Vergleich Sicherheit W124 vs. Golf IV
Moin Freunde des Sterns,
ich wage kaum dieses Thema zu eröffnen.... einen Benz mit nem Golf zu vergleichen ist ja eigentlich nicht möglich.
Aber trotzdem. Ich stehe kurz vor der Entscheidung zwischen diesen beiden Wagen. Ich kann den Golf IV Variant (1.9 TDI, scheckheftgepflegt, Garagenwagen) für ca. 4.000€ bekommen.
Oder ich erfülle mir endlich den Traum meines W124 Coupès. In den habe ich mich schon vor ca. 10 Jahren verliebt. Wir hatten mal einen und jetzt will ich auch einen.
-> Nun zum Thema:
Was mir immernoch Bauchschmerzen bereitet ist der Punkt Sicherheit. Der Golf ist Bj. 2000 hat ESP und 4 Airbags und ist eben ein Variant. Der Benz ist Bj. 1994 hat lediglich ABS und 2 Airbags.
Aber macht der Benz den Punkt Sicherheit durch seine Größe wett? Oder haben die Herren aus Stuttgart evtl. gute Dinge verbaut, die mir noch nicht bekannt sind und ihrer Zeit damals voraus sind? Immerhin liegen nur 7 Jahre zwischen den beiden.
Bitte geißelt mich nicht für den Vergleich. Die Frage ist mir wirklich ernst! Aber ich fahre im Jahr ca. 40.000km und da ist dieser Punkt schon ein ganz wesentlicher. Würde ich nur über die Landstraße von zu Hause zur Arbeit müssen, wäre das keine Frage, aber wenn ich bei 150 von der Bahn fliege möchte ich wenigstens den Hauch einer Überlebenschance haben. Zudem hatte ich bereits einen schweren Unfall und daher ist mir dieser Punkt schon sehr wichtig.
Beste Grüße
Sean
Beste Antwort im Thema
Obwohl der Strang mittlerweile schon fast endlos lang ist, möchte ich zu diesem Thema aus beruflicher (anwaltlicher) Praxis, zahllosen Gesprächen mit Sachverständigen in Gerichtsverfahren und persönlichem Interesse, das in einem in meiner Jugendzeit als Mitfahrer im Wagen meines Vaters erlittenen, schweren Verkehrsunfall wurzelt, noch einmal umfassend zu diesem Thema Stellung nehmen.
Neben beruflicher Erfahrung stützt sich meine Einschätzung auch auf ein großes, privates Archiv.
Ich mache gar kein Hehl daraus, daß ich - aufgrund langjähriger Beschäftigung mit der Materie - eine besondere Vorliebe für Mercedes-Benz (MB) habe.
Das hat aber nichts mit "Stammtischattitüde" oder "Autonationalismus" zu tun, sondern mit sehr konkreten Tatsachen, die sich natürlich auch aus dem Umstand ergeben, daß fast alle heute gängigen Sicherheitsdetails in der Fahrzeugentwicklung eben von MB stammen, wo diese Dinge mit einem z.T. sehr großen Kostenaufwand geschaffen wurden - eine Mühe, die sich andere Hersteller (mit wenigen Ausnahmen wie Volvo oder Saab), die diese Dinge später kopierten, sparten, was dann allerdings auch Defizite im Bereich der Sicherheits-Expertise bedingt.
A.
Die hier wiederholt vertrenen These, daß "ein über 10 Jahre jüngerer Entwurf schon automatisch eine höhere Unfallsicherheit bedeute", ist so gewiß nicht zutreffend.
Der Golf IV offenbart z.B. schon bei einer sehr oberflächlichen Betrachtung des Innenraumes einige schwere Konstruktionsmängel, die zwar keine Rückschlüsse auf das Deformationsverhalten oder die Stabilität der Fahrzeugentwurfs bei schweren Unfällen zulassen, aber dennoch für sich besehen in einem noch immer recht modernen Auto erstaunen sollten - in älteren Mercedessen sucht man derartige Mängel vergebens.
Die Mercedes-Ingenieure hatten sie beseitigt, weil sie gründlich arbeiteten.
Beispiele:
- Gurtbeschlag/Höhenverstellung B-Säule hart und gefährlich vorstehend (daran ändert auch die auf "wertig" gemachte Chromierung der Umlenkschiene nichts). Es ist irrig anzunehmen, daß dieser Mangel wegen vorhandener Seiten- oder ggf. Windowbags keine Rolle spiele, denn im Falle einer Mehrfachkollision ist "harter Kontakt" der Insassen mit der Gurtumlenkung sehr wohl möglich (bei Einbau nur des Seitenairbags sogar regelmäßig) , und tatsächlich sind mir zwei Fälle mit erheblichen Kopfverletzungen von Golf IV-Frontinsassen nach Kontakt mit der Gurtumlenkung aus Schadensfällen konkret bekannt
- Einbaulage des Zündschlosses bedeutet erhebliche Gefahr für das rechte Kniegelenk des Fahrers; ein leicht vermeidbarer Mangel, der aus Gründen der Produktionseffizienz der Lenkankage aber offenbar bewußt in Kauf genommen wurde
- Unterer Teil des Armarturenbretts in allen Golf aus splitterträchtigen Hartkunststoff, der ggf. sehr erhebliche Verletzungen bei schweren Kollisionen verursachen kanne, trotz der Frontairbags
- Ausführung der Armlehnen in den Türen aus billigen Hartkunststoff bedeutet ggf. erhebliche Verletzungsgefahr (z.B. durch Bruch) im Fall des Seitenaufprall für die inneren Organe (Milz), trotz sog. Sidebags
Dies sind nur einige kritische und gerne unbeachtete Details, die der Golf IV mit ungezählten Modellen anderer Hersteller teilt.
Der Grund ist nicht die Ignoranz der VW-Ingenieure, sondern schlicht der Kostendruck - offenbar sieht man diese Details wegen der massenweise Verwendung allermöglichen Airbags, die heute billig einzukaufen sind, nicht "so eng".
In älteren Mercedes-Baureihen wird man dggü. keinen dieser Mängel finden - die Ingenieure haben hier eben gründlich gearbeitet, und es galt, nach dem damaligen Stand des Machbaren, die Devise "maximum safety regardless the costs" (maximale Sicherheit ohne Rücksicht auf die Kosten).
In hohem Maße ist der Stand der Unfallsicherheit eines Entwurfes daher nicht nur vom Entwurfsalter, sondern auch vom Hersteller abhängig.
VW hat zwar als Volumenhersteller im Vergeleich zu anderen, europäischen Großmarken (auch wegen des schon früh begonnen Engagements im US-Markt, der seit dem Beginn der 70er Jahre einer verhältnismäßig strengen Sicherheitsgesetzgebung unterworfen war ) durchaus eine umfangreiche Unfallforschung betrieben.
Aber die Zwänge einer kostenoptimierten Massenproduktion bilden Grenzen, die auch VW nicht ignorieren kann.
Die Forschung von VW ist so bis heute auf (statische) Labortests, orientiert an gesetzlichen Vorgaben, beschränkt.
Ganz anders MB - als Oberklassehersteller mit einer ausgesprochen"elitären" Klientel hatte man hier nicht nur die Rolle der Sicherheit in der Fahrzeugkonstruktion schon sehr früh erkannt.
MB betrieb schon 1939 Unfallsicherheitsforschung in einer eigenen Abteilung, zu der zumal der geniale Konstrukteur Bela Barenyi mit einer Unzahl an Patenten beigetragen hatte.
Aber auch andere Ingenieure, wie der spätere Prof. Huber (Patent des ersten Sicherheitstürschlosses in Großserie), trugen ihren Teil bei.
Diese Forschung wurde ab dem Beginn der 50er Jahre massiv intensiviert, und schon in der Entwicklung der Baureihe W 110 war eine mit den Mitteln der Zeit durchgeführte, systematische
Unfallforschung und -Entwicklung ein fester Bestandteil des Lastenheftes.
Ähnliches fand sich in dieser Zeit nur noch bei Citroen, Volvo und Saab, aber bei eben nicht mit dem breiten, systematischen und wissenschaftlichen Ansatz von MB.
Überhaupt begannen viele Hersteller erst über 30 Jahre später - d.h. Anfang der 70er -, sich erstmals um Fragen der Insassen- und Unfallsicherheit zu kümmern - meist durch den durch die US-Sicherheitsgesetze herrührenden Zwang.
So wurde der übergroße Teil aller Sicherheitspatente, die heute in Kraftfahrzeugen eine Selbstverständlichkeit sind, von MB mit großem, finanziellen Aufwand patentiert und entwickelt.
Dazu gehören:
- Knautschzonen für die Karosserie zur Aufnahme von Aufprallenergie (W 120/121, 1955)
- Grundlegende Untersuchungen auch zum Seitenaufprallschutz schon 1939
- Sicherheitstürschloß (W 110, 1959)
- entschärfter Innenraum (W 110, 1959)
- Sicherheitslenkung (W 108, 1966) - seither dauernd weiter optimiert
- Gurtschloß am Sitz (W/C 107, 1971)
- Gurthöhenverstellung (1979 im W 126) und versenkte Gurtumlenkpunkte (1976 im W 123)
- Tankeinbau in Sicherheitslage über der Hinterachse (C/R 107, 1971)
- ABS (Kooperation mit Bosch und BMW 1979, erstmals im W 116)
- erster, serienweise verbauter und uneingeschränkt funktionstüchtiger Airbag (damals noch authentisch Luftsack genannt) alle Baureihen ab 1981
- erster serienweise verbauter Gurtstraffer (optional mit Airbag ab 1981, serienmäßig ab 1985 in allen Baureihen)
- erster serienweise verbauter Beifahrerairbag (1987 W 126)
- erste für den asymetrischen Frontalzusammenstoß (sog. Offset-Crash wie heute EURO-NCAP, der sich an das firmeninterne Verfahren von DB anlehnt) optimierter Vorbau durch die sog. Gabelträgerkonstruktion, 1979 im W 126
- damit in Zusammenhang stehend erstmalige, großmaßstäbliche Verwendung sog. hochfester Stähle (1979 im W 126)
- sog. organische Vorbaustruktur (Heranziehung der jeweils entgegenseitigen Vorbaustruktur bei einseitiger Belastung, was hier im Hinblick auf den Golf IV mehrfach erwähnt wurde - DB hatte es schon 20 Jahre vorher) 1979 im W 126
Diese strukturelle Homogenität wurde in den zeitlich nachfolgenden Baureihen W 201 (Mercedes 190) und W 124 weiter verbessert.
Mit dem im C 124 (W124 Coupe) erstmals optimierten Pfahlaufprall (Zusammenstoß mit einem Masten bei 55 Km/h und nur 33% Überdeckung - "Baumunfall" -, was eine maximale Strukturbelastung der Fahrzeugfront bedeutet) erfuhr diese Entwicklung schon 1987 einen vorläufigen Höhepunkt.
