Wie verzögert reagieren die Spritpreise auf die fallenden Ölpreise?
Hallo,
ich habe eine Verständnisfrage: Warum sind die Spritpreise derzeit immer noch so hoch, wenn der Rohölpreis stetig fällt?
Aktuell kostet das Rohöl vom Typ Brant 60 USD. Im Vergleich dazu hat es noch im Oktober 2018 85 USD (!!!) gekostet. Seit dem April ist der Ölpreis stetig am Fallen (siehe: https://www.finanzen.net/rohstoffe/oelpreis), dennoch passen sich die Spritpreise an den Tankstellen nicht an.
Welchen Grund hat das?
Mit welcher Verzögerung in Wochen oder Monaten muss man rechnen, damit man als Endkonsument auch was von den Preisschwankungen am Rohölmarkt mitbekommt?
Ich freue mich auf eure spannenden Theorien. 🙂
Beste Antwort im Thema
Thema Spritpreis:
1. Die OPEC-Länder steigern ihre Produktion:
- der Benzinpreis steigt.
Dies ist auf grundlegende ökonomische Gesetze unserer Marktwirtschaft zurückzuführen: Die gestiegene Nachfrage nach Tankerkapazität verteuert die Frachtraten überproportional.
2. Die OPEC-Länder drosseln ihre Produktion:
- der Benzinpreis steigt.
Das ist ökonomisch bedingt: Das Angebot sinkt bei gleichbleibender Nachfrage, damit wird die Ware teurer.
3. Im Nahen Osten herrscht vorrübergehend Waffenruhe:
- der Benzinpreis steigt.
Die Ruhe ist trügerisch, die Lager werden vorsorglich aufgefüllt. Die zusätzliche Nachfrage erhöht den Marktpreis.
4. Im Nahen Osten wird gekämpft:
- der Benzinpreis steigt.
Hamsterkäufe erhöhen die Nachfrage und damit den Marktpreis.
5. Die Verbraucher sparen:
- der Benzinpreis steigt.
Der Minderverbrauch sorgt dafür, dass die Raffinerien weit unterhalb ihrer Kapazität produzieren müssen. Dies erhöht den Einheitspreis (Kosten pro Liter), den in einer Marktwirtschaft die Konsumenten zu tragen haben.
6. Die Verbraucher sparen nicht:
- der Benzinpreis steigt.
Die Ölgesellschaften erfüllen eine lebenswichtige Funktion in der Martkwirtschaft: Durch Preiserhöhungen wirken sie einer noch größeren Abhängigkeit vom Erdöl entgegen.
7. Die Verbraucher weichen auf Substitute aus:
- der Benzinpreis steigt.
Die Verbundproduktion der verschiedenen Erdöl-Derivate kommt durcheinander. Das erhöht die Kosten pro Liter.
8. Der Rhein führt Hochwasser:
- der Benzinpreis steigt.
Die Versorgungslage wird prekär. Vorsorgebestellungen erhöhen die Nachfrage und damit logischerweise den Marktpreis.
9. Der Rhein führt Niedrigwasser:
- der Benzinpreis steigt.
Die Schiffe können nur zu einem Drittel ihrer Kapazität beladen werden. Die dadurch erhöhte Fracht pro Tonne Ladegut verteuert die Ware.
10. Der Rhein führt Normalwasser:
- der Benzinpreis steigt.
Kaum 25% des eingeführten Benzins erreichen uns auf dem Wasserweg. Für die Kalkulation spielt daher die Situation auf dem Rhein eine geringe Rolle.
11. Der Dollarkurs steigt:
- der Benzinpreis steigt.
Alle Erdöl-Kontakte werden in Dollar abgerechnet. Die Konsequenzen für den Preis in Euro liegen auf der Hand. In einer freien Marktwirtschaft wirken sich alle Änderungen sehr schnell aus.
12. Der Dollarkurs sinkt:
- der Benzinpreis steigt.
Längst nicht alle Abschlüsse auf dem für Deutschland maßgebenden Spotmarkt in Rotterdam werden in Dollar abgewickelt. Im übrigen dauert es immer eine gewisse Zeit, bis sich Änderungen beim Verbraucher auswirken.
13. Die Lager sind randvoll:
- der Benzinpreis steigt.
Große Lagerbestände drücken auf die Gewinnmarge. Die Filialen der großen Erdölkonzerne leisten
freiwillig einen unschätzbaren Beitrag zur Landesversorgung in Notzeiten. In einer freien Marktwirtschaft ist es nur natürlich, dass sich die Konsumenten an den hohen Kosten dafür beteiligen.
14. Die Lager sind leer:
- der Benzinpreis steigt.
Die hohen Lagerverluste wurden bisher stets von den Erdölgesellschaften zu Lasten ihrer Erfolgsrechnung getragen. Das ist nicht mehr länger möglich.
15. Der durchschnittliche Reingewinn der großen Erdölkonzerne ist gegenüber dem Vorjahr um 380%
gestiegen:
- der Benzinpreis steigt.
Die Zahlen ergeben ein unvollständiges Bild. Im Benzingeschäft allein sieht die Lage schlecht aus.
Vereinzelt entstanden sogar Verluste, die von den anderen Abteilungen getragen werden mussten.
16. Der durchschnittliche Reingewinn der großen Erdölkonzerne ist gegenüber dem Vorjahr kaum
gestiegen:
- der Benzinpreis steigt.
