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Unfall beim Spurwechsel / ein sehr interessantes Urteil

Mercedes
Themenstarteram 22. Februar 2016 um 16:30

Anscheinsbeweis bei Unfall nach Fahrspurwechsel auf der Autobahn

22.02.2016

Der Anscheinsbeweis, dass der auf die linke Fahrspur Wechselnde die nach § 7 Abs. 5 S. 1 StVO gebotene Sorgfalt nicht beachtet hat, die ihm abverlangt, einen Fahrstreifen nur zu wechseln, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, greift vorliegend ein.

Zu Lasten des Fahrspurwechslers wirkt der Anscheinsbeweis, der für ein ihn treffendes Verschulden beim Wechseln auf die linke Spur der Autobahn spricht. Hier steht fest, dass der de Spurwechsel vollzogen wurde, als die Fahrerin des gegnerischen Fahrzeugs sich mit hoher, im Unfallbereich aber nicht eingeschränkter Geschwindigkeit bereits so dicht schräg hinter dem Fahrzeug des Spurwechslers befand, dass ihr eine Reaktion auf den Spurwechsel mit der Folge der Vermeidung einer Kollision nicht möglich war. Nach überzeugenden und glaubhaften Zeugenaussagen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Fahrspurwechsel unmittelbar vor dem Anstoß erfolgte und sich dies auch unfallursächlich auswirkte. Dies stimmt mit der Bewertung im polizeilichen Verkehrsunfallbericht überein, dass Fahrspurwechsler beim Wechseln auf die linke Fahrspur den bereits links befindlichen Beteiligten übersehen und diesen seitlich touchiert habe. Aus der glaubhaften Zeugenaussage ergibt sich weiter, dass dem aus § 7 Abs. 5 S. 2 StVO folgenden Gebot, jeden Fahrstreifenwechsel rechtzeitig und deutlich anzukündigen und dabei den Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen, nicht entsprochen wurde.

Der Umstand, dass die Fahrerin des von hinten nahenden Fahrzeugs sich mit hoher Geschwindigkeit von 160 bis 180 km/h der späteren Unfallstelle näherte, sie mithin die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritt, gereicht ihr weder zum Mitverschulden, noch lässt sich daraus eine hier ins Gewicht fallende erhöhte Betriebsgefahr ableiten, die dazu führte, ihr eine Mitverursachungsquote anzulasten. Das Gericht vermag hier nicht festzustellen, dass sich diese hohe Geschwindigkeit beim Zustandekommen oder der Höhe des eingetretenen Schadens ausgewirkt hat. Der Spurwechsel vollzog sich vielmehr in einem so kurzen Abstand zum herannahenden Fahrzeug, noch dazu ohne vorherige Ankündigung durch Fahrtrichtungsanzeiger und ohne dass ein Grund für den Spurwechsel erkennbar war, dass die Kollision maßgeblich auf die Versäumnisse des Spurwechslers zurückzuführen ist, ohne dass sich die hohe Geschwindigkeit des anderen Fahrzeugs dabei ausgewirkt hätte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Fahrerin nach ihren glaubhaften Bekundungen durch Einleitung eines Bremsmanövers und aufgrund Sicherheitstrainings geschultem festen Griff am Lenkrad schadensmindernd reagierte.

LG Kiel, Urteil vom 19.08.2015, Az. 13 O 130/15

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Themenstarteram 22. Februar 2016 um 16:30

Anscheinsbeweis bei Unfall nach Fahrspurwechsel auf der Autobahn

22.02.2016

Der Anscheinsbeweis, dass der auf die linke Fahrspur Wechselnde die nach § 7 Abs. 5 S. 1 StVO gebotene Sorgfalt nicht beachtet hat, die ihm abverlangt, einen Fahrstreifen nur zu wechseln, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, greift vorliegend ein.

Zu Lasten des Fahrspurwechslers wirkt der Anscheinsbeweis, der für ein ihn treffendes Verschulden beim Wechseln auf die linke Spur der Autobahn spricht. Hier steht fest, dass der de Spurwechsel vollzogen wurde, als die Fahrerin des gegnerischen Fahrzeugs sich mit hoher, im Unfallbereich aber nicht eingeschränkter Geschwindigkeit bereits so dicht schräg hinter dem Fahrzeug des Spurwechslers befand, dass ihr eine Reaktion auf den Spurwechsel mit der Folge der Vermeidung einer Kollision nicht möglich war. Nach überzeugenden und glaubhaften Zeugenaussagen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Fahrspurwechsel unmittelbar vor dem Anstoß erfolgte und sich dies auch unfallursächlich auswirkte. Dies stimmt mit der Bewertung im polizeilichen Verkehrsunfallbericht überein, dass Fahrspurwechsler beim Wechseln auf die linke Fahrspur den bereits links befindlichen Beteiligten übersehen und diesen seitlich touchiert habe. Aus der glaubhaften Zeugenaussage ergibt sich weiter, dass dem aus § 7 Abs. 5 S. 2 StVO folgenden Gebot, jeden Fahrstreifenwechsel rechtzeitig und deutlich anzukündigen und dabei den Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen, nicht entsprochen wurde.

