Werkstätten unter Druck der Versicherer

Werkstätten unter Druck der Versicherer

Kritik an den Partnerverträgen der Kfz-Versicherungen wird nun im Kfz-Gewerbe laut. Die Versicherungen binden ihre Kunden per Vertrag an bestimmte Kfz-Betriebe und senken im Ausgleich die Höhe der monatlichen Prämien. Dabei können auch die Kfz-Werkstätten durch gute Auslastung von dieser Regelung profitieren. Doch der Preis-Druck von Seiten der Versicherung wächst, so das Magazin "Autohaus". Die Versicherer fordern etwa zusätzliche kostenlose Leistungen von der Werkstätten. Das Spektrum reicht von verlängerter Gewährleistung über Hol- und Bring-Service bis zur Innenraumreinigung.

43 Antworten

Es lässt sich offensichtlich immer noch viel zu gut vom Schaden anderer leben.

Kein Versicherter sollte vergessen, dass diese ganze Landschaft mit seinen Prämien alimentiert wird.

Wären diese Unsitten mit den satten Aufschlägen bei "Versicherung zahlt" nicht eingerissen,
dann könnten die Prämien auch um diese 40 bis 50 Prozent niedriger liegen.

Auf der anderen Seite ist es nicht zu begrüßen,
wenn Versicherungen mehr oder weniger heftig in den Markt eingreifen und versuchen den Reparaturbetrieb und dessen Leistungen vorzugeben.

Man muß eigentlich nur mal 2 Fakten sehen. Keine Werkstatt wird gezwungen Kooperationspartner einer Versicherung zu werden und über 50% des jährlichen Umsatzes eines durchschnittliche Autohauses wird durch Unfallreparaturen erzielt.

Die Werkstätten sind wohl in Sorge ihre Melkkuh zu verlieren. Unter diesem Druck würde ich auch jammern. 😉

Schade, daß hier jeder nur seine "Wahrheit" verkündet, ohne über den Tellerrand zu blicken.

Eine differenzierte Betrachtung des Themas ist schwierig, da das Thema selbst recht umfassend ist, kaum einer ist in der Lage, wirklich alle Bereiche zu kennen oder zu erkennen.

Da ist zunächst der Kunde mit seinem Schaden. Ist der Schaden von einem Anderen verursacht, hat der Kunde einen im BGB verbrieften Anspruch auf eine "sach- und fachgerechte Instandsetzung nach den Vorgaben des Fahrzeugherstellers". Der Schadenverursacher hat diesen Schaden zu zahlen. Punkt und fertig. "Und das ist gut so!"
Wird der Auftrag vom Kunden "auf eigene Rechnung" erteilt, eröffnen sich der Werkstatt Spielräume: sie kann Gebrauchtteile verwenden, Teile instandsetzen, die "eigentlich" instandgesetzt werden müssten, günstigere Verrechnungssätze kalkulieren, weil einzelne Arbeiten in Zeiten geringer Werkstattauslastung erledigt werden (wodurch sich die Reparaturdauer verlängert) usw. usf.
Solche Aufträge kann eine Werksstatt also "günstiger" erledigen, ohne daß daran irgendetwas anrüchiges ist.

Und was macht der Kunde daraus? Er rechnet den fremdverschuldeten Schaden mit der Versicherung ab und geht dann in den Werkstätten "hausieren", um den "ultimativ günstigsten Festpreis" zu realisieren. Auch das ist sein gutes Recht, das ihm der Gesetzgeber ausdrücklich zugesteht: Die Verwendung des ausgezahlten Schadenbetrages ist dem Geschädigten freigestellt - er kann den Schaden in einer vom Hersteller authorisierten Fachwerkstatt reparieren lassen, er kann und darf von dem Geld allerdings auch in Urlaub fahren, ohne daß dies den Schädiger oder seinen Versicherer zu kümmern hat. Und auch das ist gut so, denn hätte jemand anderes als der Geschädigte über die Verwendung des Geldes zu besimmen, so käme dies einer Enteignung gleich.

