Wie Turbobenziner in den Bergen fahren?

Moin,

man sehe mir meine Unkenntnis bitte nach, ich komme ausm flachen Norden und fahre normalweise Saugbenziner.

Derzeit sind wir mit dem Kuga meiner Frau in den Mittelgebirgen im Urlaub. 1,5 liter, 120ps, Handschaltung.
In der Ebene alles kein Problem, man kann früh schalten und schaltfaul fahren, weil dank Turbolader das maximale Drehmoment früh anliegt.

Wie macht man das in den Bergen, bzw. beim bergauf fahren?
Hoher Gang, niedrige Drehzahl und viel Gas, so dass der Turbo ordentlich ackern muss?
Oder kleinerer Gang, mehr Drehzahl (dass man schon aus dem Fenster mit dem maximalen Drehmoment raus ist) und dafür weniger Gas?

Es fühlt sich für mich komisch an, den Motor mit viel Gas und wenig Drehzahl den Berg hochzujagen, aber vielleicht weil ich es einfach nicht gewohnt bin.

Fährt man von der Ferienwohnung weg (Motor kalt) geht es gleich ziemlich steil bergauf.
Dem Turbo soll man ja kalt nicht allzuviel abverlangen. Soweit klar, aber wie?
Zweiter Gang, Drehzahl unterhalb dem Punkt wo der Turbo loslegt? Da quält sich der kleine und kalte Motor turbolos mit hoher Last bergauf.
Mehr Gas und mehr Drehzahl, dann muss der Turbo trotz kaltem Motor gleich gut loslegen.
Nach meinem Gefühl ist mittlere Drehzahl und nicht zuviel Gas am besten, da man dann vorankommt, Drehzahl und Last erträglich sind und der Turbo nicht voll gefordert wird.

39 Antworten

Ja, das ist auch richtig so und ich mache auch keine Wissenschaft daraus.
Einsteigen, anlassen, normal losfahren.
Das muss ein modernes Auto verkraften, sonst hätte es kein Auto werden dürfen.
Als autointeressierter Mensch macht man sich da vielleicht ein paar Gedanken zu, aber es gibt ja genug Leute, die an sowas gar keine Gedanken verschwenden und da muss das Auto auch halten.

Mich hat vorwiegend mal der technische Hintergrund interessiert, wann so ein Turbo am meisten arbeiten und drehen muss und ob man darauf Einfluss nehmen kann.

Schaut man sich das Verdichterkennfeld eines Turboladers an, dann sieht man, dass die Drehzahl viel mehr vom Druckverhältnis, als vom Volumenstrom abhängt. Sprich die maximale Drehzahl erreicht der Turbo, wenn er den vollen Ladedruck liefern muss. Die Änderung über die Motordrehzahl macht dann nicht mehr so viel aus.

Beispiel:

Auf dem angehängten Bild (das ist jetzt irgendein Turbo, aber die Kennfelder sehen alle in etwa so aus) sieht man auf der x-Achse den Massestrom und auf der y-Achse das Druckverhältnis zwischen Ein- und Auslass. Ebenso sieht man die Linien selber Drehzahl (die steht direkt daneben). Nehme ich das Druckverhältnis 2 (das wäre 1 bar Ladedruck), dann hätte er bei geringer Drehzahl 126.000U/min, um das Druckverhältnis bei Nenndrehzahl des Motors beizubehalten muss er lediglich auf 150.000U/min hochdrehen. Das ist nicht viel mehr. Gehe ich vom Ladedruck aber nur 0.5bar runter, läuft er mit etwa 70.000U/min.

Es ist also schon was dran, wenn man den Motor hoch drehen lässt, aber mit geringer Last fährt, um den Turbo zu schonen. Hohe Last bei niedrigen Drehzahlen benötigt vollen Ladedruck, folglich auch vollen Einsatz des Turbos.

Grüße,
Zeph

Wer fährt denn die maximale Leistung direkt nach dem Kaltstart? Wer wohnt direkt an einer Autobahnauffahrt?

