Aktuelle Diskussion zu "Dienstwagenprivileg" - wer kann es erläutern?
Hallo zusammen,
aktuell wird ja in der Politik die Abschaffung des sog. "Dienstwagenprivilegs" erörtert. Da ich selbst Dienstwagenfahrer bin versuche ich die Diskussion zu verfolgen, allerdings scheitere ich daran überhaupt den Gegenstand der Diskussion zu erfassen. Die meisten Berichterstattungen sowie Forumsdiskussionen zu diesen Berichten enden in oberflächlichen und populistischen Statements.
Daher versuche ich es hier im Forum.
Um die Sache so konkret wie möglich und greifbar zu machen nehme ich meinen konkreten Fall as Beispiel:
- Ich habe ein Dienstwagen-Budget von 38k€ und einen Arbeitsweg von 30km
- Für den Wagen wird ein geldwerter Vorteil von (1%+ 0,03%*30[km])*38k€ =722€ angenommen
- Dies versteuere ich mit 48% (Spitzensteuersatz+Soli+Kirchensteuer) womit ich auf Netto-Kosten von 346€ komme.
Fazit: Staat erhält 346€ Steuer von mir
Variante Lohnerhöhung- Statt des Dienstwagens wird mir ein angenommener Leasing-Faktor von 1% auf als Brutto auf den Lohn aufgeschlagen, also 380€.
- Dies versteuere ich mit 48% (Spitzensteuersatz+Soli+Kirchensteuer), also 182€.
- Dafür kaufe ich einen Gebrauchten, wobei ich beim Kauf überhaupt keine Steuern zahle
Fazit: Staat erhält 182€ Steuer von mir
Was ich nun nicht verstehe an der Diskussion sind zwei Punkte:
- Der Staat nimmt erheblich mehr Steuern von mir ein wenn ich einen Dienstwagen habe. Wieso wird in der Diskussion immer davon gesprochen dass dem Staat Steuern entgehen?
- Wo konkret ist denn nun das "Privileg" ?
Vorab:
Bitte keine Diskussionen über Sinnhaftigkeit Dienstwagen etc - das hilft mir (und jedem der die gleiche Frage hat) nicht weiter. Danke.
190 Antworten
Ursprünglich war der Dienstwagen ja mal für Außendienstler vorgesehen, die den Wagen für ihre Arbeit brauchen und ihn dann auch privat nutzen durften. Das mußte irgendwie steuerlich geregelt werden und sollte möglichst wenig Aufwand für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Steuerbehörden machen. Daher die 1% Regelung.
Inzwischen ist es aber so, dass viele Leute einen Dienstwagen haben, die ihn beruflich überhaupt nicht brauchen. Der Arbeitgeber kann ihn günstig leasen, die Kosten absetzen und der Arbeitnehmer kann unbegrenzt fahren für vergleichsweise wenig Kosten. Das war aber nie Sinn dieser Regelung.
Daher ist es nur fair, wenn man für den Dienstwagen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in einer Höhe zahlen müßte, die auch dem realen geldwerten Vorteil entsprechen. Ob man das durch Erhöhung der Pauschale macht oder durch Abrechnung der gefahrenen Kilometer, ist zweitrangig.
So jedenfalls sind die bevorzugt, die einen Dienstwagen haben und das kann nicht gerecht sein. Zumindest nicht aus steuerliucher Sicht.
Zitat:
@fehlzündung schrieb am 26. August 2022 um 11:55:22 Uhr:
Daher ist es nur fair, wenn man für den Dienstwagen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in einer Höhe zahlen müßte, die auch dem realen geldwerten Vorteil
Ich würde das gerne konkret machen:
Wie hoch ist Deiner Meinung nach der Geldwerte Vorteil für meinen Dienstwagen mit BLP 38k€ ?
Ich lege mal vor mit einem Vergleich über die Leasing Konditionen:
3 Jahres Leasing inkl. WR mit 1 Pozent: 380 €/Monat
Steuern und Versicherung: 150 €/Monat
Sprit (6.5L je 100km): 150€/Monat
Wäsche: 6x im Jahr je 9€
Reparatur: keine Kosten da im 3 Jahres leasing inklusive
Macht in Summe einen Wert von 680€ im Monat.
Das entspricht etwas weniger als was ich versteuere an geldwertem Vorteil (720€, siehe Eingangspost).
Was übersehe ich?
