Ein kniffliger Fall - Unfallflucht - Totalschaden - Sachverständiger

Hallo liebe Community,

habe in den letzten Tagen viel nachgedacht, viel gegoogelt, hab versucht zu einer Einschätzung zu kommen, und nun hoffe ich vielleicht die Ein oder Andere Einschätzung von euch erhalten zu können, welche mich ein wenig ruhiger schlafen lassen kann, auch wenn mir bewusst ist, dass es nur subjektive Einschätzungen sind.

Folgender Sachverhalt:

Ich Vollidiot habe einen Unfall verursacht und habe mich vom Unfallort entfernt ohne entsprechend die Polizei zu informieren.

Am nächsten Tag habe ich dann bei der Polizei Selbstanzeige erstattet, ob dies so klug war soll hier bitte nicht diskutiert werden, für mich war es ein ein innerliches Anliegen es so zu tun.

Das Auto welches ich beschädigt habe ist nun definitiv ein Totalschaden und hat einen Wiederbeschaffungswert von ca. 1500,- bis 1700,- Euro ohne berücksichtigung etwaiger Vorschäden, wobei ich hier nicht den Kilometerstand bestimmen kann.

Allerdings weißt das Auto definitiv Schäden auf die zu 100% nicht von mir stammen können (Beispiel ein heftiger Parkrempler Stoßstange vorne rechts obwohl ich ihn auf der linken Seite beschädigt habe).

Nun ist es ja so, dass es sich um einen Haftpflichtschaden handelt, sprich, meine Versicherung wird den Wiederbeschaffungswert regulieren und diesen an mich weiterleiten da ich in Regress genommen werden kann.

Aus dieser Kette der Schadensregelierung ergibt sich nun folgende "Angst":

Die gegnerische Versicherung könnte etwaige Vorschäden nur "mangelhaft" als Bewertung des Wertes des Autos vor dem Unfall einfließen lassen, weil halt Totalschaden (Tot ist Tot), diese Wertermittlung könnte dann wiederrum meiner Versicherung egal sein weil sie mich ja eh zu 99% in Regress nehmen wird.

In wie fern kann ich mich darauf verlassen, dass der Gutachter der gegnerischen Versicherung etwaige Vorschäden mit in die Bewertung einfließen lässt und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Versicherung sich dieser Wertertmittlung anschließt und an mich weiterleitet? Oder wird meine Versicherung, obwohl sie mich in Regress nehmen kann und vermutlich wird, das gegnerische Gutachten anfechten wenn dieses zu "hoch" ausfällt?

Knifflig ist halt, dass an der Höhe des Wiederbeschaffungswert meine Strafe hängt, die mich im Strafverfahren erwartet, es ist ja genau die Grenze des "bedeutenden Schadens", ob jetzt halt Fahrverbot oder Entzug in Frage kommt.

Mir ist bewusst, dass ich ein Gutachten anfechten kann wenn dieses für zu "hoch" erscheint, aber wie ist eure Bewertung, dass es überhaupt dazu kommen muss?

Vielen Dank fürs Lesen und vielen Dank für eure Antworten,

dtaler

Beste Antwort im Thema

du kannst hier erst einmal gar nichts anfechten.

Das Gutachten wird vom Geschädigten und nicht von dessen Versicherung in Auftrag gegeben und wird Grundlage der Schadensregulierung.

Deine Versicherung wird sich auch einen "Furz" darum scheren, ob und welche Finaziellen Nachteile dir daraus enstehen.

Du bist in jedem Fall mit bis 5000 € im Boot und wirst das brav zurückzahlen.

Da sich der Schaden auf über 500 € beläuft, wird das -wie du schon richtig erkannt hast- strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Du wirst sehen, was daraus wird.

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Er will halt keinen Anwalt bevor es denn zu spät ist. Im Nachhinein kann der dann immerhin noch Schadensbegrenzung betreiben (von Schäden, die nicht hätten entstehen müssen).

Warten wir einfach ab, wie es weiter geht.

Zitat:

@dtaler schrieb am 4. November 2019 um 08:40:32 Uhr:



Zitat:

@Lastpfad schrieb am 4. November 2019 um 08:22:53 Uhr:


.

Und das sagt wer?

Gruß Lastpfad

Wie man in meinem Link oben sieht, geht wohl Wuppertal zb. recht aktuell her und zieht die Grenzen bei 1500,- Euro.

.

Und? Entscheidung aus 2017 und die Rechtsprechung ändert sich auch ab und an. 🙂

Aber wenn es soweit ist, sollte man das mit einem Profi klären.

