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Höherer Restwert durch die Versicherung - ich möchte trotzdem reparieren lassen

Themenstarteram 23. September 2022 um 18:14

Hallo liebe Mitglieder,

mir ist jemand reingefahren und ich habe bereits einen Anwalt, aber den kann ich erst Montag wieder kontaktieren und ich habe eine Rechenfrage. Vielleicht hatte je jemand bereits so einen Fall und kann behilflich sein, dass ich am Wochenende beruhigt schlafen kann :)

Die Fakten:

Reparaturkosten ohne MwSt. : 10.730 €

Wiederbeschaffungswert: 10.000 €

Restwert mit MwSt. : 3850 €

Das Angebot mit einem höheren Restwert der Versicherung beträgt: 4.100€

Meine Frage: Es gilt ja die 130% Regel und ich Reparaturkosten werden sogar unter 10.000 € laut Werkstatt liegen. Darf ich mein Auto reparieren lassen und bekomme dann einfach die (3850 - 4100 =) -250€ weniger ausgezahlt für die Reparaturkosten?

Vielen Dank.

Liebe Grüße

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14 Antworten

Du kannst nach Gutachten reparieren lassen.

Zitat:

@mister-x0 schrieb am 23. September 2022 um 20:14:13 Uhr:

Darf ich mein Auto reparieren lassen und bekomme dann einfach die (3850 - 4100 =) -250€ weniger ausgezahlt für die Reparaturkosten?

Es gibt 2 (sinnvolle) Möglichkeiten:

- Entweder vollständig und fachgerecht nach Gutachten reparieren lassen und das Fahrzeug mindestens weitere 6 Monate nutzen. Du bekommst die kompletten Reparaturkosten inkl. Steuer erstattet.

- oder das Fahrzeug hergeben. Dann bekommst du, wenn du es dem Restwertkäufer gibst, die 4.100,- € vom Restwertkäufer und den Rest auf deine 10.000,- € von der Versicherung. Insgesamt bekommst du also die 10.000,- € die das Fahrzeug vor dem Unfall noch wert war.

Die Frage ist, ob es Sinn macht, das Auto mit dem hohen Schaden reparieren zu lassen.

Oder ob es nicht besser ist, die 10.000 Euro zu nehmen und davon ein Neues zu kaufen.

Themenstarteram 23. September 2022 um 20:54

Dankeschön, das beruhigt mich sehr! :)

Die Reparaturkosten dürfen den Wiederbeschaffungswert um bis zu 30% übersteigen.

D.h. bei deinem Wiederbeschaffungswert von 10.000€ dürfte die Reparatur bis zu 13.000€ kosten. Der Restwert ist dabei erst einmal uninteressant. Du bekommst genau die tatsächlich anfallenden Reparaturkosten erstattet.

Würde die Reparatur z.B. 14.000€ kosten, würdest du nur die 10.000€ Wiederbeschaffungswert bekommen.

Diese jedoch auch nur abzüglich des Restwertes. Also könntest du 6.150€ von der Versicherung bekommen und könntest die restlichen 3.850€ durch Verkauf des Unfallwagens erhalten.

am 1. Oktober 2022 um 13:59

Zitat:

@mister-x0 schrieb am 23. September 2022 um 20:14:13 Uhr:

Meine Frage: Es gilt ja die 130% Regel und ich Reparaturkosten werden sogar unter 10.000 € laut Werkstatt liegen. Darf ich mein Auto reparieren lassen und bekomme dann einfach die (3850 - 4100 =) -250€ weniger ausgezahlt für die Reparaturkosten?

Liebe Mister-X,

im Falle einer sach- und fachgerechten Reparatur nach Gutachten, werden die Reparaturkosten von der gegnerischen Versicherung bis zum 1,3 fachen ("130%-Regel") des Wiederbeschaffungswertes übernommen, sofern ein Weiternutzungsinteresse des Fahrzeuges angenommen werden kann. Dies ist konkretisiert sich in einer Weiternutzung von mindestens sechs Monaten.

Diese Regulung resulitert aus dem Erhaltungs- bzw. Integritätsinteresse des Geschädigten und wird als Ausprägung des Grundsatzes der Naturalrestitution verstanden. Der Rechtsgedanke ist, dass man im Schadensersatzrecht zunächst das Vermögen des Geschädigten in ursprünglich existierender Form erhalten will. Du hast also nicht nur Anspruch auf Schadensersatz sondern auch Anspruch darauf, den

Zitat:

Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

 

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__249.html

Übertriebem gesprochen ist der reine "Schadensersatz in Geld" ein (unerwünschter) Schadensersatz zweiter Klasse, der zieht, wenn es anders nicht geht. Daher darf man über den Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges hinaus reparieren.

Unser deutsches Schadensersatzrecht ist hier schon verdammt ausgeklügelt und betrachtet auch Probleme, die erst auf den zweiten Blick ersichtlicht werden und bewertet diese auch monetär, nämlich mit 30%.

vG

Quellen:

Zitat:

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 10. Mai 2010 klargestellt, dass ein Unfallgeschädigter nur dann den Ersatz der konkreten Reparaturkosten bis zu 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes verlangen kann, wenn er das Fahrzeug sach- und fachgerecht, insbesondere vollständig reparieren lässt. Zudem muss er dieses Fahrzeug nach der Wiederherstellung mindestens noch sechs Monate weiternutzen (AZ: I-1 U 144/10).

