Typen von Rollerfahrern, (pseudo-) wissenschaftliche Analyse
Seit über einhundert Jahren gibt es nun schon Fahrzeuge die man (zumindest der weitesten Auslegung nach) als Roller bezeichnen kann. In Frankreich, zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts (1902 um genau zu sein) wurde die Idee von „Motorrad mit Fahrgastraum“ geboren. Schon damals wurde viel über die Vorzüge und Unzulänglichkeiten des Konstruktionsprinzips gestritten. Nichts desto trotz war der Roller (damals hieß er noch Autofeutil, was soviel wie „selbstfahrender Sessel“ bedeutet und damit der Sache schon recht nahe kommt) schon zu Kaisers Zeiten ein Erfolg, wenn auch ein bescheidener. Zwischen den Weltkriegen bastelte eine Vielzahl von mehr oder weniger erfolgreichen Motorradmarken an Fahrzeugen die nach dem grundlegenden Rollerkonzept aufgebaut waren herum, erzielten jedoch keinen erwähnenswerten Erfolg.
Der zweite Weltkrieg brachte außer großen Opfern und furchtbarer Zerstörung auch noch etwas anderes hervor: die Vespa und Kunststoffe. Erstere sorgte in den vierziger und fünfziger Jahren für den ersten, zweiteres in den achtziger und neunziger Jahren für den zweiten Rollerboom des zwanzigsten Jahrhunderts.
Entwicklungsgeschichtlich stellt der Roller an sich also nichts weiter als eine Sonderform des Motorrads dar. Doch was ist mit der viel beschworen „oberen Hälfte“? Was ist mit dem Rollerfahrer? Lässt er sich irgendwie typisieren oder einstufen? Was für Leute sind das eigentlich die auf jenen komischen, kleinen oder großen Knatterbüchsen und Motorsofas die Straßen unsicher machen? Wir werden es heraus zu finden versuchen.
Gruppe 1:
Rollerfahrer mangels Alternative
In Deutschland besteht für Jugendliche ab dem fünfzehnten Lebensjahr die Möglichkeit eine „Prüfbescheinigung“ zu erwerben die sie berechtigt ein Mofa zu fahren. Früher war das Gros der Mofas genau das was die Abkürzung im eigentlichen Sinne bedeutet, ein Motor Fahrrad. Heutzutage besteht das Problem das derartige Fahrzeuge nur noch gebraucht oder zu unangemessenen Preisen erhältlich sind. Das durchschnittliche Mofa von heute ist in der Regel ein auf 25 Stundenkilometer gedrosselter 50cm³ Roller.
Wer ein Jahr älter, also sechzehn, ist hat die Wahl: entweder ein Führerschein der Klasse M für Krafträder bis 50cm³ und 45km/h oder Klasse A1 für Krafträder bis 125cm³ und 80km/h. Bei den Fünfzigern ist die Lage ähnlich wie bei den Mofas, es gibt zwar Motorräder mit 50cm³ Hubraum und 45km/h Höchstgeschwindigkeit doch sind sie sehr teuer und auch nicht so leicht verfügbar wie Roller. Bei den Hundertfünfundzwanzigern gibt es zwar grundsätzlich ein ausgewogenes Angebot bei Rollern und Motorrädern, doch auch hier ist ein Roller in der Regel die kostengünstigere Alternative.
Gerade für die jüngsten Fahrer ist ein Roller also oftmals die einzig praktikable Möglichkeit selbstständig mobil zu sein.
Gruppe 2:
der Roller als Wirtschaftsfaktor
Die Vespa, Urmutter aller modernen Roller, war von ihrem Grundkonzept vor allem eines: ein Nutzfahrzeug. Diese Eigenschaft ist den meisten Rollern bis heute erhalten geblieben. Roller sind zähe, verlässliche und genügsame Arbeitsmaschinen. Sie können Anhänger ziehen, Lasten tragen, Einkäufe schleppen. Darüber hinaus brauchen sie relativ wenig Kraftstoff und Wartung und in den kleinsten Hubraumklassen kosten sie wenig Versicherung und Steuer. Hinzu kommt ihr geringer Platzbedarf der gerade im modernen Großstadtverkehr von entscheidender Bedeutung ist.
