Abgefahrene Reifen - Unfall. Strafe?
Hallo,
Folgender Fall innerhalb der Familie:
Ein Verwandter verliert auf nasser Autobahnausfahrt die Kontrolle über den Wagen und schleudert in den Graben. Kein Fremdschaden, Auto Totalschaden. Das Ganze ist schon einige Wochen her.
Nun flattert bei ihm ein Brief ein, in dem ihm vorgeworfen wird mit abgefahrenen Reifen gefahren und damit einen Unfall verursacht zu haben inkl. der Möglichkeit sich dazu zu äußern. Als Beweis wird der Polizist als Zeuge aufgeführt.
MMn. hatten die Reifen noch die Mindestprofiltiefe, als ich den Wagen nach dem Unfall inspiziert hatte, da u.a. die TWI-Ebene noch nicht erreicht war (wenn auch nicht mehr viel gefehlt hat).
Allerdings habe ich auch keine gründliche Messung/Dokumentation durchgeführt, da mit keiner Anzeige deswegen gerechnet wurde. Der Beweiskraft wäre denke ich auch recht gering, immerhin hätte man in der Zwischenzeit ja die Reifen wechseln können. Mittlerweile ist der Wagen längst an einen Aufkäufer gegangen.
Meine Fragen:
- Gibt es Aussichten auf Erfolg, wenn man die Aussagen des Polizisten anzweifelt? Die Reifen wurden ja nicht beschlagnahmt und führen Polizisten tatsächlich geeichte Profiltiefemesser mit sich rum?
- Welche Strafe würde auf den Fahrer zukommen (nach dem neuen Katalog, Unfall ohne Fremdschaden)?
- Sollte man wenn, dann jetzt bereits widersprechen, oder kann man erstmal das Urteil abwarten?
Verkehrs-Rechtschutz ist übrigens nicht vorhanden, von daher wird nach einer möglichst stressfreien Lösung gesucht.
Und da man MT kennt:
Nein, hier wird nicht versucht sich aus der Verantwortung zu ziehen o.ä., sondern die Richtigkeit einer Polizeifeststellung angezweifelt. Auch bitte keine Diskussion über den Sinn die Reifen bis auf's Letzte abzufahren. Die Reifen sollten paar Wochen später runter und nach der Erfahrung wird der Gute in Zukunft die Reifen sicherlich früher wechseln.
Vielen Dank! 🙂
Beste Antwort im Thema
Zitat:
§36 .2 da steht alles.
(2) Die Räder der Kraftfahrzeuge und Anhänger müssen mit Luftreifen versehen sein, soweit nicht nachstehend andere Bereifungen zugelassen sind. Als Luftreifen gelten Reifen, deren Arbeitsvermögen überwiegend durch den Überdruck des eingeschlossenen Luftinhalts bestimmt wird. Luftreifen an Kraftfahrzeugen und Anhängern müssen am ganzen Umfang und auf der ganzen Breite der Lauffläche mit Profilrillen oder Einschnitten versehen sein. Das Hauptprofil muss am ganzen Umfang eine Profiltiefe von mindestens 1,6 mm aufweisen; als Hauptprofil gelten dabei die breiten Profilrillen im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa 3/4 der Laufflächenbreite einnimmt. Jedoch genügt bei Fahrrädern mit Hilfsmotor, Kleinkrafträdern und Leichtkrafträdern eine Profiltiefe von mindestens 1 mm.
Das ist präzise so richtig aus der StVZO zitiert. Kann man gut heißen oder auch nicht, ist aber geltendes Recht. Bei Pkw und verbauten Reifen mit TWI-Markierungen heißt das, daß diese Markierungen an keiner Stelle des Umfangs höhengleich mit dem angrenzenden Reifen sein dürfen. Die TWI-Markierungen befinden sich, so vorhanden, in den Hauptprofilrillen.
Wenn es eben keine TWI-Markierungen gibt, DANN muss das Mindestprofil eben auf 3/4 der Reifenbreite am gesamten Umfang vorhanden sein.
