Schlechter Geradeauslauf/Spurrillenempflindlichkeit
Hallo zusammen,
ich bin es gleich noch mal. Nachdem ich das Bremsenproblem lösen konnte, kann ich mich wieder dem eigentlichen Problem an meinem englischen Patienten (Jaguar XJ) zuwenden (die Bremse ich hatte nur am Wickel, weil sie den Weg zu den Spurstangenköpfen und Tragegelenken versperrte).
Ich versuche es mal kurz zu fassen: ich habe den Wagen mit großem Wartungsstau übernommen, das Lenkrad stand schief und der Geradeauslauf war bescheiden. Nach und nach habe ich alle Fahrwerkskomponenten erneuert und die Spur mehrmals einstellen lassen. Das machte die Sache zwar besser, aber nicht wirklich zufriedenstellend (vor allem für eine Oberklasselimousine).
Letztes Jahr habe ich dann die Hinterachse komplett überholt, das hat in Punkto Spurstabilität aber rein gar nichts gebracht. Dann habe ich die schwer zugänglichen unteren Querlenkerbuchsen sowie die Traggelenke wechseln lassen und hatte kurzzeitig das Gefühl, der Wag fährt jetzt signifikant besser.
Leider hielt dieser Eindruck nicht lange, schon nach einigen hundert km stellte sich ein Klappergeräusch an der Vorderachse ein, insbesondere in Rechtskurven und die Spurstabilität ließ auch schon wieder nach.
Weitere Beobachtung: die Reifen sind vorne außen deutlich stärker abgefahren als in der Mitte (ca. 1,5mm Unterschied). Obwohl der Wagen Heckantrieb (und nicht gerade wenig Leistung/Drehmoment) hat, hat er vorne kaum mehr Restprofilstärke als hinten, da scheint es auf der Vorderachse schon stark zu arbeiten.
Habe über Winter nochmals die oberen Querlenkerbuchsen getauscht (die hatte ich vor Jahren schon mal tauschen lassen, aber die waren schon wieder fertig) und nochmal die Traggelenke, da bei einem der jüngst erneuerten bereits ein Riss in der Manschette war und es an 2 anderen gar schon Fett rausdrückte, sowie die Spurstangenköpfe.
Resultat: das rechte Vorderrad, das bei der Spurvermessung immer zu viel Sturz hatte, steht jetzt sichtbar gerader, das Knacken ist weg oder zumindest weniger geworden. Aber: das Fahrverhalten auf schlechten, abschüssigen Straßen oder tw. auch bei Spurrillen ist beinahe noch schlimmer als vorher. Zum Beispiel bei welligen Fahrbahnrändern haut es wirklich derbe ins Lenkrad, der ganze Wagen kommt in Wanken (bzw. Rollen, wie der Engländer sagen würde).
Der Querstabilisator, der solche Wankbewegungen ja eigentlich verhindern soll, sieht für meine Eindrücke aber ok aus und sitzt stramm, gleiches gilt für die Anti-Roll-Bars, die ich übrigens auch schon mal erneuert habe.
So langsam gehen mir die Teile zum Tauschen aus und vor allem auch die Ideen. Ein offenes Thema sind definitiv die Reifen, die sollten nun wirklich mal neu, aber ich weiß nicht so recht welche. Ein Jaguar-Spezi empfahl mir Reifen mit steifen Flanken, konnte mir aber kein konkretes Modell empfehlen.
Meine persönliche Erfahrung bei einem anderen Auto war die, daß es auf 205er Bereifung mit V-Profil im Gegensatz zu 225er Reifen mit Längsprofil Spurrillen nicht nach läuft. V-Profil gibt es heutzutage ja aber nur noch bei Winter- oder Ganzjahresreifen (hatte dazu auch schon mal einen Thread im Reifen-Forum aufgemacht).
Dann wären da noch die Stoßdämpfer, die habe ich noch nicht erneuert. Rein optisch sind sie unauffällig, kein Ölverlust oder dergleichen, aber es fällt auf, daß der Wagen hinten viel leichter einfedert (und ganz leicht nachwippt) als vorne, wo ich mich mit ganzer Kraft aufstützen muss, um ein Einfedern zu provozieren, ein gewisser Restverdacht bleibt, daß die Stoßdämpfer vorne für die Knack-/Knirschgeräusche verantwortlich sind, die beim Überfahren von Schwellen/groben Querfugen mitunter wahrnehmbar sind. Ich könnte mir grundsätzlich vorstellen, daß verschlissene oder nicht passende Stoßdämpfer ein problematisches Fahrverhalten auslösen können, aber jetzt nicht unbedingt von einem Tag auf den anderen.
