1999er Twingo geschenkt - worauf achten?

[Achsmanschette46829]

Ich bekomme von einer Bekannten ihren alten Twingo (1999, etwa 175000km) quasi geschenkt (würde ihr noch 100€ dafür geben). Der Twingo hat noch ein Jahr TÜV und fährt laut ihrer Aussage problemlos. Ich vertraue ihr, dass sie mir keine Probleme verschweigt, weiß aber natürlich nicht ob sie selbst was übersieht. Sie fährt den Wagen aktuell noch regelmäßig.

Ich würde gerne ein paar Wochen später damit nach Italien fahren, wo der Twingo u.A. auch Serpentinen überleben müsste und wenn er mir mitten auf dem Berg verreckt wäre ungut.

Auf welche Probleme sollte ich achten? Und würdet ihr empfehlen, vorher in eine Werkstatt zu fahren?

[notting]

Hallo!

Ich bin einer der Forenpaten im Renault-Bereich. Eine meiner Aufgaben ist, Threads ggf. in passendere Unterforen zu verschieben, was ich hiermit getan habe. Hier im passenden Unterforum wirst du am ehesten Hilfe finden (ich gehe mal davon aus, dass du die Suchfunktion schon mal genutzt hast).

Zu deinem Problem:

1. Wartungszustand klären. Und zwar nicht nur die normale Wartung, wie Ölwechsel, Zündkerzen & Co. Falls er einen Zahnriemen hat (hängt davon ab was es für ein Motor ist...), seit wievielen Jahren _und_ km ist er drin? Typ. Intervalle liegen wohl im Bereich 5-6 Jahre bzw. 120-160Mm.

2. Allg. Vor-Urlaubscheck machen, also z. B.

- Regenabläufe unter der Windschutzscheibe an den Außenseiten des Fzgs. frei? Wenn ok:

- Hat sich irgendwo Wasser angesammelt? Beliebte Orte sind z. B. unter den Fußmatten bzw. in Bodenfächern und im Kofferraum und bei manchen Renaults auch z. B. die Kennzeichenbeleuchtung. Also Auto insoweit gemäß Handbuch "zerlegen" (im Zweifelsfall vorher ein paar Eimer Wasser über das drüberkippen - wenn Türen/Fenster/etc. zu, versteht sich :-)). Da wird gerade vom Kofferraum reden:

- Ersatzrad checken. Luftdruck lt. Handbuch herstellen. Wagenheber & Co. drin - neben _nicht_ abgelaufenem Erste-Hilfe-Kasten, Warndreieck, ausreichend Warnwesten (andere Länder...), ...? Wobei, die Wagenheber die dabei sind sind meist recht mies. Selbst die hydraulischen Hand-Dinger aus der Discounteraktion sind meist besser. Musst du wissen ob das oder eine Automobilclub-Mitgliedschaft die auch den von dir anvisierten Ort abdeckt für dich die bessere Lösung ist :-)

- Die anderen Reifen auch nicht nur bzgl. Luftdruck checken, sondern auch bzgl. Profil bzw. Beschaffenheit. Also z. B. ob sie sich unrund anfühlen (Nagel oder so drin, Beschädigungen an der Seite bzw. an der Felge? Leichte Unrundheit kann auch durch etwas zu wenig Luftdruck kommen, bei meinem muss ich 0,2bar über den Fahrertür-Aufkleber-Wert gehen, größere gut sichtbare Dellen hatte ich auch schon, hab mir dann auch neue Stoßdämpfer einbauen lassen...). Bzw. andere Länder, andere Sitten was Profiltiefe, wann Sommer-/Winterreifen angeht (wenn du zu hoch fährst evtl. Wintereinbruch?).

Apropos: Evtl. auch mal allg. wg. der Verkehrsregeln schauen auch so von wg. Licht am Tag etc.

- Alle Betriebsflüssigkeiten checken die du mit Hilfe des Handbuchs checken kannst, also insb. Öl und Kühlflüssigkeit. Ggf. auffüllen, aber unbedingt schauen das richtige Zeug zu nehmen bzw. vorher informieren was man beim Auffüllen beachten muss, ggf. hier suchen/nachfragen. Falls du mit einem Wintereinbruch rechnen musst, an den Gefrierschutz denken.

- Alle Kombinationen aller Außenlichter checken. Gibt da ggf. lustige Effekte.