Zitat:

Nach einem Verkehrsunfall mit wirtschaftlichem Totalschaden [kann] der Geschädigte zwar grundsätzlich Ersatz des Reparaturaufwands bis zur Grenze von 130% des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs verlangen, wenn die Reparatur fachgerecht und vollständig durchgeführt werde. Der sogenannte Integritätszuschlag von 30% [ist] jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte das Fahrzeug nach der Reparatur auch tatsächlich weiter benutzen [will], nicht dagegen, wenn er von vornherein die Absicht [hat], es danach alsbald zu veräußern.“ (BGH, Urteil vom 13.11.2007)

Zitat:

@Kfz_Guru schrieb am 1. Oktober 2022 um 15:59:51 Uhr:

im Falle einer sach- und fachgerechten Reparatur nach Gutachten, werden die Reparaturkosten von der gegnerischen Versicherung bis zum 1,3 fachen ("130%-Regel") des Wiederbeschaffungswertes übernommen

Da hier das Gutachten schon vorliegt, kann man sogar sagen, dass die Kosten auch dann übernommen werden, wenn sie nach der vollständigen Reparatur über 130% hinausgehen.

Kann man sagen, ist nur nicht zutreffend.

Zitat:

@germania47 schrieb am 1. Oktober 2022 um 20:34:26 Uhr:

Kann man sagen, ist nur nicht zutreffend.

Sorry, meinte natürlich wie fast immer nicht zutreffend.

Hat google meine Aussage bestätigt? :D

am 2. Oktober 2022 um 6:47

Guten Morgen meine Lieben,

in der Tat ist es so, dass Google einem Vieles bestätigt. Einem entsprehenden Gesuch vorausgesetzt.

Es ist aber durchaus hilfreich, Google dafür zu benutzen entsprechende vertrauenswürdige Primärquellen (hier: obergerichtliche Urteile, wissenschaftliche Artikel, Gesetzeskommentare oder Fachartikel) für das eigene vermeidliche Wissen zu suchen, um die eigene Aussage zu stützen.

Wenn es also alleine nach der Eingabe des Suchenden geht, wäre die Erde auch eine Scheibe. Das anhängede Bild ist vom MDR. :D

vG

Da hast du Recht Kfz-Guru.

Zitat:

@BerndMaili schrieb am 1. Oktober 2022 um 19:40:26 Uhr:

Da hier das Gutachten schon vorliegt, kann man sogar sagen, dass die Kosten auch dann übernommen werden, wenn sie nach der vollständigen Reparatur über 130% hinausgehen.

Ich wollte mit der Aussage darauf hinweise, dass das weiter Prognose- und das Werkstattrisiko beim Schädiger liegt.

Gutachter sagt, es ist eine Reparatur innerhalb der 130% Auflagen machbar.

Wenn es jetzt doch noch mehr kostet, dann wird auch mehr bezahlt.

Natürlich nur dann, wenn man sich an die 130% Regeln hält.

Zitat:

OLG München v. 08.01.1991:

Das Prognoserisiko für eine Überschreitung der Reparaturkosten gegenüber dem SV-Gutachten liegt beim Schädiger.

Zitat:

OLG Frankfurt am Main v. 11.10.2000:

Das Prognoserisiko bezüglich einer Überschreitung der sog. 130-%-Grenze geht nicht zu Lasten des Geschädigten, sondern allein des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung, da der Schädiger den Geschädigten in die missliche Lage gebracht hat, von Prognosen von Sachverständigen über die Reparaturwürdigkeit des Fahrzeuges abhängig zu sein.

Zitat:

LG Köln v. 04.06.2015:

Sofern der prognostizierte Reparaturaufwand zwischen dem Wiederbeschaffungswert und weiteren 30 % liegt, darf sich der Geschädigte bei Vorliegen eines Integritätsinteresses für eine Reparatur entscheiden und hat dementsprechend einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten. Das Prognoserisiko hinsichtlich der Höhe der Reparaturkosten, also dass sich die Einschätzung des Sachverständigen im Nachhinein nicht bestätigt, trägt dabei grundsätzlich der Schädiger. - Eine Begrenzung des Ersatzanspruchs des Geschädigten, weil das Werkstatt- oder Prognoserisiko ausnahmsweise zu Lasten des Geschädigten geht, ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass der Geschädigte den Sachverständigen nicht über den vorliegenden Hagelschaden informiert hat, wenn der Schaden derart offensichtlich gewesen ist, dass eine diesbezügliche Aufklärungspflicht nicht bestanden hat..

Klar gibts immer Ausnahmen. Auf die will sich germania47 wohl auch stürzen.

Wenn, wie man im letzten Urteil schon lesen kann, z.B. Vorschäden vom Geschädigten nicht richtig angegeben wurden und daher der WBW niedriger wäre.

am 2. Oktober 2022 um 8:51

Lieber Bernd,

sehr schön Ergänzung. Jetzt kann man den Post, glaube ich, auch besser einordnen. Dafür ein Danke.

vG

Themenstarteram 3. Oktober 2022 um 8:49

Dankeschön für die tollen Beiträge mit entsprechenden Quellen!

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