Möglicherweise haben aber auch die ausgenudelten Querlenkerbuchsen und Traggelenke den einen oder anderen Fehler in anderen Bauteilen verdeckt, der jetzt ungefiltert zu Tage tritt.
Zuletzt hatte ich ja noch die Bremse in Verdacht, ich vermute, die zugequollenen Bremsschläuche haben schon seit längerem dafür gesorgt, daß die Bremse vorne immer leicht zu war, aber mit freier Vorderradbremse hat sich das Fahrverhalten auch nicht zum Besseren gewendet.
Was sagt ihr, noch irgendwelche Ideen, woran es liegen könnte? Oder bin ich mit Reifen und Stoßdämpfern auf der richtigen Fährte?
Danke und Grüße
Olli
139 Antworten
Den Gedanken hatte ich auch schon mal, allerdings besitzt der Wagen einen wirklich massiven Hilfsrahmen vorne und hinten, so leicht verbiegt der sich nicht. Und wenn das Chassis einen Weg hätte, würde der Hilfsrahmen von den Befestigungspunkten her nicht mehr passen. Es gibt auch keinerlei Anzeichen für irgendwelche behobenen oder vertuschten Unfallschäden.
Das schwächste Glied in der Kette wäre allenfalls das Lenkgetriebe, wenn er mal einen heftigen Schlag auf ein Vorderrad bekommen hätte, ginge die Kraft wohl zu einem Großteil da drauf, denn Querlenker und Federbein sind am Hilfsrahmen befestigt.
Nur Ausmessen bringt Klarheit.
Bei Schlägen auf das Lenkgetriebe, verboegen meist die Spurstangen oder die Lenhebel am Radlagergehäuse, je nach Fahrzeugtyp, je nachdem, was stärker ist.
Neben Unfallschäden wären auch Ermüdung, Überlastung oder Korossion möglich.
Bei meinem Golf 1 waren die Federbeindome vorne nach Überfahren einer Querfuge auf der Autobahn an diversen Schweißpunkten abgerissen. Sonst war kein Schaden, weder an Felge, Reifen, Dreieckslenker oder Stoßdämpfer.
Gut sie war halt 4cm hoch und es hat einen heftigen Schlag gelassen bei 100km/h.
Ich hab's heute nochmal vermessen lassen und bin ein wenig überrascht.
Der Sturz vorne rechts ist wieder viel zu negativ, obwohl ich schon Ausgleichsshims angebracht hatte. Durch die neuen Querlenkerbuchsen hat sich die Situation also eher verschlechtert. Der Meister meinte aber, daß das Domlager vorne rechts defekt sei, das kann sich auf den Sturz auswirken und das würde auch das Klappern erklären.
Nur hat der XJ gar kein Domlager, zumindest nicht so eins, wie man es von moderneren Autos kennt. Feder und Stoßdämpfer sind vorne getrennt und nur der Stoßdämpfer ist mit der Karosserie verbunden, liegt dort auf diesen Schaumstoffbuchsen.
Die Messung hinten haben sie leider total vermasselt, bei den Sturzwerten würde das Rad ja fast schon flach auf dem Boden aufliegen. Die Spur unterscheidet sich auch links/rechts stark, wobei sie rechts innerhalb der Toleranz wäre, links weicht sie erheblich vom Vorjahreswert ab. Hinten links hatte ich letztes Jahr den Sturz eingestellt, die Spur lässt sich nicht einstellen, allerdings sollte sich ja eigentlich nicht gegenseitig beeinflussen. Rechts hatte ich eigentlich gar nichts gemacht, hatte nur noch mal das Federbein und den Querlenker gelöst, weil ich an die Einfüllschraube vom Diff musste. Vielleicht sollte ich den Querlenker links auch einfach noch mal Lösen und neu anziehen.
Meß einfach mit der Wasserwaage und zwei gleichlangen Schrauben am Felgenhorn als Abstandshalter.
Da kann man direkt nach dem Einlegen der Shims den Sturz überprüfen.
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Mit dem Shims bekomme ich das sowieso nicht mehr ausgeglichen, die machen maximal 0,3° aus und 0,2° habe ich schon verbaut. Kann dann nur noch am Domlager/Stoßdämpfer liegen ... oder der Vorderachsrahmen ist verzogen, was ich mir nicht so richtig vorstellen kann, der ist nämlich so massiv gebaut, der würde auch einer Dampflok gut zu Gesichte stehen ... oder die Querlenker, die sind aber auch alles andere als filigran. Ich hatte die auch schon in der Hand, mit bloßen Auge sind mir da keine Unregelmäßigkeiten aufgefallen.