Die allermeisten Roller laufen deshalb auch in diesem Bereich, egal ob bei der Post, dem Pizzadienst, der Hausfrau oder dem Waldarbeiter. Ein Roller verrichtet in jedem Bereich seine Arbeit. Egal ob es gilt Brennholz aus dem Wald, Zementsäcke aus dem Baumarkt oder ein paar Eier aus dem Supermarkt zu holen, der Roller steht bereit. Immer. Bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit.
In diesem Zusammenhand sind auch die Geschichten von durchgefrorenen Mitarbeitern diverser Firmen interessant deren zig-tausend-Euro-Hightech-Allerschickimiki-Auto im Winter vor der Kälte kapituliert hat, wären die schnell hervorgezerrte, dreißigjährige Vespa aber nach dem ersten Tritt auf den Kickstarter angesprungen ist.
Gruppe 3:
ehemalige Motorradfahrer die „auf den Roller gekommen“ sind
Motorradfahren ist für alte Knochen unter Umständen kein sehr zuträgliches Vergnügen. Gilt es doch erst einmal auf dem Bock hinauf zu kommen und dann unter Umständen auch noch die Wirbelsäule zu verbiegen bis sie hinter die Verkleidung passt. An das Absteigen gar nicht erst denken, sonst melden sich noch unliebsame Gäste wie Ischias, Hexenschuss und Rheumatismus.
Für junge Leute ist das ja alles kein Problem, aber schließlich will man ja auch im Alter noch was vom Leben haben. Irgendwann passiert es dann, man verlässt die Motorradkneipe und hievt sein „oides Gschtell“ mühsam auf die Boxer BMW. Gleichzeitig kommt der Fahrer des nebenan stehenden Burgman und lässt sich lässig in den Sitz fallen, ganz wie daheim in seinen Fernsehsessel. Was tut man als (zu- ?) alt gewordener Easyrider in so einem Fall? Genau, man steigt um, vom Feuerstuhl auf den Feuersessel.
Das Aufkommen der großen Roller a la Suzuki Burgman, Honda Silver Wing und Piaggio Hexagon lies die Gruppe der Umsteiger aus Alters und/oder Gesundheitsgründen immer größer werden. So manches altes Windgesicht ist heute noch mit einem Riesenroller unterwegs während er vor zwanzig Jahren wo möglich schon daheim im Schaukelstuhl gesessen hätte um seinen Enkeln von der guten, alten Zeit zu erzählen als Opa noch persönlich die „Old 66“ unter die Räder genommen hat.
Gruppe 4:
solche die es gar nicht anders wollen
Auch sie gibt es: Rollerfahrer die gar nichts anderes wollen als...?
Genau! Einen Roller (woher wussten sie das?).
Leute die einen angegrauten Yamaha Neo`s niemals gegen irgendetwas anderes tauschen würden, nicht gegen eine superheiße Hayabusa noch gegen eine superbequeme Gold Wing.
Rollern ist ein ganz besonderer Reiz zueigen, jener Charme der alle Underdogs dieser Welt umgibt. Jenes gewisse Etwas das einen dazu bewegt einen Trabbi cool und einen (unbeschreiblich schlechten und obendrein potthässlichen) Gilera 50GSA lustig zu finden. Solche Leute werden in der Regel aus heiterem Himmel gepackt, irgendwann geht es ihnen auf warum vor über hundert Jahren ein verschrobener Franzose beschloss alles über den Haufen zu werfen was man über Motorräder wusste und es ganz anders zu machen. Warum eine abgerissene Fuffivespa von vor x-jahren jeder funkelnagelneuen Showroom-Harley die Show stiehlt. Warum Roller eben ganz einfach die besseren Motorräder sind.
Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit zum Rollerfreak auf Lebenszeit zu werden: man ist schlicht und ergreifend total irre.
