Tesla Model 3: Technik, Produktionskosten, Karosserie, Motor
So wollten die Technik-Berater von Munro & Associates Fragen klären, die Tesla-Fans mindestens so sehr interessiert wie die etablierten Autokonzerne: Wo ist Teslas neues Modell den Autos der Etablierten überlegen? Was machen die traditionellen Hersteller besser? Und: Kann das erste Volumenmodell des E-Autobauers in dieser Form ein wirtschaftlicher Erfolg werden?
Tesla Model 3: Karosserie zu aufwendig
Gleich vorweg: Laut Meinung der Techniker macht Tesla bei seiner Mittelklasse-Limo vieles richtig. Die Karosserie-Fertigung gehört allerdings nicht dazu. Unternehmensgründer Sandy Munro spricht gegenüber dem US-Medium Bloomberg nicht etwa von klappernden Türen oder zu großzügigen Spaltmaßen. Das wurde alles schon gesagt.
Nun geht es nicht mehr um Verarbeitungsmängel, sondern um Substanzielles. Die Grundkarosse sei zu schwer, außerdem zu aufwendig in der Produktion. Häufig ist die Ursache die gleiche. Tesla ziehe Streben ein, wo diese zur Gewährleistung der Stabilität gar nicht notwendig seien. Man nutze über das gesamte Fahrzeug gesehen zu viele unterschiedliche Befestigungsarten – und an manchen Stellen mehrere zugleich.
„Unüblich, hier zu verschrauben“ steht mit Edding-Stift geschrieben auf einem Querträger der entblößten Rohkarosse, „Tür-Entnahme sehr arbeitsintensiv“ ist im Bereich der vorderen Angeln vermerkt. Den hinteren Radlauf beschriftete man an der Innenseite mit Zahlen von eins bis neun – so viele verschiedene Teile werden dort zusammengeschweißt. Branchenüblich ist an dieser Stelle die Fertigung aus „einem Guss“. So wie bei einem der Vergleichsmodelle, dem elektrischen Chevrolet Bolt. Das zweite Benchmarking-Fahrzeug spielt in dieser Hinsicht außer Konkurrenz: Die Karosse des Kompakt-Stromers I3 fertigt BMW aus Carbon.
Theoretischer Margen-König
Gewinnträchtiger als Chevy Bolt und BMW I3 wäre Teslas Model 3 wohl. Die Produktionskosten schätzt Munro auf 34.700 Dollar (rund 30.250 Euro). Der Verkaufspreis des zerlegten, heckgetriebenen Modells in der Long-Range-Variante beträgt in den USA rund 50.000 Dollar (ca. 43.600 Euro). Bei den Vergleichskandidaten fällt die Marge laut dem Technik-Berater theoretisch niedriger aus. Ziehe man das angekündigte Basismodell mit kleinerem Akku zur Analyse heran, könne das Model 3 die beiden anderen E-Autos bei den Fertigungskosten unterbieten: Weniger als 30.000 Dollar (rund 26.200 Euro) pro Exemplar seien denkbar. Dabei kalkuliert Munro & Associates jeweils ohne die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.
Der Haken: Tatsächlich dürfte Tesla die Produktion eines Model 3 deutlich mehr kosten. Man operiert in Fremont mit vergleichsweise mehr Personal als irgendein anderer Volumenhersteller. Trotz hohem Automatisierungsgrad sind 10.000 Personen angestellt. 35 bis 40 Prozent der Mitarbeiter könne man mit einem geeigneten Karosserie-Konzept entbehren, glaubt Munro. Dann ließen sich auch einige Roboter aussortieren. "Sie machen die Fehler noch einmal, aus denen alle anderen bereits gelernt haben", fasst Munrio zusammen.