Das LG Nürnberg-Fürth sagt in 2018 z.B.:

Die Kammer hat die Änderung von § 44 Abs. 1 StPO und damit die seit dem 24.08.2017 geschaffene Möglichkeit der Verhängung von Fahrverboten von bis zu sechs Monaten anstelle von drei Monaten zum Anlass genommen, ihre Rechtsprechung zum Begriff des bedeutenden Fremdschadens Anfang 2018 zu ändern (bis 2017: 1.800,00 € netto, vgl. z. B. Beschluss vom 11.04.2008, Az. 5 Qs 61/08). Im Hinblick auf die in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB angeordnete Gleichsetzung des bedeutenden Fremdschadens mit der Tötung bzw. nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen einerseits und der wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten zehn Jahren andererseits hat die Kammer im Interesse der Rechtssicherheit eine großzügige Anpassung der Wertgrenze nach oben vorgenommen.

https://verkehrsrecht.gfu.com/.../

Das LG Nürnberg-Fürth sagt in 2018 "bedeutender Fremdschaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist erst ab einem Betrag von 2.500 Euro (netto) anzunehmen".

Der Schaden betrug 2.394 EUR netto!

https://rsw.beck.de/.../...bedeutender-fremdschaden-erst-ab-2.500-euro

Es gibt einfach keine starre Grenze und das ist dein Vorteil.

Gruß Lastpfad

Das stimmt, aber entscheidend wird sein, ob die Folgekosten neben dem reinen Sachschaden wie Nutzungsausfall / Mietwagen, Gutachterkosten, Rechtsanwaltskosten, Wertminderung etc. zur betrachteten Schadenshöhe zählen oder nicht. Falls nein, dann könnte das vermutlich unter die Grenze des bedeutsamen Fremdschadens rutschen. Falls ja, dann kommen schnell 1000 € auf die reine Sachschadenshöhe drauf und dann wird es so oder so eng. Bisher habe ich dazu aber keine Urteile gefunden, woraus das eindeutig hervorgeht.

Zitat:

@hydrou schrieb am 4. November 2019 um 09:55:00 Uhr:



Das stimmt, aber entscheidend wird sein, ob die Folgekosten neben dem reinen Sachschaden wie Nutzungsausfall / Mietwagen, Gutachterkosten, Rechtsanwaltskosten, Wertminderung etc. zur betrachteten Schadenshöhe zählen oder nicht.

Auch das ist irgendwie schwierig zu beantworten.

Zwar heisst es:

Nicht zu berücksichtigen sind dagegen hierbei neben den möglicherweise anfallenden Kosten der Rechtsverfolgung, den möglicherweise anfallenden Kosten für Nutzungs-/Verdienstausfall und Mietwagen insbesondere die Kosten für ein eventuell einzuholendes Sachverständigengutachten, da die Entscheidung, ob ein solches Gutachten eingeholt wird oder nicht, nicht kalkulierbar ist und allein vom Verhalten des Geschädigten abhängt (vergleiche Kammerbeschluss vom 2.2.2016).

Aber dann weiter:

Berücksichtigt man im vorliegenden Fall die Kosten für das Sachverständigengutachten nicht, so verbleibt lediglich ein Schaden in Höhe von 1293,47 €. Dieser Schaden ist aber noch nicht bedeutend i S d § 69 Absatz 2 Nummer 3 StGB.

Was ja wieder bedeutet, man kann aber wohl die Kosten für den Gutachter berücksichtigen.

Letztendlich ist bis zum Feststehen der Schadenssumme und dem Strafbefehl welcher sich daraus ergibt, alles Spekulation.

Ich werde nun einfach abwarten müssen und halte euch auf dem Laufenden wie es weitergeht.

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Wobei sich das so liest, dass diese Kosten gerade nicht zur Schadenshöhe zählen, da diese zur Schadensverfolgung gehören. Jedoch zählt mMn dabei die Wertminderung als Vermögensschaden nicht zu den Folgekosten, sondern direkt zum entstandenen Sachschaden. Sollte jedoch im vorliegenden Fall keine Rolle spielen, da nicht zutreffend.

Ich stelle mir gerade eine Frage:

Ein Geschädigter hat ja durchaus das Recht seinen Schaden erst nach 3 Jahren plus X, also der "allgemeinen" Verjährungsfrist geltend zu machen. Inwiefern würde es also strafrechtlich berücksichtigt werden, würde schlicht und ergreifend keine Schadenhöhe feststehen? Der Strafbefehl (oder die Hauptverhandlung) wird ja wohl kaum im "worst-case" 3 Jahre lang auf dem Schreibtisch der Staatsanwaltschaft verweilen, nur weil der Geschädigte gerade keine Lust hat, seinen Schaden zeitnah ersetzt zu bekommen.

In Anbetracht des doch nicht so eindeutigen Sachverhalts sag ich noch einmal:
Bitte von Anfang an einen FachAnwalt einschalten.
(Problem wird halt sein, den richtigen zu finden)
Will sagen: Anwälte gibt’s genug, aber welcher taugt was?