Es gibt eindeutig Fahrzeuge, bei denen gerade die Reifenaußenkanten trotz einwandfrei eingestellter Achsgeometrie halt stärker ablaufen als die reine Lauffläche. Mercedes C, E und GLK kann ich aus eigener Erfahrung sazu zählen. Mein alter E S210 hatte außen sprichwörtlich schon Glatze, die Hauptprofilrillen waren jedoch locker 5mm tief. Optisch sieht das halt sch.... aus, aber rechtlich und technisch ist es nach o.g. Verordnung nicht zu beanstanden.
In wieweit 1,6mm noch den Anforderungen einer nassen Autobahn genügen, mag jeder für sich selbst entscheiden. Ich würde mit so wenig Profil nicht auf der nassen Bahn fahren wollen.
Und: Wenn man regen- und reifenbedingt in der Ausfahrt abfliegt, war man schlicht zu schnell bzw. hatte eine "unangepasste Geschwindigkeit". Dabei ist es unerheblich, ob man mit neuen Reifen in gleicher Situation nicht abgeflogen wäre, dieser Nachweis ist sicher schwer zu führen, aber auch nicht nötig, weil unangepaßte Geschwindigkeit und dadurch VKU verursacht ist nun mal 'ne OWi (keine Straftat).
Alles klaro?
Gardiner
25 Antworten
Zitat:
@gardiner schrieb am 19. Oktober 2014 um 17:23:28 Uhr:
"Unangepaßte Geschwindigkeit" dürfte genau das Thema sein!Zitat:
Und: Wenn man regen- und reifenbedingt in der Ausfahrt abfliegt, war man schlicht zu schnell bzw. hatte eine "unangepasste Geschwindigkeit". Dabei ist es unerheblich, ob man mit neuen Reifen in gleicher Situation nicht abgeflogen wäre, dieser Nachweis ist sicher schwer zu führen, aber auch nicht nötig, weil unangepaßte Geschwindigkeit und dadurch VKU verursacht ist nun mal 'ne OWi (keine Straftat).
Alles klaro?
Gardiner
Und dazu kommen in dem fall noch abgefahrene Reifen, eigentlich müssig zu Diskutieren wofür jetzt ein Bußgeld (o. wäre "nicht angepaßte Geschwindigkeit preiswerter/ ohne Punkte..?) verhängt wird, ob für unangepaßte Geschwindigkeit o. abgefahrene Reifen..!
Wer aufmerksam Reifentests liest, wird festellen das es Reifen gibt die auf der bewässerten Kreisbahn XX km/h zulassen u. andere verlieren im extremfall schon 10-20km/h früher die Haftung!
Beide Reifen sind frei verkäuflich u. es obligt letztendlich dem Fahrer seine Geschwindigkeit den "möglichkeiten" seines Fahrzeuges anzupassen!Die Verantwortung liegt beim Fahrer u. hätte der Verwande des TE seine Geschwindigkeit dem Strassenverlauf, der nässe u. den "abgefahrenen" Reifen richtig "angepaßt", gäbe es hier nichts zudiskutieren!
Ohne Rechtsschutz, sollte er die "paar" Euro besser bezahlen (o. gibt es eventuell probleme wegen dem Punkt??)!MfG Günter
Zitat:
Ohne Rechtsschutz, sollte er die "paar" Euro besser bezahlen
Die paar Euro sind ja das kleinere Problem.
Die Versicherung kann (bis 5000,-€) Regress für den Haftpflichtschaden verlangen und den Kaskoschutz verweigern.
Zitat:
@xspark schrieb am 19. Oktober 2014 um 13:00:36 Uhr:
Verkehrs-Rechtschutz ist übrigens nicht vorhanden, von daher wird nach einer möglichst stressfreien Lösung gesucht.
Eine halbwegs streßfreie Lösung wird es nur mit der Inanspruchnahme der Hilfe eines Rechtsanwaltes geben. Von daher sollte man hier nicht zum dritten Mal am falschen Ende sparen und das Geld für einen vernünftigen Rechtsbeistand wirklich investieren.
Mal ernsthaft ... WAS sollte der Rechtsanwalt nun noch reissen? Tatsache ist doch wohl: Reifen nicht mehr OK und wahrscheinlich zu schnelles Tempo führten zu dem Unfall mit Totalschaden.
