So produziert man tote Motorradfahrer

Ja, der Titel ist provokant, aber auch leider wahr.

Ein deutsches Landgericht entscheidet, dass bei einem missglückten Überholversuch lieber ein Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia zu gefährden ist, als durch eine Bremsung den Überholvorgang abzubrechen und sich in einer 50 Meter großen Lücke hinter dem Motorrad einzureihen.
Auch das anschließende Fluchtverhalten mit dem Überfahren von zwei roten Ampeln mit Verkehrsgefährdung wurde verständnisvoll vom Richter unter den Tisch gekehrt.

Klingt krass, ist aber leider so entschieden worden.

Vor ca. einem Jahr fuhren drei Motorradfahrer auf einer Landstraße.
Durch den vorherigen Kreisverkehr auseinandergerissen, fuhr Fahrer 2 mit einem Abstand von ca. 50 Metern hinter Fahrer 1, Fahrer 3 folgte in normalem Abstand zu Fahrer 2.
Eine Autofahrerin überholte diese Kolonne in einem Ansatz ohne einzuscheren, obwohl genügend Platz zum gefahrfreien Einscheren gewesen wäre.
Als sich der Gegenverkehr gefährlich genähert hatte und bereits heftig aufblinkte, zog die Fahrerin neben dem vorne fahrenden Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia schlagartig auf die Spur der Motorradfahrer zurück.
Der Motorradfahrer konnte durch ein Notmanöver (Bremsen, Ausweichen und wieder zurück auf die Fahrbahn wuchten - der ca. 1m tiefe Graben neben der Straße wurde nur um ein paar Zentimeter verfehlt) den Unfall gerade noch verhindern, der Abstand zum Auto war zwischenzeitlich < 5 cm.
Danach trat das Fluchtverhalten der Fahrerin zu Tage. Vollgas über den nächsten Kreisverkehr, an der folgenden Ampel bei Rot über die Linksabbiege-Spur geradeaus, dann weiter über die nächste rote Ampel.

Vor 5 Monaten kam es zur Verhandlung vor einem deutschen Amtsgericht.
Die angeklagte Fahrerin wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 800€ und einem Führerscheinentzug mit der Auflage, den Neuerwerb frühestens 12 Monate nach Abgabe zu beantragen. Das Urteil berief sich auf eine Gefährdung des Straßenverkehrs nach StGB §315c (Straftat).

Soweit so gut, aber dann...

Der Anwalt der Fahrerin ging in Berufung. Somit landete das Verfahren vor dem Landgericht.
Alle Zeugen wurden erneut gehört.
Danach wurden die Aussagen der Zeugen aus dem Zusammenhang gerissen und zerstückelt für die Urteilsbegründung genutzt.
Aus der Aussage des 3. Motorradfahrers „ich fuhr mit ca. 35 km/h aus dem Kreisverkehr und beschleunigte dann auf die erlaubten 70 km/h“ wurde vom Richter ein „fuhr mit ca. 35 km/h“ gemacht, womit ein Überholen rechtens und nachvollziehbar sei.
Aus der Aussage der 2. Motorradfahrerin „als das Auto neben mir war, war noch kein Gegenverkehr zu sehen, kurz danach jedoch schon“ wurde vom Richter ein „da war kein Gegenverkehr zu sehen“ und somit keine Gefährdung.
Die Aussage der Motorradfahrer, dass die Motorräder mit ca. 50 Metern Abstand fuhren und somit mehr als genug Platz zum Einscheren gewesen wäre, wurde komplett ignoriert.
Der Richter fragte den abgedrängten Motorradfahrer „Wie hätten sie denn reagiert? Hätten Sie den Frontalzusammenstoß in Kauf genommen oder den Motorradfahrer gefährdet?“. Der Motorradfahrer antwortete „Ich hätte gebremst und wäre hinter dem Motorradfahrer in der 50 Meter großen Lücke eingeschert, hätte somit den Überholvorgang abgebrochen ohne jemanden zu gefährden.“ Diese Option kam aber für den Richter nicht in Frage.
Das neue Urteil lautet jetzt 250€ Strafe und 1 Monat Fahrverbot. Es läge keine Straftat vor, lediglich eine Ordnungswidrigkeit.
Der Richter sah kein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten. Laut §315c StGB 2.c) liegt dieses jedoch vor, wenn jemand falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt.
Die Rotlichtvergehen wurden nicht beachtet, da es ja eine Flucht war....