Ende Teil 1

In diesem Umfeld sind die Versicherungen auf einen - aus ihrer Sicht - klugen Gedanken gekommen: wenn es gelingt, die Werkstätten dazu zu bewegen, fremdverschuldete Schäden so "günstig" zu reparieren, wie sie es bei "privaten" Aufträgen tun, lassen sich die Ausgaben drastisch reduzieren. Das ist auch dringend notwendig, weil sich die Versicherungen in den 90er Jahren einen geradezu ruinösen Preiskampf lieferten (man erinnert sich immer wieder gerne an die alleinerziehende, jungfäuliche Mutter mit 3Kindern von 5 Vätern in verbeamteter Teilzeitstellung mit Wohneigentum und abschließbarer Einzelgarage) und zudem mit Immobilienspekulationen und Börsen investments herbe Verluste einstecken mußten.
Der Weg zu diesen Einsparungen heißt "Schadenmanagement". Die Versicherungen versuchen, die Schadenabwiclung in die eigene Hand zu bekommen, d. h. zu bestimmen, was durch wen in welcher Form instandgesetzt wird. Auch das entspricht einer (vorübergehenden) Enteignung des Geschädigten. Dazu bedient sich die Versicherungswirtschaft sog. "Vertrags- oder Vertrauenswerkstätten" - wie diese geworben und dann geknebelt wurde hier schon richtig gesagt. Gleichzeitig versucht die Versicherungswirtschaft, Rechtsanwälte und Sachverständige zu verunglimpfen ("Wegelagerer des Schadenrechts"😉 wobei Rechtsanwälte durch Vereinbarungen (15/10-Regelung) zum Mandantenverrat verleitet werden und die Uneinigkeit der Sachverständigen die Existenz "schwarzer Schafe" begünstigt, die als Negativbeispiele eeignet sind, einen ganzen Berufsstand mit Dreck zu bewerfen.

Zurück zu den Werkstätten. Durch das "Schadenmanagement" werden einzelne Werkstätten begünstigt, es kommt zu beträchtlichen Wettbewerbsverzerrungen: auf der einen Seite die "Vertrauenswerkstätten", mit guter bis sehr guter Auslastung, aber nur geringen Gewinnen und damit geringer Investitionskraft. Hier findet sich nahezu zwangsläufig ein hoher Anteil an nicht oder nur schlecht ausgebildeten Arbeitskräften, nur wenige Azubis und ausgebildete Fachkrägfte oder Meister bei einem insgesamt geringen Lohnniveau. Auf der anderen Seite stehen Werkstätten, mit nur geringer Auslastung, die froh sind um jeden Auftrag. Das sind die Werkstätten, von denen der Kunde den "ultimativ günstigen Festpreis" genannt bekommt, der noch unter dem der "Vertrauenswerkstätten" zu liegen hat. Diese Werkstätten brauchen zu ihrer Existenz die "offiziellen" Aufträge, die korrekt und mit ausreichendem Gewinn mit den Versicherungen abgerechnet werden können.

Hinzu kommen weitere Belastungen, die allen Werkstätten aufgebürdet werden: Umweltschutzbestimmungen, bürokratischer Aufwand für Finanzamt, div. Körperschaften, steigende Energiekosten uvm. Vor etwa 6 Jahren wurde z.B. wurde die Karoserieschlosserstunde noch mit etwa 80-90 DM Netto berechnet, heute sind 80-90€ die Regel, ohne daß der Gewinn des Unternehmers sich erhöht hätte - im Gegenteil, immer mehr Werkstätten schließen die Tore für immer.

Grund dafür ist nicht allein die Versicherungswirtschaft: immer neue Abgasgrenzwerte, die ein Fahrzeug schnell altern lassen, "riesige" Inspektionsintervalle, das geänderte Gewährleistungsrecht, die schnelle und einfache Kreditvergabe der Banken und die Absatzbemühungen der Hersteller sind im Verbund letztlich die Sargnägel eines ganzen Gewerbes.

Ende Teil 2

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In welchem Zustand sich dieses Gewerbe derzeit befindet, mag folgendes Beispiel verdeutlichen:

Ein Kunde kommt mit seinem Fremdverschuldeten Unfallschaden zur "Vertrauenswerkstatt". Der Schaden ist umfangreich, aber reparabel, das Fahrzeug ist nicht alt, aber entspricht nicht der neuesten Abgasnorm. Der Reparaturbetrieb ist Vertragshändler eines Fahrzeugherstellers und hat - als "Vertrauensbetrieb" der Versicherungswirtschaft - eben das "Vertrauen" der regulierenden Versicherung. Jetzt geschieht folgendes:
Dem Kunden wird sein Fahrzeug "madig" gemacht, Gründe gibt es reichlich:
- es ist nicht mehr neu
- es entspricht nicht der neuesten Abgasnorm
- es hat nur 4 und keine 6 Airbags wie das neue Modell
- es verbraucht mehr als das neue Modell
- es ist nach der Reparatur ein "Unfallwagen", damit erheblich weniger wert und der Minderwert, den die Versicherung zahlt zu gering, um dies auszugleichen

Dann wird dem Kunden das neue Modell "schmackhaft" gemacht:
- es ist neu
- sicherer
- besser ausgestattet
- günstiger in der Steuer
- verbraucht weniger
- es gibt eine Prämie des Herstellers
- es wird zu 0,0% finanziert
- die Schadenersatzleistung des Versicherers deckt einen (großen) Teil des Kaufpreises

Die "Vertrauenswerkstatt" schreibt nun einen Kostenvoranschlag an die Versicherung. Dieser wird dort geprüft, gelegentlich kommt ein angestellter SV der Versicherung vorbei und prüft den KV. Ist die Prüfung positiv, erteilt die Versicherung die Reparaturfreigabe. Wenig später erhält die Versicherung die Werkstattrechnung und reguliert auf das Konto der Werkstatt. In der Zwischenzeit wurde das Fahrzeug aber nicht etwa "sach- und fachgerecht" instandgesetzt, sondern entweder "kostengünstig" repariert und an einen Händlerkollegen weitergereicht oder unrepariert in den Export verkauft. Den Gewinn reicht der Händler teilweise an den Kunden weiter, der sich freut, so "günstig" an ein neues Fahrzeug gekommen zu sein, den (größeren) Teil steckt die "Vertrauenswerkstatt" ein.

