Automobilfertigung. Wie viel planen die Hersteller selber?

Hallo,

dass die Hersteller nicht alle Teile selber fertigen ist mir klar. Aber nachdem ich über ein Ingenieurbüro gestolpert bin, dass auch Konstruktion & Design im Fahrzeug- und Automotive Bereich anbietet frage ich mich ob auch die Planung mancher Teilstücke an andere Unternehmen vergeben wird?

Wie läuft das ab. Sagen wir BMW stellt den neuen 3er her. Wie viel aus technischer Sicht wurde von BMW entwickelt? Wie viele der Kompononeten stammen von anderen Anbietern?

Weiß jemand wie es mit Innovation aussieht? Stammen manche Verbesserungen gar von irgendwelchen Ingeneurbüros? Also könnte ein ingenieurbüro eine neue innovation z.b. an BMW verkaufen und nur diesen bereitstellen??

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Sehr unterschiedlich und abhängig von den Bauteilen. Und die Frage wo planen anfängt und aufhört. Fertigungstiefe heißt nicht dass die Bauteile nicht selber geplant worden sein können nur weil sie ein anderer baut.

Beispiel ESP: Fahrwerk und Abstimmung wird selber entwickelt, auch die Frage wo die Bauteile im Auto sitzen und wo die Leitungen verlaufen müssen. Darüber hinaus ist das ESP für den Fahrzeughersteller dann eine Black-Box um dessen Inhalt sich z.B. Bosch kümmert. Komplett trennen kann man es also nicht. Anpassungen, Randbedigungen, Bauraum etc.. sind bei jedem Bauteil Schnittstellen wo automatisch der Fahrzeughersteller mit im Boot sitzt.

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Ziemlich wahrscheinlich beide.

Mercedes mit dem Fahrwerk-Know-how, Bosch mit der Elektronik und Software.

ich hab nochmal einen passenden Anbieter gefunden. Und zwar BFFT Fahrzeugtechnik. Die bieten auch Ingenieursdienstleistungen und CAD-Konstruktion an. Anscheinend bauen sie Prototypen von Hochvoltbatterien im Bereich alternative Antriebe. auch im bereich Software sind sie tätig. Im großen und ganzen alles was Audi in Richtung Elektronik so neues entwickelt hat.

Mich wundert das immernoch, dass Investitionen in diese Richtung auch Beauftragung von externen Büros bedeuten und wie viel dieser neuen Teile extern bezogen werden. Wie sichern sich dann Automobilhersteller gegen die unerwünschte Weitergabe von Know-How ab? Also wenn BFFT jetzt sagen würde ab nächstem Jahr stellen sie Batterien und Elektronik für Hyundai her??

Bezüglich unerwünschter Weitergabe von Know-How: es besteht ebenso gut auf Seiten der Entwicklungspartner und der Zulieferer ein großes Interesse an Geheimhaltung. Heute wird deswegen kaum noch ein Neuprojekt vergeben, ohne dass die Vertragspartner sich vorher im Rahmen von Geheimhaltungsvereinbarungen darüber geeinigt haben, dass spezifisches Know-How nicht an Dritte geht. Das betrifft Ideen des Fahrzeugherstellers genau so, wie das Fertigungs-Know-How eines Zulieferers. Insofern ist auch die Frage vieler meiner Kunden (kleinere Auto-Zulieferer in der 2. und 3. Ebene) berechtigt, wie sich dieses Geheimhaltungsinteresse damit verträgt, dass in den Produkt-Bemusterungsunterlagen (PPF-Bericht, PPAP) oft solche Sachen wie Fertigungsablaufdiagramm, Prüfplan, FMEA enthalten sein sollen. Je nach Markt und Kunde kann das auch teilweise nicht ausgeschlossen werden.

Für den TE mag es auch interessant sein, dass speziell die großen Zulieferer in der 1. Eben (etwa Bosch, Hella, TRW, Delphi...) gerne auch große Budgets vorhalten für Vor-Entwicklungen, mit denen man dann auf die Fahrzeughersteller zugeht und das Interesse auslotet an Neuerungen. Auf diese Weise finden dann solche Sachen wie seinerzeit von 20 Jahren der Regensensor Eingang in die Serie.

