Wertminderung kommt mir zu niedrig vor
Mir ist jemand aufgefahren. Die Reparatur habe ich ganz normal in einer Renault-Vertragswerkstatt durchführen lassen. Reparatursumme ca. 1000 € + Mwst. Dazu noch der Leihwagen für 3 Tage. Das ist alles ganz normal zwischen Werkstatt und Versicherung gelaufen.
Mir hat die gegnerische Versicherung nur 20 € Kostenpauschale und 100 € Wertverlust erstattet.
Mein Auto: Renault Megane Grandtour 1.5dci Luxe Dynamique
EZ 02/2005 Km-Stand zum Zeitpunkt des Unfalls im September 2006 ca. 43000km.
Andere Versicherer zahlen wohl 25 oder 30 € Kostenpauschale, kann da jede Versicherung nach eigenem Ermessen erstatten? Aber das ist nur Pfennigfuchserei, was mich ärgert ist der Wertverlust. Ich kann mir nicht vorstellen, wenn ich das Auto jetzt verkaufen würde, dass ein Käufer bei einem offenbarungspflichtigen Schaden nur 100 € Abschlag gegenüber einem Fahrzeug ohne Unfallschaden akzeptieren würde. Welcher Betrag ist angemessen? Der Versicherer ist nach e-mail und Telefonanruf immer noch davon überzeugt, dass er ausreichend reguliert hat. Ich stelle mir gesamt ca. 500 € vor. Liege ich da so falsch? Muss man so was immer über den Rechtsweg klären? Da habe ich eigentlich keine Lust drauf. Es wäre nett, wenn mir jemand weiterhelfen könnte.
25 Antworten
Hallo Dellenzähler,
Zum einen haben die Versicherungen ihre eigenen, angestellten Sachverständigen seit den 90-er Jahren stark abgebaut und outgesourct wie man so schön auf Neudeutsch (oder Denglisch?)
sagt.
Daraus sind dann so schöne Organisationen wie ControlExpert,
CarExpert, SSH entstanden.
Diese wollen auch beauftragt und bezahlt werden. Da ist es doch nicht unwahrscheinlich, daß der Sacbearbeiter schonmal aus dem Bauch heraus entscheidet.
Aber der springende Punkt ist doch ein ganz anderer.
Warum soll der Geschädigte die Beurteilung seines Schadens der gegnerischen Versicherung überlassen?
Hallo runabout
das hast du schon richtig erkannt, bist ein Profi, dass habe ich erkannt ;-)
Natürlich muss man die Schadenfeststellung nicht dem Unfallgegner (bzw. dessen Versicherung) überlassen. Und wenn man sich schon in deren Hände begibt, sollte das eigentlich von der Versicherung mit einer ehrlichen Regulierung belohnt werden oder?
bei mancher Versicherung klappt das, bei vielen aber leider nicht (mehr).
Das Problem ist doch aber auch, dass sich in der Zunft der freiberuflichen Sachverständigen viele selbsternannte Küchentisch- Sachverständige tummeln, welche mit Ihren bebilderten Kostenvoranschlägen und horrenden Honorarrechnungen mehr Schaden anrichten als das Sie dem Geschädigten nutzen.
Liebe Grüße
Hallo Dellenzähler,
leider ist es so, daß sich in diesem Gewerbe auch Leute mit fragwürdiger Qualifikation tummeln.
Jemand der sich Sachverständiger nennt, sollte schon Meister in einem Kfz-Beruf mit umfangreicher Zusatzausbildung oder Dipl.-Ing. mit Berufspraxis im Kfz-Wesen sein.
Wenn er dann noch entweder öffentlich bestellt und vereidigt, oder
zertifiziert ist und für ein etabliertes Büro arbeitet, sollten die größten Risiken umschifft sein.
Zur Honorarfrage sollte ruhig offensiv gefragt werden, wie er es hält, wenn die Versicherung trotz eindeutiger Schuldverhältnisse das Honorar nicht bezahlen will.
