PIH für Newbies: FAQ zu Ladekabel, Hausinstallation etc.

Volvo

Hallo,

nachdem sich für uns herauskristallisiert, dass das nächste Fahrzeug aller Wahrscheinlichkeit ein Volvo mit Twin Engine sein könnte, beschäftigen mich die Fragen rund um die Lademöglichkeiten.

Aus diesem Grund habe ich mir gedacht, ich mache einmal einen gesonderten Thread zu diesem Themenkomplex auf.

Wo und wie ladet ihr eure Fahrzeuge?
Nutzt ihr die 230V-Steckdose in der heimischen Garage, oder nutzt ihr öffentliche Ladestationen? Welche Kabel braucht man dazu und wie lange dauert das Laden?

Welche Voraussetzungen muss die Hausinstallation erfüllen?
Habt ihr eine normale Steckdose, oder eine dieser speziellen Wall-Boxen?
Gibt es Fördergelder für die Installation von privaten Ladeeinrichtungen?
Wer berät den Neukunden?

Wie läuft die Abrechnung der Stromkosten, wenn der Dienstwagen über Nacht an der privaten Steckdose lädt?
Gibt es dafür schon bewährte Modalitäten?

All dies und mehr...

Ich freue mich auf den Gedanken- und Erfahrungsaustausch.

Beste Antwort im Thema

kleine Zusammenfassung zum Thema Wallbox von meiner Seite (gültig für Deutschland):

gängige Wallbox-Typen:

  • Schukosteckdose; 230V, 10A =2,3kW Ladeleistung; originaler "Ladeziegel" bei den meisten Herstellern
  • Schukosteckdose; 230V, 16A =3,7kW Ladeleistung; einige Drittanbieter-"Ladeziegel"
  • Typ 2; 230V, 16A = 3,7kW
  • Typ 2; 230V, 20A = 4,6kW
  • Typ 2; 400V, 16A = 11kW
  • Typ 2; 400V, 32A = 22kW

Laut TAB (technische Anschlussbestimmungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz) sind Einzelgeräte (in dem Fall die Wallbox) ab 12kW Nennleistung zustimmungspflichtig durch den Netzbetreiber!

FI (Fehlerstromschutz)

Im Haushalt üblich sind FI Typ A die für alle Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreise seit 2007/2018 in Deutschland Pflicht sind. Eine Wallbox muss einen Schutz vor Gleichstromfehlern haben. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Die Wallbox hat keinerlei Schutzeinrichtung, dann muss ein FI Typ B (für Wechsel- und Gleichfehlerströme) in die Hausinstallation eingebaut werden oder ein vorhandener Typ A durch einen Typ B ersetzt werden.
  • Die Wallbox hat DC Fehlerstromsensoren, dann benötigt man einen FI Typ A.
  • Die meisten Wallboxen haben einen FI Typ B inkludiert, hierbei ist darauf zu achten das in der Hausinstallation kein FI Typ A vorgeschaltet ist

Der Leitungsschutzschalter soll, wie der Name es sagt, die Leitung, sprich das Kabel, nach ihm schützen.
Bei der Dimensionierung ist die Leistung der Wallbox entscheidend.
Mehrere Wallboxen an einer Absicherung müssen mit einem Gleichzeitigkeitsfaktor von 1,0 betrachtet werden.
Das heißt als Beispiel: Eine Unterverteilung in der Garage von der drei 11kW Boxen versorgt werden. Die Zuleitung dieser Verteilung muss 33kW bereitstellen dies entspricht einem Nennstrom von 48A - nächst größter Schutzschalter hat in dem Fall 50A für das Kabel zu dieser Unterverteilung.