Der Umstand, dass die Fahrerin des von hinten nahenden Fahrzeugs sich mit hoher Geschwindigkeit von 160 bis 180 km/h der späteren Unfallstelle näherte, sie mithin die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritt, gereicht ihr weder zum Mitverschulden, noch lässt sich daraus eine hier ins Gewicht fallende erhöhte Betriebsgefahr ableiten, die dazu führte, ihr eine Mitverursachungsquote anzulasten. Das Gericht vermag hier nicht festzustellen, dass sich diese hohe Geschwindigkeit beim Zustandekommen oder der Höhe des eingetretenen Schadens ausgewirkt hat. Der Spurwechsel vollzog sich vielmehr in einem so kurzen Abstand zum herannahenden Fahrzeug, noch dazu ohne vorherige Ankündigung durch Fahrtrichtungsanzeiger und ohne dass ein Grund für den Spurwechsel erkennbar war, dass die Kollision maßgeblich auf die Versäumnisse des Spurwechslers zurückzuführen ist, ohne dass sich die hohe Geschwindigkeit des anderen Fahrzeugs dabei ausgewirkt hätte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Fahrerin nach ihren glaubhaften Bekundungen durch Einleitung eines Bremsmanövers und aufgrund Sicherheitstrainings geschultem festen Griff am Lenkrad schadensmindernd reagierte.

LG Kiel, Urteil vom 19.08.2015, Az. 13 O 130/15

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19 Antworten

Ich finde, dass die Studienordnung für Juristen/Richter mindestens zwei Pflichtsemester Germanistik bzw. Journalismus vorschreiben sollte. Ein Deutsch ist das...

Wolfgang

Zitat:

@wg-design schrieb am 22. Februar 2016 um 17:40:30 Uhr:

Ich finde, dass die Studienordnung für Juristen/Richter mindestens zwei Pflichtsemester Germanistik bzw. Journalismus vorschreiben sollte. Ein Deutsch ist das...

Wolfgang

Wieviele Sylfester muss mann(Frau) studieren, um sich einer solch blöden Amtssprache habhaft zu machen??

Das heißt nix anderes,

als dass Du nicht schuld bist, wenn Du mit 180 links bretterst, und unmittelbar vor Dir ein Depp ohne zu blinken auf Deine Spur rüberzieht und es dann kracht.

Amtsdeutsch halt,

dafür muss man mindestens 3 Sylvester an der Unnittät stupiert haben :):D

Yep, so lese ich es auch. Was soll an dem Urteil "interessant" sein? Es ist so wie es sein sollte ...

Zitat:

@wg-design schrieb am 22. Februar 2016 um 17:40:30 Uhr:

Ich finde, dass die Studienordnung für Juristen/Richter mindestens zwei Pflichtsemester Germanistik bzw. Journalismus vorschreiben sollte. Ein Deutsch ist das...

Wolfgang

...erinnert mich an meinen Steuerberater, der da schon mal sagte: "Nimm das mal bitte so hin, das ist eine andere Sprache".

Zitat:

@SternFan98 schrieb am 22. Februar 2016 um 18:25:47 Uhr:

Yep, so lese ich es auch. Was soll an dem Urteil "interessant" sein? Es ist so wie es sein sollte ...

...na ganz so einfach ist es wohl nicht, denn das Gericht nahm deutlich Stellung zu: kein Blinker, sehr kurz bevor der "Gegner" kam, wurde erst gewechselt. Dann gab es auch noch Zeugen.

Ein "perfekter" Vorgang für die Geschädigte!

Das hatte ich schon einmal ganz anders erlebt!

Themenstarteram 22. Februar 2016 um 18:50

wichtig ist, dass hier keine teilschuld wegen ueberschreitung der richtgeschwindigkeit verhaengt wurde.

Hallo ins Forum,

Zitat:

@tcsmoers schrieb am 22. Februar 2016 um 19:50:56 Uhr:

wichtig ist, dass hier keine teilschuld wegen ueberschreitung der richtgeschwindigkeit verhaengt wurde.

auch dies ist nix Neues, da dies schon immer so war, wenn der Unfall auch bei fiktiv gefahrenen 130 passiert und die Schadenshöhe nicht entscheidend niedriger gewesen wäre. Dies wird per unfallanalytischem Gutachten und Weg-/Zeitberechnungen ermittelt. Hätte's auch bei max. 130 gekracht und annährend die gleiche Schadenshöhe = keine Mitschuld. Wenn der Unfall bei max. 130 vermeidbar gewesen wäre oder der Schaden maßgeblich höher ist, gibt's Mitschuld (dies ist übrigens BGH-Rechtsprechung).

Genau dieser Fall liegt hier auch vor. Den entscheidenen Satz hat der TE längst zititiert:

Zitat:

Das Gericht vermag hier nicht festzustellen, dass sich diese hohe Geschwindigkeit beim Zustandekommen oder der Höhe des eingetretenen Schadens ausgewirkt hat.

Somit bewegt sich das LG Kiel ganz genau im Rahmen der jahrealten BGH-Rechtsprechung. Alles andere wäre auch überraschend gewesen, da diese Rechtsprechung anerkannt ist und letztlich der Fall durch die Instanzen gegangen wäre.