Bevor jetzt einer "Versicherungsbetrug" schreit: Dieses Vorgehen ist (leider) keine Seltenheit mehr und dient weniger der Bereicherung des Unternehmers als vielmehr der Sicherung seiner Existenz und der von ihm geschaffenen Arbeitsplätze.

Wer bis hierher gelesen hat, wird vielleicht erkennen, daß die Ursache zum großen Teil beim Konsumenten liegt, der - Geiz ist schließlich Geil - immer den billigsten Versicherungstarif, die billigste Reparatur, den höchsten Preisnachlass aber auch die höchste Rendite für seinen Spargroschen verlangt...

Ihr vergesst dabei nur den entscheidenden Punkt:

Es wird niemand gezwungen, in diese Werkstatt zu gehen!
Man kann genauso in die Werkstatt seines Vertrauens (wenn es sowas heute noch gibt...) zu gehen!

Gruß, Jens

Ihr vergess...? Ihr?

Zitat:

Original geschrieben von Beukeod


Ihr vergess...? Ihr?

Na ja, ich meine natürlich diejenigen, die hier so rumwettern gegen den Service der Versicherer.......

Gruß, Jens

IHR redet doch teilweise aneinander vorbei.

!Mal ein bischen die Kundensicht miteinbringen!

Kasko ist meine Versicherung.
Wenn ich bei "Kasko +" unterschreibe, dass mich der Unfallfall nichts mehr angeht, dann geht mich der Unfallfall eigentlich auch nichts mehr an...?

"Kasko +" ist günstiger als normale Kasko und die holen mein Auto ab, lassen mir nen Mietwagen da, stellen mein Auto repariert und gewaschen wieder vor der Haustür ab.

Wenn ich jetzt aus welchen Gründen auch immer möchte, dass mein Auto nicht in der Vertragswerkstatt der Versicherung sondern in meiner Werkstatt repariert wird - komme ich dann aus "Kasko +" überhaupt raus?

Immerhin habe ich über Jahre einen geringeren Beitrag wegen "Kasko +" bezahlt. (könnte die Versicherung das zurückfordern?) Kostenlosen Leihwagen bekomm ich dann bestimmt auch nicht, oder?

Also @bAdhUnter:
wie siehts aus?

Zitat:

Original geschrieben von haschee


Wenn ich jetzt aus welchen Gründen auch immer möchte, dass mein Auto nicht in der Vertragswerkstatt der Versicherung sondern in meiner Werkstatt repariert wird - komme ich dann aus "Kasko +" überhaupt raus?

Nach nem Schaden dürfte das schwierig sein. Vorher kannst Du bestimmt jederzeit den Tarif wechseln. 😉

Das hier jeder seine Sicht der Dinge hat, ist soweit ja ok. Nur kann ich nicht verstehen, warum manche "ihre" Wahrheit als die einzig Richtige propagieren, so lange der Schadenservice eine freiwillige Leistung des Versicherers ist, oder man freiwillig so einen Tarif abgeschlossen hat. Wäre der Schadenservice ein Zwang, dann wäre das sicherlich was anderes.

Schon klar, aber viele merken erst wenn ein Kaskoschaden da ist, dass der Schadensservice zwar nen kostenlosen Mietwagen bringt, aber auch bedeutet, daß nicht in der Stammwerkstatt repariert wird sondern in einer anderen (Marken)werkstatt.

Und dann kommst du da nicht mehr wirklich raus. Insofern ist das mit dem

Zitat:

Original geschrieben von BadHunter


Es wird niemand gezwungen, in diese Werkstatt zu gehen!
Man kann genauso in die Werkstatt seines Vertrauens (wenn es sowas heute noch gibt...) zu gehen!

aus Kundensicht etwas schwierig.

Das mit dem "Nichtmerken" kann soweit gehen, dass im Schock erstmal die Stammwerkstatt angerufen wird, das Fahrzeug reingeschleppt wird und erst danach die Versicherung angerufen wird...
Ganz normal bei guten langjährigen Kunden - eben schneller Service.

Die Versicherung erteilt aber nen Abholauftrag an die Schadensservice-Vertragswerkstatt.

Das kann dann sehr unschöne Szenen geben. Zwischen Werkstatt 1 und Werkstatt 2, zwischen Werkstatt 1 und Kunde, zwischen Kunde und Werkstatt 2, zwischen Versicherung und Kunde usw... 🙁

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