Kann ich nicht sagen, denn es kommt ja stark auf die jeweilige Konstellation an. Wer einen kurzen Arbeitsweg hat, aber privat viel fährt, profitiert natürlich mehr.
Das entreme Gegenbeispiel wäre: Langer Arbeitsweg und kaum Privatfahrten. Dann zahlt man recht viel, nutzt die Möglichkeiten aber wenig.
Du hast mit 30km keinen so kurzen Arbeitsweg und wieviel du privat fährst, weiß ich nicht.
Gerecht fände ich es, wenn sich die Steuerlast nach den privaten Kilometern richtet. Wer 30tkm im Jahr privat rumgondelt, zahlt eben entsprechend mehr als der Wenigfahrer mit 5tkm. Die Kosten, die das jeweilige Auto bei x Jahreskilometer pro Kilometer verursacht, kann man sicher aus entsprechenden Datenbanken beim ADAC oder so entnehmen.
Natürlich stellt ein Dienstwagen ein Benefit dar, darüber brauchen wir gar nicht diskutieren.
Was ist die Alternative? Wenn der Mitarbeiter dienstlich einen Dienstwagen benötigt, aber auf die Privatnutzung verzichtet, müssen zwei Autos (mit entsprechendem CO2-Rucksack) gebaut werden. Macht das Sinn?
Zum Thema, dass der AG alle Kosten gewinnmindernd absetzt. Ja, das stimmt. Aaaaber, zu welchem Steuersatz?
Sofern es sich beim AG um eine Kapitalgesellschaft und nicht um einen Alleinunternehmer handelt, beträgt die Körperschaftssteuer 15%, dazu kommt ggf. die Gewerbesteuer. Somit liegt die Gesamtsteuer, je nach Gewerbesteuerhebesatz der jeweiligen Gemeinde zwischen 25 und 30%. Das heißt mit jedem Euro kosten werden vom Arbeitgeber 25-30 Cent Steuern gespart. Der TE hingegen versteuert den Dienstwagen mit rund 48%, zahlt also für jeden Euro der Pauschale 48 Cent an Steuern.
Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber für den Wert des geldwerten Vorteils auch die enthaltende Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muß.
Von daher halte ich die Aussage, dass Dienstwägen auf Kosten der Allgemeinheit gefahren werden zumindest für diskussionswürdig. Zumindest, wenn in der höchsten Progression versteuert wird.
Rechnen wir das mal am konkreten Beispiel des TE mal durch:
Er zahlt für den Dienstwagen 346 € Steuer, das heißt im Umkehrschluß, dass der AG bei einer 25%igen Steuerlast für den Wagen monatlich 1.384 € von der Steuer absetzen kann, ohne dass der Allgemeinheit ein Schaden entsteht, bzw. bei einer 30%igen Steuerlast dann 1.153 €.
Dabei sprechen wir von einem Dienstwagen mit 38.000 € Bruttolistenpreis. Rechnen wir mal eine hohe Leasingrate von 600 € incl. Service und Winterreifen, dann blieben für die weiteren Betriebskosten wie Sprit und Steuer/Versicherung noch über 553 bzw. 784 € monatlich übrig. Ziehen wir mal monatlich großzügige 150 € für Steuer/Versicherung ab, bleiben noch 403 € bzw. 634 € für Sprit übrig. Rechnet man da noch recht hoch mit 20 € Spritkosten auf 100 km, dann müßte bei 25% Steuerlast des AG der Mitarbeiter 3.170 km bzw. 2.015 km (bei 30% Steuerlast des AG) privat fahren, bevor der Allgemeinheit dadurch ein Nachteil entsteht. Und dabei sind alle Kosten, die der AG absetzt, sehr großzügig geschätzt.
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Es gibt aber immer mehr Arbeitgeber, die den Mitarbeitern einen Dienstwagen anbieten, obwohl er für die Arbeit gar nicht gebraucht wird.
Das heißt ja, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer davon profitieren. Das unterstelle ich mal, denn der Arbeitgeber ist kein wohltätiger Samariter und der Arbeitnehmer würde es nicht annehmen, wenn es sich finanziell nicht lohnen würde gegenüber einem eigenen Fahrzeug.
Letztendlich paßt es auch nicht in die Zeit, wenn man die Leute einerseits zum Energiesparen aufruft oder die Energie so verteuert, dass sie von selbst sparen, aber andererseits die günstige Möglichkeit einer Auto-Flatrate mit Tankkarte schafft.
