Was bedeutet "Der Pat. wurde bis zur Abklärung von Autofahren abgeraten"
Guten Tag,
eine Freundin von mir wurde aus der Neurologie entlassen. In ihrem Arztbrief findet sich der oben genannte Satz.
Was bedeutet dieser? Ist dies ein ärztliches Fahrverbot?
Wer darf eine Aufhebung eines solchen ärztlichen Fahrverbotes aussprechen? Reicht es, wenn irgend ein Facharzt ihr mündlich bestätigt, dass sie wieder ein Auto fahren darf? Soll sie auf Schriftform bestehen? Benötigt sie ein Gutachten, welches ihr die Fahrfähigkeit bestätigt?
Viele Grüße
Viola
113 Antworten
Zitat:
@ixtra schrieb am 24. Juni 2021 um 22:56:47 Uhr:
Der arzt wird wohl häufig die polizei anrufen. Zuständig ist dann die fahrerlaubnisbehörde.
...
Das hätte ich gerne sachkundig. So wie ich KH kenne, haben die Ärzte ja nicht einmal wegen Überlastung Zeit und Muße, ihren elementarsten Aufgaben nachzukommen und z.B. vernünftige Entlassungberichte zur Krankheit selber zu schreiben. Hilfssheriff spielen ist von keinem Kostenplan abgedeckt. Und da könnte es in großen KH eine Standleitung zur FS-Stelle geben.
Zitat:
@Manitoba Star schrieb am 24. Juni 2021 um 23:03:20 Uhr:
Das hätte ich gerne sachkundig.
Dann wirst du jemand dafür bezahlen müssen. Ich hab dir ja nun geduldig deine fragen beantwortet. Übrigens bitteschön.
Welcher arzt in welchem fall was macht, lässt sich wohl kaum allgemeingültig beantworten. Bei krassebn fällen werden aber einige tätig.
Zitat:
@NDLimit schrieb am 24. Juni 2021 um 23:21:34 Uhr:
Wie deckt sich das mit der ärztlichen Schweigepflicht?Übrigens: Danke schön vorab 🙂
Es steht dazu im direkten widerspruch. Bei einer greifbaren gefahrenlage ist der arzt aber aus 34 stgb legitimiert.
Und bitte nicht falsch verstehen... in einem forum beantworten wir ja alle freiwillig gegenseitig unsere fragen ohne dafür nun dankbarkeit zu erwarten. Aber stakkatoartig fragen stellen um dann mir " das hätte ich gerne sachkundig" zu kommen, empfinde ich schon als etwas unverschämt
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Meldepflicht? Nein!
Ist ein Arzt verpflichtet, einen Patienten bei der Polizei oder Straßenverkehrsbehörde zu melden, wenn er medizinische Bedenken an dessen Fahrtüchtigkeit hegt? Ganz klar nein! Es gibt weder eine gesetzliche noch sonstige Pflicht zur Meldung derartiger Patienten.
Entbindung von der Schweigepflicht
Selbstverständlich kann sich ein Arzt durch den Patienten von der Schweigepflicht entbinden lassen, um den Behörden die (vermutete) Fahruntüchtigkeit mitteilen zu dürfen. Diese Entbindungserklärung sollte nicht in Form von insoweit ggf. unwirksamen Praxis-AGB erfolgen, sondern individualisiert und zu Beweiszwecken schriftlich.
Aus der Einwilligung in die Weitergabe derartiger Auskünfte zur Fahruntüchtigkeit an Polizei oder Straßenverkehrsamt muss eindeutig hervorgehen, dass der Patient sich bei Abgabe der Erklärung über Tragweite und Folgen seiner Einwilligung im Klaren war. Da der Führerschein den Deutschen geradezu heilig ist, dürfte nach erfolgter ordnungsgemäßer Aufklärung kaum ein Patient noch bereit sein, eine derartige Entbindungserklärung abzugeben. Da könnte er sich gleich selbst an die Fahrerlaubnisbehörde wenden und um Prüfung seiner Fahreignung bitten. Wer will das schon?
Melden dürfen im Notfall?
Wer als Arzt einen (möglicherweise) fahruntüchtigen Patienten trotz bestehender Schweigepflicht bei Behörden/Polizeimelden möchte, um diesen vor sich selbst sowie die Öffentlichkeit zu schützen, darf dies unter Notstandsgesichtspunkten (sogenannter rechtfertigender Notstand, § 34 StGB).