Alleine ein Rotlichtvergehen (Ampel bei schon länger als 1 Sekunde leuchtendem "Rot" überfahren mit Gefährdung) hätte laut Bußgeldkatalog eine Geldstrafe von 200€, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat & je nach Tatbegehung Geldstrafe, Führerscheinentzug und Freiheitsstrafe bis 5 Jahre gemäß § 315c StGB nach sich ziehen müssen. Und es waren zwei Rotlichtvergehen.
Das bedeutet, dass die Strafe nicht die beiden Rotlichtvergehen beinhalten kann.

Sieht so der Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer aus?

Beste Antwort im Thema

Ja, der Titel ist provokant, aber auch leider wahr.

Ein deutsches Landgericht entscheidet, dass bei einem missglückten Überholversuch lieber ein Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia zu gefährden ist, als durch eine Bremsung den Überholvorgang abzubrechen und sich in einer 50 Meter großen Lücke hinter dem Motorrad einzureihen.
Auch das anschließende Fluchtverhalten mit dem Überfahren von zwei roten Ampeln mit Verkehrsgefährdung wurde verständnisvoll vom Richter unter den Tisch gekehrt.

Klingt krass, ist aber leider so entschieden worden.

Vor ca. einem Jahr fuhren drei Motorradfahrer auf einer Landstraße.
Durch den vorherigen Kreisverkehr auseinandergerissen, fuhr Fahrer 2 mit einem Abstand von ca. 50 Metern hinter Fahrer 1, Fahrer 3 folgte in normalem Abstand zu Fahrer 2.
Eine Autofahrerin überholte diese Kolonne in einem Ansatz ohne einzuscheren, obwohl genügend Platz zum gefahrfreien Einscheren gewesen wäre.
Als sich der Gegenverkehr gefährlich genähert hatte und bereits heftig aufblinkte, zog die Fahrerin neben dem vorne fahrenden Motorradfahrer mit 12-jähriger Sozia schlagartig auf die Spur der Motorradfahrer zurück.
Der Motorradfahrer konnte durch ein Notmanöver (Bremsen, Ausweichen und wieder zurück auf die Fahrbahn wuchten - der ca. 1m tiefe Graben neben der Straße wurde nur um ein paar Zentimeter verfehlt) den Unfall gerade noch verhindern, der Abstand zum Auto war zwischenzeitlich < 5 cm.
Danach trat das Fluchtverhalten der Fahrerin zu Tage. Vollgas über den nächsten Kreisverkehr, an der folgenden Ampel bei Rot über die Linksabbiege-Spur geradeaus, dann weiter über die nächste rote Ampel.

Vor 5 Monaten kam es zur Verhandlung vor einem deutschen Amtsgericht.
Die angeklagte Fahrerin wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 800€ und einem Führerscheinentzug mit der Auflage, den Neuerwerb frühestens 12 Monate nach Abgabe zu beantragen. Das Urteil berief sich auf eine Gefährdung des Straßenverkehrs nach StGB §315c (Straftat).

Soweit so gut, aber dann...

Der Anwalt der Fahrerin ging in Berufung. Somit landete das Verfahren vor dem Landgericht.
Alle Zeugen wurden erneut gehört.
Danach wurden die Aussagen der Zeugen aus dem Zusammenhang gerissen und zerstückelt für die Urteilsbegründung genutzt.
Aus der Aussage des 3. Motorradfahrers „ich fuhr mit ca. 35 km/h aus dem Kreisverkehr und beschleunigte dann auf die erlaubten 70 km/h“ wurde vom Richter ein „fuhr mit ca. 35 km/h“ gemacht, womit ein Überholen rechtens und nachvollziehbar sei.
Aus der Aussage der 2. Motorradfahrerin „als das Auto neben mir war, war noch kein Gegenverkehr zu sehen, kurz danach jedoch schon“ wurde vom Richter ein „da war kein Gegenverkehr zu sehen“ und somit keine Gefährdung.
Die Aussage der Motorradfahrer, dass die Motorräder mit ca. 50 Metern Abstand fuhren und somit mehr als genug Platz zum Einscheren gewesen wäre, wurde komplett ignoriert.
Der Richter fragte den abgedrängten Motorradfahrer „Wie hätten sie denn reagiert? Hätten Sie den Frontalzusammenstoß in Kauf genommen oder den Motorradfahrer gefährdet?“. Der Motorradfahrer antwortete „Ich hätte gebremst und wäre hinter dem Motorradfahrer in der 50 Meter großen Lücke eingeschert, hätte somit den Überholvorgang abgebrochen ohne jemanden zu gefährden.“ Diese Option kam aber für den Richter nicht in Frage.
Das neue Urteil lautet jetzt 250€ Strafe und 1 Monat Fahrverbot. Es läge keine Straftat vor, lediglich eine Ordnungswidrigkeit.
Der Richter sah kein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten. Laut §315c StGB 2.c) liegt dieses jedoch vor, wenn jemand falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt.
Die Rotlichtvergehen wurden nicht beachtet, da es ja eine Flucht war....