Viele Grüße

Peter

Themenstarteram 22. Februar 2016 um 21:59

ich meine, es ist so, dass man bei einer derartigen geschwindigkeit bisher immer eine erhoehte betriebsgefahr zugrunde legte. hier ist aber klar die schuld nur einem vt zugeteilt worden. man hat sogar die besonderen fahrerfahrungen des geschaedigten beruecksichtigt.

peso

Sprache ist der Materie, Sache angepasst. Gut.

Wie von 21259 gesagt: "..der entscheidende Satz.." keine Steigerung des Schadens.. beim Zustandekommen + Höhe des Schadens".

Ursächlich hat also die G e s c h w i n d i g k e i t keinen negativen Einfluss gehabt. Im normalen Verkehr. Anders natürlich beim ruhenden Verkehr = Parkplatz. ):-

Die Verkehrspraxis in Deutschland beim Ausscheren, Spurwechsel, auf die Autobahn fahren hat sich dramatisch verschlechtert. Wie häufig wird in die Abstandszone einfach reingedrängelt? Gnadenlos. Wenn dann gebremst werden muss vom Spurhalter, stehen die hinter einem quer. Regelmäßig leuchten dann reihenweise die Bremslichter auf.

Gefärhrliche Situation. Hat natürlich auch was mit den fehlenden Straßen zu tun. Besonders im Berufverkehr. Seit Jahrzehnten. Zu wenig Geld aus dem Straßenverkehr?

Reindrängeln: Hier ist das Urteil klar! Siehe o.

Der Anmerkung zum "reindrängeln in die Abstandszone" stimme ich zu. Allerdings wäre mehr allgemeine Rücksicht innerhalb dichtem Verkehr nicht schlecht.

Zitat:

@ortler schrieb am 23. Februar 2016 um 17:38:32 Uhr:

....

Allerdings wäre mehr allgemeine Rücksicht innerhalb dichtem Verkehr nicht schlecht.

....

Kann man zustimmen.

Allerdings wäre dies auch der Spurwechslerin aus o.g. Urteil nahezulegen.

Diese hat -ohne zu Blinken- rücksichtslos (im wahrsten Sinne) die Spur gewechselt,

und damit die ihr obliegende Sorgfaltspflicht missachtet.

Im alltäglichen Verkehr wird's tatsächlich seit Jahren immer rücksichtsloser, auch die Verkehrsdisziplin (blinken, Vorfahrt achten, Spurwechsel, usw.) lässt immer mehr zu wünschen übrig.

Sieht aus, als würde sich die -beruflich allgegenwärtige- Ellenbogenmentalität eben auch im Verkehrsgeschehen widerspiegeln.

 

Dietmar

Hallo Dietmar,

die Ellenbogenmentalität ist vielfach das Erfolgsrezept, nicht nur im berufl.und polit. Weiterkommen, dort aber oft mangels Kompetenz.Winterkorn ist ein gutes Beispiel, aber nur eins.

Ob die Ellenbogenmentalität ein Erfolgsrezept ist, will ich nicht beurteilen.

Wenn man aber mal die wissenschaftlichen Studien von Verkehrspsychologen und Verhaltensforschern so liest, dann kommen die zu der Schlussfolgerung, dass der grassierende Rentabilitäts- und Optimierungswahn der Wirtschaft (resp. der Arbeitgeber) sich messbar negativ auf die Psyche der Arbeitnehmer auswirkt. Nie zuvor war die Zahl derer, die aus pschychischen Gründen arbeitsunfähig werden oder gar den Weg in den Vorruhestand gehen müssen, höher als heute.

Alltägliches Mobbing, permanenter Leistungsdruck, wegfallende Stellen (man muss die Arbeit des Kollegen zusätzlich übernehmen), lange Krankenstände und Mutterschaftsurlaube (Besetzungssperre) usw. führen bei vielen Menschen zum sog. 'Tunnelsyndrom', zu massiven 'Burnout'-Erscheinungen, zu Depression, u.ä. Der/die Betroffene fühlt sich vollkommen überfordert, falsch verstanden, übervorteilt, ausgenutzt, ausgebrannt, usw.

Und diese Menschen steigen am Feierabend in ihr Auto.

Der Rest erklärt sich von selbst.

Man kann über Verhaltensforscher denken wie man will, aber jeder Mensch braucht unter solchen Umständen, bei solchen psychischen Arbeitsplatzbelastungen, ein Ventil. Und das äußert sich eben u.a. im Straßenverkehr. Manche gehen zum Sport o.ä., um klarzukommen, andere reagieren sich eben im Straßenverkehr ab durch aggressive Fahrweise ("dem hab ich's gezeigt, dem Idioten").

Wer behauptet, dass er nicht wenigstens hin und wieder unter solchen Einflussfaktoren steht bzw. leidet, ist entweder Student oder Rentner/Pensionär, und hat deshalb mit den Begleiterscheinungen des Berufslebens nichts zu tun. Der Rest aber ist mehr oder weniger davon betroffen.

Es ist ein gesellschaftliches Problem.

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