Der Bundesgerichtshof (BGH) gibt für eine solche Offenbarung an die Behörden Rückendeckung, obwohl der Tatbestand des Geheimnisverrats an sich erfüllt ist. Der BGH entschied: „Ein Arzt kann trotz seiner grundsätzlichen Schweigepflicht nach den Grundsätzen über die Abwägung widerstreitender Pflichten oder Interessen berechtigt sein, die Verkehrsbehörde zu benachrichtigen, wenn sein Patient mit einem Kraftwagen am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl er wegen seiner Erkrankung nicht mehr fähig ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, ohne sich und andere zu gefährden.“
Der BGH knüpft dieses Melderecht gegen den Willen des Patienten jedoch an die zwingende Voraussetzung, „dass der Arzt vorher den Patienten auf seinen Gesundheitszustand und auf die Gefahren aufmerksam gemacht hat, die sich beim Steuern eines Kraftwagens ergeben, es sei denn, dass ein Zureden des Arztes wegen der Art der Erkrankung oder wegen der Uneinsichtigkeit des Patienten von vornherein zwecklos ist.“ (BGH, Urteil vom 8.10.1968, Az. VI ZR 168/67)
Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Voraussetzungen zum Melderecht des Arztes ist heute an den Voraussetzungen der Paragrafen 630e (Aufklärungspflicht) und 630f (Dokumentationspflicht) zu messen. Nur wer also den Patienten ordnungsgemäß über Diagnose, Behandlung und mangelnde/eingeschränkte Fahrtüchtigkeit aufklärt und dies alles ordnungsgemäß dokumentiert, kann über den Patientenwillen hinweg an Polizei/Behörden herantreten, wenn konkrete Gefahren vom Patienten ausgehen könnten.
https://www.anwalt.de/.../...erztliche-schweigepflicht_115505.html?...
Zitat:
@ixtra schrieb am 24. Juni 2021 um 23:26:15 Uhr:
Zitat:
@NDLimit schrieb am 24. Juni 2021 um 23:21:34 Uhr:
Wie deckt sich das mit der ärztlichen Schweigepflicht?Übrigens: Danke schön vorab 🙂
Es steht dazu im direkten widerspruch. Bei einer greifbaren gefahrenlage ist der arzt aber aus 34 stgb legitimiert.
Und bitte nicht falsch verstehen... in einem forum beantworten wir ha alle freiwillig fragen ohne dafür nun dankbarkeut zu erwarten. Aber stakkatoartig fragen stellen um dann mir " das hötte ich gerne sachkundig" zu kommen, empfinde ich schon als etwas unverschämt
Ja, aber wie ich es gelesen habe, kommt es beim 34er Notstandsparagraphen auf den Einzelfall an. Auch wird hier explizit von Vermeidung von Straftaten gesprochen. Bei der Ausgangsfrage ging es im Kern um die Begrifflichkeit "es wird abgeraten"
Mein Arzt rät mir auch vom übermässigen Fleischkonsum ab, aber Steaks mag ich trotzdem gern essen.... [/ironieoff]
Durch den fleischkonsum gefährdest du allenfalls dich selbst. (Und natürlich die konsumierten tiere)
Ein patient, der seit tagen regelmäßig heftige epileptische anfälle hat, gefährdet auf der strasse eben menschenleben.
Wenn dein arzt dir wegen rückenschmerzen zur schonung vom autofahren abrät, darf und wird er zur durchsetzung nucht die behörden informieren.
Von Straftaten steht da nichts, ich zitiere:
Zitat:
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
Wenn der Arzt also bspw. beobachtet wie sein Patient orientierungslos zu seinem Auto torkelt, er denjenigen nicht aufhalten kann loszufahren, dann ruft er also die Polizei und meldet dies unter Anwendung des oben genannten Paragraphen. Natürlich muss dies im Einzelfall betrachtet werden. Gesetze sind oftmals bewusst wage formuliert. Ob hier tatsächlich eine "Gefahr für sich selbst oder andere" bestanden hat und ob der Verstoß gegen die Schweigepflicht ein "angemessenes Mittel" war, muss im Zweifel immer das Gericht klären. Wenn der Fall so eindeutig ist wie von mir beschrieben, wird aber wohl jeder Richter dem Arzt folgen.
"Die ärztliche Schweigepflicht kann bei Straftaten unter Umständen gebrochen werden, ohne dass eine Strafe droht. Dies kann der Fall sein, wenn dies eine weitere Tat oder eine konkrete Gefahr verhindern würde. Dann ist in der Regel gemäß Paragraph 34 StGB ein „rechtfertigender Notstand“ gegeben, welcher ein solches Verhalten rechtfertigt."
Quelle: https://www.anwalt.org/.../?...
Ok, aber im konkreten Fall kennen wir keine Diagnose.
In Bezug auf die Eingangsfrage empfehle ich, dass man sich die Fahrtüchtigkeit vom Arzt schriftlich beschenigen lässt und die Fahrfähigkeit evtl. nach einem Fresh-Up von einer Fahrschule bestätigen lässt.
Ich würde einfach einen zweiten Arzt befragen, dem man genau mitteilt, was man so autotechnisch vor hat, z.B. den Hausarzt befragen.
Wenn man stationär in einer Neurologie war, kann ich mir schon so einige Krankheiten oder Medikamente vorstellen, mit denen man sich besser nicht ans Steuer setzt.
Das soll aber ein Arzt konkreter äußern.