Kabel zur Wallbox:
Dieses Thema ist nicht ganz so leicht und vom Einzelfall abhängig. Der Kabelquerschnitt ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel Verlegeart (in Wand, auf Wand, in Erde, in Rohr, auf Pritsche, allein oder mit anderen zusammen, ...), Umgebungstemperatur, Länge, Strom. Die wesentlichen Tabellen dazu finden sich in der DIN VDE 0298-4 (Tabelle 9.1, 9.2).
Trotz der vielen Tabellen und Korrekturfaktoren, gibt es ein weiteres wichtiges Kriterium. Der zulässige Spannungsabfall vom Zähler bis zu den Geräteklemmen darf 3% nicht überschreiten.
Die Formel für den hierfür benötigten Mindestkabelquerschnitt hat man uns als Elektriker vor 20 Jahren wie folgt eingebläut:
(2x Kabellänge x Strom der Absicherung x Leistungsfaktor) / (56 x 0,03 x Spannung) = Mindestquerschnitt um die 3% einzuhalten
Typische Leistungsfaktoren für diese Anwendung sind >0,9

Kleines Beispiel:
Um auch für die Zukunft gerüstet zu sein entscheiden wir uns für eine 11kW Box. Das Kabel verlegen wir durch die Erde zum Carport. Der Weg ist etwas knifflig und es wird damit 60m lang.
11kW heißt 400V und 16A Absicherung. Bei Verlegeart D (in Erde) ergibt sich laut Tabellen in der DIN ein Kabel mit 1,5mm² (belastbar laut Tabelle bis 18A). Für die 60m brauchen wir aber einen Mindestquerschnitt laut Formel von >2,57mm². Das bedeutet das wir in dem Fall ein 4mm² Kabel ziehen müssen.

anderes Beispiel:
Wallbox in die Garage, für den Volvo reicht die kleine mit Typ 2 und 3,7kW. Das Kabel verstecken wir schön in der isolierten Gipskartonwand und der Weg ist mit 4m angenehm kurz.
3,7kW und 230V sind 16A Absicherung. Wir sehen nach Verlegeart A2 (isolierte Wand) das ein 1,5mm² Kabel nur bis 15,5A belastet werden darf, es muss also ein 2,5mm² Kabel her welches 18,5A durchlassen darf. Für die 3% maximalen Spannungsabfall brauchen wir rechnerisch mindestens ein 0,3mm² Kabel. Ergo wird es ein Kabel mit 2,5mm² werden müssen.


Meine Tage als Elektriker sind zwar schon zwei Jahrzehnte her, aber nach dem Studium bin ich der Elektrotechnik treu geblieben und hoffe hier einigen Laien ein bisschen Überblick verschafft zu haben, weil das Thema Kabel und Absicherungen in meinen Augen mit viel Halbwissen und Bauchgefühl diskutiert wird. So zumindest mein Eindruck ohne hier jemanden Nahe zu treten.

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@die-andis: Ich hab bei mir in der Tiefgarage eine 90 Meter lange Leitung mit 4mm2 legen lassen, das reicht für die max. 15A, die der Wagen zieht völlig aus. Auch der Spannungsabfall ist mit ca 5% noch akzeptabel, es kommen immer noch 210 Volt an. Dickere Kabel sind teurer, aber sinnlos. Daran hatte ich zunächst eine Steckdose (die sollte 16A Dauerstrom aushalten) angeschlossen, diese später durch eine einphasige Ladestation mit Typ2-Ladekabel ersetzt, damit ich nicht jedesmal den Ladebrikett anschließen musste. Funktioniert jetzt schon bei meinem dritten PIH problemlos. Als Ladekarten empfehle ich PlugSurfing und Maingau.

In einem eigenen Carport würde ich dringend empfehlen die Leitung auch auf Ladung von BEV auszulegen. Idealerweise eben bis zu 22 kWh. Und dafür eben mind. 5x10mm2. Bei 90 Metern dann wegen Spannungsabfall gerne auch dicker.

4qmm.jpg
10qmm.jpg
16qmm.jpg

Und hier noch der Spannungsabfall bei einphasigem Laden am T8. Ich wäre damit nicht zufrieden, 5% der Energie in Wärme umzuwandeln... 😉

Einphasig T8

Zitat:

@gseum schrieb am 5. Mai 2019 um 11:41:30 Uhr:


In einem eigenen Carport würde ich dringend empfehlen die Leitung auch auf Ladung von BEV auszulegen. Idealerweise eben bis zu 22 kWh. Und dafür eben mind. 5x10mm2. Bei 90 Metern dann wegen Spannungsabfall gerne auch dicker.