Zitat:

@guruhu schrieb am 4. November 2019 um 10:49:13 Uhr:


Ich stelle mir gerade eine Frage:

Ein Geschädigter hat ja durchaus das Recht seinen Schaden erst nach 3 Jahren plus X, also der "allgemeinen" Verjährungsfrist geltend zu machen. Inwiefern würde es also strafrechtlich berücksichtigt werden, würde schlicht und ergreifend keine Schadenhöhe feststehen? Der Strafbefehl (oder die Hauptverhandlung) wird ja wohl kaum im "worst-case" 3 Jahre lang auf dem Schreibtisch der Staatsanwaltschaft verweilen, nur weil der Geschädigte gerade keine Lust hat, seinen Schaden zeitnah ersetzt zu bekommen.

.

Der Geschädigte wird schriftlich von der Staatsanwaltschaft aufgefordert die Höhe des Schadens zu beziffern mit dem Hinweis, das Kosten für KVA oder GA nicht übernommen werden.

Wenn keine Rückmeldung erfolgt, wird auch mal nach Aktenlage entschieden.

Gruß Lastpfad

Zitat:

@Lastpfad schrieb am 4. November 2019 um 08:22:53 Uhr:



Zitat:

@AudiFahrer1783 schrieb am 4. November 2019 um 03:37:58 Uhr:


@ Mopedmongo

das Strafmaß, welches sehr von der Schadenhöhe abhängt und bei dem bei 1.300 Euro Schaden eine große Grenze ist, was den Führerschein betrifft.

.

Und das sagt wer?

Gruß Lastpfad

Bussgeldkatalog.org sagt das.

https://www.bussgeldkatalog.org/fahrerflucht-strafe/

im verlinkten Text steht aber auch:

"Folgende Sanktionen liegen im Bereich des Möglichen"

Recht schwammig und kein Garant, damit vor Gericht durchzukommen

Zitat:

@AudiFahrer1783 schrieb am 4. November 2019 um 23:47:57 Uhr:



Zitat:

@Lastpfad schrieb am 4. November 2019 um 08:22:53 Uhr:


.

Und das sagt wer?

Gruß Lastpfad

Bussgeldkatalog.org sagt das.

https://www.bussgeldkatalog.org/fahrerflucht-strafe/

.

Du hast die vorhergehenden Post`s gelesen?

Gruß Lastpfad

Ein kleines Update.

Gestern war ein Gutachter meiner Versicherung da und hat den Schaden aufgenommen, ich war selbstverständlich nicht dabei.

Allerdings pflege ich einen guten Kontakt zum Unfallgegner und dieser berichtete mir, dass die Vorschäden mit in das Gutachten aufgenommen wurden.

In 2 bis 3 Tagen wird die Schadenssumme feststehen.

`Altschäden `nimmt jeder seriöse Sachverständige schon im eigenen Interesse ins Gutachten mit auf.
Der deiner Versicherung sowieso.🙂

Nicht offensichtliche Vorschäden müsste/sollte der Geschädigte spätestens auf Nachfrage angeben.

Zitat:

@dtaler schrieb am 5. November 2019 um 15:06:29 Uhr:


In 2 bis 3 Tagen wird die Schadenssumme feststehen.

Dann sind wir mal gespannt.

Gruß Lastpfad

Zitat:

@Lastpfad schrieb am 5. November 2019 um 15:41:50 Uhr:


`Altschäden `nimmt jeder seriöse Sachverständige schon im eigenen Interesse ins Gutachten mit auf.
Der deiner Versicherung sowieso.🙂

Nicht offensichtliche Vorschäden müsste/sollte der Geschädigte spätestens auf Nachfrage angeben.

Gruß Lastpfad

Ja, korrekt, meinte Altschäden, insbesondere einen dicken "Flatscher" Stoßstange vorne rechts.

Das Interesse meiner Versicherung den Schaden kleinzuhalten ist vielleicht nicht unbedingt gegeben, denn sie kann mich ohne Probleme in Regress nehmen.

Aber jetzt genug der Verschwörungstheorien, in 2 bis 3 Tagen bin ich schlauer.

Zitat:

Aber jetzt genug der Verschwörungstheorien, in 2 bis 3 Tagen bin ich schlauer.

Amen. Der Gedankengang ist allein daher schon quatsch, da 1. der Regress der Versicherung begrenzt, die Schadenhöhe jedoch theoretisch unbegrenzt ist und 2. die Frage ob Regress möglich ist oder nicht noch völlig offen ist. Das entscheidet zur Not ein Gericht. Und selbst dann wäre noch nicht klar, ob der in Regress genommene überhaupt jemals Zahlungsfähig ist. Insofern ist und bleibt es das Ureigene Interesse der Vers. den Schaden möglichst gering zu Halten. Zunächst geht es deren Konto an den Kragen. Was danach irgendwann vielleicht mal passiert oder auch nicht ist erstmal Essig.

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