Tesla Model 3 scheint antriebstechnisch überlegen
Die Schlussfolgerung des Branchen-Experten: Würde ein erfahrener Hersteller das Model 3 fertigen, wäre es ein überbordender Markterfolg. Ein Fall von Tesla-Bashing? Im Gegenteil, eher ein Hinweis auf den technologischen Vorsprung von Tesla bei vielem, das mit Elektronik und Software zu tun hat. Die Akkus von Panasonic seien mit einem der besten Batterie-Managementsysteme überhaupt ausgestattet und damit wohl langlebiger als viele Konkurrenzprodukte. Das Model 3 komme außerdem mit weit weniger Kabeln aus als andere Stromer – weil viele Elektronik-Komponenten bereits in die kompakten Leiterplatten integriert sind.
Teslas E-Motor ist in der Produktion günstiger als die Antriebe in den untersuchten Konkurrenzprodukten. Munro schätzt die Kosten auf 754 Dollar (657 Euro), die Motoren von I3 und Bolt dürften rund 40 Dollar (35 Euro) teurer sein. Mit 46 Kilogramm ist das Tesla-Aggregat das leichteste der drei. Außerdem: „Abgefahren schnell.“
Munro meint damit weniger die Spitzenleistung als die Leistungsentfaltung. Die Technik-Berater glauben, beim Auseinandernehmen den Grund gefunden zu haben. Das magnetische Bauteil besteht aus vier zusammengeklebten Permanentmagneten. Ihre Ausrichtung ermöglicht den so genannten Halbach-Effekt: Auf der einen Seite hebt sich der magnetische Fluss praktisch auf, auf der anderen wird er noch verstärkt. Klingt reichlich nerdig, doch den Effekt merkt jeder: Die Bauweise sorgt für ein besseres Ansprechverhalten.
Fazit
Die Schlussfolgerung von Munro & Associates nach insgesamt 6.600 Arbeitsstunden: Bei der Grundkonzeption von Antriebs- und Batterietechnik ist Teslas Model 3 dem Chevy Bolt, dem BMW I3 und vielen anderen Stromern überlegen. Bei Karosserie-Konzeption und Produktion agieren die etablierten Hersteller cleverer.
Gut, hier haben sie mitunter mehr als 100 Jahre Erfahrungsvorsprung auf den Branchenneuling. Den Strom stellte man dagegen bei Tesla früher und konsequenter an. Ob die etablierten Hersteller hier schneller lernen als Tesla im Bereich des "Stahlbiegens"?
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203 Antworten
Hier mal ein interessantes Video dazu.
Der "Body in white" soll zu kompliziert und schwer sein.
Man bedenke, wenn der leichter wäre, wöge das M3 fast weniger als seine Verbrennerkollegen.
Zitat:
@Twinni schrieb am 23. Oktober 2018 um 18:19:00 Uhr:
Kann man die zerlegten Autos bitte mal sehen?...
Ja, hier:
https://www.youtube.com/watch?v=Lj1a8rdX6DUGuckt euch die Verkauftszahlen in den USA an. Tesla räumt dort auf.
Es geht auch ums Image, vorher galten die deutschen Herstller als Fortschrittlich und Cool. Heute ist es in den USA cool, ein Elektroauto zu fahren, die deutschen haben ihr wichtiges Image verloren.
Ich bin gewohnt, dass das hier im adoring klein geredet wird, aber es ist nun mal so.
Wartet nur auf das Model Y, den Roadster, den Semi usw.
Tesla hat mit der Gigafacfory ein großes Risiko eingegangen aber jetzt sind sie der einzige Herstller, der Batterien auf Masse fertigen kann. Die deutschen haben doch gar nicht den notwendigen Supply Chain um hier mithalten zu können.
Zitat:
@kanagom schrieb am 25. Oktober 2018 um 09:15:56 Uhr:
https://www.youtube.com/watch?v=Lj1a8rdX6DU
Sehr verwirrend, weil sie in der Anfangssequenz mit dem Model S auf die Hebebühne fahren und dann ein Model 3 zerlegen. Wer weiß, ob die Macher überhaupt den Unterschied kennen.
Ähnliche Themen
Zitat:
@Goify schrieb am 25. Oktober 2018 um 09:36:38 Uhr:
Zitat:
@kanagom schrieb am 25. Oktober 2018 um 09:15:56 Uhr:
https://www.youtube.com/watch?v=Lj1a8rdX6DU
Sehr verwirrend, weil sie in der Anfangssequenz mit dem Model S auf die Hebebühne fahren und dann ein Model 3 zerlegen. Wer weiß, ob die Macher überhaupt den Unterschied kennen.