In ähnlichen Fällen aus meinem persönlichen Umfeld kenne ich da dann Äußerungen nach genauerer Nachfrage, wie folgende:
-Das empfehlen wir immer aus Sicherheitsgründen, steht auch in Beipackzettel von jedem zweiten Kopfschmerzmittel.
-Hätten Sie gesagt, dass sie Autofahren wollen, hätten wir Ihnen ein anderes Medikament verschrieben.
Ärzten gegenüber sollte man die Frage stellen: "Würden Sie an meiner Stelle weiterhin Auto fahren?"
Zitat:
@400.000km schrieb am 25. Juni 2021 um 08:07:21 Uhr:
Ich würde einfach einen zweiten Arzt befragen, dem man genau mitteilt, was man so autotechnisch vor hat, z.B. den Hausarzt befragen.
Man kann natürlich so lange fragen, bis man von einem Arzt die gewünschte Bewertung erhält. Ein verantwortungsvoller Arzt wird im Zweifel an einen geeigneten Facharzt verweisen oder die Begutachtungsleitlinien der FEV anwenden.
Es wurde ja schon geschildert, was ein Arzt tun könnte, der eine Gefahr heraufziehen sieht. Man darf dabei den Konjunktiv nicht vergessen, weil in Widerstreit von Schweigepflicht und Gefährdung steht ein Arzt immer mit einem Bein im Knast mit folgendem Berufsverbot.
Eine übliche Strategie ist es ärztlicherseits die Empfehlung kein Kfz zu lenken vom Patienten schriftlich quittieren zu lassen. Im Anschluß sollte der Patientenparkplatz gemieden werden.
Das ist unbefriedigend, aber Hilfen vom Gesetz- oder Verordnungsgeber existieren nicht.
Zitat:
@Moewenmann schrieb am 25. Juni 2021 um 08:23:24 Uhr:
weil in Widerstreit von Schweigepflicht und Gefährdung steht ein Arzt immer mit einem Bein im Knast mit folgendem Berufsverbot.
In der Theorie richtig, in der Praxis passiert dem Arzt gar nichts, solange er sich an den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung orientiert.
Es wäre ja auch fatal, wenn man bei Gefahrenmeldungen den Boten erschießen würde.
Zitat:
[@ixtra schrieb am 24. Juni 2021 um 23:26:15 Uhr:
...
Und bitte nicht falsch verstehen... in einem forum beantworten wir ja alle freiwillig gegenseitig unsere fragen ohne dafür nun dankbarkeit zu erwarten. Aber stakkatoartig fragen stellen um dann mir " das hätte ich gerne sachkundig" zu kommen, empfinde ich schon als etwas unverschämt
Dann bitte ich um Entschuldigung, das war nicht so gemeint. Gemeint war vielmehr, ob es nicht einen anderen user gibt, der über Deine und meine Vermutungen hinaus fundiert etwas weiß. Hier lesen ja Vertreter von so gut wie allen Berufen mit.
Und "stakkatoartig", nun ja, das ist wohl eher in Deinem Brass auf das o.a. zu sehen ;-) , ich habe nicht anders geschrieben wie sonst und andere auch.
Zitat:
@Manitoba Star schrieb am 25. Juni 2021 um 09:24:52 Uhr:
anderen user gibt, der über Deine und meine Vermutungen hinaus fundiert etwas weiß.
Es sind keine Vermutungen, sondern Wissen. Da ich hier aus der Hüfte schieße - ist ja schließlich ein Forum - und nicht jede Info noch dreimal absichere, kann man etwas ungenau sein. Damit musst Du eben umgehen können, wenn Du nicht für eine Beratungsleistung irgendwo bezahlst.
Wieso sollte ich zu dem Thema Vermutungen anstellen?
Eine Beratung mit Haftung wird dir hier keiner anbieten. Ich kann dir überdies versichern, dass so mancher Vertreter bestimmter Berufsgruppen auch gerne mal hanebüchenen Unsinn schreibt.
Zitat:
@ixtra schrieb am 25. Juni 2021 um 09:22:31 Uhr:
Zitat:
@Moewenmann schrieb am 25. Juni 2021 um 08:23:24 Uhr:
weil in Widerstreit von Schweigepflicht und Gefährdung steht ein Arzt immer mit einem Bein im Knast mit folgendem Berufsverbot.In der Theorie richtig, in der Praxis passiert dem Arzt gar nichts, solange er sich an den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung orientiert.
Es wäre ja auch fatal, wenn man bei Gefahrenmeldungen den Boten erschießen würde.
Klares Nein. Ein Arzt kann sich nicht auf die Leitlinien berufen und den widerspenstigen Patienten unmittelbar bei der Fahrerlaubnisbehörde anschwärzen. Also er kann schon, aber mit erheblichen Folgen.
Der Arzt kann nur einem Rat suchenden Patienten die Einhaltung der Richtlinien attestieren. Das ist etwas völlig anderes. Und er wird diese Einhaltung sehr ausführlich dokumentieren.