Beratung 270 CDI BJ 2004 Final Edition für Afrikareise
Hallo allerseits,
Ich habe die Möglichkeit einen 270er CDI Final Edition 1. Hand mit 200.000km zu kaufen. Der Preis ist ein Freundschaftspreis, also das passt alles.
Die Crux ist Folgendes: ich muss in einem Jahr für 6 Monate beruflich nach Westafrika (Ghana). Hierfür brauche ich ein Auto. Bisher habe ich nach Toyotas Ausschau gehalten. Doch der Markt in Deutschland ist miserabel. Troopies gibt es gar keine, und auch ein HZJ80 ist kaum zu haben und wenn dann für Mondpreise.
Deshalb überlege ich nun, warum die Tour nicht mit der M-Klasse machen, da ich sie so günstig kriege? Wenn das verrückt erscheint: ich habe ähnlichen Touren schon mit Fords und Fiats gemacht -- also der Wille ist da. Aber ich möchte unnötige Fehler vermeiden. Deshalb würde mich hierzu nun euer Feedback interessieren. Konkrete Fragen sind die Folgenden:
- Wie viel muss ich investieren und vor allem was muss gemacht werden, damit der M das durchsteht?
- Welche Ersatzteile müssen mit?
- Hält die M-Klasse die afrikanische Strassenmassage für 20,000 km aus? (Es gibt in Afrika einige Ms)
- Wie schätzt ihr die Geländetauglichkeit ein? Er hat keine Sperren, das ist klar, aber damit kann ich leben.
Meine Gedanken gehen wie folgt: lieber ein Auto nehmen, was ne gute Historie hat, als auf dem Markt nen kaputten Ex-Ostblock Toyota zu kaufen. Da ich den M günstig kriege, kann ich was investieren. Der M ist außerdem komfortabel und macht was her, was bei Polizei vor Ort hilft. Ersatzteilversorgung ist suboptimal, weswegen ich ihn jetzt top in Schuss bringen müsste.
Das war's erstmal
Vielen Dank!
Beste Antwort im Thema
Hallo liebe MLer,
Da ich sehr viel bei Euch im Forum gelernt habe, gebe ich gerne meine 5 Jahre Erfahrung mit dem ML zurueck, um dem Themenstarter (und anderen Interessierten) einige Tipps zu geben. Wir fahren seit 5 Jahren im suedlichen Afrika umher wo etwa 90% leicht bumpy Teerstrassen sind, die sich mit dem ML recht komfortabel befahren lassen bis zum Tempolimit von 120km/h (Starrachsen Fahrzeug sind deutlich unkomfortabler). In Namibia dagegen habe ich unseren ML270CDI Bj2001 (VorMopf) auf deren 80% Schotterpisten richtig gefordert, viele Schlagloecher und ausgetrocknete Flussdurchquerungen liessen ihn oefter mal abheben. Bei Kauf hatte er ca. 300.000km auf der Uhr und nun 380.000km. Er hat uns bisher kein einziges mal im Stich gelassen und noch nie den Limp Home Mode gezeigt, d.h. wir kamen immer nach Hause. Wenn gleich einmal mit Tricks als der Kuehlerventilator ausgefallen war und wir langsam mit voller Heizung nach Hause rollten.
Um den ML von seinem Autobahn SUV Image zu befreien und ihn ein wenig in Richtung Toyota 4x4 anzupassen haben ich ueber die Jahre folgende Massnahmen vorgenommen. Ausserdem sind einige vorsorgliche Reparaturen aufgelistet.
Reifen:
Vier neue BF Goodrich All Terain 285/75R16 auf Orginal-Felge . Durch den groesseren Aussen-Durchmesser und Fahrwerkmassnahmen habe ich ca. 10cm mehr Bodenfreiheit gewonnen (muessten jetzt etwas 30cm sein). Ausserdem sind diese Reifen der Afrikastandard in Bezug auf Robustheit und lassen sich auch mit 1 Bar Luftdruck ueber lange Strecken in losem Untergrund bewegen (Stichwort TriGard). Nachteile wie ein Abschalten des ABS oder des ETS haben sich nicht ergeben da alle vier Raeder den gleichen Durchmesser haben. Nur der Tacho zeigt etwa 5km/h zu wenig an (mit GPS gemessen).
Fahrwerk:
Vordere Drehstaebe auf Vollanschlag hochgedreht und obere Stossdaempferaufnahme veraendert, um den Federweg nach unten zu erhoehen (denke darueber nach, noch laengere Stossdaempfer einzubauen, die vom Ford F150 sollen angeblich passen).
Hinten sind 18mm Distanzscheiben (Alu-Eigenbau) zwischen Federbein und Aufnahme gesetzt. Dabei habe ich den Radsturz auf maximal Negativ verstellt. Sieht sehr gut aus wie beim BMW X5 und ausserdem decken jetzt die Kotfluegel die Radoberseite wieder ab, sodas der ML sauberer bleibt.