Von daher sehe ich den Ansatz, den geldwerten Vorteil an den CO2-Ausstoß des Fahrzeugs zu koppeln, durchaus als sinnvoll an. Blöd ist das nur für den Außendienstler, der wegen der vielen geschäftlichen km vom AG verordnet einen Diesel fahren muß.
Tja, warum bieten immer mehr Arbeitgeber ihren Mitarbeitern einen Dienstwagen. Es ist eine Win-Win-Situation. Der AG kann den Mitarbeiter binden oder hat bei einer Neueinstellung einen Vorteil gegenüber anderen Arbeitgebern. Der Mitarbeiter hat den Vorteil, dass ihn seine private Mobilität weniger kostet, als wenn er ein eigenes Auto unterhalten würde.
Aber es ist eine Win-Win-Situation, die nicht zwangsläufig auf Kosten der Allgemeinheit geht. Aber mit Neid und falschen Argumenten läßt sich immer gut Politik machen.
Nebenbei bemerkt ist schon Finanzminister Eichel mit einer Anhebung der Dienstwagensteuer baden gegangen.
Der Staat wird das auch nicht machen, um dem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer etwas Gutes zu tun. Abe rdie Autowirtschadft profitiert stark davon, denn wie schon jemand schrieb, ab einer gewissen Fahrzeugklasse sind die Autos fast alle Geschäftswagen. Privat würde sich die kaum jemand als Neuwagen kaufen.
Zitat:
@XF-Coupe schrieb am 26. August 2022 um 12:55:11 Uhr:
Natürlich stellt ein Dienstwagen ein Benefit dar, darüber brauchen wir gar nicht diskutieren.Was ist die Alternative? Wenn der Mitarbeiter dienstlich einen Dienstwagen benötigt, aber auf die Privatnutzung verzichtet, müssen zwei Autos (mit entsprechendem CO2-Rucksack) gebaut werden. Macht das Sinn?
Zum Thema, dass der AG alle Kosten gewinnmindernd absetzt. Ja, das stimmt. Aaaaber, zu welchem Steuersatz?
Sofern es sich beim AG um eine Kapitalgesellschaft und nicht um einen Alleinunternehmer handelt, beträgt die Körperschaftssteuer 15%, dazu kommt ggf. die Gewerbesteuer. Somit liegt die Gesamtsteuer, je nach Gewerbesteuerhebesatz der jeweiligen Gemeinde zwischen 25 und 30%. Das heißt mit jedem Euro kosten werden vom Arbeitgeber 25-30 Cent Steuern gespart. Der TE hingegen versteuert den Dienstwagen mit rund 48%, zahlt also für jeden Euro der Pauschale 48 Cent an Steuern.
Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber für den Wert des geldwerten Vorteils auch die enthaltende Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muß.
Von daher halte ich die Aussage, dass Dienstwägen auf Kosten der Allgemeinheit gefahren werden zumindest für diskussionswürdig. Zumindest, wenn in der höchsten Progression versteuert wird.
Rechnen wir das mal am konkreten Beispiel des TE mal durch:
Er zahlt für den Dienstwagen 346 € Steuer, das heißt im Umkehrschluß, dass der AG bei einer 25%igen Steuerlast für den Wagen monatlich 1.384 € von der Steuer absetzen kann, ohne dass der Allgemeinheit ein Schaden entsteht, bzw. bei einer 30%igen Steuerlast dann 1.153 €.
Dabei sprechen wir von einem Dienstwagen mit 38.000 € Bruttolistenpreis. Rechnen wir mal eine hohe Leasingrate von 600 € incl. Service und Winterreifen, dann blieben für die weiteren Betriebskosten wie Sprit und Steuer/Versicherung noch über 553 bzw. 784 € monatlich übrig. Ziehen wir mal monatlich großzügige 150 € für Steuer/Versicherung ab, bleiben noch 403 € bzw. 634 € für Sprit übrig. Rechnet man da noch recht hoch mit 20 € Spritkosten auf 100 km, dann müßte bei 25% Steuerlast des AG der Mitarbeiter 3.170 km bzw. 2.015 km (bei 30% Steuerlast des AG) privat fahren, bevor der Allgemeinheit dadurch ein Nachteil entsteht. Und dabei sind alle Kosten, die der AG absetzt, sehr großzügig geschätzt.
So eine Betrachtung wünsche ich mir.
Vielen Dank für die aus meiner Sicht fundierteste Aussage bisher
Es gibt aber noch mehr als nur Autos die anstatt Gehalt vom AG bezahlt werden können. Was ist damit?