Dazu kommen ungezählte andere Entwicklungen im Detail wie z.B. eine sog. negative Pedalkinematik (konstruktive Auslegung der Pedalerie i.d.W., daß die Pedale beim Aufprall vom Fahrer wegschwenken, was den bis dahin oft schweren Fuß- und Unterschenkelverletzungen durch eindringende Pedale weitgehend vorbeugte), gestaffelt nachgebende Türarmlehnen durch integrierte Pralltöpfe, ausgeschäumte Armarturentafel mit Inlet aus hochfestem Aluminium zur weitgehenden Verhinderung des Eindringens von technischen Komponenten in den Innenraum, splittersichere Edelholzverkleidungen durch verklebte Aluminiumprofile (ein erheblicher Aufwand, da zwingend Handarbeit), Querrohrversteifung zur Verhinderung von Rückverlagerungen bzw. Eindringen der Heizungsbauteile in die Fahrgastzelle, Handschuhkasten mit Sollbruchstelle, besondere Styroporauskleidung des Fahrerfußraumes zur Abfederung der Beinbelastung des Fahrers beim Aufprall oder die "Entblockung" der Nebenaggregate am Motor zur Optimierung des sog. Instrusionsrisikos durch gestaffelte Anordnung.
Tatsächlich ließe sich diese schon lange Auflistung noch fast endlos fortsetzen, und es ist festzuhalten, daß viele dieser bei Mercedes in den meisten Fällen schon Jahrzehnte alten Entwicklungen bis heute bei keinem der Wettbewerber umgesetzt wurden - und gewiß auch nicht mehr werden, weil Kostenerwägungen dagegen sprechen (auch MB verzichtet heute auf eine Reige dieser in den älteren Baureihen nocht verwendeten Details).
Hierzu
http://www.youtube.com/watch?v=NtudopfmAaM&feature=related
Gerade die Pedanterie im Detail - zumal in der Sicherheitsforschung - unterschied DB stets von den Konkurrenz- und Massenherstellern und sicherte dem Hersteller im Zusammenspiel mit der langjährigen Forschungsarbeit schon früh einen uneinholbaren Vorsprung.
Wie ich aus meiner eigenen Familie weiß (Manager bei VW), stellt sich das Lastenheft in der Entwicklung der Fahrzeuge auch im Bereich der Sicherheit heute so dar:
Es wird eine Lösung X, deren Anforderung durchaus hoch sein mag, gefordert, die kostenoptimiert umzusetzen ist.
Damit ist die Sache erledigt - was unterbleibt, ist die Auswertung der erreichten Lösung im Detail, ggf. auf weitere Verbesserungsmöglichkeiten hin.
Das aber hat MB jahrzehntelang bis zum vertretbaren Maximum der Perfektion so praktiziert (heute wieder - in der Schrempp-Ära war es zeitweise nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt der Fall).
Der Einsatz des Computers mit den heutigen gigantischen Rechnerleistungen, der in der Diskussion hier sehr oft als Nachweis der Überlegenheit moderner Entwürfe angeführt wird, mag da fragwürdig sein: Gewiß ist eine alten Konstruktion ganz ohne Computer einer modernen mit immer unterlegen, aber bei Mercedes kamen schon in den frühen 70er Jahren Großrechenanlagen in der Entwicklung auf, in den 80ern wurde bereits mit sehr leistungsfähigen CAD-Rechnern gearbeitet.
Was aber auch noch ausgiebig unternommen wurde, war der Realversuch; und erst dieser erlaubt - komplementär zu den Computern - gezielte Optimierung, was bei MB immer zum Basis Know-How gehört(e).
Denn es sind viele Beispiele bekannt, in denen Fahrzeuge fast ausschließlich am Computer "durchdesignt" und die Realversuche auf das gesetzlich erforderliche Minimum beschränkt wurden.
Der Opel Omega A und der Vectra A waren solche Fälle, und Opel zog das seinerzeit in der Werbung als vermeintliches Zeichen des Fortschritts groß auf.
Es sollte allerdings bekannt sein, daß diese Fahrzeuge im Hinblick auf die Insassensicherheit trotz Computerberechnung wegen schwerer, struktureller Mängel sehr dürftig anschnitten - um es gelinde auszudrücken.
Denn es fehlte gerade an den Realversuchen.
B.
Entscheidend ist aber wohl. daß MB (neben MB nur noch Volvo) schon seit 1969 auch Realunfälle wissenschaftlich auswertet und diese Erkenntnisse bei der Entwicklung neuer Modellreihen konstruktiv so weit wie möglich umsetzt.
Hier ergibt sich ganz zweifellos ein realer Sicherheistvorteil gegenüber den ausschließlich im Labor oder Unfallversuch "statisch" - d.h. nach den gesetzlichen Vorgaben - getesteten Konkurrenzprodukte.
Das wird z.B. dadurch verdeutlicht, daß im Lastenheft aller MB-Baureihen seit 1979 auch die konstruktive Vorsorge im Hinbkick auf den asymetrischen Heckaufprall mit 55 Km/h festgeschrieben wurde - eine Maßgabe, die m.K.n. bis heute kein anderer Hersteller in dieser Form berücksichtigt (EURO-NCAP fordert diese nicht).
Es ist unter Berücksichtigung der Unzahl der Faktoren, die einen Unfall beeinflussen, festzuhalten, daß eine am realen Unfallgeschehen angelehnte Unfallforschung und Entwicklung bezogen auf die situative Vielfalt eines Realunfalles weit bessere Vorsorge verspricht als eine aus Kostengründen erfolgte Entwicklung nur unter Laborbedingungen gemäß bestimmter, gesetzlicher Vorgaben (bzw. "um diese herum", was zumal Renault und die Japaner gut beherrschen).
C.
Es stellt sich die Frage nach der Referenz des Bewertungsmaßstabes EURO-NCAP.
Wie zuvor schon gesagt, wurde wurde diese Testmethode an das interne MB-Testverfahren aus dem Jahr 1979 angelehnt, und es ist bis heute nicht unumstritten.
Während MB das Fahrzeug bei 55 Km/h mit 50% Überdeckung in eine starre 100 Tonnen Betonbarriere fuhr, sieht EURO-NCAP - angeblich wegen besserer Anpassung an den Realaufprall - eine seitlich versetzte Kollision mit 64 Km/h gegen eine deformierbare Barriere.
Diese soll eher dem "weichen Vorbau" eines entgegen kommenden Kfz entsprechen als ein starre Betonbarriere (inwiefern der plötzliche Übergang von weicher Metallstruktur zu hartem Beton in der Auslegung der Barriere einem "Realfahrzeug" entspricht, mag dahingestellt sein - der Nur-Betonblock tut dies gewiß auch nicht).
a) Es ist zutreffend, daß eine Reihe von DB-Baureihen (W 202, W 210), die im internen Mercedes-Versuch nach dem Deformationsverhalten der Fahrgastzelle sehr gut abschnitten, im Testverfahren nach EURO-NCAP erhebliche bleibende und dynamische Deformation der Fahrgastzelle zeigten (vgl. entsprechende Videos auf U2B).
http://www.youtube.com/watch?v=cdgObxExoxU
Gleichwohl bedeutete diese erhebliche Deformation keine lebensbedrohende Gefahr für die Insassen.
Festzuhalten ist aber, daß die strukturelle Belastungsfähigkeit der Fahrgastzelle ausgereizt war.
Entgegen der häufig geäußerten Vermutung, der W124 sei nie im EURO-NCAP Verfahren gestestet worden, hat MB in der Unfallsicherheit auch den im Moment der Einführung von EURO-NCAP entwurfsseitig schon rund 15 Jahre alten 124er firmenintern sehr wohl noch nach EURO-NCAP getestet.
http://mb124.de/gallery/d/16567-3/W124Crash_2_DC.jpg
Auch hier war die Deformation erheblich, wenn auch nicht ganz so schwerwiegend wie in der Nachfolgebaureihe W 210 (W 210) - das betraf zumal die dynamische Deformation während des Aufpralls.
Dies erklärt sich durch die Tatsache, daß die Baureihen W 210/202 weit mehr auf Kompabilität schwächerer Verkehrsteilnehmer und damit im Bereich des Vorbaus "weicher" ausgelegt waren als der noch sehr "steife" W 124 (vgl. auch ams-Test nach DB-Norm aus 1995 - hier wurden ebenfalls beim Nachfolger eine größere strukturelle Verformung der Karosserie festgestellt).
Das Verletzungsrisiko der Insassen des W124 wäre auch beim Offset-Crash nach EURO-NCAP gleichwohl nicht lebensbedrohend gewesen (wenn auch die gemessenen Belastungswerte z.T. über denen des schweren deformierten W 210 Nachfolgers lagen, was sich aber allein durch die modernere Sensorik der Rüclhaltesysteme des Nachfolgers erklärt).
Vergleicht man das Deformationsbild im Test nach EURO-NCAP des W 124 mit dem des Golf IV, so stellen sind die Deformationen des Golf als weniger schwerwiegend dar.
Ähnliches gilt für den Vergleich Golf IV ggü. W 202/W 210.
b) Gleichwohl läßt sich hieraus nicht pauschal folgern, der Golf IV sei etwa sicherer als z.B. die Baureihen W 202 oder W 210.
Der Grund ist die völlig unterschiedliche Auslegung der Testverfahren nach firmeninterner DB-Norm einer- und EURO-NCAP andererseits.
So schnitt z.B. der Opel Astra II im Unfallversuch nach EURO-NCAP sehr gut ab, dggü. in der Testanordnung nach der alten MB-Norm ("Betonblockcrash"😉 recht dürftig.
Es verbietet sich daher, aus einem guten Abschneiden im Test nach EURO-NCAP "automatisch" auf eine in allen Unfallwagen "gute Sicherheit" zu schließen oder etwa pauschal eine höhere Belastung des Fahrzeuges nach EURO-NCAP ggü. der alten MB-Norm zu folgern.
Es muß allerdings gesagt werden, daß anders als der Opel Astra II der Golf IV auch die Testanordnung nach der alten MB-Norm problemlos meisterte.
Dennoch kann durch eine Auswertung des realen Unfallgeschehens unzweifelhaft nachgewiesen werden, daß z.B. bei schweren Kollisionen zwischen Golf IV und W 210 das Überlebensrisiko im schwereren und größeren Mercedes ungleich viel größer ist - und das, obwohl das Deformationsbild des Golf IV im Test nach EURO-NCAP weit "sauberer" erscheint als jenes des Mercedes.
Als Beispiel sei dieser Link genannt (der Unfallgegner war hier allerdings ein ggü. dem Golf IV nach dem Leergewicht rund 400kg schwerer E 430) :
http://www.youtube.com/watch?v=I6CUs3DOOOc
.Insofern ist dasn Laborergebnis nach EURO-NCAP, wo das Auto (gewichtsseitig) "mit sich selbst kollidiert", trügerisch.
Ausgehend vom Vergleich des Deformationsverhaltens zwischen W124 und W210, der dem W124 im Unfallversuch und nach den Angaben von MB sogar ein größere Vorbausteifigkeit als seinem Nachfolger bescheinigt, kann man - auch vor dem Hintergrund der weniger modernen Rückhaltesysteme des älteren 124er - folgern, daß der Golf IV, was dessen dessen eigenes Deformationsverhalten betrifft, bei ähnlichen Fahrzeuggewichten nicht besser abschneiden würde als das im Film gezeigte Fahrzeug - im Gegenteil.
Selbst wenn das Verletzungsirisko der Mercedes-Insassen im 124er wegen der erwähnten, älteren Airbag- und Gurtsysteme mutmaßlich (etwas) höher wäre als im W 210.
Das dürfte im Hinbklick auf die Unfallsicherheit auch ein Vergleich zwischen dem Golf III und dem W124 verdeutlichen: Denn in diesem Fall wird wohl niemand anzweifeln, daß die Insassen des Golf III in einer schweren Kollision noch innerhalb des Schutzbereiches der konstruktiven Auslegung der Sicherheitsfahrgastzelle und der Rückhaltesysteme (bei Frontalzusammenstößen mit Geschwindigkeiten von 160 oder mehr Km/h erübrigt sich im Falle eines Frontalzusammenstoßes jede Diskussion im Hinblick auf Überlebenschancen, selbst wenn der Fahrer in neuesten Oberklassefahrzeug säße und der Unfallgegner ein mit Normalgeschwindigkeit fahrender Golf I wäre) mit einem W124 mindestens einem lebensbedrohlichem Verletzungsrisiko gegenübergestellt sähen, wogegen die Aussichten der Mercedes-Insassen, den Unfall jedenfalls ohne lebensgefährliche Velretzungen zu überstehen, hoch wären.
Der Golf IV ist aber nur die - wenn auch völlig neu konstruierte - Weiterentwicklung des Golf III, weshalb hier gewiß kein "(Sicherheits-)Abstand von Lichtjahren" zu Gunsten des Golf IV ggü. dem W124 bestehen kann, vgl. auch das Video zum Frontalzusammenstoß Golf IV - W 210 oben.
Zweifellos war der W124 in der Summe aller Eigenschaften der Unfallvorsorge noch in der Mitte der 90er Jahre trotz seines bereits betagten Entwurfsalters das unfallsicherste Fahrzeug der oberen Mittelklasse am Markt weltweit, und 5 Jahre später noch immer im vordersten Feld der unfallsichersten Fahrzeuge mit dabei.
Erst die Generation des sicherheitsseitig nochmals deutlich optimierten Nach-Nachfolgers W 240 (und der entsprechenden Modellreihen der Wettbewerber) änderte dies dann.
Etwas anderes mag indeß für den Seitenaufprall gelten: Der erhebliche Fortschritt bei den Rückhaltesystemen zum Schutz gegen den Seitenaufprall gestattet bei neueren Entwürfen eine weitgehende Verfestigung der Karosseriestruktur in diesem Bereich, so daß in dieser Disziplin der Golf IV - dank "Sidebags"- signifikant bessser abschneiden sollte als der noch - in dieser Hinsicht - weitgehend an herkömmliche Konstruktionsprinzipien angelehnte 124er, der schon deswegen nicht so "hart" ausgelegt werden konnte wie z.B. der Golf IV, weil kein Luftsack den seitlich wegbeschleunigenden Insassen abzufangen vermochte.
Gleiches gilt natürlich für den W 210 im Verhältnis zum W124.
Dessen ungeachtet waren die Versuchsserien zum Seitenaufprall in der Entwicklung des W124 sehr umfassend und stellten in ihrer Zeit - und noch bis weit in die 90er Jahre hinein, den Durchbruch brachte erst der Seitenairbag, dessen Technik man in den 80ern noch nicht beherrschte - gewiß auch in dieser Hinsicht die sichersten Autos da, die "Geld kaufen konnte".
Tatsächlich wurde in den Baureihen W201/124 sogar der asymetrische (!) Frontalanprall gegen eine Lkw (eingedenk der sog. Unterfahrung) umfassend bis 55 km/h gestestet - was durch die im gleichen Hause gefertigten Laster gewiß begünstigt wurde.
Hierzu (s. 2:32):
http://www.youtube.com/watch?...
Welcher Hersteller - vielleicht mit Ausnahme von Volvo - hat sich um derartige Versuchsreihen gekümmert ?
Oder kümmert sich heute darum ?
c) Diese Bewertung wird auch durch die Crashtestergebnisse nach der US-amerikanischen IIHS Norm bestätigt: Es gibt nicht wenige Fahrzeuge, die - bei EURO-NCAP mit erstklassigen Ergebnissen glänzend - nach den anders gelagerten Anforderungen des "Insurance Instituts for Hiighway Safety" sehr schlecht abschneiden, z.T. so schlecht, daß die entsprechenden Hersteller die Modelle gar nicht erst in die USA exportieren (beispielweise der EURO-NCAP "Meister" Renault).
Es liegt nahe, daß diese Typen um den EURO-NCAP-Test herum kostenoptimiert "auf Kante dressiert" worden sind und in anders gelagerten Unfallkonstellationen sehr dürftige Ergebnisse erzielen.
Bestimmte Anforderungen des NCAP-Versuchsverfahrens sind darüberhinaus sehr fragwürdig, so z.B. der viel zitierte 5 Stern für einen billigen Gurtwarner.
Mercedes (getestet seit W 202/210) schnitt in beiden Prüfverfahren, die erst ab dem Jahr 2000 wirksam wurden, trotz des Entwurfsalters der Baureihen von Ende der 80er Jahre und der z.T. konträren Anforderungen mindestens zufriedenstellend ab.
Ein mit mir bekannter VW-Ingenieur (allerdings aus dem Fahrwerkssektor) berichtete mir einmal in einem Gespräch, daß man den strukturellen Anforderungen nach EURO-NCAP konstruktiv mit einem recht geringen Aufwand genügen könne, indem etwa auf Höhe des A-Säulenansatzes ein hochfester Schweißknoten vorgesehen werde.
Zudem ermöglicht die heute weit fortgeschrittene Sensorik der Rückhaltesysteme ein in entwicklungsseitiger Hinsicht relativ einfaches Erreichen günstiger Belastungswerte in der Anordnung nach EURO-NCAP.
Damit ist allerdings über die Sicherheit des Fahrzeuges in anderen Unfallanordnungen nichts gesagt.
Es soll dennoch nicht in Zweifel gezogen werden, daß EURO-NCAP im Hinblick auf die Unfallsicherheit zumal der Volumenmodelle (und hier der Kleinwagen) einen sehr großen Fortschritt bewirkte.
Gewiß fällt daher der Vergleich von Volumenmodellen der klassischen Massenhersteller im Bereich der Unfallsicherheit zweifellos sehr einseitig zugunsten der neuen Modelle aus.
So dürfte z.B. bei einem Frontalzusammenstoß zwischen Golf V und Golf II mit einseitiger Überdeckung bei ca. 60 Km/h das Überlebensrisiko der Frontpassagiere im Golf II gering sein, während die Frontinsassen des Golf V im schlimmsten Fall schwerere (d.h. keine lebensbedrohenden, als "schwer Verletzung" gilt nach der gesetzlichen Katalogisierung auch ein simpler Rippenbruch) Verletzungen durch die Rückhaltesysteme erleiden würden.
Hierzu
http://www.youtube.com/watch?v=zMxjoStv1NQ&feature=related
d) Es verbietet sich aber - trotz ähnlicher Entwurfsjahre - der Vergleich zwischen einem Golf II und W 124 nach den eingangs getätigten Feststellungen völlig.
Die konstruktive Auslegung der Karosseriestruktur des W 124 ist auch nach heutigen Maßstäben noch zeitgemäß, ebenso deren Umsetzung durch die Verwendung hochfester Stähle.
Dgü. wirkt der Golf II wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten - seine Sicherheit beruht auf im Verhältnis zur Fahrzeugklasse recht großen Kanutschzonen, der optimierten (entschärften) Anordnung der Lenkung und einer insgesamt weichen Fahrzeugstruktur.
Die Ausführung der Karosserie des Golf II aus gewöhnlichem Stahlblech ist konventionell dem Stand der Technik der Epoche entsprechend.
Im Großen und Ganzen gelten die Konstruktionsgrundsätze des Golf II auch für fast alle anderen Modellreihen dieser Jahre - eingedenk der oberen Mittelklasse (Opel Omega, Ford Scorpio, Audi 100 trotz der noch heute progressiven Feuerverzinkung etc. - Unfallversuche untermauern dies) - aber eben nicht für den W124.
Und in der Tat wird man sagen können, daß diese Fahrzeuge eine ggü. dem Golf IV trotz ihrer Größe (weniger aufgrund ihres Gewichtes, der 15 Jahre jüngere Golf IV ist aufgrund des allgemeinen Gewíchtswachstums schon annähernd genau so schwer wie z.B. ein Ford Scorpio der 80er) eine nach heutigen Maßstäben ungenügende Unfallsicherheit aufweisen.
e) Es ist andererseits zutreffend, daß der W 124 schon in seiner Fahrzeugklasse im Moment seiner Präsentation im Herbst 1984 im Bereich des Karosseriebaus nach der Auslegung der Karosseriestruktur ggü. der Konkurrenz einen Vorsprung von ca. 10 Jahren hatte.
Auch der 1988 - immerhin 4 Jahre später - vorgestellte BMW E 34 erreichte die Modernität des Mercedes-Entwurfs im Hinblick auf Strukturfestigkeit und und Insassensicherheit trotz seiner progressiven Formgebung nicht annährend.
Im ams-Crashtest nach der alten MB-Norm (Offset mit 55 Km/h gegen feste Betonbarriere) erreichte
der BMW zwar den Mercedes vergleichbare Belastungswerte der Insassen (das HIC-Kriterium war sogar signifikant besser), aber diese günstigen Werte wurden erkauft durch eine sehr weiche (labile) Auslegung der Karosserie.
Schrieb ams 1990: Die Fahrgastzellenstruktur des BMW war bei dieser Testanordnung an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen.
Ganz anders war das im Fall des W124 - dessen Fahrgastzelle ließ sich durch den Unfall kaum beeindrucken und wies noch entsprechend große Reserven auf.
Tatsächlich stellte sie einen Vorgriff in die Zukunft dar.
So war z.B. die markante, produktionsseitig kostspielige, abgekantete Form der Dachpfosten und -Struktur des Mercedes W124 ("Diamantenschliff"😉 kein ästhetisches Schmankerl des Herrn Sacco, sondern die Folge einer im Hinblick auf die Biegesteifigkeit optimierten Auslegung dieser Säulen, die in langen Versuchsreihen (schon im W 201) rechnerisch und versuchsseitig ermittelt wurde.
Dieser Aufwand wurde beim Nachfolger W 210 aus Kostengründen nicht wiederholt.
Im Hinblick auf den Volvo 740/940, der hier - unter Bezugnahme auf einen (allerdings sehr zweifelhaften, da mutmaßlich manipulierten) asymetrischen Frontalcrashtest eines englischen Automagazins mit einem Billig-Renault (Modus) und einem (gleichwohl seriösen) Unfallversuch gleicher Art mit einem im Vergleich zum Golf IV konstruktiv moderneren Toyota Yaris der schwedischen Versicherungsgesellschaft FOLKSAM - als Fahrzeug mit "bescheidener Sicherheit" dargestellt wird, muß das schon zu Golf II, Opel Omega oder Audi 100 Gesagte wiederholt werden:
Obwohl der Volvo eine weit stabilere und sicherere Konstruktion als andere Mittelklassewagen seiner Epoche war,
s. hier:
http://www.youtube.com/watch?v=NQPca-aTlL0
handelte es sich trotz des "Sicherheitsrufes" des Herstellers doch um ein im Gegensatz zum Mercedes konventionellen, da vor allem "knautschzonenzentrierten" Entwurf, der zudem entwicklungsseitig etwas älter ist als der 124er und in dem nur ein sehr geringer Anteil hochfester Stähle verbaut wurde.
Der Test mit dem entwurfsseitig 20 Jahre moderneren Toyota Yaris offenbarte zudem erneut die schon von ams 1990 kritisierte, unsaubere und labile Konstruktion der Lenkanlage des Volvos (Lenkgetriebe an der Vorderachse fixiert, lange Lenksäule nur Teilungselement und Abrißschlitten, aber ohne das weitaus effektivere Wellrohr des Mercedes, zudem weit in die Fahrgastzelle hineinragendes Lenkrad), die in diesem Unfallversuch einen Großteil des (erheblichen) Verletzungsrisikos des Volvo-Fahrers ausmachte.
Dies gesagt, war auch das Verletzungsrisiko des Yaris-Lenkers in diesem Falle erheblich.
Abschließend darf daher festgehalten werden, daß der MB W124 trotz seines Entwurfsalters vom Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre jedenfalls beim Frontalzusammenstoß ggü. dem ca. 15 Jahre neueren Golf IV gewiß kein weit unsichereres oder unzeitgemäßes Fahrzeug ist, im Gegenteil.
Anderes mag m.E. für den Seitenaufprall gelten.
206 Antworten
Obwohl der Strang mittlerweile schon fast endlos lang ist, möchte ich zu diesem Thema aus beruflicher (anwaltlicher) Praxis, zahllosen Gesprächen mit Sachverständigen in Gerichtsverfahren und persönlichem Interesse, das in einem in meiner Jugendzeit als Mitfahrer im Wagen meines Vaters erlittenen, schweren Verkehrsunfall wurzelt, noch einmal umfassend zu diesem Thema Stellung nehmen.
Neben beruflicher Erfahrung stützt sich meine Einschätzung auch auf ein großes, privates Archiv.
Ich mache gar kein Hehl daraus, daß ich - aufgrund langjähriger Beschäftigung mit der Materie - eine besondere Vorliebe für Mercedes-Benz (MB) habe.
Das hat aber nichts mit "Stammtischattitüde" oder "Autonationalismus" zu tun, sondern mit sehr konkreten Tatsachen, die sich natürlich auch aus dem Umstand ergeben, daß fast alle heute gängigen Sicherheitsdetails in der Fahrzeugentwicklung eben von MB stammen, wo diese Dinge mit einem z.T. sehr großen Kostenaufwand geschaffen wurden - eine Mühe, die sich andere Hersteller (mit wenigen Ausnahmen wie Volvo oder Saab), die diese Dinge später kopierten, sparten, was dann allerdings auch Defizite im Bereich der Sicherheits-Expertise bedingt.
A.
Die hier wiederholt vertrenen These, daß "ein über 10 Jahre jüngerer Entwurf schon automatisch eine höhere Unfallsicherheit bedeute", ist so gewiß nicht zutreffend.
Der Golf IV offenbart z.B. schon bei einer sehr oberflächlichen Betrachtung des Innenraumes einige schwere Konstruktionsmängel, die zwar keine Rückschlüsse auf das Deformationsverhalten oder die Stabilität der Fahrzeugentwurfs bei schweren Unfällen zulassen, aber dennoch für sich besehen in einem noch immer recht modernen Auto erstaunen sollten - in älteren Mercedessen sucht man derartige Mängel vergebens.
Die Mercedes-Ingenieure hatten sie beseitigt, weil sie gründlich arbeiteten.
Beispiele:
- Gurtbeschlag/Höhenverstellung B-Säule hart und gefährlich vorstehend (daran ändert auch die auf "wertig" gemachte Chromierung der Umlenkschiene nichts). Es ist irrig anzunehmen, daß dieser Mangel wegen vorhandener Seiten- oder ggf. Windowbags keine Rolle spiele, denn im Falle einer Mehrfachkollision ist "harter Kontakt" der Insassen mit der Gurtumlenkung sehr wohl möglich (bei Einbau nur des Seitenairbags sogar regelmäßig) , und tatsächlich sind mir zwei Fälle mit erheblichen Kopfverletzungen von Golf IV-Frontinsassen nach Kontakt mit der Gurtumlenkung aus Schadensfällen konkret bekannt
- Einbaulage des Zündschlosses bedeutet erhebliche Gefahr für das rechte Kniegelenk des Fahrers; ein leicht vermeidbarer Mangel, der aus Gründen der Produktionseffizienz der Lenkankage aber offenbar bewußt in Kauf genommen wurde
- Unterer Teil des Armarturenbretts in allen Golf aus splitterträchtigen Hartkunststoff, der ggf. sehr erhebliche Verletzungen bei schweren Kollisionen verursachen kanne, trotz der Frontairbags
- Ausführung der Armlehnen in den Türen aus billigen Hartkunststoff bedeutet ggf. erhebliche Verletzungsgefahr (z.B. durch Bruch) im Fall des Seitenaufprall für die inneren Organe (Milz), trotz sog. Sidebags
Dies sind nur einige kritische und gerne unbeachtete Details, die der Golf IV mit ungezählten Modellen anderer Hersteller teilt.
Der Grund ist nicht die Ignoranz der VW-Ingenieure, sondern schlicht der Kostendruck - offenbar sieht man diese Details wegen der massenweise Verwendung allermöglichen Airbags, die heute billig einzukaufen sind, nicht "so eng".
In älteren Mercedes-Baureihen wird man dggü. keinen dieser Mängel finden - die Ingenieure haben hier eben gründlich gearbeitet, und es galt, nach dem damaligen Stand des Machbaren, die Devise "maximum safety regardless the costs" (maximale Sicherheit ohne Rücksicht auf die Kosten).
In hohem Maße ist der Stand der Unfallsicherheit eines Entwurfes daher nicht nur vom Entwurfsalter, sondern auch vom Hersteller abhängig.
VW hat zwar als Volumenhersteller im Vergeleich zu anderen, europäischen Großmarken (auch wegen des schon früh begonnen Engagements im US-Markt, der seit dem Beginn der 70er Jahre einer verhältnismäßig strengen Sicherheitsgesetzgebung unterworfen war ) durchaus eine umfangreiche Unfallforschung betrieben.
Aber die Zwänge einer kostenoptimierten Massenproduktion bilden Grenzen, die auch VW nicht ignorieren kann.
Die Forschung von VW ist so bis heute auf (statische) Labortests, orientiert an gesetzlichen Vorgaben, beschränkt.
Ganz anders MB - als Oberklassehersteller mit einer ausgesprochen"elitären" Klientel hatte man hier nicht nur die Rolle der Sicherheit in der Fahrzeugkonstruktion schon sehr früh erkannt.
MB betrieb schon 1939 Unfallsicherheitsforschung in einer eigenen Abteilung, zu der zumal der geniale Konstrukteur Bela Barenyi mit einer Unzahl an Patenten beigetragen hatte.
Aber auch andere Ingenieure, wie der spätere Prof. Huber (Patent des ersten Sicherheitstürschlosses in Großserie), trugen ihren Teil bei.
Diese Forschung wurde ab dem Beginn der 50er Jahre massiv intensiviert, und schon in der Entwicklung der Baureihe W 110 war eine mit den Mitteln der Zeit durchgeführte, systematische
Unfallforschung und -Entwicklung ein fester Bestandteil des Lastenheftes.
Ähnliches fand sich in dieser Zeit nur noch bei Citroen, Volvo und Saab, aber bei eben nicht mit dem breiten, systematischen und wissenschaftlichen Ansatz von MB.
Überhaupt begannen viele Hersteller erst über 30 Jahre später - d.h. Anfang der 70er -, sich erstmals um Fragen der Insassen- und Unfallsicherheit zu kümmern - meist durch den durch die US-Sicherheitsgesetze herrührenden Zwang.
So wurde der übergroße Teil aller Sicherheitspatente, die heute in Kraftfahrzeugen eine Selbstverständlichkeit sind, von MB mit großem, finanziellen Aufwand patentiert und entwickelt.
Dazu gehören:
- Knautschzonen für die Karosserie zur Aufnahme von Aufprallenergie (W 120/121, 1955)
- Grundlegende Untersuchungen auch zum Seitenaufprallschutz schon 1939
- Sicherheitstürschloß (W 110, 1959)
- entschärfter Innenraum (W 110, 1959)
- Sicherheitslenkung (W 108, 1966) - seither dauernd weiter optimiert
- Gurtschloß am Sitz (W/C 107, 1971)
- Gurthöhenverstellung (1979 im W 126) und versenkte Gurtumlenkpunkte (1976 im W 123)
- Tankeinbau in Sicherheitslage über der Hinterachse (C/R 107, 1971)
- ABS (Kooperation mit Bosch und BMW 1979, erstmals im W 116)
- erster, serienweise verbauter und uneingeschränkt funktionstüchtiger Airbag (damals noch authentisch Luftsack genannt) alle Baureihen ab 1981
- erster serienweise verbauter Gurtstraffer (optional mit Airbag ab 1981, serienmäßig ab 1985 in allen Baureihen)
- erster serienweise verbauter Beifahrerairbag (1987 W 126)
- erste für den asymetrischen Frontalzusammenstoß (sog. Offset-Crash wie heute EURO-NCAP, der sich an das firmeninterne Verfahren von DB anlehnt) optimierter Vorbau durch die sog. Gabelträgerkonstruktion, 1979 im W 126
- damit in Zusammenhang stehend erstmalige, großmaßstäbliche Verwendung sog. hochfester Stähle (1979 im W 126)
- sog. organische Vorbaustruktur (Heranziehung der jeweils entgegenseitigen Vorbaustruktur bei einseitiger Belastung, was hier im Hinblick auf den Golf IV mehrfach erwähnt wurde - DB hatte es schon 20 Jahre vorher) 1979 im W 126
Diese strukturelle Homogenität wurde in den zeitlich nachfolgenden Baureihen W 201 (Mercedes 190) und W 124 weiter verbessert.
Mit dem im C 124 (W124 Coupe) erstmals optimierten Pfahlaufprall (Zusammenstoß mit einem Masten bei 55 Km/h und nur 33% Überdeckung - "Baumunfall" -, was eine maximale Strukturbelastung der Fahrzeugfront bedeutet) erfuhr diese Entwicklung schon 1987 einen vorläufigen Höhepunkt.
Dazu kommen ungezählte andere Entwicklungen im Detail wie z.B. eine sog. negative Pedalkinematik (konstruktive Auslegung der Pedalerie i.d.W., daß die Pedale beim Aufprall vom Fahrer wegschwenken, was den bis dahin oft schweren Fuß- und Unterschenkelverletzungen durch eindringende Pedale weitgehend vorbeugte), gestaffelt nachgebende Türarmlehnen durch integrierte Pralltöpfe, ausgeschäumte Armarturentafel mit Inlet aus hochfestem Aluminium zur weitgehenden Verhinderung des Eindringens von technischen Komponenten in den Innenraum, splittersichere Edelholzverkleidungen durch verklebte Aluminiumprofile (ein erheblicher Aufwand, da zwingend Handarbeit), Querrohrversteifung zur Verhinderung von Rückverlagerungen bzw. Eindringen der Heizungsbauteile in die Fahrgastzelle, Handschuhkasten mit Sollbruchstelle, besondere Styroporauskleidung des Fahrerfußraumes zur Abfederung der Beinbelastung des Fahrers beim Aufprall oder die "Entblockung" der Nebenaggregate am Motor zur Optimierung des sog. Instrusionsrisikos durch gestaffelte Anordnung.
Tatsächlich ließe sich diese schon lange Auflistung noch fast endlos fortsetzen, und es ist festzuhalten, daß viele dieser bei Mercedes in den meisten Fällen schon Jahrzehnte alten Entwicklungen bis heute bei keinem der Wettbewerber umgesetzt wurden - und gewiß auch nicht mehr werden, weil Kostenerwägungen dagegen sprechen (auch MB verzichtet heute auf eine Reige dieser in den älteren Baureihen nocht verwendeten Details).
Hierzu
http://www.youtube.com/watch?v=NtudopfmAaM&feature=related
Gerade die Pedanterie im Detail - zumal in der Sicherheitsforschung - unterschied DB stets von den Konkurrenz- und Massenherstellern und sicherte dem Hersteller im Zusammenspiel mit der langjährigen Forschungsarbeit schon früh einen uneinholbaren Vorsprung.
Wie ich aus meiner eigenen Familie weiß (Manager bei VW), stellt sich das Lastenheft in der Entwicklung der Fahrzeuge auch im Bereich der Sicherheit heute so dar:
Es wird eine Lösung X, deren Anforderung durchaus hoch sein mag, gefordert, die kostenoptimiert umzusetzen ist.
Damit ist die Sache erledigt - was unterbleibt, ist die Auswertung der erreichten Lösung im Detail, ggf. auf weitere Verbesserungsmöglichkeiten hin.
Das aber hat MB jahrzehntelang bis zum vertretbaren Maximum der Perfektion so praktiziert (heute wieder - in der Schrempp-Ära war es zeitweise nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt der Fall).
Der Einsatz des Computers mit den heutigen gigantischen Rechnerleistungen, der in der Diskussion hier sehr oft als Nachweis der Überlegenheit moderner Entwürfe angeführt wird, mag da fragwürdig sein: Gewiß ist eine alten Konstruktion ganz ohne Computer einer modernen mit immer unterlegen, aber bei Mercedes kamen schon in den frühen 70er Jahren Großrechenanlagen in der Entwicklung auf, in den 80ern wurde bereits mit sehr leistungsfähigen CAD-Rechnern gearbeitet.
Was aber auch noch ausgiebig unternommen wurde, war der Realversuch; und erst dieser erlaubt - komplementär zu den Computern - gezielte Optimierung, was bei MB immer zum Basis Know-How gehört(e).
Denn es sind viele Beispiele bekannt, in denen Fahrzeuge fast ausschließlich am Computer "durchdesignt" und die Realversuche auf das gesetzlich erforderliche Minimum beschränkt wurden.
Der Opel Omega A und der Vectra A waren solche Fälle, und Opel zog das seinerzeit in der Werbung als vermeintliches Zeichen des Fortschritts groß auf.
Es sollte allerdings bekannt sein, daß diese Fahrzeuge im Hinblick auf die Insassensicherheit trotz Computerberechnung wegen schwerer, struktureller Mängel sehr dürftig anschnitten - um es gelinde auszudrücken.
Denn es fehlte gerade an den Realversuchen.
B.
Entscheidend ist aber wohl. daß MB (neben MB nur noch Volvo) schon seit 1969 auch Realunfälle wissenschaftlich auswertet und diese Erkenntnisse bei der Entwicklung neuer Modellreihen konstruktiv so weit wie möglich umsetzt.
Hier ergibt sich ganz zweifellos ein realer Sicherheistvorteil gegenüber den ausschließlich im Labor oder Unfallversuch "statisch" - d.h. nach den gesetzlichen Vorgaben - getesteten Konkurrenzprodukte.
Das wird z.B. dadurch verdeutlicht, daß im Lastenheft aller MB-Baureihen seit 1979 auch die konstruktive Vorsorge im Hinbkick auf den asymetrischen Heckaufprall mit 55 Km/h festgeschrieben wurde - eine Maßgabe, die m.K.n. bis heute kein anderer Hersteller in dieser Form berücksichtigt (EURO-NCAP fordert diese nicht).
Es ist unter Berücksichtigung der Unzahl der Faktoren, die einen Unfall beeinflussen, festzuhalten, daß eine am realen Unfallgeschehen angelehnte Unfallforschung und Entwicklung bezogen auf die situative Vielfalt eines Realunfalles weit bessere Vorsorge verspricht als eine aus Kostengründen erfolgte Entwicklung nur unter Laborbedingungen gemäß bestimmter, gesetzlicher Vorgaben (bzw. "um diese herum", was zumal Renault und die Japaner gut beherrschen).
C.
Es stellt sich die Frage nach der Referenz des Bewertungsmaßstabes EURO-NCAP.
Wie zuvor schon gesagt, wurde wurde diese Testmethode an das interne MB-Testverfahren aus dem Jahr 1979 angelehnt, und es ist bis heute nicht unumstritten.
Während MB das Fahrzeug bei 55 Km/h mit 50% Überdeckung in eine starre 100 Tonnen Betonbarriere fuhr, sieht EURO-NCAP - angeblich wegen besserer Anpassung an den Realaufprall - eine seitlich versetzte Kollision mit 64 Km/h gegen eine deformierbare Barriere.
Diese soll eher dem "weichen Vorbau" eines entgegen kommenden Kfz entsprechen als ein starre Betonbarriere (inwiefern der plötzliche Übergang von weicher Metallstruktur zu hartem Beton in der Auslegung der Barriere einem "Realfahrzeug" entspricht, mag dahingestellt sein - der Nur-Betonblock tut dies gewiß auch nicht).
a) Es ist zutreffend, daß eine Reihe von DB-Baureihen (W 202, W 210), die im internen Mercedes-Versuch nach dem Deformationsverhalten der Fahrgastzelle sehr gut abschnitten, im Testverfahren nach EURO-NCAP erhebliche bleibende und dynamische Deformation der Fahrgastzelle zeigten (vgl. entsprechende Videos auf U2B).
http://www.youtube.com/watch?v=cdgObxExoxU
Gleichwohl bedeutete diese erhebliche Deformation keine lebensbedrohende Gefahr für die Insassen.
Festzuhalten ist aber, daß die strukturelle Belastungsfähigkeit der Fahrgastzelle ausgereizt war.
Entgegen der häufig geäußerten Vermutung, der W124 sei nie im EURO-NCAP Verfahren gestestet worden, hat MB in der Unfallsicherheit auch den im Moment der Einführung von EURO-NCAP entwurfsseitig schon rund 15 Jahre alten 124er firmenintern sehr wohl noch nach EURO-NCAP getestet.
http://mb124.de/gallery/d/16567-3/W124Crash_2_DC.jpg
Auch hier war die Deformation erheblich, wenn auch nicht ganz so schwerwiegend wie in der Nachfolgebaureihe W 210 (W 210) - das betraf zumal die dynamische Deformation während des Aufpralls.
Dies erklärt sich durch die Tatsache, daß die Baureihen W 210/202 weit mehr auf Kompabilität schwächerer Verkehrsteilnehmer und damit im Bereich des Vorbaus "weicher" ausgelegt waren als der noch sehr "steife" W 124 (vgl. auch ams-Test nach DB-Norm aus 1995 - hier wurden ebenfalls beim Nachfolger eine größere strukturelle Verformung der Karosserie festgestellt).
Das Verletzungsrisiko der Insassen des W124 wäre auch beim Offset-Crash nach EURO-NCAP gleichwohl nicht lebensbedrohend gewesen (wenn auch die gemessenen Belastungswerte z.T. über denen des schweren deformierten W 210 Nachfolgers lagen, was sich aber allein durch die modernere Sensorik der Rüclhaltesysteme des Nachfolgers erklärt).
Vergleicht man das Deformationsbild im Test nach EURO-NCAP des W 124 mit dem des Golf IV, so stellen sind die Deformationen des Golf als weniger schwerwiegend dar.
Ähnliches gilt für den Vergleich Golf IV ggü. W 202/W 210.
b) Gleichwohl läßt sich hieraus nicht pauschal folgern, der Golf IV sei etwa sicherer als z.B. die Baureihen W 202 oder W 210.
Der Grund ist die völlig unterschiedliche Auslegung der Testverfahren nach firmeninterner DB-Norm einer- und EURO-NCAP andererseits.
So schnitt z.B. der Opel Astra II im Unfallversuch nach EURO-NCAP sehr gut ab, dggü. in der Testanordnung nach der alten MB-Norm ("Betonblockcrash"😉 recht dürftig.
Es verbietet sich daher, aus einem guten Abschneiden im Test nach EURO-NCAP "automatisch" auf eine in allen Unfallwagen "gute Sicherheit" zu schließen oder etwa pauschal eine höhere Belastung des Fahrzeuges nach EURO-NCAP ggü. der alten MB-Norm zu folgern.
Es muß allerdings gesagt werden, daß anders als der Opel Astra II der Golf IV auch die Testanordnung nach der alten MB-Norm problemlos meisterte.
Dennoch kann durch eine Auswertung des realen Unfallgeschehens unzweifelhaft nachgewiesen werden, daß z.B. bei schweren Kollisionen zwischen Golf IV und W 210 das Überlebensrisiko im schwereren und größeren Mercedes ungleich viel größer ist - und das, obwohl das Deformationsbild des Golf IV im Test nach EURO-NCAP weit "sauberer" erscheint als jenes des Mercedes.
Als Beispiel sei dieser Link genannt (der Unfallgegner war hier allerdings ein ggü. dem Golf IV nach dem Leergewicht rund 400kg schwerer E 430) :
http://www.youtube.com/watch?v=I6CUs3DOOOc
.Insofern ist dasn Laborergebnis nach EURO-NCAP, wo das Auto (gewichtsseitig) "mit sich selbst kollidiert", trügerisch.
Ausgehend vom Vergleich des Deformationsverhaltens zwischen W124 und W210, der dem W124 im Unfallversuch und nach den Angaben von MB sogar ein größere Vorbausteifigkeit als seinem Nachfolger bescheinigt, kann man - auch vor dem Hintergrund der weniger modernen Rückhaltesysteme des älteren 124er - folgern, daß der Golf IV, was dessen dessen eigenes Deformationsverhalten betrifft, bei ähnlichen Fahrzeuggewichten nicht besser abschneiden würde als das im Film gezeigte Fahrzeug - im Gegenteil.
Selbst wenn das Verletzungsirisko der Mercedes-Insassen im 124er wegen der erwähnten, älteren Airbag- und Gurtsysteme mutmaßlich (etwas) höher wäre als im W 210.
Das dürfte im Hinbklick auf die Unfallsicherheit auch ein Vergleich zwischen dem Golf III und dem W124 verdeutlichen: Denn in diesem Fall wird wohl niemand anzweifeln, daß die Insassen des Golf III in einer schweren Kollision noch innerhalb des Schutzbereiches der konstruktiven Auslegung der Sicherheitsfahrgastzelle und der Rückhaltesysteme (bei Frontalzusammenstößen mit Geschwindigkeiten von 160 oder mehr Km/h erübrigt sich im Falle eines Frontalzusammenstoßes jede Diskussion im Hinblick auf Überlebenschancen, selbst wenn der Fahrer in neuesten Oberklassefahrzeug säße und der Unfallgegner ein mit Normalgeschwindigkeit fahrender Golf I wäre) mit einem W124 mindestens einem lebensbedrohlichem Verletzungsrisiko gegenübergestellt sähen, wogegen die Aussichten der Mercedes-Insassen, den Unfall jedenfalls ohne lebensgefährliche Velretzungen zu überstehen, hoch wären.
Der Golf IV ist aber nur die - wenn auch völlig neu konstruierte - Weiterentwicklung des Golf III, weshalb hier gewiß kein "(Sicherheits-)Abstand von Lichtjahren" zu Gunsten des Golf IV ggü. dem W124 bestehen kann, vgl. auch das Video zum Frontalzusammenstoß Golf IV - W 210 oben.
Zweifellos war der W124 in der Summe aller Eigenschaften der Unfallvorsorge noch in der Mitte der 90er Jahre trotz seines bereits betagten Entwurfsalters das unfallsicherste Fahrzeug der oberen Mittelklasse am Markt weltweit, und 5 Jahre später noch immer im vordersten Feld der unfallsichersten Fahrzeuge mit dabei.