Das was da aber zerlegt steht, ist ein Model 3

Zitat:
@MartinBru schrieb am 23. Oktober 2018 um 18:02:52 Uhr:
Doch, Tesla musste das Rad neu erfinden. Nur so konnte der immense technologische Vorsprung im Vergleich zu den klassischen Herstellern erreicht werden.
Das ist Bullshit. Elon Musk ist ähnlich beratungsresistent wie es Steve Jobs war, er ist aber weit weniger fokussiert. Und deshalb leistet er sich immer wieder Blödsinn, der unnötig teuer ist, unnötig kompliziert und fehleranfällig und den der Markt nicht nachfragt. Beispiel: Die Falcon Wings beim Model S oder das unwürdig kleine Loch von Kofferraumöffnung beim Model 3, nur damit das Glasdach größer wird. Ein Handschuhfach, bei dem man sich zum Öffnen und Schließen durch irgendwelche Untermenüs klicken muss und der Glaube, wenn man einen leisen Motor hat, dann könne man auf die Geräuschdämmung des Wagens verzichten.
Ich bin sicher, wenn Musk beim Model X auf die Falcon Wings verzichtet hätte, hätte er pro Auto 10.000 Dollar gespart und hätte es trotzdem zum selben Listenpreis verkaufen können.
Zitat:
@sampleman schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:00:52 Uhr:
Ich bin sicher, wenn Musk beim Model X auf die Falcon Wings verzichtet hätte, hätte er pro Auto 10.000 Dollar gespart und hätte es trotzdem zum selben Listenpreis verkaufen können.
Das ganz sicher. Aber man darf davon ausgehen, dass er auch dazu lernt.
Siehe Falcon Wing Doors, von denen er selbst sagt, dass sie eine "blöde" Idee waren.
Zur Kofferraumöffnung beim Model 3, ich denke die Öffnung meines S60 ist auch nicht größer und reicht mir allemal.
"Der Deutsche" fährt eben Kombi. Und bei 1,5 Kindern dann schon Multivan.

Selber Bullshit. Auch seine Extravaganzen bei den Designentscheidungen machen meine Aussage, dass er nichts lizenzieren konnte, weil es nichts brauchbares gab und deshalb alles selbst erfinden musste, nicht weniger richig.
Sonst wären auch Teslas nur müde Versuche von Elektroautos, die erst recht wieder auf irgndwelchen Verbrennermodellen basieren, weil sie zufällig gerade im Regal zur Hand waren. Nur wenn alles selbst entwickelt wird, kann man ein kompromissloses Elektroauto bauen.
Zitat:
@100avantquattro schrieb am 24. Oktober 2018 um 11:18:22 Uhr:
Das Problem von umständlich zu demontierenden Türen zeigt sich sicher im Schnitt EINMAL im Autoleben.
Erinnerst du dich an den Golf 5? der wurde nach überraschend kurzer Bauzeit vom Golf 6 abgelöst. Der konnte eigentlich kaum etwas besser als der Golf 5, aber der Golf 5 war zu teuer in der Fertigung. Zum Beispiel benötigte die Montage und Justage der Türen viel zu viel Zeit. Der Generationswechsel diente in erster Linie dem Ziel, ein Produkt bei gleicher Qualität für weniger Geld zu bauen.
Musk hat mal das Model 3 für 35.000 USD angekündigt, davon ist er noch meilenweit entfernt. Er hat inzwischen eingeräumt, dass er die 35K-Variante nicht anbieten könne, weil er dann Geld verlieren würde. Ein Hersteller für Toyota könnte das vermutlich, denn der würde bereits bei der Konstruktion darauf achten, dass sich das Auto leicht und mit hoher Qualität bauen lässt.
Und genau darum geht es in diesem Bericht.