Um die Erhoehung des Schwerpunktes etwas auszugleichen, wurden 30mm Distanzscheiben auf allen vier Bremsscheiben montiert. Es sieht gut aus und das Fahrverhalten ist absolut zufriendenstellend bis getesteten 150km/h.
Alle Traggelenke wurden gewechselt und alle Gummimanschetten ueberprueft.
Lenkung:
Bei 350.000km habe ich ein neues Austauschlenkgetriebe samt neuer Spurstangen eingebaut. Das Alte tropfte arg und hatte sich sehr schwammig angefuehlt.
Beide Lenkschlaeuche wurden durch Profi-Hydraulikschlaeuche beim Hydraulikspezialisten ersetzt, damit entfaellt auch das Problem mit der abruschenden Schlauchschelle am Kuehler da der neue Schlauch besser passt.
Zur Beruhigung habe ich noch die Lenkhydraulikpumpe erneuert (war nur 109Eu).
Bremsen:
Bei 340.000km kam das ABS,ETS, ESP Licht. Nach kurzer Internet-Recherche war die Ursache gefunden. Die Kohlen im ABS Motor waren abgenutzt. Mit neuen Kohlen verloschen die Lampen.
Kurz darf kamen sie wieder, diesmal war es das Gelbe ABS Relais. Gut auch dieses ersetzt und sogleich den notorischen Bremslichtschalter und seitdem ist Ruhe mit der Lichtorgel.
Motor:
Kurbelwellensensor wurde vorsorglich erneuert.
Wasserpumpe, Flachriemen und Spanner sind neu.
Habe die Injektoren auf Leckmengen pruefen lassen, alle im gruenen Bereich. Ein Injektor leckte Abgase, der Kupferring und die Dehnschraube wurden erneuert. Fuer einen Afrikatrip wuerde ich wenigstens einen Neuen Injektor mit vielen Dichtungen und Schrauben mitfuehren.
Alle O-Ringe im Kraftstoffsystem wurden erneuert. Nach 10Jahren waren einige sehr hart. Habe auch den kleinen Gruenen O-Ring im Regelventil ersetzt, jetzt laeuft er wieder rund im Leerlauf.
Als Naechstes wird noch ein neuer Dichtungssatz in der Hochdruckpumpe verbaut, reine Vorsichtsmassnahme.
Am Abgaskruemmer ist ein M8 Bolzen abgerissen, nun ist ein Pfeifen zu hoeren beim Hochdrehen. Neue Dichtung liegt schon parat und werde bei der Repartur auch gleich den Kat ausraeumen und die Abgasruckfuehrung lahm legen (gibt hier keine ASU).
Hoerte, das es auch einen Nockwellensensor gib, der aber in Forenmitteilungen nie als Fehlerquelle auffiel. Denke das ich diesen dennoch wechseln werde.
Die hohe Kilometerleistung von derzeit 380.000km scheint mein ML problemslos wegzustecken, bisher war kein gravierendes Motorteil verschlissen. Dazu muss ich sagen, mein Diesel kennt keine Kaltstarts da die Jahrestemperaturen bei uns zwischen 15-30C liegen. Zudem fahre ich bestes Mobil1. Oelverbraucht liegt bei fast nix und das bei einem Turbomotor. Getankt wird immer 50ppm Diesel, aber mit 500ppm spuere ich auch keinen Unterschied. 2-Takt Oel habe ich ausprobiert, auch hier nichts zu spueren. Dennoch fahre ich es wenn ich daran denke, der Hochdruckpumpe wegen.
Getriebe:
Das ATF im Automaten habe ich bereits 2x getauscht, die Sensorplatine 1x da der 2 auf 3 Gangwechsel einen leichten Schlupf zeigt seit etwa 370000km. Es ist etwas besser geworden. Da das Getriebe ansonsten sauber schaltet werde ich es weiterfahren bis zu seinem Ende – dann kommt eben ein General-Ueberholtes rein.
Bei ca. 330.000km wurde im Verteilergetriebe die Kette gewechselt. Sie sprang beim Beschleunigen aus dem Stand laut schlagend ueber. Seitdem ist Ruhe. Low Range nutze ich hinundwieder im losen Sand der Duenen und bei starken Gefaellestrecken, der ML haengt dann wunderbar am Gas.