Bedenkt bitte, dass die 22 kW nur gemeinsam über 3 Phasen abgegeben werden können als wird die Last auf drei Leiter verteilt.

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Zitat:

@gseum schrieb am 5. Mai 2019 um 11:41:30 Uhr:


In einem eigenen Carport würde ich dringend empfehlen die Leitung auch auf Ladung von BEV auszulegen. Idealerweise eben bis zu 22 kWh. Und dafür eben mind. 5x10mm2. Bei 90 Metern dann wegen Spannungsabfall gerne auch dicker.

Uund noch was, bei 90 Meter zwischen zwei Erdpunkten können ganz schöne Ausgleichstöme entstehen, da wäre es besser einen eigen Erdpunkt setzen zu lassen. Sollte der Elektriker weisen.

Bei sowas immer Bedenken: Bis 12kW muß der Netzbetreiber nur informiert werden, über 12kW muß man es erst genehmigen lassen.

Zitat:

@RacersHardware schrieb am 4. Mai 2019 um 15:38:30 Uhr:


Die Seite ist top 🙂
Gibt es die auch als App? 😎

Ich hab die app „ladEN“
Die greift auch auf die goong electric infos zu. Bei bedarf direkt verlinkt.

Zitat:

@gseum schrieb am 5. Mai 2019 um 11:48:55 Uhr:


Und hier noch der Spannungsabfall bei einphasigem Laden am T8. Ich wäre damit nicht zufrieden, 5% der Energie in Wärme umzuwandeln... 😉

Wie schon geschrieben bei mir funktioniert die Installation seit etlichen Jahren, erst mit dem Ampera, dann dem V60 D6 und seit 2017 mit dem T8. Und natürlich hat ein Elektriker des Tiefgaragenbetreibers das für mich fachgerecht installiert. Aber wer die superdicken Kabel installieren möchte und das Geld dafür ausgeben möchte soll es tun. Nötig ist es nicht.

Zitat:

@stelen schrieb am 5. Mai 2019 um 15:03:04 Uhr:


Bei sowas immer Bedenken: Bis 12kW muß der Netzbetreiber nur informiert werden, über 12kW muß man es erst genehmigen lassen.

Leider nicht mehr überall. Bei uns (Bodensee) wurde die Grenze auf 3,7 KW abgesenkt (sagte der Elektriker). Alles darüber ist Genehmigungspflichtig und wird oberhalb 11 KW per se verweigert, weil man nicht in die Netzinfrastruktur investieren möchte. Wollte an zwei Häusern je eine 22KW Ladesäulen installieren (eine für mich, eine für ein E-Carsharing) , genehmigt wurden dann zwei mal 11 KW, hab ichs erstmal gelassen.

Also bitte vorab mit dem Netzbetreiber klären wie die Sachlage ist

Ach ja: Und die Genehmigung hatte es in sich. Gleichzeitige "Leerrohrverlegung" für späteren Datenkabelanschluss. Die Stadtwerke träumen davon bei Überlast dann einfach ein paar Ladepunkte runterzuregeln oder vom Netz zu nehmen.

Um die Spitzen zu brechen und die Last möglichst gleichmässig zu verteilen, sind die meisten Netzbetreiber darauf angewiesen, dass sie sperren können. Ob das nun über einen Netzkommandobefehl geht oder über Anbindung an das Lastmanagement der Ladestation entscheidet jedes EVU selber. Es gibt allerdings auch Versorger, die zur Zeit noch gar nichts in die Richtung vorschreiben.

Und das Problem wird für die Netzbetreiber nicht kleiner werden, wenn immer mehr PIH und BEV unterwegs sind.

