicht viel Leistung da, aber das gibt sich.

Zitat:

Original geschrieben von Erwachsener


Selbst angefettet ist der Kraftstoffbedarf im Leerlauf (oder erhöhten Leerlauf in der Kaltstartphase) absolut gesehen sehr gering.

Jein. Ein Verbrauch von 20 bis 40 l auf 100 km in den ersten Minuten ist sicherlich nicht "gering", auf eine Gesamtlaufleistung von mehreren 1000 km pro Jahr jedoch mit weitaus weniger Gewicht.

Was vielen Gasfahrern auffällt welche sich nicht so sehr mit der Thematik befasst haben: "Ich glaube meine Gasanlage verbrennt Benzin mit" - "Wie schnell verdunstet Benzin?" - "Kann Benzin ins Öl kommen beim Gasbetrieb?", etc.

Der verhältnismäßig hohe Verbrauch in der Startphase macht sich dann bemerkbar, wenn man die ersten Kilometer immer auf Benzin zurücklegt und dann indirekt beim Tanken merkt wie wenig km man eigentlich damit zurückgelegt hat.

Grüße, Martin

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