Kuehlung:
Die einzige wirkliche Schwachstelle die mein ML jeh hatte ist der riesige elektrische Kuehlerventilator. Er wird mit einer 100A Sicherung abgesichert, diese brannte bei mir 2x durch und der Motor wurde bis zu 100C heiss. Irgendwann sprang der Luefter gar nicht mehr an. Lernte das der Luefter ein 3-Phasen Hightech-Teil ist welches vom CAN Bus angesteuert wird. Bei mir war wahrscheinlich der 12VDC/3x Phasen Wechselrichter defekt. Da CAN grundsaetzlich im Outback hinderlich ist baue ich jetzt “soweit moeglich” den CAN Bus zurueck (Scheibenwischer und Zentralverrieglung sind bereits vom AAM genommen). Habe mir den Doppelluefter vom ML320 besorgt und vor dem Kuehler platziert. Ein Luefter laeuft ueber ein Zweitbatterie-Relais und spring automatisch an wenn die Spannung ueber 13.5Volt liegt, um Klimaanlage und Ladeluftkuehler permanent zu versorgen. Der Zweite laeuft klassisch ueber einen Temperaturschalter der bei 80C einschaltet. Seitdem ist das Ueberhitzungsproblem verschwunden und ich bin wieder Herr der Kuehlanlage, nicht Mr. CAN. Den Original Riesenluefter gibt es nicht mehr.
Das Kuehlwasser Thermostat von Behr war schon 2x defekt. Beim erstem Mal blieb es immer geschlossen und der Motor ueberhitzte. Beim zweiten Mal war es permanent offen und 60C wurden kaum erreicht. Seit diesen Vorfaellen habe ich immer ein Ersatz Thermostat dabei.
Sonstiges:
Steuergeraeteluefter in der Elektonikbox wurde mit Conradmotor repariert (mit 56 Ohm in Reihe). Die elektrische Umwaelzpumpe habe ich gegen die Buerstenlose ersetzt.
Ausserdem habe ich vom Vorbesitzer einen sogenannten “Deserttank” geerbt. Es ist ein Edelstahltank der in der Reserveradmulde von unten verbaut ist und dem ML extra 55ltr Diesel schenkt. Die max. Reichweite liegt damit bei ca. 1100km.
Wichtig war mir auch die umherwandernde Tankanzeige zu fixen, um nicht irgendwo im Outback liegenzubleiben. Bei meinem ML waren die Federn des Schleifers am Anzeigengeber im Tank defekt, welcher leider sehr billig aufgebaut aber nicht billig ist.
Mein Fazit ist:
Klar ist der ML kein extremes 4x4 Offroad Fahrzeug, dennoch kann man mit ihm auch auf unwegsamen Pisten reisen. Zudem ist er komfortable und dazu Dieselsparend im Vergleich zum echten 4x4 wie z.B dem HZJ78 Toyota Landcruiser (unverwuestbar da ohne jegliche Elektronik) oder dem Defender (ab TD5 auch nicht viel besser als mein ML). Ich mag am ML den Fahrkomfort, seine Performance und die doch geringen Anschaffungs- und Wartungkosten (das Meiste wird selber gemacht). Als Vorteil sehe ich auch den klassischen Leiterrahmen an, der ihn sehr verwindungssteif macht und viele Punkte fuer Wagenheberanwendungen bietet.
Einziges Manko neben dem CAN Bus, ihm fehlt das Zentral-Sperrdiffenzial. Wenn ich es Nachruesten koennte dann wuerde ich es tun. Warum? Bei jeder Kleinigkeit an der Bremselektronik deaktiviert sich das ETS und damit sind die elektronischen “Sperren” wirkungslos, hier waere eine manuelle Sperre von Vorteil (Eine Afrika-Idee: Hat schon mal jemand ueber manuelle Bremsbaender auf den Kardanwellen nachgedacht? TUEV gibts hier nicht ;-).
Da ich meinen ML jetzt so gut kenne werde ich ihn fahren und weiterfahren, 500.000km oder mehr sollten doch zu schaffen sein.
Ob man mit dem ML Afrika durchqueren moechte, muss jeder fuer sich selbst entscheiden.
Viele Gruesse aus dem Sueden
16 Antworten
Hi,
mich würde ja interessieren wie nun die Geschichte ausgegangen ist.
Hast du den Trip mit dem ML gemacht?
Und zum Thema:
Ich selbst arbeite weltweit und unsere Fahrzeuge haben teilweise auch MB Motoren. Was die Teile Versorgung angeht ist MB absolut ok. Auch in Burkina Faso etc. bekommst du original MB Teile. Zeit, Zoll und Handgeld muss dir aber egal sein.
Generell kann ich nur vom CDI abraten, wie von (fast) allen Diesel Fahrzeugen. Die Qualität des Kraftstoffes ist echt unter aller Kanone (in manchen Ländern Westafrikas auch noch scheiße teuer). Mit einem 320 / 350 / 500 wirst du locker überall ankommen. Eine Reise nach Afrika mit dem Auto heißt ja nicht Offroad durch die Wüste. Und die Standart Bilfinger&Berger Teer-Straße in West Afrika ist für den ML kein Problem.
Ich halte speziell bei ML und Africa auch die Benziner für die bessere Wahl.
Die CDI sind was die Diesel Qualität angeht sehr sehr empfindlich, Diesel Saugmotoren Saufen eigentlich so ziemlich alles was irgendwie halbwegs Flüssig ist aber die Turbomotoren.....