In anderen Fällen ist es aber auch so, dass der Fahrzeughersteller eine konkrete Idee hat (Beispiel: Steuergerät Schiebetür für Mini-Van) und auch die Anforderungen hinsichtlich Bauraum, Funktion, Leistungsbedarf, Anschlüsse, Funktionsprinzip entwickelt - und dann geht er auf den Markt und lässt sich das Produkt von Zulieferern ausentwickeln und in Serie bauen. Dabei werden vor dem Projektbeginn oder (leider allzu oft) auch erst mittendrin die notwendigen Erprobungen geplant, z.B. Lebensdauerprüfungen.

Speziell bei Entwicklung von Komponenten mit nicht mehr ganz neuer Technologie (z.B. gewöhnliche mechanische Sachen wie Querlenker oder elektrische Komponenten wieFensterheberschalter) wird natürlich gern auf die Erfahrung mit bereits in Serie befindlichen artverwandten Produkten zurück gegriffen. Und genau hier unterscheiden sich dann auch die Fahrzeughersteller und ihre Produkte ganz gewaltig: einige halten sich mit der Einführung und Verwendung echter Neuerungen immer stark zurück und kaufen/beauftragen eher Produkte mit erprobter Technologie. Das senkt die Kosten ganz gewaltig, ohne dass dies mit einem Verlust an Zuverlässigkeit oder Reichhaltigkeit der Ausstattung verbunden sein muss. Andere lassen relativ viele Komponenten immer wieder neu entwickeln, verbessern, wagen sich weiter raus und liefern mit jedem Fahrzeugtyp echte Neuheiten. Diese Fahrzeuge kosten dann - bei ansonsten gleicher Transportleistung - eben eine Kleinigkeit mehr.

Die Verstrickung der Zulieferanten 1. Ebene (Tier 1) mit den Fahrzeugherstellern (OEMs) ist kaum noch aufzulösen und der eine kann faktisch nicht mehr ohne den anderen. Ein OEM, der selber keine Getriebe mehr baut, kann und wird sicherlich auch Mitarbeiter/-innen an Bord haben, die sich mit solchen Sachen auskennen (das muss er auch!), aber er wird nie die Kompetenz eines Getriebespezialisten erreichen. Der wiederum kann es sich nicht erlauben, nebenbei auch noch andere Produktlinien in der gleichen Organisationseinheit zu haben.

Soweit meine Wahrnehmung nach nunmehr 20 Jahren Automobil-Zulieferzirkus ;-)

Herzlichst
SpyderRyder

Super erklärt, SpyderRyder!

Eine Frage stellt sich mir jetzt aber noch, was verstehst du unter Zulieferer zweiter Ebene? Hab da grad kein Beispiel vorm Auge.

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Vllt beliefern Zulieferer der zweiten Ebene die Zulieferer der ersten Ebene ?

Zitat:

Original geschrieben von everybody_lies


Super erklärt, SpyderRyder!

Eine Frage stellt sich mir jetzt aber noch, was verstehst du unter Zulieferer zweiter Ebene? Hab da grad kein Beispiel vorm Auge.

die das Kunststoffgranulat für die Stoßstange liefern oder das Aluminium/Guss für das Teil *beliebig* , einen Kleber oder auch nur ein Werkzeug um die Teile zu bearbeiten. Dann noch Schweißverbrauchsmaterial, Schleifmittel, Trennmittel, Reinigungszeugs...

Eine sehr lange Liste, mit vielen möglichen Fehlern! ;-)

Am besten erkläre ich es mittels Beispiel aus meinem früheren Arbeitsumfeld:

Ein Unternehmen beliefert einen OEM mit, sagen wir mal, einem Fensterheberschalter. Dieses Unternehmen ist dann ein Tier 1 (1. Ebene). Die Schaltwippe wird von einem Unter-Lieferanten bezogen (Tier 2), der sie wiederum bei einem Unter-Unter-Lieferant lackieren und per Laser beschriften lässt. Der Lackierbetrieb ist dann ein Tier 3.

Manche Komponenten haben einen verdammt langen Weg hinter sich, bevor sie im Fahrzeug verbaut werden. Viele von den großen Tier 1 haben heute bei ihren Produkten einen Zukauf-Anteil von 100%, d.h. alle Einzelteile und Baugruppen stammen ihrerseits von darauf spezialisierten Tier 2 und Tier 3.

Grüße
SpyderRyder

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