Beste Antwort im Thema
Ich glaube, wegen der Zunahme der Kleinkriege hat der Guru sich damals von hier verabschiedet. Was würde der wohl heute zu den ganzen Rechthaberei-Schlachten hier sagen ... vielleicht "Manchmal muß man einfach mal die Finger von der Tastatur lassen"?
10 Antworten
Und was ist mit den Kiddies auf getunten Yoghurtbechern? Die verdienen doch auch 'ne eigene Kategorie... 😁
die gehören zu 1, ihnen bleibt keine Wahl, ein Moped können sie sich entweder nicht leisten oder nicht damit umgehen 😉 (bei vielen von denen scheitert es ja schon am richtigen Umgang mit einem Roller und der ist, zugegebenermaßen einfacher zu fahren).
Mit Tuning hat das übrigens nix zu tun, ich fahre ja auch einen getunten Roller bin aber garantiert kein Kiddie 😉
Rollerfahrer
Na dann gehöre ich sowohl in die Gruppe 3, als auch in Gruppe 4.
Ich bin allerdings gerade frische 30 geworden, als ich meine Kawa ZX10 (98PS) gegen einen Suzuki Burgman 250 (23PS) tauschte!!
Sehr zum Unverständnis meiner Mitmenschen. 😮
Heute bin ich 3 "Burgmänner" weiter, und verschwende an den Kauf von Motorrädern keinen Gedanken (mehr)... 😁
Ich wünsch Euch Roller-Treibern ein kurvenreiches und unfallfreies Jahr 2006 !!
Heute Zähl ich mich ganz klar zu Gruppe 4!!!
Als ich mit 16 anfing zu fahren gab es ja keine günstiege Alternative zu nem 50er wie meinem TPH.
Trotzdem bin ich schon sehr gerne Gefahren.Deshalb hab ich mir mit 18 dann nen 180er Runner FXR gegönnt, danach war ich dem Rollervirus völlig verfallen.
Jetzt nach zwei Jahren Rollerabstinenz hab ich mir ja wieder einen gekauft.Allerdings ne Vespa Cosa, weil ich auf Plastikbomber nicht mehr so viel Bock hab und ich hab es nicht bereut!
Vorallem nicht mehr den Variomist zu haben, freut mich am meisten.Das fahren ist auch ganz anders nicht besser, aber mit mehr stil.Man kann sich kaum vorstellen wie man sich freuen kann wenn die olle Vespa ihre 100km/h schafft (mit Heimweh und Rückenwind),das war mit dem Runner alles viel langweiliger irgendwie.
Mfg
Marcus
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Hi,
ich gehöre also in Kategorie 4... na ja, zwangsweise; weil's keine Kategorie 5 gibt.
Ich hatte mit 15 eine Mofa (Kreidler), damit fuhr ich 4 Jahre. Danach nur noch Autos, Autos, Autos, kleine, dicke, schnelle, na ja alles, was ich bezahlen konnte.
Zwischendurch hat mich jemand mit seinem Motorrad, irgendsoeine englische Rasmaschine, mitgenommen: ich war 21, es regnete, der Typ fuhr so, als sei weder ich hintendrauf noch Regen auf der Straße. Ich hab geheult, als ich in der Stadt angekommen war.
29 Jahre konnten mich motorisierte Zweiräder mal.
Jetzt hab ich mir mit 50 eine 125 gekauft (mehr war wg. des Führerscheins nicht drin, leider).
Seit 2 Monaten fahre ich jeden Weg damit, habe mich 1 mal damit hingelegt, meine Kinder sitzen gerne hintendrauf und ich bin die meisten Strecken unter 20 Km schneller, als mit meinem Megane.
Weinkisten vorne drauf, Baßgitarre aufm Rücken, hoffen darauf, daß da schon ein Amp rumsteht, was habe ich in den letzten Jahren alles verpaßt!!!
Vielleicht ist die Kategorie 5: alte Säcke mit Hormonumstellungsschwierigkeiten, auf'n Geschmack gekommen, sowieso with one foot in the grave!
