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wollvo22

Belangloses von unserem perlblauen Babybenz und achatgrauen Audi.

Sat Jul 15 00:59:52 CEST 2017    |    wollvo22    |    Kommentare (6)    |   Stichworte: 190er, Mercedes, W201

Juli 2016

 

Der Perlblaue begleitet mich nun seit fast eineinhalb Jahren. Die erste längere Fahrt war kurz nach dem Kauf an einem Sonntag Anfang März 2015 von Bonn zurück nach Weimar. Das Wetter war klasse, es gab blauen Himmel und reichlich Sonne. Ich hatte mir extra eine Strecke rausgesucht, die am Rhein entlang auf der B9 über Remagen flussaufwärts Richtung Koblenz führte. Dann auf der B49 nach Montabaur und auf die A3. Spätestens auf der Autobahn lauschte ich nervös jedem - bis dahin noch unbekannten - Geräusch.

 

Mit frischen Pneus fertig für die Tour.Mit frischen Pneus fertig für die Tour.

 

In den darauffolgenden Monaten habe ich den W201 immer besser kennengelernt. Doch mehr als 350 km am Stück sind bis zum Sommer 2016 nicht zusammengekommen.

 

Jetzt stand jedoch die erste große Tour an. Zu fünft wollten wir auf das Open'er Festvial nach Danzig. Bisher hatten wir solche Touren mangels anderen Fahrzeugen stets in dem Astra H eines Kumpels unternommen; nach Prag oder auch mal zu viert nach Budapest. Kein luxuriöses Gefährt, aber ein zuverlässiges. Trotzdem passierte immer irgendetwas, angekommen sind wir - stets mit Verspätung- ein jedes Mal.

 

Schiebedach statt Klima

 

Für unsere Tour nach Danzig waren fünf Personen samt Gepäck für eine Woche trotz der Tatsachen, dass es Sommer war und wir eine Ferienwohung in der Stadt hatten, somit weniger Klamotten und keinen Campingkram brauchen, für den Astra eigentlich zu viel. Und da ich unter Garantie auf dem mittleren Platz der Rückbank landen würde, starteten wir also im Duo gen Polen.

Morgens ging es los und wir trafen uns auf einer Raststätte an der A2 kurz hinter Magdeburg, um im Konvoi nach Danzig zu fahren.

 

Es hatte an dem Tag gut 30°C. Mercedes Fanboys werden die Geschichten über die Sonderausstattungsempfehlungen der Neuwagenverkäufer in den 80er kennen: "Nehmen Sie Klima, dann brauchen Sie kein Schiebedach. Wollen Sie das Schiebedach, können Sie sich die Klima sparen." Beim Perlblauen war wohl letzteres der Fall. Nach knapp 1300 km im schönsten Juliwetter kann ich im Jahr 2016 nur konstatieren: Stimmt nur bedingt!

Ich vermute mal, das Ganze lag auch an der Daimler Preispolitik für die Sonderausstattungen, da Schiebedach und Klima ähnlich viel kosteten. Ein Benz ist seit jeher eine kostenintensivere Anschaffung und da wollen Extras gut überlegt sein, um das eigene Budget nicht zu sprengen.

Aus diesem Grund scheint mein 190er auch statt der Automatik eine Anhängerkupplung zu haben - oder so ...

Nun gut, sollten also Lüftung auf Durchzug, literweise Mineralwasser und ein ständig geöffnetes Schiebedach für Abhilfe sorgen - mit dem Preis von erhöhten Windgeräuschen, die dann wieder durch ein lauter aufgedrehtes Radio ausgeglichen wurden. Ein System, welches bei stets wechselnden Windgeräuschen und Geschwindigkeiten einer permanenten manuellen Anpassung am Lautstärkeregler bedarf. Aber in diesem Minigame bin ich mittlweile ein Pro! :D

 

Rückblickend wären wir an diesem Tag sogar ziemlich gut durchgekommen, kein Stau oder Unfälle und keine mechanischen Schäden. Trotzdem sollte es der Benz sein, der uns 2 Stunden Verzögerung einbrachte.