Zitat:
@hudemcv schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:07:01 Uhr:
Zitat:
@sampleman schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:00:52 Uhr:
Zur Kofferraumöffnung beim Model 3, ich denke die Öffnung meines S60 ist auch nicht größer und reicht mir allemal.
"Der Deutsche" fährt eben Kombi. Und bei 1,5 Kindern dann schon Multivan.![]()
Nein, "Der Deutsche" fährt Autos mit einer großen Heckklappe, egal ob Minivan, SUV, Crossover oder Golfklasse. Klassische Stufenhecklimos sind hierzulande so erfolglos, dass sie vom Markt genommen werden, siehe zum Beispiel den Toyota Avensis.
Aber du hast den Kern meiner Kritik nicht verstanden. Warum hat das Model 3 keine große Heckklappe, obwohl das Model S eine hat? Die Aussage war, weil damit ein größeres Glasdach möglich wäre. Von dem hat der durchschnittliche Autofahrer, der mit 1,3 Personen ein Auto besetzt, absolut nichts. Dafür kann man in das Model 3 seine Mountainbikes nicht reinladen, und das, obwohl der E-Antrieb beste Voraussetzungen für eine unerreicht hohe Innenraumvariabilität bieten würde. Riesen-Vorteile verschenkt wegen eines blöden Glasdachs.
Ich hab die Kritik schon verstanden. Ist ja durchaus berechtigt, scheint die Leute aber nicht davon abzuhalten das Ding zu kaufen. Sonst kann man ja immernoch auf das Y zurückgreifen, das ja, vermutlich, eine große Klappe haben wird.
Zitat:
@sampleman schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:17:01 Uhr:
Musk hat mal das Model 3 für 35.000 USD angekündigt, davon ist er noch meilenweit entfernt.
Siehst du, ich sehe VW noch meilenweit davon entfernt, einen Mitbewerber für das Model 3 zu bauen.
Tesla liefert ja das Model 3 bereits aus. Da ist er schon meilenweit weiter.
Und auch die deutschen Hersteller fangen meist mit dem V6/V8 an und liefern erst später die kleinen Motoren.
Zitat:
Er hat inzwischen eingeräumt, dass er die 35K-Variante nicht anbieten könne, weil er dann Geld verlieren würde.
Das er es nicht anbieten kann, oder das er es NOCH nicht anbieten kann?
Kleiner aber wichtiger Unterschied.
Zitat:
@hudemcv schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:29:35 Uhr:
Sonst kann man ja immernoch auf das Y zurückgreifen, das ja, vermutlich, eine große Klappe haben wird.
Oder auf einen Nicht-Tesla. Es würde zu Musk passen, aus Arroganz Marktpositionen leichtfertig aufzugeben.
Zitat:
@sampleman schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:33:15 Uhr:
Zitat:
@hudemcv schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:29:35 Uhr:
Sonst kann man ja immernoch auf das Y zurückgreifen, das ja, vermutlich, eine große Klappe haben wird.
Oder auf einen Nicht-Tesla. Es würde zu Musk passen, aus Arroganz Marktpositionen leichtfertig aufzugeben.
Und welches Auto sollte das sein? I-Pace? EQC? oder e-Tron? Die werden sicher ihre Käufer finden, aber sicher nicht günstiger werden.
Zitat:
@sampleman schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:33:15 Uhr:
Zitat:
@hudemcv schrieb am 25. Oktober 2018 um 11:29:35 Uhr:
Sonst kann man ja immernoch auf das Y zurückgreifen, das ja, vermutlich, eine große Klappe haben wird.
Oder auf einen Nicht-Tesla. Es würde zu Musk passen, aus Arroganz Marktpositionen leichtfertig aufzugeben.
Passt zwar nicht ganz aber: So wie derzeit unsere Hersteller ? Keine Bewegung in Sachen Dieselproblematik. Einfach darauf vertrauen dass es genug blöde Kunden gibt die sich weiterhin an der Nase rumführen lassen und so oder so immer einen VW, BMW, Opel, MB, Audi kaufen werden ? (Ok, zugegebenermaßen geht ja deren Rechnung wohl auch auf :-) )