Alleine ein Rotlichtvergehen (Ampel bei schon länger als 1 Sekunde leuchtendem "Rot" überfahren mit Gefährdung) hätte laut Bußgeldkatalog eine Geldstrafe von 200€, 2 Punkte und ein Fahrverbot von 1 Monat & je nach Tatbegehung Geldstrafe, Führerscheinentzug und Freiheitsstrafe bis 5 Jahre gemäß § 315c StGB nach sich ziehen müssen. Und es waren zwei Rotlichtvergehen.
Das bedeutet, dass die Strafe nicht die beiden Rotlichtvergehen beinhalten kann.

Sieht so der Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer aus?

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Mit dem AZ kann man in Juris suchen. Bis das Urteil da drin steht, vergeht aber etwas Zeit...

Dann warten wir halt so lange und du wirst dann berichten.

Ich bekomme nur Wut, wenn ich sowas lese. Menschenleben ist in Deutschland nichts wert. Hintergeh Steuerbetrug oder zahl keinen Rundfunkbeitrag und du wirst härter bestraft. Es ist einfach Tatsache.

Man braucht doch nur ein bisschen googeln und sieht, dass solche Leute immer mit milden Strafen davonkommen.

https://www.bild.de/.../...bewaehrung-fuer-totraser-55638964.bild.html

https://www.express.de/.../...om-auenweg-mit-bewaehrung-davon-23889462

Ja, teilweise sind die Strafen zu mild.

Aber wir kennen nur immer noch die eine Seite und nicht mal die Begründung. Von daher würde ich mal den Ball flach halten.

Auch werden Steuerbetrüger sehr milde bestaft, wenn ich da so an den Manager eines Fußballclubs im Süden denke. Auch kam er sofort wieder in die Spitzenpositionen zurück.

Mach du das mal als Normalo und du wirst arge Jobprobleme feststellen.

Ich kenne auch andere die verdammt glimpflich bei Betrügereien in Millionenhöhe sehr milde davon gekommen sind.

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Schaut Euch mal diese katastrophale Geschichte an - ein toter 13jähriger Junge (Beifahrer auf einer Harley) und ein flüchtiger Autofahrer: https://tinyurl.com/ya4r2mms

Zitat:

@Pistengangster schrieb am 2. Juli 2018 um 18:14:51 Uhr:


Schaut Euch mal diese katastrophale Geschichte an - ein toter 13jähriger Junge (Beifahrer auf einer Harley) und ein flüchtiger Autofahrer: https://tinyurl.com/ya4r2mms

Deshalb sollte man eigentliche die Gefährung schon so hoch bestrafen, dass die Autofahrer gezwungen werden besser aufzupassen.
Ich hoffe, dass sie den Fahrer des Autos bekommen.

Zitat:

@Pistengangster schrieb am 2. Juli 2018 um 18:14:51 Uhr:


Schaut Euch mal diese katastrophale Geschichte an - ein toter 13jähriger Junge (Beifahrer auf einer Harley) und ein flüchtiger Autofahrer: https://tinyurl.com/ya4r2mms

Ja, Autofahrer flüchten viel weniger, wenn die zu erwartende Strafe deutlich drastischer ist.
Wenn der Führerscheinverlust für ein Monat droht und eine Strafe von 500€, dann haut man schon mal ab.

Bei 3 Jahren ohne Bewährung wegen versuchten Totschlags (oder gleich lebenslänglich wegen Mord) bleibt man gerne am Unfallort und wartet auf die Polizei 🙄

Zitat:

@gecko999 schrieb am 2. Juli 2018 um 18:21:42 Uhr:


...
Deshalb sollte man eigentliche die Gefährung schon so hoch bestrafen, dass die Autofahrer gezwungen werden besser aufzupassen.
Ich hoffe, dass sie den Fahrer des Autos bekommen.

Meinst Du, der Autofahrer hat kurz vor dem Umfahren des Motorrads gedacht:
"Och, das Umnieten eines Motorrads kostet maximal den Führerschein für drei Monate, da kann ich ruhig jemanden plattfahren."?
Garantiert nicht, sonst wäre der anschliessend nicht abgehauen. Der ahnt, dass ihm was sehr Unangenehmes droht. Nur hat er vorher nicht daran gedacht. Jetzt ist zu spät.