 

Von Wischern und Kennzeichenhalterungen

 

Hinter Berlin sind wir gegen Mittag auf die A11 gefahren. Diese wird bei Kolbaskowo an der polnischen Grenze zur A6. Irgendwo in der Pampa gab es auf dieser Strecke in Bandenburg eine Baustelle. Die Fahrbahn wurde erneuert und zu diesem Zeitpunkt war gerade der alte Belag runtergefräst und die Autobahn auf eine Spur begrenzt worden. Eine ziemlich holprige Angelegenheit. Für den Benz kein Problem! Ich hielt mich an die vorgeschriebenen 50 bzw. 70 km/h, Alex im Astra vor mir an die landläufigen 10% darüber. Um aufzuschließen musste ich also nach einiger Zeit das Gaspedal etwas mehr bemühen. Es polterte zwar aber sonst war alles okay. Dachten wir jedenfalls.

Als wir die Grenze passiert hatten, sind wir kurz dahinter an einer Tanke raus, um uns die Beine etwas zu vertreten. Ich nutzte die Gelegenheit, um mir an einer der Zapfsäulen Eimer und Wischer zu holen und meine Scheiben zu putzen.

 

Ein kleiner Exkurs dazu: W201 und W124 Fahrer werden das Problem kennen. Der Einarmwischer ist eine der wenigen Daimlererfindungen, die in der jeweils folgenden Baureihe wieder verschwanden. Der Grund ist simpel: Mag der Wischer zwar noch so ein großes Wischfeld haben, er wischt nie so sauber, wie man es möchte, nie!

Der alte Skoda Felicia von meinem Vater hat da ein um Welten besseres Wischergebnis als das Teil am W201 (womit die Vorteile des Felicia aber auch schon erschöpft sind).

 

Zurück nach Polen. Als ich nun mit dem Eimer zurück zu unseren Fahrzeugen ging, störte mich etwas irgendetwas am Heck des Benz: Jap, das Kennzeichen fehlte! ****

Instinktiv schaute ich zurück die Zufahrt zur Tankstelle entlang, doch da lag nichts. Schnell stand für mich fest, dass ich das Teil wohl auf der Ruckelpiste A11 verloren haben musste. Als Generation, die als Übergang zu den digital natives verstanden werden kann, recherchierten wir auf unseren Smartphones, die sich noch in Reichweite deutscher Funkmasten befanden, was nun zu tun sei. Kurze Zeit später stand fest: Der Verlust ist zu melden. Schließlich könnte jemand das Teil finden und damit irgendwelche unrechten Dinge tun; z.B. Volltanken und dann abhauen. Jedenfalls war das in einem der Suchergebnisse zu lesen. Also auf zur Polizei!

Das war auch in meinem Sinne. Mit einem alten aber gepflegten Benz ohne Heck-Kennzeichen (Zulassungsplakete + HU/AU) würde uns wahrscheinlich jeder Polizist auf dem Weg nach Danzig anhalten, auch wenn das Vordere noch in der Halterung steckte. Noch so nah an der Grenze entschieden wir uns, umzudrehen und zurück auf die deutsche Seite zu fahren. Eine Verlustmeldung war dort für uns einfacher zu bewerkstelligen.

Also zurück in die Autos und bei der nächsten Auffahrt die Fahrtrichtung gewechselt. Unser Plan war, bei der Station der Bundespolizei hinter der Grenze des Verlust anzuzeigen. Doch just zu dieser Zeit stand auf dem Grünstreifen zwischen dem Zubringer, den wir benutzen und der Autobahn ein polnischer Streifenwagen. Der Astra passierte diese ohne Probleme, mein Mitfahrer und ich dachten uns schon was passieren würde. Das tat es dann auch: Kurz nachdem ich auf der Autobahn war, beschleunigte der Polizei-Hyundai, Blaulicht, "Bitte folgen"-Schriftzug und hinter der Grenze wieder raus - passenderweise genau dort, wo wir eh hin wollten.

