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Welches Kurventraining ?

Themenstarteram 29. Juli 2020 um 12:19

Hi.

Ich tue mich noch etwas Schwer mit Thema Kurven. Mir fehlt noch das Gefühl wie schnell ich durch ne Kurve fahren kann und gehe darum oft Früh vom Gas. Deswegen bin am Überlegen da ein Sicherheitstraining zu machen, damit das Flüssiger wird.

Jetzt gibt es diese Schräglagentrainigs, mit diesen Teilen an den Motorräder, damit man nicht Umkippt.

Und ich hab Anbieter gesehen, die Kurventraining auf der Straße, mit eigenen Motorrad Anbieten.

Hat doch bestimmt schon mal jemand hier gemacht.

Mit was würdet ihr da Anfangen ?

Beste Antwort im Thema

Moin!

Erstmal vorneweg: Die eigenen Schwächen beim Fahren zu erkennen und aktiv daran zu arbeiten ist das Beste was du machen kannst! Insofern bist du schon mal auf dem richtigen Weg. Jetzt ein wenig vor die Klammer gezogenes und dann zu den Trainings.

Ein spezifisches Training hilft nur, wenn es nur um die spezifischen Schwächen geht

Ich habe es häufiger von Leuten gehört, dass sie ja "nur ein Problem mit XY" haben. Schaut man sich dann aber mal zehn Minuten an, wie sie fahren, ist das was sie für sich als Problem entdeckt haben, nur die Spitze des Eisbergs. Man darf nicht vergessen, dass Motorradfahren ein Zusammenspiel von vielen Faktoren ist, die auch gegenseitig untereinander wirken. Es ist also mitnichten so, dass es reicht, nur an einem Stellrad zu drehen.

Daher gibt es erst mal die folgenden Tipps:

a) Du verbesserst dich nur durchs (reflektierte, aktive) