Verführen uns Autos zum Kompensieren von Alltagsfrust?
Vom Knattern auf einem Moped ohne Auspuff durch den Wald als Knilch bis mit 240 km/h nachts von Stuttgart nach München, um's Flugzeug nicht zu verpassen, habe ich einiges hinter mir an flüchtigen Kontakten mit anderen in "Kommunikationskapseln". Die lassen uns ja oft nur Zeit für einen kurzen Fingertipp an unsere Stirn. Ich saß sogar schon am Steuerknüppel eines Zeppelins und wurde im März letzten Jahres von einem jungen Autofahrer beim Radeln übersehen. Mein rechtes oberes Körperdrittel wurde dabei völlig zertrümmert. Inzwischen kann ich wieder schreiben und gelegentlich auch mal Autofahren.
Mich würde interessieren, wie die vielen Motorbegeisterten hier den Umstand beurteilen, daß wir sehr viel Alltagsstress auf unsere Straßen bringen. Irgendwie ist die Kommunikation mit anderen ja immer flüchtig und stark reduziert. Ich denke, sowas macht die ohnehin immer größer werdende Distanz zu anderen nicht kleiner. Ich denke aber, unsere Mobilität ist nicht das geeignete Terrain, um Fehlenwicklungen, die sonstwo entstehen, zu bearbeiten. Schade natürlich, daß durch das Risiko der Geschwindigkeit und die in Bewegung gesetzen Massekräfte immernoch recht viele Unfälle passieren.
Da mich ein schlimmer Verkehrsunfall vor vielen Jahren schon aus einem guten Leben katapultiert hat, und es für schuldlos Geschädigte unmöglich ist, wenigstens halbwegs entschädigt zu werden, obwohl dafür Versicherungsgesellschaften zur Verfügung stehen, habe ich mich auch mal mit Unfallvermeidungsstrategien beschäftigt und dazu mit der Bundesanstalt für Straßenwesen zusammengearbeitet. Kaum jemand weiß, daß wir bis zum Jahrtausendwechsel so viele Menschen auf deutschen Straßen getötet haben, daß sie und ihre direkten Angehörigen (also nur Familie) eine Menschenkette um den Äquator bilden könnten. Ein Dösenjet würde also 48 Stunden lang über sehr traurige, deutsche Verkehrsopfer jagen. Die BASt fand mit mir heraus, daß wir um den Jahrtausendwechsel herum rund 100 Millionen DM täglich sparen könnten, würden effektive "Rücksichtsvergrößerer" konsequenter eingesetzt. Inzwischen hat sich einiges getan. Ich denke aber, daß immernoch zu viel Aggressivität im Straßenverkehr steckt. Wir sollten unbedingt was gegen unseren sonstigen Stress tun.
Daß man viel tun kann, belegen neueste Erkenntnisse der Hirnforschung. Sehr wahrscheinlich sind die meisten zwischenmenschlichen Probleme und Konflikte auf Wahrnehmungsfehler zurückzuführen. Die passieren vor allem deshalb, weil jeder eine andere Welt in seinem Kopf hat. Das wiederum resultiert daraus, daß wir nur mit dem wahrnehmen, gewichtigen und bewerten können, was wir mit unserem Verstand zu leisten vermögen, der sich durch fokussierende, zwangsläufig egoistische Wahrnehmung entsprechend "behindert" entwickelt hat. Vielleicht sollte man statt behindert besser "unterschiedlich von anderen" sagen ...
Für wenig Stress und genug Zufriedenheit ist es sehr wichtig, daß alle Beteiligten wissen, worum es geht, wovon sie reden. Denn nur dann können sie die Anstrengungen und Erfolge gemeinsamer Aktivitäten den Tatsachen entsprechend gerecht verteilen. Geschieht das, herrscht Gerechtigkeit! Nachdem die meisten Gerechtigkeit nur mit gerechtem Verhalten erklären und sich nicht mal vorstellen können, daß sie etwas anderes wahrnehmen als ihre Partner, geschieht dementsprechend oft, was die jeweils Mächtigeren gemeinsamer Bemühungen anstreben und durchsetzen ... Daß sie damit ihre schwächeren Partner unter Druck setzen und frustrieren, wird ihnen kaum bewußt, weil sie ihre Wahrnehmung entsprechend einschränken und die Frustrierten nicht rechtzeitig was dagegen tun. Hinterher war schon immer gerne zu spät.
Ich bin sicher, daß wir sehr viel Aggressivität aus unserer Motorbegeisterung nehmen könnten, wenn wir uns mehr mit dem beschäftigen, was Gerechtigkeit in den vielen privaten, beruflichen, geschäftlichen und verwalteten Partnerschaften unseres Lebens erschwert und verhindert. Bisher haben wir uns praktisch nicht damit beschäftigt. Ich hoffe, es haben ein paar Lust hier, mehr zu erfahren und darüber nachzudenken, was man tun könnte. Um das im größeren Umfang anzuschieben, möchte ich demnächst ein Solidarprojekt starten, dessen Wissenshintergrund mithilfe renommierter Experten zustandegekommen ist. Gerne würde ich noch in die Internetseite einfließen lassen, was hier in diesen Thread geknattert wird ... ;-)
Danke!
Beste Antwort im Thema
Vom Knattern auf einem Moped ohne Auspuff durch den Wald als Knilch bis mit 240 km/h nachts von Stuttgart nach München, um's Flugzeug nicht zu verpassen, habe ich einiges hinter mir an flüchtigen Kontakten mit anderen in "Kommunikationskapseln". Die lassen uns ja oft nur Zeit für einen kurzen Fingertipp an unsere Stirn. Ich saß sogar schon am Steuerknüppel eines Zeppelins und wurde im März letzten Jahres von einem jungen Autofahrer beim Radeln übersehen. Mein rechtes oberes Körperdrittel wurde dabei völlig zertrümmert. Inzwischen kann ich wieder schreiben und gelegentlich auch mal Autofahren.
Mich würde interessieren, wie die vielen Motorbegeisterten hier den Umstand beurteilen, daß wir sehr viel Alltagsstress auf unsere Straßen bringen. Irgendwie ist die Kommunikation mit anderen ja immer flüchtig und stark reduziert. Ich denke, sowas macht die ohnehin immer größer werdende Distanz zu anderen nicht kleiner. Ich denke aber, unsere Mobilität ist nicht das geeignete Terrain, um Fehlenwicklungen, die sonstwo entstehen, zu bearbeiten. Schade natürlich, daß durch das Risiko der Geschwindigkeit und die in Bewegung gesetzen Massekräfte immernoch recht viele Unfälle passieren.
Da mich ein schlimmer Verkehrsunfall vor vielen Jahren schon aus einem guten Leben katapultiert hat, und es für schuldlos Geschädigte unmöglich ist, wenigstens halbwegs entschädigt zu werden, obwohl dafür Versicherungsgesellschaften zur Verfügung stehen, habe ich mich auch mal mit Unfallvermeidungsstrategien beschäftigt und dazu mit der Bundesanstalt für Straßenwesen zusammengearbeitet. Kaum jemand weiß, daß wir bis zum Jahrtausendwechsel so viele Menschen auf deutschen Straßen getötet haben, daß sie und ihre direkten Angehörigen (also nur Familie) eine Menschenkette um den Äquator bilden könnten. Ein Dösenjet würde also 48 Stunden lang über sehr traurige, deutsche Verkehrsopfer jagen. Die BASt fand mit mir heraus, daß wir um den Jahrtausendwechsel herum rund 100 Millionen DM täglich sparen könnten, würden effektive "Rücksichtsvergrößerer" konsequenter eingesetzt. Inzwischen hat sich einiges getan. Ich denke aber, daß immernoch zu viel Aggressivität im Straßenverkehr steckt. Wir sollten unbedingt was gegen unseren sonstigen Stress tun.
Daß man viel tun kann, belegen neueste Erkenntnisse der Hirnforschung. Sehr wahrscheinlich sind die meisten zwischenmenschlichen Probleme und Konflikte auf Wahrnehmungsfehler zurückzuführen. Die passieren vor allem deshalb, weil jeder eine andere Welt in seinem Kopf hat. Das wiederum resultiert daraus, daß wir nur mit dem wahrnehmen, gewichtigen und bewerten können, was wir mit unserem Verstand zu leisten vermögen, der sich durch fokussierende, zwangsläufig egoistische Wahrnehmung entsprechend "behindert" entwickelt hat. Vielleicht sollte man statt behindert besser "unterschiedlich von anderen" sagen ...
Für wenig Stress und genug Zufriedenheit ist es sehr wichtig, daß alle Beteiligten wissen, worum es geht, wovon sie reden. Denn nur dann können sie die Anstrengungen und Erfolge gemeinsamer Aktivitäten den Tatsachen entsprechend gerecht verteilen. Geschieht das, herrscht Gerechtigkeit! Nachdem die meisten Gerechtigkeit nur mit gerechtem Verhalten erklären und sich nicht mal vorstellen können, daß sie etwas anderes wahrnehmen als ihre Partner, geschieht dementsprechend oft, was die jeweils Mächtigeren gemeinsamer Bemühungen anstreben und durchsetzen ... Daß sie damit ihre schwächeren Partner unter Druck setzen und frustrieren, wird ihnen kaum bewußt, weil sie ihre Wahrnehmung entsprechend einschränken und die Frustrierten nicht rechtzeitig was dagegen tun. Hinterher war schon immer gerne zu spät.
Ich bin sicher, daß wir sehr viel Aggressivität aus unserer Motorbegeisterung nehmen könnten, wenn wir uns mehr mit dem beschäftigen, was Gerechtigkeit in den vielen privaten, beruflichen, geschäftlichen und verwalteten Partnerschaften unseres Lebens erschwert und verhindert. Bisher haben wir uns praktisch nicht damit beschäftigt. Ich hoffe, es haben ein paar Lust hier, mehr zu erfahren und darüber nachzudenken, was man tun könnte. Um das im größeren Umfang anzuschieben, möchte ich demnächst ein Solidarprojekt starten, dessen Wissenshintergrund mithilfe renommierter Experten zustandegekommen ist. Gerne würde ich noch in die Internetseite einfließen lassen, was hier in diesen Thread geknattert wird ... ;-)
Danke!
170 Antworten
bohhhhhhhhhhh ..... so eine lange überschrift und dann auch noch endlos text ...... he man,
dass muß knackiger und prägnanter gehen .........😰...
vorschlag :
" wenn du Frust schiebst, gehst du "rasen" !! 😉
klare antwort von mir:
nö , net das richtige zur frustbewältigung ..... 😎
Bin auch in jungen Jahren durch einen Unfall "traumatisiert" worden und knabbere an den Folgen sogar heute noch. Von daher ist deine Aktion verständlich.
Mit Sicherheit "verführen" uns Autos zum Kompensieren von Altagsfrust. Aber genau um dieses "Verführen" geht es. Wenn jemand auf der Autobahn z.b. schnell fährt (über der Richtgeschwindigkeit beispielsweise) heißt das aber nicht zwangsläufig, dass der/diejenige Alltagsfrust abbaut. Wir alle werden mit Sicherheit von einem sportlichen Auto verführt, die ganze automobile Konsumgesellschaft ist doch auf Verführung aufgebaut. Wozu der Besitzer dann später sein Auto benutzt....... ist eine andere Frage. Aber nicht jeder Besitzer eines "verführerischen" Autos ist deshalb neurotisch. 😉
Ist wie mit allem im Leben. Nicht "der Kampfhund" ist schuld wenn er jemanden beißt, immer nur der-/diejenige am Ende der Leine, der Besitzer. 🙂
Ich kann jetzt nur für mich sprechen, wenn ich mal unzufrieden sein sollte oder das Gefühl habe unausgeglichen zu sein, was reichlich selten vorkommt, dann ziehe ich meine Sportsachen an und laufe eine Stunde an der frischen Luft.
Sportliche Betätigung ist eh die beste Methode um Stress abzubauen und trägt ungemein zur Ausgeglichenheit bei.
Ein sehr interessanter Beitrag des TE. Er möge sich bitte viel Zeit nehmen und aus diversen Themen die am häufigsten vorkommenden Wörter destillieren:
Genervt, Stress, Frust, Zeitdruck, Idiot, behindert, blockiert, geschnitten, schneller, Vmax, Vollpfosten, 180 gegen 250 PS, die anderen, die anderen, die anderen, immer sind es die anderen.
Da darf schon mal gefragt werden: Wie soll das nur weitergehen? Wie sieht eine Steigerung all dieser Komponenten aus? Oder wäre der Weg einer ganz langsam sich entwickelnden Entschleunigung der bessere Weg in die Zukunft, wenn man feststellt, dass einem das derzeitige Leben irgendwie kaputt macht?
Ähnliche Themen
Verführen? Dafür hab ich das Fahrzeug doch gekauft. Da braucht mich gar nix erst verführen.
Führt allerdings nicht zu Agressivität.
Zitat:
Original geschrieben von JOE 666
bohhhhhhhhhhh ..... so eine lange überschrift und dann auch noch endlos text ...... he man,
dass muß knackiger und prägnanter gehen .........😰...vorschlag :
" wenn du Frust schiebst, gehst du "rasen" !! 😉
Gute Idee, denn Rasenmähen kann schon eine Art der Frustbekämpfung sein 😁
Zitat:
Original geschrieben von freddi2010
Wie sieht eine Steigerung all dieser Komponenten aus?
Steigerung:
http://www.welt.de/.../...-H-opfert-seiner-Machtfantasie-ein-Kind.htmlKein Witz - damit macht man keine Witze.
Der ist aus Frust durch die Gegend gefahren. Und hat dann ein Opfer gefunden.
Der Frustabbau findet bei manchem erst dann sein Ende, wenn er am U-Bahn-Haltepunkt sein mit den Fäusten niedergestrecktes Opfer - so einfach liegen lassen genügt ja nicht - noch mit Fußtritten an den Kopf maltraitiert.
Auch eine Art der Steigerung!!
Amoklauf in der Schule oder beim ehem. Arbeitgeber ... es gibt genug Beispiele für extremen Frustabbau. Allerdings glaube ich, dem TE geht es um den altäglichen Frustabbau im Strassenverkehr. Und wer geht nach der ARbeit erst mal 2h Joggen bevor er nach Hause fährt? bzw. Viele Menschen haben keine 2h Freizeit am Tag um das zu machen.
Zitat:
Original geschrieben von bigLBA
Viele Menschen haben keine 2h Freizeit am Tag um das zu machen.
Wenn diese Zeit schon nicht mehr da ist, dann läuft im Leben desjenigen aber schon einiges schief.
Zitat:
Original geschrieben von bigLBA
Amoklauf in der Schule oder beim ehem. Arbeitgeber ... es gibt genug Beispiele für extremen Frustabbau. Allerdings glaube ich, dem TE geht es um den altäglichen Frustabbau im Strassenverkehr. Und wer geht nach der ARbeit erst mal 2h Joggen bevor er nach Hause fährt? bzw. Viele Menschen haben keine 2h Freizeit am Tag um das zu machen.
Also eigentlich sollte jeder grundsätzlich auf gesunde Ernährung und sportlichen Ausgleich achten. Wenn man regelmäßig Ausdauersport betreibt hilft dies auch in Stresssituationen, da der Stresspegel i.d.R. geringer ist.
Also Frustbewältigung vielleicht insofern:
Das Auto hat auf mich eine so positive Wirkung, dass ich alle Probleme und was mich nervt sofort vergesse, wenn ich im Auto sitze.
Wenn ich fahre sind die Probleme der Welt vergessen. Dann gibt es nur noch mich, den Verkehr und das Auto. 🙂
Zitat:
Original geschrieben von Drahkke
Wenn diese Zeit schon nicht mehr da ist, dann läuft im Leben desjenigen aber schon einiges schief.
Soso, kannst Du das begründen?
So long
Ghost
Zitat:
Original geschrieben von invisible_ghost
Soso, kannst Du das begründen?
Natürlich.
Wenn man auf Grund der Menge oder Art der Arbeit so viel Frust vor sich herschiebt, daß man eigentlich einen Ausgleich dafür benötigen würde (Sport o.ä.), aber diesen Ausgleich nicht bekommt, weil einem die Zeit dazu fehlt, dann liegt der Verdacht nahe, daß man lebt, um zu arbeiten anstatt daß man arbeitet, um zu leben.
Die Gründe dafür können vielschichtig sein (Schulden, fehlende Berufsalternativen etc.), was nahelegt, daß es eben Probleme in der Lebensplanung oder -führung gab bzw. gibt.
Was ich damit sagen wollte, ist der Hinweis, daß man da bei den Ursachen gegensteuern muß, wenn man nicht Gefahr laufen will, sich langfristig die Gesundheit zu ruinieren.