 

Deutsch-Polnisches Duo

 

Nahe der Grenze sind die beiden Polizeibehörden jeweils im Duo unterwegs: Auf der deutschen Seite ist der Fahrer ein Bundespolizist und der Beifahrer ein polnischer Kollege und auf der polnischen Seite umgekehrt. Eine gute Praxis, denn sie erleichtert die Kommunikation.

Dem ungleich gekleideten Kollegen (Deutscher ins Blau, Pole in Flecktarn) haben wir dann "den Sachverhalt" geschildert. An sich war das ganze kein Problem, so der Hauptwachmeister, doch die Bundespolizei sei dafür nicht zuständig. Da wir vermuteten, das Kennzeichen auf der Autobahn verloren zu haben, fällt das in den Zuständigkeitsbereich der Kollegen von der Autobahnpolizei in Prenzlau (Brandenburg, nicht der hippe Berliner Bezirk).

Klasse, also auf an den Unteruckersee: A11 zurück Richtung Berlin und dann B198 nach Prenzlau, 40 km hin, 40 km zurück.

 

Auf der dortigen Wache musste ich zunächst warten, eine Schulklasse war gerade zu Besuch und bekam eine Führung. Der junge Polizist, der sich meiner Sache dann sehr freundlich annahm, erklärte mir zunächst, dass den Vorgang locker auch die Bundespolizei hätte erledigen können - die hatten also schlichtweg keine Lust dazu. Nach 15 Minuten war ich wieder raus, ein Schriftstück in der Hand, das mir erlaubte weiterzufahren und der Aussage, dass man mich benachrichtigen würde, wenn man das Kennzeichen bei einer der Kontrollfahrten finden würde. Neue Kennzeichen müsste ich mir jedoch besorgen, wenn ich wieder daheim war.

 

Mit 40 und Handystandleitung über die Autobahn

 

Wir machten uns also wieder auf den Weg nach Polen und entschieden uns für die selbe Strecke wie zuvor. Unterwegs wollten wir nach dem Kennzeichen Ausschau halten. Viel Hoffnung hatte ich nicht, aber mit dem Schreiben der Polizei war ich wieder einigermaßen im Normalmodus angekommen.

Also fuhren wir die Strecke mit einer Handystandleitung und 40 km/h richtig Grenze.

Auf den letzten Metern, bevor sich die Fahrbahn wieder auf zwei Fahrspuren ausweitete, stieg Alex vor mir auf einmal in die Eisen, sprang aus dem Astra, rannte über die Fahrbahn zum Mittelstreifen, bückte sich und hielt triumphierend mein leicht lädiertes Kennzeichen nach oben. Der Tag war gerettet!

Es ist wieder da.Es ist wieder da.

 

Ich verstaute es gut sichtbar hinter der Heckscheibe - das Vertrauen in die Plastikhalterung hatte ich verloren - und wir kamen ohne weitere Zwischenfälle in Danzig an, hatten eine grandiose Woche und fuhren, mit einer Ölauffüllpause für den Astra, sicher wieder zurück.

 

Die erste große Tour war damit überstanden.

Das Problem der fehlenden Klimaanlage lässt sich leider nicht lösen, doch die alte Kennzeichenhalterung habe ich durch ein Alufixx-System aus Metall ersetzt - hält sehr gut! Mit dem deutschen Polizisten aus Prenzlau habe ich dann nochmal während des Festivals telefoniert und ihm mitgeteilt, dass wir das Teil glücklicherweise wieder gefunden haben. Er wünschte uns viel Spaß beim Feiern und eine gute Rückfahrt. :)

 

Auf dem Weg zurück.Auf dem Weg zurück.

 

Mein Verbrauch lag übrigens mit 2 Personen und Gepäck auf Landstraßen und Autobahnen bei etwa 8,5 l auf 100 km.

 

Die nächste Tour steht in der kommenden Woche an: Urlaub in Österreich. Die Hinfahrt über München und zurück über Stuttgart, den Geburtsort des Perlblauen besuchen.

Denn der Zulassung folgend, gehört mein 190er zu jenen 42 Prozent der gut 1,9 Millionen W201, die nicht im ehemaligen Borgward-Werk in Bremen-Sebaldsbrück, sondern im Stammwerk in Sindelfingen vom Band liefen.