Eine bestimmte Versicherung redet den Geschädigten immer ein, er müsse sich von seinem SV verklagen lassen, weil dessen Honorar, nach Meinung der Versicherung zu hoch ist.
Hier gibt es Mittel und Wege, den Geschädigten, von Kosten und Prozeßrisiken frei zu halten.
Hallo runabout
hier stimme ich dir zu 100% zu.
Aber das wäre ja vielleicht mal ein anderes Thema in Motor-Talk wert. Ich meine aber auch, dass wir hier MarcoseinGT nicht weiterhelfen können und somit am Thema vorbeigehen. Somit könnte der Moderator (zu Recht) meckern, denn der hat auch eine Menge Ahnung und gibt meiner Meinung nach sehr fundierte und qualifizierte und auch hilfreiche Kommentare ab.
Vielleicht hat ja mal einer zu dem Thema SV Gutachten die eine oder andere Frage?
in diesem Sinne
Liebe Grüße
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Zitat:
Original geschrieben von runabout
Zitat Chicko 2706:
Ich weiß nicht, wieso hier immer eine ominöse 10%-Zifffer auftaucht.
Das bedeutet: Ein Audi A6 bekäme bei einem Seitenwandschaden über 4.000 Euro keinen Minderwert zugesprochen, ein A4 mit einem Seitenwandschaden in der selben Höhe hingegen schon.
Absurd.
ich kann dir sagen, woher diese ominösen 10 % kommen: schaue dir mal die Berechnungsmethode "Ruhkopf/Sahm" an, dort steht sie drin. Diese Berechnungsmethode wird von ca der Hälfte aller Gerichte verwendet.
Zitat:
Original geschrieben von Dellenzaehler
Ich meine aber auch, dass wir hier MarcoseinGT nicht weiterhelfen können und somit am Thema vorbeigehen.
Jein.
Die Grundsätzliche Frage war doch, ob die Wertminderung angemessen war.
Und das ist in der Tat eigentlich immer eine strittige Frage.
Chicko2706 hat mit seinem Verweis auf die Berechnungsmethode "Ruhkopf/Sahm" nicht ganz Unrecht.
Diese Berechnungsmethode sieht nämlich überhaupt keine Wertminderung für den Fall vor, dass die Reparaturkosten unter 10% des Wiederbeschaffungswertes liegen.
Allerdings muss man sagen, dass es auch noch andere Berechnungsmethoden zur Ermittlung einer Wertminderung gibt.
Neben "Ruhkopf/Sahm" wird bei vielen Gerichten die Methode "Halbgewachs/Berger" als Berechnungsgrundlage herangezogen.
Hier wird nicht der gesamte Reparaturbetrag als Berechnungsgrundlage verwendet sondern nur der "minderwerterhebliche" Teil hieraus (im Regelfall bis 2/3 des Rechnungsbetrages).
In Abhängigkeit vom Kilometerstand des Fahrzeuges, jedoch bis maximal 100 000 km wird dann ein prozentualer Minderwertbetrag aus dem minderwerterheblichen Reparaturbetrag errechnet.
Letztlich muss man sagen, dass man in Bezug auf Wertminderung praktisch nie eine pauschale Aussage treffen kann.
Diese ist von mehreren Faktoren abhängig - im Streitfall nicht zuletzt von der Methode, welche das entscheidende Gericht bevorzugt.
Pauschal kann daher dem Threadersteller nicht gesagt werden: "Zuviel oder zuwenig".
Oberlandesgericht Köln, Az:19U253/91
"Bei der Berechnung des merkantilen Minderwertes eines unfalbeschädigten Kraftfahrzeuges ist der Schätzung eines Sachverständigen, der das Fahrzeug beagutachtet hat, der Vorrang vor tabellarischen Berechnungsmethoden zu geben."
Ist ja auch logisch. Die Methode Ruhkopf/Sahm stammt aus dem Jahre 1962 und wurde seit Jahrzehnten nicht mehr aktualisiert.