Es ist übrigens nicht die Drehzahl die einen Turbo belastet. Das juckt ihn nicht die Bohne. Ein Lader hat eine Welle und an beiden Enden jeweils ein Turbinenrad. Das kann sich drehen wie es will. Die eigentliche Belastung ist die Temperatur. Damit hat der Turbo nach dem Kaltstart die wenigsten Probleme. Knackig wird’s erst wenn man mit Knallgas das Stilfser Joch hinauffährt. Genau das verträgt er auch, so wie Dauervollgas auf der Autobahn und beim Diesel die Partikelfilterregeneration.

Ein langes Leben bekommt der Turbo wenn er immer mit gutem Öl geschmiert wird und die Wechselintervalle nicht überzogen werden.

Ich selbst wohne an einem steilen Berg. Den fahre ich unmittelbar nach dem Motorstart mit ca. 70 bis 80 Km/h hoch. Geschadet hat es meinen Fahrzeugen bisher nicht.

Zitat:

@Rasanty schrieb am 26. August 2021 um 08:52:40 Uhr:


Wer fährt denn die maximale Leistung direkt nach dem Kaltstart? Wer wohnt direkt an einer Autobahnauffahrt?

So gut wie keiner. Vorallem, es reichen mittlerweile wenige 100m um alles auf eine annehmbare Temperatur zu bringen, so dass man normal fahren kann.

Zitat:

@Rasanty schrieb am 26. August 2021 um 08:52:40 Uhr:


Ein Lader hat eine Welle und an beiden Enden jeweils ein Turbinenrad. Das kann sich drehen wie es will.

Wenn die Schmierung stimmt. Und das Motoröl ist länger kalt.

Zitat:

@Rasanty schrieb am 26. August 2021 um 08:52:40 Uhr:


Die eigentliche Belastung ist die Temperatur. Damit hat der Turbo nach dem Kaltstart die wenigsten Probleme. Knackig wird’s erst wenn man mit Knallgas das Stilfser Joch hinauffährt.

Das genaue Problem sind Temperaturzyklen, vorallem wenn sie zu schnell stattfinden. Dann gibt's Spannungen im Material und das Gehäuse kann reißen. Also Kaltstart und Volllast ist keine sooo gute Idee. Hohe Temperaturen sind eigentlich auch nur ein Problem, wenn die Wärme aufeinmal nicht mehr abgeführt wird, sprich man das Auto heiss abstellt.

Grüße,
Zeph

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Muss der Turbo nicht bei höherer Motordrehzahl zwangsweise höher drehen um den Ladedruck aufrecht halten zu können, da mehr Luftdurchsatz erforderlich ist oder habe ich da etwas nicht verstanden?

Nicht in dem Maße, wie man es vermuten würde. Siehe Bild von oben (samt Erklärung).

Grüße,
Zeph

Der beste Wirkungsgrad hat man bei geringer Drehzahl und hoher Last.
Die Lager haben es aber einfacher wenn sie mehr Drehzahl haben.
Da Motoren in Deutschland aber Vollgas und Volllastfest sind ist es egal was man wählt. Es könnte sein das man eben 400tkm schafft und nicht nur 350tkm. Die meisten Neuwagenkäufer in Deutschland fahren eh nicht so lange.

Zitat:

@Rasanty schrieb am 26. Aug. 2021 um 08:52:40 Uhr:


Es ist übrigens nicht die Drehzahl die einen Turbo belastet. Das juckt ihn nicht die Bohne. Ein Lader hat eine Welle und an beiden Enden jeweils ein Turbinenrad. Das kann sich drehen wie es will. Die eigentliche Belastung ist die Temperatur. Damit hat der Turbo nach dem Kaltstart die wenigsten Probleme. Knackig wird’s erst wenn man mit Knallgas das Stilfser Joch hinauffährt.

Ein Turbolader hat genau ein Turbinenrad, das andere ist das Verdichterrad.

Einen kalten Turbo sollte man nicht jagen, bevor Gehäuse auf Temperatur und Oel einigermaßen warm. Außerdem sollte man ihn nach Vollgasorgien wieder kaltfahren. Dazu das Oel nach Herstellervorgabe einfüllen und die Intervalle nicht überziehen. Das sind die Grundregeln, dann hält der auch.

Bin auch eher für, einem Turbolader nur betriebswarm Feuer zu geben. Stichwort Materialausdehung bzw. höheres Spiel, wenn er kalt ist.