In einer freien Marktwirtschaft kann ein Produzent nur mit einer angemessenen Umsatz-Marge
existieren.
17. Ein OPEC-Mitglied stoppt infolge innerer Unruhen sämtliche Exporte:
- der Benzinpreis steigt.
Das Angebot auf dem Weltmarkt hat sich verringert. Die Preise reagieren entsprechend.
18. Ein OPEC-Mitglied nimmt seine Ausfuhren wieder auf:
- der Benzinpreis steigt.
Die seither eingetretene Inflation wurde entgegen den Gesetzen einer freien Marktwirtschaft von den
Konzernen aufgefangen. Das kann nicht ewig so weitergehen.
19. Neue Erdölvorkommen werden entdeckt:
- der Benzinpreis steigt.
Es gibt viel zu tun, packen wir’s an. Um die Versorgung in der Zukunft zu sichern, müssen heute
gewaltige Investitionen getätigt werden. Die Prokuktionskosten werden ständig höher.
20. Bisherige ergiebige Ölfelder erschöpfen sich:
- der Benzinpreis steigt.
Es wird immer schwieriger und teurer, der unverminderten Welt-Nachfrage nach Öl gerecht zu
werden.
21. Zwei Erdölkonzerne fusionieren:
- der Benzinpreis steigt.
Der Zusammenschluss ist ein Signal dafür, dass bei den gegenwärtigen Preisen das Überleben
einzelner Gesellschaften nicht mehr gewährleistet ist.
22. Zwei Erdölkonzerne fusionieren nicht:
- der Benzinpreis steigt.
Der von den staatlichen Aufsichtsstellen abgelehnte Zusammenschluss verhindert beträchtliche
Rationalisierungs-Vorteile. Die Konsequenzen hat der Konsument zu tragen.
😉
37 Antworten
Einiges gelöscht.
Marktwirtschaft braucht dann hier nicht gelehrt zu werden.
Moorteufelchen
Zitat:
@Catwiezle schrieb am 6. Juni 2019 um 19:29:51 Uhr:
Zitat:
@berlin-paul schrieb am 6. Juni 2019 um 15:47:55 Uhr:
Der Rohölpreis spielt überhaupt keine Rolle für den Preis an der Zapfsäule. Die Konzerne fördern den Barrel seit Ewigkeiten für Preise zwischen 5 $ und 12 $ und sie verticken die Destillate in ihren Tankstellennetzen exakt zu den Preisen, die sie gerade haben wollen. Die Schwankungen resultieren aus dem umgedrehten Wettbewerb. Die einzige Frage ist täglich, wer den Preis ab 18:00 Uhr zuerst wieder anhebt. ...Das ist Unsinn, was du da schreibst. Schuster bleib bei deinen Leisten.
Der Rohölpreis spielt eine grosse Rolle beim Spritpreis an der Tankstelle, hat man im Jahr 2015 gut gesehen, als der Diesel teilweise unter 1 Euro gekostet hat und der Ölpreis unter 40 Dollar ging, weil durch die Fracking Technik in den USA zuviel Öl auf dem Weltmarkt war.
Die Förderkosten liegen zwischen 3 und bis zu 70 Dollar pro Barrel, je nachdem, wo es gefördert wird. Die meisten Ölförderunternehmen haben überhaupt kein Raffinerie und Tankstellennetz mehr und wenn doch, dann kaufen die Raffinerien das Öl auf dem Weltmarkt ein, nicht unbedingt bei der eigenen Firma. Das sind Profitcenter.
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis an der Tankstelle natürlich auch. Und jetzt steht Pfingsten vor der Tür.
Ich schreibe keinen Unsinn. Der umgedrehte Wettbewerb ist im Zusammenhang mit den Kartellverfahren bzgl. der Spritpreise belegt worden. Allgemein gesagt erfragt der TE genau dieses volkswirtschaftliche Phänomen.
Der Preis für BRENT Rohöl ist, wenn ich das srichtig in Erinnerung habe, erst Mitte Mai wieder unter 63 USD gefallen und liegt aktuell bei knapp 61 USD.
Bei uns im eher teuren Raum München sind die Preise für Dieselkraftstoff (heute: 1,26 €/l) aktuell ca. 10% günstiger als noch vor 1 Monat und Super E5 (heute: 1,47 €/l) wurde seit Anfang Mai um gut 5% preiswerter. Dabei haben wir gerade Ferienzeit mit einigen Feiertagen.
Im Juni 2018 lagen die Verkaufspreise für Treibstoff an den Tankstellen ganz leicht über dem aktuellen Preisniveau.
Ich denke, an der üblichen Verzögerung der Spritpreise nach einem (oft nur kurzzeitigen) Absinken der Weltmarktpreise für ein Barrel BRENT Rohöl hat sich - entgegen der suggerierten Annahme des TE - nichts wesentliches in den letzten Jahren verändert.
Wenn der TE auf Oktober 2018 und die damaligen Barellkosten von 80 USD abstellt, sollte er mit erwähnen, dass im Oktober 2018 auch der Liter Super E5 im Bundesdurchschnitt ca. 7% teurer war als der aktuell zu zahlende Durchschnittspreis an deutschen Tankstellen.
Ist es nicht immer so, dass die Differenz Diesel/Benzin im Winter kleiner ist als im Sommer? Zumindest rein faktisch? Oder kommt mir das nur so vor?