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Thu Jul 13 16:19:12 CEST 2017    |    wollvo22    |    Kommentare (16)    |   Stichworte: 190, 190er, Babybenz, erstes Auto, M102, Mercedes, Mercedes-Benz, W201, Youngtimer

Irgendwann 1990

 

Meine Eltern erzählen mir gern die Geschichte, dass ich schon als kleiner Junge von 3 Jahren zusammen mit meinen Vater durch die Straßen gegangen bin und mir Autos angesehen habe. Auf Augenhöhe lagen für mich die Radzierblenden und Kühler der parkenden Autos mit den Logos der verschiedenen Hersteller.

Es war irgendwann 1990. Meine Heimatstadt liegt am Rande des Ostharzes. Neben Trabant, Wartburg und einiger weniger PKWs russischer oder tschechischer Bauart war bis vor einigen Monaten die Vielfalt auf den Straßen der DDR ziemlich überschaubar. Ein Trabbi dürfte auch ich allein am Klang erkannt haben. Mein Opa fuhr zu dieser Zeit einen Wartburg und mein Vater hatte einen giftgrünen mit reichlich Chrom verzierten Lada Niva. Dank Westverwandschaft befanden sich in meinen Spiezeugautobesitz einige Porsche 911 und Mercedes.

 

1990 machten es die großen politischen Umbrüche möglich, dass ich als Steppke, der mit dem Vater durch die Straßen spaziert, all die für uns beide neuen Fahrzeuge kennenlernen konnte, die stets mehr wurden und die Trabbis und co. verdrängten.

Die mich begleitende Personen habe ich zu dieser Zeit der Erzählung meiner Eltern nach stets nach dem Namen des Autos gefragt und beim nächsten Spaziergang konnte ich die Hersteller, der vor mir stehenden Fahrzeuge, anhand ihrer Logos auf den Radzierblenden benennen.

 

Car-Nerd

 

Damit bin ich wohl das geworden, was man heutzutage einen Car-Nerd nennt.

Meine Sammlung an Siku Autos wurde mit jedem Jahr größer. Ich mag diese bis heute, weil auf der Unterseite die wichtigsten technischen Daten wie Hubraum, Zylinder, Leistung und Höchstgeschwindigkeit vermerkt sind - wie ein Autoquartett, nur hat man statt der Karten eine kleines Modell des entsprechenden Fahrzeugs in der Hand.

 

Über die Jahre bin ich auf dem Schoß meines Opas über Waldwege gefahren, habe mir Autozeitschriften gekauft und war für jede Fahrt als Mitfahrer zu haben. Dann kam die erste große Tour mit meinem Vater 1998 auf der Autobahn quer durch Deutschland, die Verwanden im Ruhrpot besuchen. Ich saß auf dem Beifahrersitz unseres neuen Skoda Felicia Kombi - ebenfalls in giftgrün, diesmal Metallic, Facelift Modell, 1.3 Liter Saugrohreinspritzung und 68 PS. Definitiv kein Kandidat für die linke Spur.

Mein Vater fährt das Teil bis heute, kaum 70.000 km runter, aber Rost an jedem Ratlauf, trotz Garagenstellplatz. Es war auch das erste Auto nach dem gelben Audi A3 Fahrschulwagen, welches ich im öffentlichen Straßenverkehr gefahren bin. Kurz nach dem Führerscheinerwerb mit Anhänger und Rasenmäher darauf hoch in den Harz. Harte Tour, aber danach durfte ich den Wagen ohne meinen Vater als Beifahrer bewegen.

 

Bis zum ersten eigenen Auto verging dann nochmal eine ganze Dekade, in der ich studiert und diverse Autos von Familienmitgliedern, Freunden und Mietwagenunternehmen gefahren bin. Zuletzt waren das bevorzugt Kleintransporter für einen Verein, der Festivals und andere soziokulturelle Projekte veranstaltet.

 

 

Januar 2015

 

Vor kurzem hatte ich jene Stadt verlassen, in der ich studiert und meine ersten Jahre als Teil der berufstätigen Bevölkerung verbracht habe und war in Weimar gelandet. Einer sehr schönen Stadt, in der man kein Auto braucht und - zumindest in der Innenstadt - auch nicht fahren will.