Da ist doch das Bußgeld wohl das kleinste Übel. Denn, ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Versicherung einen fahrlässig - und davon reden wird hier doch - herbeigeführten Unfall auch noch mit Schadenersatzahlung belohnt.
Wenn doch bitte ich mir diese Versicherung zu melden ... ich stehe nämlich gerade vor der Entscheidung die Versicherung zu wechseln.
Also noch mal die Frage: WAS soll in dem Fall ein Rechtsanwalt ausrichten? Wäre ich Anwalt, würde ich mir schon mal Platz auf dem Konto schaffen ...
Ähnliche Themen
Zitat:
@Bootsmann22 schrieb am 19. Oktober 2014 um 18:14:31 Uhr:
Also noch mal die Frage: WAS soll in dem Fall ein Rechtsanwalt ausrichten?
Wenn es Zweifel hinsichtlich des Grades der Fahrlässigkeit des Unfallverursachers gibt, könnte der Rechtsanwalt hier noch ein paar Prozentpunkte zu Gunsten des Unfallverursachers herauskitzeln.
Da wir im Moment recht wenig Infos über die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort wissen (wurde die Unfallstelle vermessen etc.), sind die Diskussionen über die Sinnhaftigkeit natürlich reine Spekulation.
grundsätzlich würde ich schon davon ausgehen, dass Polizisten mit Instrumenten ausgerüstet sind, um eine Reifenprofiltiefe zu messen. Wo und wie der Polizist gemessen hat und ob er sich dabei vielleicht vertan haben kann wäre erst zu beantworten, wenn man einen Blick in die Fallakte werfen kann. Dazu braucht Ihr entweder einen Anwalt oder ihr geht selbst zur zuständigen Polizeidienststelle, wo man Euch diese Einsicht gewähren sollte.
Erschüttern könnte man die Aussage des Polizisten dann ggf. vor Gericht, wobei die Frage ist, was das bringen soll. Es macht keinen großen Unterschied sehe zwischen fahrlässig abgefahrene Reifen oder fahrlässig unangepasste Geschwindigkeit.
Zitat:
@Kai R. schrieb am 20. Oktober 2014 um 10:25:55 Uhr:
Erschüttern könnte man die Aussage des Polizisten dann ggf. vor Gericht, wobei die Frage ist, was das bringen soll. Es macht keinen großen Unterschied sehe zwischen fahrlässig abgefahrene Reifen oder fahrlässig unangepasste Geschwindigkeit.
Ist lt. TE nicht beides der Vorwurf?
Zitat:
@Bootsmann22 schrieb am 19. Oktober 2014 um 18:14:31 Uhr:
... ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Versicherung einen fahrlässig - und davon reden wird hier doch - herbeigeführten Unfall auch noch mit Schadenersatzahlung belohnt....
Aber trotzdem würden ohne Fahrlässigkeit keine Unfälle passieren, dann bräuchten wir keine Versicherungen (Fahlässigkeit ist die Voraussetzung für einen Unfall).
Was du wahrscheinlich meinst ist "grob Fahrlässig". Wie sich das genau definiert weiß ich nicht, aber ich glaube in der Defintion kommen "gefahr bewusst" und "billigend in Kauf genommen" vor.
Gruß Metalhead
Zitat:
@metalhead79 schrieb am 20. Oktober 2014 um 11:08:21 Uhr:
Was du wahrscheinlich meinst ist "grob Fahrlässig". Wie sich das genau definiert weiß ich nicht...
Hier gibt es ein kleine Übersicht über dieses Thema:
Zitat:
@metalhead79 schrieb am 20. Oktober 2014 um 11:08:21 Uhr:
Was du wahrscheinlich meinst ist "grob Fahrlässig". Wie sich das genau definiert weiß ich nicht, aber ich glaube in der Defintion kommen "gefahr bewusst" und "billigend in Kauf genommen" vor.Gruß Metalhead
Für mich wäre z.B. fahren nur mit SR (ohne Schneeketten) auf Schneefahrbahn grob Fahrlässig.
Zitat:
Für mich wäre z.B. fahren nur mit SR (ohne Schneeketten) auf Schneefahrbahn grob Fahrlässig.
Ist doch vollkommen legal.
Wenn du China-Sommerreifen mit M+S Kennzeichnung fährst.