Das würde aber auch bedeuten, dass ich (fiktiv) meinen Audi e-tron an die (fiktive) 22KW Ladesäule im Hof hänge und morgens dann der Wagen trotzdem leer ist weil das EVU runtergeregelt hat da z.B. alle Klimaanlagen liefen (fiktive heisse Sommernacht). Ich glaube ich werde noch lange einen Plug in fahren, der Vollstromer wird immer unattraktiver, von den KW-Ladesäulenpreisen gar nicht erst zu reden...

Ich habe problemlos 63 kWh bekommen. Die Anschlüsse werden bis 30 kWh gefördert, die Installationskosten des Netzbetreibers übernommen.

Zitat:

@zettzett schrieb am 6. Mai 2019 um 00:52:06 Uhr:


Das würde aber auch bedeuten, dass ich (fiktiv) meinen Audi e-tron an die (fiktive) 22KW Ladesäule im Hof hänge und morgens dann der Wagen trotzdem leer ist weil das EVU runtergeregelt hat da z.B. alle Klimaanlagen liefen (fiktive heisse Sommernacht). Ich glaube ich werde noch lange einen Plug in fahren, der Vollstromer wird immer unattraktiver, von den KW-Ladesäulenpreisen gar nicht erst zu reden...

Als Netzbetreiber würde ich (fiktiv) sowieso keinen e-tron laden wollen 😉

Die Netzbetreiber wollen ja Strom verkaufen. Es geht mehr darum wann, nicht ob. Wenn in Zukunft halb Europa ihre Fahrzeuge nach Feierabend gleichzeitig, also irgendwann um 17:00/18:00/19:00, ans Netz hängen wollen, gibt das eine nicht zu bewältigende Spitzenlast.

Wie der Lösungansatz in Zukunft sein wird, wird sich zeigen. Ob es Sperren sind oder ob es über den Preis gemacht wird. Vielleicht zahlst du um 18:00 einfach 4x soviel wie um 01:00. IoT und immer intelligentere Lastmanagements werden bestimmt auch ein Teil der Lösung sein.

Zitat:

@gseum schrieb am 6. Mai 2019 um 01:40:00 Uhr:


Ich habe problemlos 63 kWh bekommen. Die Anschlüsse werden bis 30 kWh gefördert, die Installationskosten des Netzbetreibers übernommen.

Bin echt beeindruckt. Hier in BW gibt es so gut wie gar nichts an Förderung. 3-5000 Euro Zuschuss zu ner ollen Ladesäule, aber quasi nur in Stuttgart. Die EVU blocken wie gesagt alles ab, besonders die "Stadtwerke am See" die den Komunen ja Geld bringen sollen und nicht investieren möchten. Mein Elektriker hat mir von genau "EINER" genehmigten 22 KW Ladebox berichtet, weit draußen auf dem Land.
63 KW sind hier absolut undenkbar. 11 KW sind aber ein Witz für Vollstromer a la Audi, Tesla oder Kia. Das kann ich damit vergessen. 22 KW wäre das mindeste, zumal die Installationskosten fast identisch wären zu 11 KW.
Also lad ich brav weiter mit 13A /230V. Vielleicht kann ich sie noch mit einer CEE32A Dose überlisten, wäre zwar jetzt auch genehmigungspflichtig, aber da hätte ich sicher mehr gute Gründe als ein "doofes BEV" vorzutragen.

Zitat:

11 KW sind aber ein Witz für Vollstromer a la Audi, Tesla oder Kia. Das kann ich damit vergessen. 22 KW wäre das mindeste, zumal die Installationskosten fast identisch wären zu 11 KW.

Warum sollte das "ein Witz" für Vollstromer sein? Ein Audi E-tron kann aktuell sowieso nur 11kW per AC laden, ein Model 3 ebenso (nur S/X können 16,5kW), die diversen Hyundai/Kia können meist nur mit max. 7.2kW AC laden. 11kW ist für den Hausgebrauch aber auch tatsächlich selbst mit großem Akku mehr als ausreichend, ich spreche da aus Erfahrung. 22kW ist Luxus, den man nicht wirklich benötigt. Selbst mit 2.3kW aus der SchuKo-Dose kommen manche beim Laden über Nacht zurecht.

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