Trotzdem wollte ich jetzt eins. Die Gründe waren profan: Wochenende, Freunde, genervt von der Bahn und vom damaligen Job. Ich brauchte etwas zum Ausgleich und hatte in den vergangenen Jahren stets Geld beiseitegelegt, um auf die BAföG-Rückzahlung vorbereitet zu sein.

Ich lege mir ein Budget von maximal 4.000 EUR fest und begab mich auf die Suche. Nun ist es, dass werden viele hier nachvollziehen können, für jemanden, der quasi von Klein auf den Kästen mit Motor und vier Rädern verfallen ist, nicht einfach, das (!) Auto zu finden. Man kennt bereits so viele Modelle und mit jeder Recherche kommen neue Varianten dazu, die ebenfalls kaufenswert erscheinen.

Hinzu kommen ganz grundsätzliche Fragen: Welcher Zeitraum? Welcher Hersteller?, die sich dann immer weiter vertieften: Welche Motorisierung? Ist das Aggregat haltbar? etc.

 

Relativ früh stand für mich fest, dass es kein Auto der 90er oder 00er-Jahre sein sollte, das noch zuhauf auf den Straßen unterwegs ist und in der grauen Masse untergeht. Außerdem brauchte ich den Wagen nicht zum täglichen Pendeln und rechnete mit einer Laufleistung von maximal 8.000 km im Jahr.

Ein ehemaliger Kollege aus meinem Nebenjob während des Studiums hatte ein dunkelblaues W123 T-Modell. Das erschien mir damals schon ungemein attraktiv, war aber außerhalb des Budgets - wie viele andere Oldtimer auch.

 

Also ein Youngtimer. Passenderweise aus dem selben Baujahrzehnt wie ich. Volvo mag ich, aber ein 740 war einfach zu groß. Japaner waren schon damals so ziemlich das Zuverlässigste, was unterwegs war, doch da fehlt mir der Charakter. Irgendeine Oberklasse deutscher Produktion aus der Zeit wollte ich mir für unter 4.000 EUR aber auch nicht zulegen. Das roch mir zu stark nach den diversen "Cheap Car Challanges" von Top Gear und die sah ich mir lieber an, als dass ich sie selbst vor der Tür stehen haben wollte.

 

Also ein Youngtimer

 

Plötzlich ging es dann sehr schnell. Ich kam bei der Recherche auf den Mercedes W201 und BMW E30, als "Notvariante" vielleicht einen Audi 80. Jeden Abend war ich nun Dauergast auf Mobile und las mich auf Foren in die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Modelltypen ein.

Und fand einen W201. Perlblau, Baujahr 1992, in Mönchengladbach. Mein Bruder wohnte zu dieser Zeit mit seiner Familie in Bonn. Ich machte ein Wochenende im Februar aus, rief beim Händler an und suchte parallel weiter. Der Audi 80 fiel raus und nach und nach suchte ich auch keine 3er mehr.

Ein 190er sollte es werden. Der von Bruno Sacco zeitlos gezeichnet wurde, in den USA den Spitznamen Babybenz bekam und den ich bestimmt - damals 1990 - anhand seiner Radzierblenden oder des Sterns auf der Haube bereits als Mercedes identifiziert habe. Neben dem Perlblauen hatte ich noch einen weiteren in der ebenfalls hübschen Farbe Impala Braun in der näheren Auswahl. Dieser war jedoch schnell verkauft.

 

Sofort verliebt

 

Kurze Zeit später stand ich also bei Zech Automobile in Mönchengladbach vor dem perlauen Babybenz, 2. Hand. Der Erstbesitzer dürfte eine Daimler-Mitarbeiter gewesen sein, denn der 190er lief erst ein Jahr auf ihn und dann auf einen Herrn im Großraum Köln. Stimmig zur Außenfarbe gab es Karopolster in Blau dazu ein Airbag-Lederlenkrad, elektrisches Schiebedach, den soliden M102 mit 122PS knapp 200.000 km und - ganz wichtig - rostfreie Wagenheberaufnahmen.