Damals herrschte bei uns Wirtschaftswunder. Jeder versuchte irgendwie an ein meist gebrauchtes Auto zu kommen. Da wurden Vorschäden großzügiger übersehen als heute, wo bereits Neuwägen mit zweistelligen Rabatten unters Volk gebracht werden müssen.
Wenn in Autoscout 24 ein Fahrzeugtyp eines bestimmten Zulassungsjahres 100 mal unfallfrei angeboten wird, kann der instandgesetzte Wagen nur mit Preisabschlag verkauft werden.
Auch wenn die Reparaturkosten niedriger als 10% sind.
Richtig.
Jedoch gehen immer noch viele (erstinstanzliche) Gerichte von schematischen Berechnungsmodellen aus und setzen als Grenze für eine Wertminderung ein maximales Fahrzeugalter von 5 Jahren oder eine maximale Kilometerleistung von 100 000 an oder verweigern eine Wertminderung ganz, wenn keine tragenden Fahrzeugteile betroffen sind oder die Reparaturkosten nicht 10% des WBW erreichen.
Und hierin liegt ja die eigentliche Problematik: Letztlich ist es das zuständige Gericht, welches hier das letzte Wort spricht - ob Wertminderung und ggf. in welcher Höhe.
Wird dann die Berufungsgrenze nicht erreicht, sind keine Rechtsmittel gegen solche Urteile möglich.
Denn: Vor Gericht und auf hoher See........
Ein OLG-Urteil sollte zumindest in dem Bundesland in dem es ausgesprochen wurde, schon eine gewisse Vorbildwirkung haben.
Sollte...
Das von dir zitierte Urteil ist aus dem Jahre 1991.
Im Jahre 2002 hat das AG Münster (also gleiches Bundesland) mit folgendem Urteil gleich ein paar Eckpunkte aufgestellt:
AG Münster mit Urteil vom 12.06.2002, ZfS 2002, 527
Ein Anspruch auf Erstattung der Wertminderung besteht demnach nicht:
wenn das Fahrzeug älter als 5 Jahre ist;
nur ein sogenannter Bagatellschaden vorliegt, d.h. der Schaden leicht durch Ausbeulen, Austausch von einem Teil schnell behoben werden kann und keine Beschädigungen an Rahmen oder Fahrgestell (tragende Teile) aufgetreten sind;
das Fahrzeug eine Laufleistung von mehr als 100.000 km aufweist.
Übrigens wurden diese Eckpunkte danach sogar im Verkehrsgerichtstag in Goslar als Empfehlung ausgesprochen.
Der BGH hat sich im Jahre 2004 nochmals mit dieser Problematik befasst und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:
Aufgrund der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge hat sich der Gebrauchtwagenmarkt geändert .
Heute werden von Schätzorganisationen wie Schwacke und DAT zum Teil 12-Jahre alte KFZ gelistet und bewertet, wobei sich sämtliche Marktdotierungen auf unfallfreie Fahrzeuge beziehen. Dies bedeutet im Umkehrschluss dass die 5-Jahres-Grenze bei gut erhaltenen Fahrzeugen nicht mehr gelten kann.
Soviel zum Thema Rechtssicherheit in dieser Frage....
Hallo twelferider
das ist schon richtig. Und aus diesem Grund gehen gerade die Amtsgerichte immer mehr dazu über, bei strittigen Fragen zur WM ein Sachverständigengutachten einzuholen. Oder Sie bestätigen die WM des vorprozessual tätigen Sachverständigen ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
das aber angeblich die Hälfte aller Gerichte hier die Methode Ruhkopf/Sahm anwenden ist allerdings Mumpitz.
Und…. Über die "Berechnungsmethoden" kann man sich trefflich streiten. Es gibt mittlerweile über 15 (!) dieser Methoden.
Da stellt sich doch die berechtigte Frage wenn bei der Berücksichtung der gleichen Eingabeparameter bei (unterstellten) 15 Methoden 15 verschiedene Werte herauskommen, welcher wohl der richtige ist?
Aber das mit dem Gericht und der hohen See stimmt schon, sicher ist eigentlich nur das nichts sicher ist.
Liebe Grüße