Aber noch ein bisschen Mathe, wenn auch in Form von Daumenrechnungen zum Schluss:
Ein gut gemachter Saugbenziner schafft ca. 100Nm Drehmoment pro Hubraumliter.
Jetzt nehmen wir mal so einen Kugamotor, den 1,5er. Der hat in allen Ausbaustufen 240Nm ab 1600/min, nach oben raus bis 3000/min oder 4000 oder 5000, je nach Ausbaustufe.
Also 160Nm/l. Also dürfte der so auf so 0,6bar Ladedruck ausgelegt sein. Und die liegen offenbar an, sobald man ab 1600/min das Gaspedal durchtritt. Weniger Gas bedeutet entsprechend weniger Ladedruck.

Worauf ich hinaus möchte: Bei diesen Motoren kommst du eigentlich niemals um einen Turboeinsatz herum, wenn du nicht wirklich nur minimalst auf's Gas gehst. Weder über die Drehzahl, weil der Turbo offensichtlich spätestens ab 1600/min hellwach ist, noch über den Gaseinsatz, weil der Turbo rechnerisch ab 62,5% Gas aushelfen MUSS und es aus Gründen der Fahrbarkeit schon deutlich früher tun dürfte.

Hoffen wir mal, dass das Ganze einfach dauerhaft darauf ausgelegt ist ;-)

Wer sagt denn, dass du ab 1600U/min die vollen 240Nm brauchst? Weniger Gas ist weniger Drehmoment, gleich weniger Ladedruck (wenn's nicht wie früher mit der Drosselklappe weggeregelt wird).

Unterm Strich kann man eigentlich sagen, dass die Dinger sehr gut halten bei normaler Fahrweise - wozu auch die Eingangsfrage zählt.
Wenn man natürlich fährt wie Schlusenbach und sein Kind oder die Konstruktion schon Käse ist, hilft das all es nix.
Wir haben hier ja keinen Lotus Omega mit Dampfrad, dem man innerhalb einer halben Stunde den Hals umdreht, wenn man keine Ahnung hat.
Heutige Turbolader sind massentauglich - müssen sie ja auch.

Ja, ist mir schon klar, dass die 240Nm Vollgas entsprechen.

Aber wie in meinem letzten Satz im oberen Beitrag:
Rechnerisch muss der Turbo mitziehen, sobald du mehr als gut 60% Gas gibst. Und auch drunter schiebt der garantiert auch schon gut, weil so ein schlagartiger Turboeinsatz erstens technisch nicht geht und zweitens unfahrbar wäre.

Gehe also mal davon aus, dass spätestens ab Halbgas und 1500/min der Turbo munter mitspielt...

Zitat:

@Go}][{esZorN schrieb am 26. August 2021 um 12:27:41 Uhr:


...
Heutige Turbolader sind massentauglich - müssen sie ja auch.

Sehe ich genauso, man liest wenig über Turboschäden, obwohl die mittlerweile massenhaft verbaut sind...und deshalb die Schadenshäufigkeit eigentlich gestiegen sein müsste...ist sie aber erfreulicherweise nicht.

Ich habe das woanders schon geschrieben: wenn die drei Grundregeln eingehalten werden halten die eigentlich alle mindestens 300.000km. Mutwillig kriegt man natürlich alles kaputt.

@raphrav
Das stimmt, um den Turboeinsatz kommt man nicht drumherum. Dafür ist der Motor zu klein, als dass er den großen Kuga ohne Turbo vernünftig bewegen könnte.
Man merkt ab 1500 Umdrehungen, dass der Motor ordentlich durchzieht, auch wenn man nicht Vollgas gibt. Ab da wird der Turbo je nach Pedalstellung sachte oder massiv befeuert.

@Go}][{esZorN
Ja, müssen massentauglich sein und werden es auch sein. Sonst würde man mehr von Schäden hören und lesen.

Ich habe sogar nach der Fahrt den Berg hoch und abschließendem Halt am Wanderparkplatz den Motor etwas nachlaufen lassen.
Denke, aber es war nicht nötig, da es ja keine extreme Belastung war und 99 Prozent der Fahrer es eh nicht machen würden.

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