Ich hab den Eindruck das viel rote Socken oder und Neider hier unterwegs sind.
Es gibt viel schlimmere Steuerverschwendungen als der kleine Schiss um den ihr euch hier Gedanken macht.
Sorry aber ich kann son scheiß nicht ertragen.
Ja ich bin mal raus aber das musste ich einfach mal los werden.
Zitat:
@KapitaenLueck schrieb am 26. August 2022 um 13:19:42 Uhr:
Es gibt aber noch mehr als nur Autos die anstatt Gehalt vom AG bezahlt werden können. Was ist damit?
Ganz einfach: das ist nicht das Thema der Fragestellung hier im Automobilforum.
Und ob das Thema Dienstwagen im Gesamtbild tatsächlich nur ein "kleiner Schiss" ist, ist zumindest mal fragwürdig.
Als jemand der keinen Dienstwagen hat, kann ich dazu nur meine Gedanken aufgrund von Beobachtungen im Freundeskreis äußern:
Eine gewisse "Scheißegal-Mentalität" ist bei vielen mit privater Tankkarte nicht wegzudiskutieren, manch einer gibt es ganz offen zu. Dazu gehören auch einige, die sich eben diesen Dienstwagen auch ganz locker privat leisten könnten. Da stellt sich mir schon länger die Frage, ob das wirklich so sinnvoll ist, wie das momentan ausgestaltet ist.
Es geht aber hie rum Dienstwagen und deren Besteuerung und nicht um andere Dinge, die der Arbeitgeber noch drauflegen kann.
Ebenso nicht um die zweifellos vorhandenen zahlreichen Steuerverschwendungen.
Man kann auch mal andere Meinungen akzeptieren, ohne diejenigen in eine politische Ecke drängen zu wollen oder Neid zu unterstellen. Es geht ja schließlich nicht gegen den Dienstwagen an sich, sondern darum, ob die Art der Besteuerung und Verbeitragung gerecht ist.
Man kann übrigens auch das Gegenteil eienr roten Socke sein und trotzdem die jetzige Regelung ablehnen.
Dass einfaches Einordnen in das Rechts-Links-Schema nicht mehr funktioniert, weiß man ja spätestens seit Corona und ich denke, man wird es dieses Jahr auch wieder sehen können.
Es wird doch niemand gezwungen, einen Dienstwagen/Firmenwagen als Benefit seines AG anzunehmen.
Ob die Art der Besteuerung und Verbeitragung gerecht ist oder nicht, erledigt sich bei Nichtannahme eines entsprechenden Angebots oder der Nichtausübung einer Option auf einen Dienstwagen.
Als Ergänzung noch:
Die Diskussion um Dienstwagenbesteuerung und Dienstwagenprivileg ist eine politische Nebelkerze, wie so vieles.
Den meisten Menschen wird es vollkommen egal sein, ob der Nachbar einen dienstwagen hat, wieviel ihn das kostet und ob sic das unterm Strich für ihn rentiert. Diese Dienstwagenregelung gibt es ja schon ewig und es wurde nie groß drüber debattiert.
Jetzt auf einmal ist es ein drigendes Problem? Quatsch.
Den Bürger interessiert wohl eher, ob er seine Strom- und Gasrechnung in Zukunft bezahlen kann oder ob er überhaupt Strom und Gas hat.
Den interessiert eher, warum man in dieser Situation über die Abschaltung von AKW nachdenkt und sich vehement gegen die Inbetriebnahme von NS 2 stellt.
Aber das ist ein heikles Thema, da bringt man lieber die Dienstwagensache auf die Titelblätter und kann sich stattdessen über sowas hitzige Diskussionen liefern, obwohl es am Ende eh keinem hilft.
Zitat:
@A346 schrieb am 26. August 2022 um 15:30:47 Uhr:
Es wird doch niemand gezwungen, einen Dienstwagen/Firmenwagen als Benefit seines AG anzunehmen.Ob die Art der Besteuerung und Verbeitragung gerecht ist oder nicht, erledigt sich bei Nichtannahme eines entsprechenden Angebots oder der Nichtausübung einer Option auf einen Dienstwagen.
Wer halbwegs rechnen kann, wird es sich vorher durchrechnen und entsprechend entscheiden. Daher kann man davon ausgehen, dass die, die den Wagen annehmen, davon auch profitieren.
Okay, und warum dann dieser Thread?
Der TE scheint da ja, für mich allerdings unverständlich, anderer Meinung zu sein...