 

Ein kleiner Exkurs:

Auf der Internetseite des W 123 Clubs Hannover kann man für verschiedene Baureihen der 80er und 90er den eigenen Wagen nachkonfigurieren (www.w123-hannover.de/html/npr_startseite.html).

Zum Grundpreis meines im Oktober 1992 ausgelieferten W201 von 42.579,00 DM addierten sich Sonderausstattungen im Wert von gut 12.000 DM - u.a. heute kurios anmutende Positionen wie: "Außentemperaturanzeige" für 273,60 DM, "Kraftstoffbehälter mit größerem Inhalt (70l)" für 148,20 DM, "Getriebe mechn. 5-Gang" für 934,80 DM oder den "Airbag für Fahrer" für 1710,00 DM. Somit dürfte der Wagen damals etwa 55.000 DM gekostet haben (wenn man den Nachlass für Daimler-Mitarbeiter mal außer acht lässt).

 

Trotz aller Anstrengungen es nicht zu tun, hatte ich mich sofort in den Babybenz verliebt, meine Schwägerin und mein Bruder, die mich als neutrale Personen begleiten sollten, ebenso.

Okay, der Stern fehlte, aber den konnte man ersetzen und statt der schönen Benz-Automatik hat er das optionale 5-Gang Getriebe, bei dessen Entwicklung das Wort "präszise" wohl nicht im Lastenheft stand. Es gab eine kleine Roststelle am Schiebedach und ein paar Lackkratzer. Außerdem singt das Diff bis heute bei 120 - 130 km/h.

Egal! Er fuhr sich gut, die schleifenden Bremsen sollten noch ausgetauscht werden und die HU/AU gab es frisch dazu.

Matthias Zech erwies sich als außerordentlich sympathischer und informierter Händler. Ich kann ihm jeden (Mercedes-)Youngtimer-Interessierten nur ans Herz legen (www.meine-kfz.de/zech-auto/). Die Beurteilungen bei Mobile spiegeln diesen Eindruck sehr gut wider.

 

Viel Handlungsspielraum gab es beim Preis nicht. Der Benz lag voll im Budget, gab mir noch Reserven für zukünftige Reperaturen beziehungsweise die Umrüstung auf EURO 2. Er war in einem sehr guten Zustand und wie schon erwähnt - ich hatte mich ja eh schon verliebt.

Ich schlief eine Nacht drüber und lies mir dann den Kaufvertrag zuschicken. In den darauffolgenden Tagen schloss ich eine Kfz-Versicherung ab und besorgte mir Überführungskennzeichen. Zwei Wochen später stand ich wieder auf den Hof von Matthias Zech und nahm meinen Babybenz mit.

 

Daumen nach oben

 

Seitdem sind mehr als 20.000 weitere Kilometer auf den Walzenwerk des Kilometerzählers gekommen. Kurz nach dem Kauf habe ich mir einen Stern besorgt und somit die klassische Sicht eines Benzfahrers wiederhergestellt. Ich habe mich mit dem 5-Gang-Getriebe angefreundet und das elektrische Schiebedach ist meine Lieblingssonderausstattung.

Nachdem ich die alten Winterschlappen den Sommer und nachfolgenden Winter über runtergefahren hatte, folgten im nächsten Frühjahr ein Satz neuer Sommerreifen auf gebrauchten aber standesgemäßen 15-Loch Gullideckeln.

 

Mittlerweile wieder umgezogen, habe ich einen trockenen Tiefgaragenstellplatz gefunden und an Tankstellen werde ich regelmäßg angesprochen. Unterwegs grüßt man sich als 190er Fahrernder mit dem Daumen nach oben.

Und diese Geste fasst die letzten Monate ziemlich gut zusammen.

 

Wie sich der Benz im Alltag fährt, könnt ihr hier nachlesen:

https://www.motortests.de/auto/mercedes/w201/190er/2-0-e-ftId178352

 

Bilder von unterwegs gibt es regelmäßig auf Instagram:

wolle_unterwegs und #BlueBabyBenz

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