Der Rahmen ist am hinteren Ende seitlich über Buchsen verschraubt (#2) und vorne bzw. in der Mitte über die sogenannten Vee-Mounts(#3) von oben. Das lässt nicht wirklich viel Spiel zu, aber an sich ist das eine gute Idee es darüber verstellen zu wollen.
Anbei nochmal eine Skizze von der vorderen Radaufhängung. Wie man sieht arbeiten Feder und Querlenker direkt gegen den Hilfsrahmen, sind also unabhängig von dessen Position zum Chassis. Einzig die Stoßdämpfer (rot eingezeichnet) stellen sozusagen des bindende Element zum Chassis dar. Wenn der Stoßdämpfer zu kurz oder zu lang ist (oder falsch gelagert), wirkt sich das auf den Arbeitswinkel der Querlenker und somit potenziell auch auf den Sturz aus.
Bzgl. hintere Spur: Ab dem 94er Modelljahr haben die hinteren Querlenker übrigens eine Schlitzung an der Aufnahme für den Achsschenkel und über diese lässt sich dann die hintere Spur einstellen. Mangels Teileverfügbarkeit lässt sich das aber nicht mal eben umrüsten. Man könnte höchstens auf die Idee kommen, die Lochbohrung im Querlenker zu einem Schlitz aufzuweiten, was wohl auch schon früher durchaus mal praktiziert wurde.
Das Rad ist nur durch die Lenker geführt. Der Stoßdämpfer führt nicht, sondern dämpft nur.
Doppeldreiecklenkerachse.
Wichtiger ist eigentlich die Fahrzeughöhe. Die meisten Fahrzeuge bekommen beim einfordern mehr Sturz. Wird hier erreicht durch kürzere Lenker oben und die Schrägstellung der Lenker in der Nulllage.
Schon waagrecht, nach unten oder nach oben. Federt das Fahrzeug ein und der Lenker geht von waagrecht nach oben, wird der Achsschenkel auch nach innen gezogen.
Das ist im Prinzip mein Gedanke: wenn der Stoßdämpfer nicht sauber im Domlager sitzt oder aus anderen Gründen nicht voll aus- oder einfährt, wirkt sich das auf den Sturz beim Ein-/Ausfedern aus, weil es den Weg vom unteren Querlenker beeinflusst.
Im belasteten, statischen Zustand (so wie bei der Vermessung), sollte der Dämpfer aber eher weniger ausmachen, da bestimmen ja eigentlich Fahrzeuggewicht und Federn die Querlenkerstellung.
Fahrzeughöhe: Von der Radnabe zum Radlauf gemessen ist vorne links/rechts tatsächlich ein kleiner Unterschied von etwa 3mm, bin mir nur gerade nicht sicher, welche Seite höher/tiefer ist. Wenn der Sturz vorne rechts negativer ist als links, müsste der Logik zufolge die Fahrhöhe rechts niedriger sein, denn beim Ausfedern verändert sich der Sturz Richtung positiv. Ich gehe später nochmal nachmessen.
Ich würde erstmal die Kiste gerade drücken/ziehen. Du schreibst ja selbst dass der Rahmen der VA krumm Ist.
Der Stoßdämpfer hat bei der Konstruktion keine Auswirkung auf den Sturz.
Zitat:
@Go}][{esZorN schrieb am 3. Mai 2024 um 18:50:37 Uhr:
Ich würde erstmal die Kiste gerade drücken/ziehen. Du schreibst ja selbst dass der Rahmen der VA krumm Ist.
Wo habe ich das denn bitte geschrieben? Ich schrieb der ist so stabil, daß es schwierig wird, den zu verbiegen. Wenn der Rahmen krumm wäre, könnte man den gar nicht mehr am Chassis befestigen, weil die Aufnahmepunkte nicht mehr passen würden.
Zitat:
@autofahrer23 schrieb am 02. Mai 2024 um 22:44:33 Uhr:
.. oder der Vorderachsrahmen ist verzogen, was ich mir nicht so richtig vorstellen kann
Sorry, falsch erinnert. 😰
Könnten nicht vielleicht doch auch die Reifen dran schuld sein? Aktuell ist vorne rechts ja der ehemalige rechte Hinterreifen drauf, und der hatte auch schon immer recht viel (negativen) Sturz, d.h. er dürfte sich auf der Innenseite stärker abgefahren haben als außen und steht jetzt mutmaßlich nicht mehr gerade auf, sondern begünstigt den negativen Sturz. Ich könnte mal mit dem Ersatzrad die Gegenprobe machen.
Hat eher Auswirkungen beim Fahren, als beim Messen.
Wichtig wäre auch die Felge zu prüfen auf Schlag und das Radlagerspiel. Gerade alte Felgen sind ab Werk schon " ungenau" und haben in ihren Leben meist schon viel mitgemacht.