Erst die Generation des sicherheitsseitig nochmals deutlich optimierten Nach-Nachfolgers W 240 (und der entsprechenden Modellreihen der Wettbewerber) änderte dies dann.
Etwas anderes mag indeß für den Seitenaufprall gelten: Der erhebliche Fortschritt bei den Rückhaltesystemen zum Schutz gegen den Seitenaufprall gestattet bei neueren Entwürfen eine weitgehende Verfestigung der Karosseriestruktur in diesem Bereich, so daß in dieser Disziplin der Golf IV - dank "Sidebags"- signifikant bessser abschneiden sollte als der noch - in dieser Hinsicht - weitgehend an herkömmliche Konstruktionsprinzipien angelehnte 124er, der schon deswegen nicht so "hart" ausgelegt werden konnte wie z.B. der Golf IV, weil kein Luftsack den seitlich wegbeschleunigenden Insassen abzufangen vermochte.
Gleiches gilt natürlich für den W 210 im Verhältnis zum W124.
Dessen ungeachtet waren die Versuchsserien zum Seitenaufprall in der Entwicklung des W124 sehr umfassend und stellten in ihrer Zeit - und noch bis weit in die 90er Jahre hinein, den Durchbruch brachte erst der Seitenairbag, dessen Technik man in den 80ern noch nicht beherrschte - gewiß auch in dieser Hinsicht die sichersten Autos da, die "Geld kaufen konnte".
Tatsächlich wurde in den Baureihen W201/124 sogar der asymetrische (!) Frontalanprall gegen eine Lkw (eingedenk der sog. Unterfahrung) umfassend bis 55 km/h gestestet - was durch die im gleichen Hause gefertigten Laster gewiß begünstigt wurde.
Hierzu (s. 2:32):
http://www.youtube.com/watch?...
Welcher Hersteller - vielleicht mit Ausnahme von Volvo - hat sich um derartige Versuchsreihen gekümmert ?
Oder kümmert sich heute darum ?
c) Diese Bewertung wird auch durch die Crashtestergebnisse nach der US-amerikanischen IIHS Norm bestätigt: Es gibt nicht wenige Fahrzeuge, die - bei EURO-NCAP mit erstklassigen Ergebnissen glänzend - nach den anders gelagerten Anforderungen des "Insurance Instituts for Hiighway Safety" sehr schlecht abschneiden, z.T. so schlecht, daß die entsprechenden Hersteller die Modelle gar nicht erst in die USA exportieren (beispielweise der EURO-NCAP "Meister" Renault).
Es liegt nahe, daß diese Typen um den EURO-NCAP-Test herum kostenoptimiert "auf Kante dressiert" worden sind und in anders gelagerten Unfallkonstellationen sehr dürftige Ergebnisse erzielen.
Bestimmte Anforderungen des NCAP-Versuchsverfahrens sind darüberhinaus sehr fragwürdig, so z.B. der viel zitierte 5 Stern für einen billigen Gurtwarner.
Mercedes (getestet seit W 202/210) schnitt in beiden Prüfverfahren, die erst ab dem Jahr 2000 wirksam wurden, trotz des Entwurfsalters der Baureihen von Ende der 80er Jahre und der z.T. konträren Anforderungen mindestens zufriedenstellend ab.
Ein mit mir bekannter VW-Ingenieur (allerdings aus dem Fahrwerkssektor) berichtete mir einmal in einem Gespräch, daß man den strukturellen Anforderungen nach EURO-NCAP konstruktiv mit einem recht geringen Aufwand genügen könne, indem etwa auf Höhe des A-Säulenansatzes ein hochfester Schweißknoten vorgesehen werde.
Zudem ermöglicht die heute weit fortgeschrittene Sensorik der Rückhaltesysteme ein in entwicklungsseitiger Hinsicht relativ einfaches Erreichen günstiger Belastungswerte in der Anordnung nach EURO-NCAP.
Damit ist allerdings über die Sicherheit des Fahrzeuges in anderen Unfallanordnungen nichts gesagt.
Es soll dennoch nicht in Zweifel gezogen werden, daß EURO-NCAP im Hinblick auf die Unfallsicherheit zumal der Volumenmodelle (und hier der Kleinwagen) einen sehr großen Fortschritt bewirkte.
Gewiß fällt daher der Vergleich von Volumenmodellen der klassischen Massenhersteller im Bereich der Unfallsicherheit zweifellos sehr einseitig zugunsten der neuen Modelle aus.
So dürfte z.B. bei einem Frontalzusammenstoß zwischen Golf V und Golf II mit einseitiger Überdeckung bei ca. 60 Km/h das Überlebensrisiko der Frontpassagiere im Golf II gering sein, während die Frontinsassen des Golf V im schlimmsten Fall schwerere (d.h. keine lebensbedrohenden, als "schwer Verletzung" gilt nach der gesetzlichen Katalogisierung auch ein simpler Rippenbruch) Verletzungen durch die Rückhaltesysteme erleiden würden.
Hierzu
http://www.youtube.com/watch?v=zMxjoStv1NQ&feature=related
d) Es verbietet sich aber - trotz ähnlicher Entwurfsjahre - der Vergleich zwischen einem Golf II und W 124 nach den eingangs getätigten Feststellungen völlig.
Die konstruktive Auslegung der Karosseriestruktur des W 124 ist auch nach heutigen Maßstäben noch zeitgemäß, ebenso deren Umsetzung durch die Verwendung hochfester Stähle.
Dgü. wirkt der Golf II wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten - seine Sicherheit beruht auf im Verhältnis zur Fahrzeugklasse recht großen Kanutschzonen, der optimierten (entschärften) Anordnung der Lenkung und einer insgesamt weichen Fahrzeugstruktur.
Die Ausführung der Karosserie des Golf II aus gewöhnlichem Stahlblech ist konventionell dem Stand der Technik der Epoche entsprechend.
Im Großen und Ganzen gelten die Konstruktionsgrundsätze des Golf II auch für fast alle anderen Modellreihen dieser Jahre - eingedenk der oberen Mittelklasse (Opel Omega, Ford Scorpio, Audi 100 trotz der noch heute progressiven Feuerverzinkung etc. - Unfallversuche untermauern dies) - aber eben nicht für den W124.
Und in der Tat wird man sagen können, daß diese Fahrzeuge eine ggü. dem Golf IV trotz ihrer Größe (weniger aufgrund ihres Gewichtes, der 15 Jahre jüngere Golf IV ist aufgrund des allgemeinen Gewíchtswachstums schon annähernd genau so schwer wie z.B. ein Ford Scorpio der 80er) eine nach heutigen Maßstäben ungenügende Unfallsicherheit aufweisen.
e) Es ist andererseits zutreffend, daß der W 124 schon in seiner Fahrzeugklasse im Moment seiner Präsentation im Herbst 1984 im Bereich des Karosseriebaus nach der Auslegung der Karosseriestruktur ggü. der Konkurrenz einen Vorsprung von ca. 10 Jahren hatte.
Auch der 1988 - immerhin 4 Jahre später - vorgestellte BMW E 34 erreichte die Modernität des Mercedes-Entwurfs im Hinblick auf Strukturfestigkeit und und Insassensicherheit trotz seiner progressiven Formgebung nicht annährend.
Im ams-Crashtest nach der alten MB-Norm (Offset mit 55 Km/h gegen feste Betonbarriere) erreichte
der BMW zwar den Mercedes vergleichbare Belastungswerte der Insassen (das HIC-Kriterium war sogar signifikant besser), aber diese günstigen Werte wurden erkauft durch eine sehr weiche (labile) Auslegung der Karosserie.
Schrieb ams 1990: Die Fahrgastzellenstruktur des BMW war bei dieser Testanordnung an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen.
Ganz anders war das im Fall des W124 - dessen Fahrgastzelle ließ sich durch den Unfall kaum beeindrucken und wies noch entsprechend große Reserven auf.
Tatsächlich stellte sie einen Vorgriff in die Zukunft dar.
So war z.B. die markante, produktionsseitig kostspielige, abgekantete Form der Dachpfosten und -Struktur des Mercedes W124 ("Diamantenschliff"😉 kein ästhetisches Schmankerl des Herrn Sacco, sondern die Folge einer im Hinblick auf die Biegesteifigkeit optimierten Auslegung dieser Säulen, die in langen Versuchsreihen (schon im W 201) rechnerisch und versuchsseitig ermittelt wurde.
Dieser Aufwand wurde beim Nachfolger W 210 aus Kostengründen nicht wiederholt.
Im Hinblick auf den Volvo 740/940, der hier - unter Bezugnahme auf einen (allerdings sehr zweifelhaften, da mutmaßlich manipulierten) asymetrischen Frontalcrashtest eines englischen Automagazins mit einem Billig-Renault (Modus) und einem (gleichwohl seriösen) Unfallversuch gleicher Art mit einem im Vergleich zum Golf IV konstruktiv moderneren Toyota Yaris der schwedischen Versicherungsgesellschaft FOLKSAM - als Fahrzeug mit "bescheidener Sicherheit" dargestellt wird, muß das schon zu Golf II, Opel Omega oder Audi 100 Gesagte wiederholt werden:
Obwohl der Volvo eine weit stabilere und sicherere Konstruktion als andere Mittelklassewagen seiner Epoche war,
s. hier:
http://www.youtube.com/watch?v=NQPca-aTlL0
handelte es sich trotz des "Sicherheitsrufes" des Herstellers doch um ein im Gegensatz zum Mercedes konventionellen, da vor allem "knautschzonenzentrierten" Entwurf, der zudem entwicklungsseitig etwas älter ist als der 124er und in dem nur ein sehr geringer Anteil hochfester Stähle verbaut wurde.
Der Test mit dem entwurfsseitig 20 Jahre moderneren Toyota Yaris offenbarte zudem erneut die schon von ams 1990 kritisierte, unsaubere und labile Konstruktion der Lenkanlage des Volvos (Lenkgetriebe an der Vorderachse fixiert, lange Lenksäule nur Teilungselement und Abrißschlitten, aber ohne das weitaus effektivere Wellrohr des Mercedes, zudem weit in die Fahrgastzelle hineinragendes Lenkrad), die in diesem Unfallversuch einen Großteil des (erheblichen) Verletzungsrisikos des Volvo-Fahrers ausmachte.
Dies gesagt, war auch das Verletzungsrisiko des Yaris-Lenkers in diesem Falle erheblich.
Abschließend darf daher festgehalten werden, daß der MB W124 trotz seines Entwurfsalters vom Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre jedenfalls beim Frontalzusammenstoß ggü. dem ca. 15 Jahre neueren Golf IV gewiß kein weit unsichereres oder unzeitgemäßes Fahrzeug ist, im Gegenteil.
Anderes mag m.E. für den Seitenaufprall gelten.
Wow, vielen Dank für diesen hochintrressanten und ausführlichen Beitrag!
B.
Vielen Dank für diesen extrem fundierten und ausführlichen Bericht. Der dürfte die Spekulationen um das Thema beendet haben.
Das waren 15 Minuten feinste Literatur 😉
Hast Du Erfahrungen gemacht, wie es um die Fahrgastsicherheit des w126 im Vgl. Zum w124 steht?
Vielen dank für diesen Expertenbeitrag! War überaus interessant
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@Kittel, super Beitrag !
Hier von meiner Seite noch eine mathematisch, physikalische 'Untermauerung' seiner Thesen.