Gruß
walter
Typen von Rollerfahrern:
Und in allen Gruppen gibt es die, die fest davon überzeugt sind, dass gerade IHR Roller, der Roller mit gerade der Marke den sie selbst fahren, der Schönste, der Beste, der Zuverlässigste, und überhaupt der einzigste Roller mit Daseinsberechtigung ist ! Alle anderen Rollermarken, ganz besonders solche aus China, sind für sie Schrott und dürften ihrer Meinung nach garnicht auf die Strasse !
Nach meinen Erfahrungen vertreten ganz besonders krass Honda SH-Fahrer diese Gruppe !!
Kann man mittlerweile mit Harley-Fahrern auf eine Stufe stellen !! 🙄
Und dann gibt es auch die, die keinerlei Wert auf Roller-Marken-Image legen, die einen (oder auch mehrere) zuverlässigen, preiswerten Roller, egal welcher Marke, (auch aus China) lediglich als nützliches Fortbewegungsmittel haben und nutzen wollen und dabei auch noch Spass am Rollerfahren haben !!
Völlig ohne mit der Rollermarke zu prahlen und angeben zu wollen !! 😁
kbw 😉
Hey frecher Wolf, was ist los? Die Beiträge vom Speedguru sind quasi rollerpsychologisch Kult, da muß man nicht Jahre später noch was nachlegen. Dazumal sich der Guru nicht mehr wehren kann.
Zitat:
Original geschrieben von kleiner_boeser_Wolf
Typen von Rollerfahrern:Nach meinen Erfahrungen vertreten ganz besonders krass Honda SH-Fahrer diese Gruppe !!
Kann man mittlerweile mit Harley-Fahrern auf eine Stufe stellen !! 🙄kbw 😉
Also ich würde das nicht so krass sehen. Der junge Mann hat seinen Roller mal gerade einen Monat und wird sich auch noch "normalisieren" Ich lese bei vielen in der Signatur, das sie eine SH haben und die deutliche Mehrzahl von diesen membern schreiben neutral und informativ. Und ich finds eher drollig, wenn jemand so derart begeisterungsfähig ist.
Also ich passe in die Schubladen 2, 3 und 4.
Der Grund der Anschaffung war, Kurzstrecken im Vorstadtverkehr möglichst günstig und bequem zu bewältigen. Auch sollte sich der Roller innerhalb von 3 Jahren amortisieren (incl. Anschaffungspreis) und diesen Task habe ich vorraussichtlich schon in 2 Jahren abgehakt.
Zusätzlich dazu wollte ich meinen PKW auf eben diesen Strecken schonen.
Das ich dafür das vorhandene Motorrad nicht einsetze, ist der Bequemlichkeit geschuldet. Beim Motorrad muss ich mir feste Schuhe und am Besten auch noch die Kluft anziehen. Das erspare ich mir komplett beim Roller. Auch das Beladen der tägl. Einkäufe ist beim Roller erheblich einfacher, auch dank des freien Durchstiegs bei meinem Roller und die paar Kilometer fahr ich mti T-Shirt, Cargohose und Crocs. Gemütlich eben.
Aber jedem das Seine...
Zitat:
Original geschrieben von Multitina
Hey frecher Wolf, was ist los? Die Beiträge vom Speedguru sind quasi rollerpsychologisch Kult, da muß man nicht Jahre später noch was nachlegen. Dazumal sich der Guru nicht mehr wehren kann.
Hi Tina, ist was falsch an meiner persönlichen Analyse ??
Ich befürworte Speedgurus Ausführungen voll und ganz, habe mir aber gedacht, ich muss das noch anfügen weil Speedguru das 2005 noch nicht so krass wahrgenommen und eingefügt hat ! 😉
kbw 😉
Ich glaube, wegen der Zunahme der Kleinkriege hat der Guru sich damals von hier verabschiedet. Was würde der wohl heute zu den ganzen Rechthaberei-Schlachten hier sagen ... vielleicht "Manchmal muß man einfach mal die Finger von der Tastatur lassen"?