- Steht beim Fahren das Lenkrad halbwegs gerade? (ok, der Fahrbahnbelag kann es ein bisschen drehen, ggf. andere Strecke probieren)

- Mach mal wo du den Verkehr und dich sicher nicht gefährdest Vollbremsungen bis auf 0 von 30, 50 und 70km/h. Er muss auch dann geradeaus fahren bzw. die Räder dürfen nicht blockieren wenn er ABS hat (sollte jmd. aus etwas Entfernung für beide Seiten checken).

- Ausführl. längere Probefahrt. Ggf. vorher mit einem Lappen den (vorzugsweise noch kalten Motor) gut abwischen. Hinterher sollte eigentl. max. aus der Klimaanlage Flüssigkeit rausgelaufen sein.

- Zeigt bei der längeren Probefahrt die Tankanzeige plausible Werte an?

- Fällt dir was ungewöhnl. bei der Probefahrt auf?

- Wenn du Zweifel bzgl. der Kupplung hat: Versuche mit durchgetretenem Bremspedal im höchsten(!) Gang anzufahren (Kupllung vorsichtig kommen lassen). Motor abgewürgt = gut; Motor läuft so voll eingekuppelt weiter aber Auto steht = Problem mit der Kupplung.

notting

[Achsmanschette46829]

@notting danke für die ausführliche Liste, die werde ich auf jeden Fall abarbeiten.

Das sind ja alles Arbeiten, die ich in 1h selbst gemacht habe. Wie sieht es mit meiner Frage nach Werkstatt aus?

[notting]

Zitat:

@Schakal_No1 schrieb am 7. August 2017 um 23:20:55 Uhr:

@notting danke für die ausführliche Liste, die werde ich auf jeden Fall abarbeiten.

Das sind ja alles Arbeiten, die ich in 1h selbst gemacht habe. Wie sieht es mit meiner Frage nach Werkstatt aus?

Werkstattbesuch würde ich davon abh. machen, was du über den Wartungszustand erfährst. Wenn die frisch genug ist, ist ein Werkstattbesuch IMHO überflüssig (bei der HU wird z. B. nicht auf das ZR-Intervall geachtet!).

notting

[schrauber10]

Ich habe den Clio 2 von 1999 mit aktuell über 200.000 km.

Seit ich vor einigen Monaten die Ventile erstmals eingestellt habe läuft der wieder wie neu, hört sich besser an udn braucht deutlich weniger Sprit.

Ich hätte keinerlei Bedenken, damit morgen in die Alpen zu fahren.

schrauber

[VolkerIZ]

Wenn der Verkäufer nicht den Zahnriemenwechsel in jüngerer Vergangenheit nachweisen kann, lass ihn vorsorglich wechseln. Zahnriemenrisse sind bei den Twingo-Motoren überdurchschnittlich häufig und führen zum Motor-Totalschaden (kein Freiläufer, genau wie z.B. der Polo, bei dem das aber viel seltener passiert). Ansonsten sind die Motoren unproblematisch.

Viele Fahrwerksteile beim Twingo sind schon original von sehr bescheidener Qualität, auf Radlagergeräusche achten und auf Federbrüche, vor allem vorne. Solche Reparaturen lohnen natürlich nur, wenn der Twingo von der Blechsubstanz noch den nächsten Tüv überlebt, ansonsten nicht kaufen.

Rost kann hauptsächlich an den Schwellern und am Vorderachskörper auftreten, der ist bis Modell 2001 nicht verzinkt, kostet neu 200 Euro, passt aber auch gebraucht (billiger) vom jüngeren Baujahr und ist problemlos zu bekommen. Das teuerste sind die Lohnkosten bei so einer Reparatur, lohnt sich bei guten Twingos, sonst Tüv abfahren und dann wieder für 100 Euro zum Schlachten verkaufen.

Was mal Ärger machen kann, ist die Wegfahrsperre. Falls Du damit unterwegs Probleme haben solltest, versuch, in Italien einen Internetanschluss zu finden und schreib mir eine PN. Ich kann zwar nicht direkt helfen, aber kenne die richtigen Leute. Vorher überprüfen, ob auf der Innenseite des Schlüssels noch die Nummer vorhanden ist, anhand der eine Renault-Werkstatt den Entsperrcode berechnen könnte, sonst lieber nicht kaufen. Das Problem ist lösbar, aber echt häufig und ohne die Nummer hat man ein Problem.

Im Ganzen sind die frühen Baujahre deutlich stressfreier, Steuerkette, keine Wegfahrsperre, allgemein weniger anfälliger Spielkram, das gleicht die bessere Blechqualität der Neueren kaum aus. Aber Du hast nun mal ein hammermäßig günstiges Angebot, für das Geld wirst Du so schnell keinen 94er oder 95er mit so viel Tüv finden, da muss man das Beste draus machen.