Bekanntlich wird die kinetische Energie eines Massepunktes mit T = m/2 * v**2
berechnet.(ich beschränke mich hier auf den simplen Massepunkt und ignoriere starre Körper oder Rotations- und Scherkräfte).
Dies bedeutet das, ein Auto mit 1000 kg Gewicht , bei ca.50 km/h ca 2500 K-Joule Energie hat, bei ca 70 km/h bereits 5000K-Joule. Sich also bei nur 20 km/h pro Stunde mehr die Energie verdoppelt oder bei 50 km/h mehr , die Energie vervierfacht.
Diese Energie wirkt bei einem Aufprall auf die Frontfläche (oder Teile davon) und dann auf den gesamten Aufbau(actio = reactio) .
Bei einer Frontfläche von 1 qm (0,5 * 2) wäre das vereinfacht bei 50 km/h 2500 K-Joule pro qm, bei einer hälftigen Ueberdeckung schon das Doppelte.
Habe ich nun als KFZ Designer die Aufgabe einen Vorbau zu konstruieren, nach NCAP Norm bei 55 km/h mit 33% Ueberdeckung, dann hilft mir die Mathematik (Finite Elemente) und Physik um genau dieses Problem kostenoptimiert zu lösen.
Es sagt aber nichts aus, wie das 'Konstrukt' bei einer anderen Norm oder bei 70km/h oder 100km/h aussieht. So kann ein Auto, dasz die NCAP Norm erfüllt, bei einem 70 km/h Unfall ein Desaster sein.
Hier sollte man weg von Werbesprüchen und genau analysieren, was diese Norm oder die Sternchen erfüllen.
Die oben von Kittel erwähnten Realversuche , die nur von MB und Volvo durchgeführt werden , sind entscheidend.
Das Wissen daraus , ist in 'unserem' MB 124 , wie oben eindrucksvoll dargelegt wurde, implementiert worden.
LG PT40041
Bezüglich meines Beitrages sei ergänzt, daß - um eine Vergleichbarkeit zwischen Golf IV und W124 sinnvoll zu ermöglichen - der Mercedes Airbags als Rückhaltesysteme aufweisen sollte.
Das hatte ich nicht expressis verbis erwähnt, weil es als gegeben unterstellt werden darf.
Ältere Modellen des W124 - zumal jene in der BRD verkauften - wiesen diese lange Zeit nur als teure Option (1981 zu rund 2500 DM) gelieferte Sicherheitsausstattung häufig noch nicht auf.
Dies ist keine Kritik an MB - andere Hersteller boten die Luftsäcke in den 80ern nicht gegen Geld und gute Worte an.
So kamen z.B. Volvo und BMW erst 5 Jahre nach MB mit einem Fahrerairbag auf den Markt, und VW führte dieses Extra jedenfalls aus dem deutschen Markt erst mit der Präsentation des Golf III 1991 - 10 Jahre nach DB - überhaupt als (Sonder)-Ausstattung ein.
Auch dies verdeutlicht die bei den verschiedenen Herstellern ganz unterschiedliche Bedeutung der Entwicklung der Unfall- und Insassensicherheit.
An der prinzipiellen Güte des Fahrzeugentwurfs des W124 im Hinblick auf die Unfallsicherheit ändert das Nichtvorhandensein von Airbags zwar nichts, jedoch spielen diese im Hinblick auf die Belastungswerte, denen die Insassen durch das Unfallereignis konkret ausgesetzt sind, eine erhebliche Rolle, weil sie Kopf- und Brustbelastungen signifikant mildern.
Andererseits darf der W124 sogar dann, wenn keine Luftsäcke vorhanden sind, für den Fall eines Zusammenstoßes zweier Fahrzeuge baugleichen Typs (d.h. W 124, also eines sehr "harten" und damit auf den Unfallgegner hohe Belastungen ausübenden Entwurfs) nach den Kriterien des firmeninternen MB-Unfallversuches - 55 Km/h mit 50%iger Überdeckung - als ein sehr unfallsicheres Auto gelten.
Dieser Versuch, der nun tatsächlich einen "Realunfall" darstellt, wurde Anfang der 90er Jahre von der Zeitschrift ams in Kooperation mit MB und dem "ADAC" durchgeführt und bescheinigte auch dem nicht-airbaggeschützten Fahrer keinerlei lebensbedrohliche Verletzungsrisiken.
Auf U2B sollte der Videomitschnitt noch vorhanden sein.
Er verdeutlicht, wie weit die Unfallsicherheit bei MB schon vor fast 20 Jahren fortentwickelt war.
Der 1997 unter dem Pont d`Almar in Paris unter bis heute ungeklärten Umständen in eine Betonmauer geraste W 140 mit Diana Spencer an Bord soll nach Recherchen der DB-Unfallforschung, die vor Ort war und das Wrack untersuchte, "rund 120-130 Km/h" schnell gewesen sein.
Der einzige Insasse, der durch Gurt und Airbag ordnungsgemäß gesichert war - ausgerechnet der vorne sitzende und durch das Lenkrad besonders gefährdete Fahrer - überlebte diesen Unfall fast unglaublicherweise, wenn auch lebensgefährlich verletzt.
Selbst wenn der Fahrer zugleich der Leibwächter war und deswegen mutmaßlich physisch außergewöhnlich "fit" gewesen ist, so ist doch dieser Extremstunfall ein eindrucksvoller Nachweis der Güte des Entwurfs des W 140 - nach heutigen Maßstäben entwicklungsseitig gleichwohl ein "altes" Auto.
Insbesondere konnte bei diesem Unfall, der einem extremen Laborversuch der Unfallforschung sehr ähnlich war, nicht von "glücklichen Umständen" gesprochen werden, und bezeichnenderweise fahren der russische Präsident und Premierminister bis heute gepanzerte Sonderausführungen des W 140.
Auch wenn natürlich der Vergleich zwischen dem W124 und dem W140 im Hinblick auf die Unfallsicherheit hinken mag - möchten Sie mit einem Golf IV mit 120-130 Km/h (selbst wenn im Moment des Aufpralls die Geschwindigkeit durch letzte Reaktionen des Fahrers vielleicht noch etwas abgemildert war) in eine Betonmauer rasen ?
Ich nicht.
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß sich W124 und W140 nach den Grundprinzipien ihrer Konstruktion im Bereich der Karosserie, der Fahrgastzelle und des Vorbaus durchaus an sehr vergleichbaren Vorgaben orientierten.
Vor einigen Jahren hatte man in NRW (ich meine, unter Beteiligung des Staatsfernsehsenders "WDR"😉 einen in Kreisen der Autoentwickler viel beachteten Versuch durchgeführt, bei dem ein Golf V testweise mit 100 Km/h nach EURO-NCAP gegen die Barriere verunfallt wurde.
Obschon sich die Karosseriestruktur des Golf V (der ggü. dem Golf IV allerdings noch einmal einen beachtlichen Fortschritt darstellt) entgegen den Erwartungen der Experten als bemerkenswert stabil erwies - der Überlebensraum der Frontinsassen war noch vorhanden und die A-Säule nicht kollabiert -, was den VW-Ingenieuren ein sehr gutes Zeugnis ausstellt, meldeten die Sensoren der Dummys wegen der bei dieser Geschwindigkeit versagenden Rückhaltesysteme, in die Fahrgastzelle eindringender Technikteile und überlasteter Sitzverankerungen ein tödliches Verletzungsrisiko der Insassen.
Während des "Lady Di"-Unfalls 1997 im "alten" W 140 hat der Fahrer eine mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch schwerere Unfallkonstellation dggü. überlebt, wobei wegen des "Unfallgegners" (in beiden Fällen Arten von Betonbarrieren) nicht auf das bei einem Zusammenstoß zweier Pkw vorteilhafte, sehr hohe Fahrzeuggewicht des Mercedes verwiesen werden kann.
Einen anderen Fall möchte ich aus eigener Berufs-Praxis noch beisteuern, da aktuell mit diesem befaßt: Es handelt sich um die Frontal-Kollision zwischen einem VW-Passat 35i (Typ 1988-1997, hier ein sog. Faceliftmodell - Limousine - aus Bj. 1996 mit serienmäßigen Fahrer- und Beifahrerairbag) und einem frühen Golf V aus Baujahr 2005.
Der Entwicklungsvorsprung des Golf V ggü. dem Passat beträgt fast 20 Jahre.
Die Kollision erfolgte im Gegenverkehr untypisch mit 100%iger Überdeckung bei ca. 60-65 Km/h, der Golf V hatte einen leichten Gewichtsvorteil (lt. Kfz-Papieren ca. 130 kg = 10% ausgehend von seinem eigenen Leergewicht).
Beide Insassen wurden von der Polizei als "schwer verletzt" eingestuft, und beide mußten auch von der Feuerwehr aus ihren Fahrzeugen befreit werden.
Im Falle des Golfs V lag das mutmaßlich aber am Alter des Lenkers (68 Jahre), denn die Fahrgastzelle des Golf ist ausweislich Inaugenscheinnahme des Fahrzeuges/der Unfallphotos nahezu unbeschädigt und die (Fahrer-)Tür öffnete problemlos.
Festzustellen ist neben dem durch die öffnenden Airbags entstandenen Schäden visuell nur eine sehr leichte Stauchung der A-Säule, eine gerissene Frontscheibe, eine beim Öffnen etwas klemmende da verzogenene Fahrertür und aus ihren Befestigungen gerissene Unterverkleidungen des Armarturenbretts sowie eine leicht verzogene Mittelkonsole mit sich lösenden Bedienfeldern für Heiuzng etc..
Zudem fiel mir auf, daß der Schalthebel blockiert ist.
Dggü. die Fahrgastzelle des Passat erheblich deformiert wurde und der nur ca. halb so alte Fahrer (35 Jahre) von der Fw. aus dem Wrack geschnitten werden mußte (Dach und A-Säulen wurden von der Fw mit Rettungsschere abgetrennt).
Die Fahrertür, deren Anordnung beim Frontalzusammenstoß aber m.A.n. als Nicht-Ingenieur auch nicht optimal ausgeführt (überhängende Blechsicke gegen die B-Säule am hinteren Abschluß wohl zur Verbesserung der Steifigkeit beim Seitenaufprall), ist verkeilt und nicht mehr zu öffnen, die Lenksäule (letztere an und für sich sehr günstig unmittelbar hinter der Spritzwand fixiert) und der Armarturenträger haben sich als Folge des Unfalls erheblich zurückverlagert und der Sitz hat sich aus seiner Verankerung um ca. 20 Grad nach vorne unten geneigt.
Die strukturelle Überlegenheit der weit moderneren Golf V-Konstruktion ist daher zweifelsfrei erwiesen.
Dennoch genügte der Sicherheiststandard des alten Passat, den Fahrer - jedenfalls in dieser Unfallkonstellation mit voller Überdeckung der Fahrzeuge - vor lebensbedrohlichen Verletzungen zu schützen.
Das mag u.a. auch an dessen (d.h. des Fahrers) noch günstigem Alter gelegen haben.
Dggü. bewahrte der hohe Sicherheitsstandard des VW Golf V dessen Fahrer nicht vor schwereren Velretzungen [hier verursacht durch die negative Beschleunigung nach dem Aufprall und die Rückhaltesysteme], da dieser bereits sehr betagt und eben physisch nicht mehr in "optimaler" Konstitution befindlich gewesen ist.
Man kann diesen typischen Unfall durchaus auch auf einen 124er übertragen: Dessen Sicherheitsstandard war zweifellos signifikant höher als jener des VW Passat 35i.