Die Leute gehen einfach davon aus, dass nichts passiert. Unfälle bauen die anderen, weil die Idioten nicht fahren können.

Ich sag noch mal, schmeißt ihr mal alle den ersten Stein.

Klar sollte man die möglichst kriegen, klar erwartet sie eine Strafe, wie oder warum sollte aber erst geklärt werden.

Ich hab selbst als Autofahrer schon mal einen Moppedfahrer übersehen, auch auf der AB.

Obwohl ich immer sehr aufpasse da ich ja selber betroffener sein könnte.

Aber wir sollten nicht immer gleich Richter und Henker spielen.

Fassen wir uns erst mal alle an die eigene Nase.

Das Problem ist die Gleichgültigkeit der Autofahrer. Ich habe es nicht einmal, sondern bereits mehrfach erlebt, dass mich ein Autofahrer fast umnietet, ich durch meine Ausweichaktion die Kollision verhindert habe, und der Autofahrer am Ende nur mit den Schultern zuckt.

Es ist diese pure Arroganz des Stärkeren und diese Geringschätzung eines anderen Lebens, die mich ankotzt. Gäbe es keine Gesetze, und wäre ich nicht zivilisiert, würde ich diese Typen mit dem Baseballschläger malträtieren.

Hast Du auf dem Motorrad immer einen Baseballschläger dabei?

Zitat:

@KapitaenLueck schrieb am 2. Juli 2018 um 19:05:48 Uhr:


Ich sag noch mal, schmeißt ihr mal alle den ersten Stein.

Klar sollte man die möglichst kriegen, klar erwartet sie eine Strafe, wie oder warum sollte aber erst geklärt werden.

Ich hab selbst als Autofahrer schon mal einen Moppedfahrer übersehen, auch auf der AB.

Obwohl ich immer sehr aufpasse da ich ja selber betroffener sein könnte.

Aber wir sollten nicht immer gleich Richter und Henker spielen.

Fassen wir uns erst mal alle an die eigene Nase.

Eigene Nase: Ich habe zum Glück während meiner ca. 1.800.000 km mit diversen Autos zum Glück noch nie einen Motorradfahrer übersehen und ich hoffe, dass es so bleibt.

Ich verlange nur eine Bestrafung nach dem Bußgeldkatalog bzw. den StGB und keine weichgespülten "du armer autofahrer" Urteile.
Jeder kann im Bußgeldkatalog und Gesetz nachsehen, welches Vergehen wie bestraft wird. Wenn jemand das nicht weiss und auf unwissend macht.... Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Zitat:

@ka-ruffi schrieb am 2. Juli 2018 um 19:43:28 Uhr:


Hast Du auf dem Motorrad immer einen Baseballschläger dabei?

Klappt während der Fahrt eh nicht. Der Autofahrer ist mit Blech drum herum und 4 Gummis am Boden immer im Vorteil.

Im Zweifel reichten auch meine Rennstiefel mit ihren Schleifkanten und Metalleinsätzen. Danach wäre das Blech zerkratzt und zerdellt.

Hab sogar schon mal einen potentiellen Mörder nach einer Beinahe-Kollision (hatte mir die Vorfahrt genommen) zum Anhalten und Aussteigen bewegt. Nachdem er mit den Schultern gezuckt hatte, gab es Verbalinjurien, damit hatte sich der Fall erledigt. Kurz Druck ablassen und weiter. Mittlerweile reagiere ich innerlich aber noch wesentlich gelassener in solchen Situationen.

Gecko, sorry wenn das bei mir so klang als wäre es für den Möppifahrer eng geworden, nein, ich hab immer noch früh genug reagieren können so das er(sie nicht beeinträchtigt wurde.

Auch habe ich die andere Seite Gott sei Dank noch nicht so bedrochlich kennen lernen müssen. Als Möppifahrer denke ich aber immer, versuche es zumindest, für den Dosenfahrer mit und schaue immer in seine Augen ob er mich auch sieht.

Ich versuche aber jetzt mal die Finger still zu halten und warte mal auf die Begründung.

Also ich hab ja null Ahnung was Gerichtsurteile anbelangt, deshalb mal eine Frage: was wär gewesen wenn der TE als Nebenkläger vor Gericht gestanden hätte und nicht nur als Zeuge?
Wenn der Staatsanwalt nicht weiter geht könnte doch der Nebenkläger weitere Instanzen nutzen, oder?

Gruß Sigi
PS: im übrigen finde ich das Urteil eine Sauerei, wahrscheinlich wieder ein Richter ohne Fahrerlaubnis.

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