Der Passat wurde in den an das reale Unfallgeschehen in S und den USA angelehnten Erhebungen von FOLKSAM und dem IIHS nur als "durchschnittlich sicheres Fahrzeug" ("Average"😉 bewertet, der Mercedes W124 dggü. als ein "weit überdurchschnitllich sicheres Modell" ("Average +2"😉, wobei das Kombi S124 noch einmal besser als die Limousine abschnitt, was mutamßlich dessen höherem Gewicht geschuldet ist.
Aus dem vorliegenden, statistischem Material und dem konkreten Unfall hätte sich für den Fahrer eines W124 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein (signifikant) geringeres Verletzunsrisiko erheben als für den Lenker des VW Passat, m.a.W. hätte der Mercedes auch gegen den Golf V seinen Insassen noch einen ausreichenden - ggf. guten - Schutz geboten.
Auch das Deformationsbild des Mercedes wäre im Vergleich zum Passat ungleich vorteilhafter gewesen, weil dieser (a) schwerer als der Passat ist (auch schwerer als der Golf V, dieser wog 1390 Kg lt. Kfz-Schein) und (b) eine deutlich stabilere Karosseriestruktur besitzt.
Selbst wenn davon auszugehen ist, daß das Deformationsbild des Mercedes im Vergleich zum entwurfsseitig gweit neueren Golf V dennoch schwerwiegender wäre.
Es kann aber eben keine Rede davon sein, daß der Golf V hier den älteren Entwurf des W124 (oder auch nur des Passat) etwa "platt machte" oder dessen Insassen "keine Chance hätten", nur weil er eben entwurfsseitig fast 20 Jahre jünger ist (so etwas klang in der Diskussion mehrfach an).
Im Gegenteil dürfte der alte Mercedes seinen Insassen in bestimmten Unfallkonstellationen (Heckaufprall) sogar immer noch einen besseren Schutz bieten als der Golf V, von dem mir nicht bekannt wäre, daß er "von hinten" auch durch asymetrischen Anprall getestet wurde, und auch das reichlich mit splitterträchtigen Hartkunsttsoff versehene Interieur des Golf sowie dessen unvorteilhafte Anordnung des Zündschlosses (ein altbekanntes Thema, das schon vor 40 Jahren die Untersuchungen der Sicherheitsingenieure ausgiebig beschäftigte, weil hervorstehende Zündschlüssel immer wieder zu erheblichen Verletzungen der Testpuppen im Bereich der unteren Extremitäten führte) stellen gewiß ggü. dem Mercedes, der diese Mängel alle nicht aufweist, keine Bereichrung des Insassenschutzes und z.T. sogar einen Rückschritt ggü. dem da, was in höherwertigen Fahrzeugen z.T. schon vor Jahrzehnten umgesetzt wurde.
Tatsächlich darf denn wohl auch der EURO-NCAP Test (jener natürlich mit 33% Überdeckung und nicht mit 50%, wie von mir irrtümlich geschrieben) als der Versuch gesehen werden das, was bei MB seit 20 Jahren Standard war, auf die Masse der Fahrzeugtypen zu übertragen.
Leider bin ich kein Ingenieur oder Mathematiker, sondern muß mich auf mir verfügbare dokumentierte Empirie und eigene Erfahrungen - d.h. auf der Basis von Tatsachen (Unfallabläufe) - verlassen.
Insofern bedanke ich mich für den Kommentar meines Vorschreibers, der etwas "Zahlenlehre" in die Diskussion bringt.
Sicherlich ist zutreffend, daß die einen Unfall prägenden Faktoren und Abläufe so vielfältig sind, daß schon scheinbar geringe Abweichungen zwischen zwei grundsätzlich vergleichbar erscheinenden Unfallkonstellationen z.T. erhebliche Auswirkungen auf das Wohlergehen der Insassen haben können.
Ein Faktor ist (Verweis auf den oben geschilderten Unfall) sicherlich die physische Konstitution der Insassen - ein 75-jähriger Greis wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einer schwereren Kollision (MAIS 2 oder MAIS + 2) selbst in einem nach dem Stand der Technik optimal auch nach dem Verlauf von Realunfällen durchkonstruierten Fahrzeug mutmaßlich mindestens schwere Verletzungen erleiden.
Dggü. ein gut trainierter, junger Mensch denselben Unfall im selben Fahrzeug mglw. mit nur geringen Blessuren überstünde.
Die individuelle, physische Konstitutuion der Insassen wird von EURO-NCAP nicht genügend berücksichtigt, da hier mit Durschnittsannahmen gearbeitet wird.
Dieser Aspekt spricht im realen Unfallgeschehen übrigens statistisch sogar noch gegen Mercedes, da das Durchschnittsalter der Fahrer bei diesem Hersteller eher hoch ist.
Dessen ungeachtet erreichte der W124 auch in den Erhebungen zum Unfallgeschehen in S (FOLKSAM) und den USA (IIHS) dennoch stets weit vordere Plätze, vgl. oben.
Moin Kissel!
VOn mir erstmal ein großes Danke und einen großen Respekt an deine Arbeit.
Wirklich sehr ausführliche (!!!) und auf gut verständliche Beiträge.
Gibt einem jetzt natürlich ein sicheres Gefühl!
Dinge wie zb.: "Lösende Hartplastikteile" beim Golf die sich dann sonst wo rein bohren (können), da wird einem ja schlecht 😠.
Auf jeden Fall ist dein Beitrag einer der Besten Beweise, wie fortschirttlich Mercedes Benz ist!
Wollte dich zwar erst per PN fragen, dachte mir dann aber, es könnte ja noch für andere Interessant sein.
Du meintest, in der "schremppäre" von DB wurde auf einiges verzichtet. 210, 211, 220, 203, ... -> nicht so sicher wie die Vorgänger?
Oder wie darf man das verstehen?
Was kannst du zur Sicherheit der 210, 211, 220, 203er Baureihen sagen?
mfg und nochmal ein großes Lob und Danke!!! 🙂
mier mal ein dekadentes beispiel... bzw ältere fotos... aus meiner sammlung...bei manchen unfällen vaporisieren sich auch blechteile aus stuttgart...aber seht selbst...
Zitat:
Original geschrieben von Tuerboy
das bringt doch alles nichts. um vergleichen zu können müsste ein W124 im NCAP gecrashed werden. alles andere sind spekulationen.ich sehe aktuelle fahrzeuge auch im vorteil gegenüber dem W124. unsicher fühle ich mich dennoch nicht im 124er. schließlich ist ein nicht zu vernachlässigender sicherheitsfaktor die persönliche fahrweise. denn wir haben ja bereits gelernt, dass sich viele fahrer neuer autos auf die sicherheitssyteme ihrer wagen verlassen - und das kann eine trügerische sicherheit sein.
überzeugt hat mich übrigens auch der crashtest des W210. ich denke mal das wird ein quantensprung ggü. dem W124 gewesen sein.
Naja, ein 124er brauch sich bestimmt nicht hinter einem Golf IV, dems Facelift vom Golf I, zu verstecken
Das is eben auch immer einzelfallabhängig......Und entscheidet sich erstmal komplett über die Masse.
Zitat:
@Kissel schrieb am 12. Oktober 2011 um 02:26:56 Uhr:
3851 Worte...
Der Thread ist alt, aber weil es einen so prägnanteren und valideren empirischen Ansatz gibt und das Interesse damals so groß war hol ich ihn nochmal raus:
Newstead, Watson, Cameron: VEHICLE SAFETY RATINGS ESTIMATED FROM
POLICE REPORTED CRASH DATA: 2016 UPDATE, AUSTRALIAN AND NEW ZEALAND CRASHES DURING 1987-2014 (https://www.monash.edu/.../UCSR-2016-Update-MUARC-Report-328.pdf)
Eine größere Menge an "Realversuchen" wird man nicht finden.
Dort ist man mit einem W124 in der Tat besser dran wie mit einem Golf II, aber Golf III und selbst der E36 (mit 1/5 im NCAP) haben dann schon aufgeschlossen [Figures 7 and 9], der E34 war in der Praxis - anders wie hier zuvor behauptet und wie Volvo 700/900 Series 84-92 etwas besser.
Ein Golf IV ist dann aber schon 1 1/2 Kategorien weiter.
Dazu kommt das die Crashworthiness in dieser Studie nur eingetretene Unfälle erfasst- ein moderneres Auto mit ESP taucht hier also in Situationen in denen ein altes ohne ESP in Schleudern gerät gar nicht auf. Ähnliche Konstellationen wird es hin und wieder bei Korrekturen in letzter Sekunde geben, wenn man die typische Fahrwerksauslegung mit Kugelumlauflenkung mit der eines agilen aber gutmütigen weniger wankenden Golf IV vergleicht. Der Abstand ist Unfallvermeidung miteingeschlossen also noch größer.
Den zitierten Beitrag finde ich zwar ob des großen Detailwissens interessant - für die eigentliche Frage bringt er aber wenig - ob Front- oder Seitenaufprall kann man sich nicht aussuchen, wie oft Hartplastik wirklich eine Milz penetriert und ob das relevant oder an den Haaren herbeigezogen ist kann niemand wissen und ein Lobgesang auf das historischce MB-Engagement im Bereich Sicherheit ändert nichts an der Performance in der Realität.
Zitat:
Dazu kommt das die Crashworthiness in dieser Studie nur eingetretene Unfälle erfasst- ein moderneres Auto mit ESP taucht hier also in Situationen in denen ein altes ohne ESP in Schleudern gerät gar nicht auf.
Ähm, bevor n 124er ins Schleudern gerät, ist der Golf schon ob seines Radstandes lange im Graben, da hilft ESP garnix... Ist kein Allheilmittel...
Zitat:
@Mark-86 schrieb am 25. August 2018 um 08:29:34 Uhr:
Zitat:
Dazu kommt das die Crashworthiness in dieser Studie nur eingetretene Unfälle erfasst- ein moderneres Auto mit ESP taucht hier also in Situationen in denen ein altes ohne ESP in Schleudern gerät gar nicht auf.
Ähm, bevor n 124er ins Schleudern gerät, ist der Golf schon ob seines Radstandes lange im Graben, da hilft ESP garnix... Ist kein Allheilmittel...
Kann man meinen, muss man aber nicht. Ein bisschen besserer Geradeauslauf wegen Radstand soll z. B. bei asymmetrischer Traktion mehr helfen wie automatisches selektives Mehrkanalbremsen?
Langwieder, Gwehenbergeg, Hummel: Sicherheitsgewinn durch ESP, Internationale Erfahrung aus Realunfällen
https://mediatum.ub.tum.de/doc/1145554/1145554.pdf
Dort insb. Seite 17, 19, 24
Ist aber in Anbetracht der tollen Datenlage aufgrund der ersten Studie aber eigentlich ein müssiger Punkt - in der empirisch ausgewerteten Realität setzt sich der Golf IV einfach sehr stark ab.
Da auch das Unheil von oben kommen kann, als Baum, Baukran etc, macht es keinen großen Unterschied in welchem Auto man sitzt, würde ich mal sagen
Zitat:
@p2m schrieb am 25. August 2018 um 17:53:30 Uhr:
Da auch das Unheil von oben kommen kann, als Baum, Baukran etc, macht es keinen großen Unterschied in welchem Auto man sitzt, würde ich mal sagen
...und ich halte mich aus Unfällen generell von vorne herein heraus Sicherheitsgurt, ABS, etc... alles für Anfänger!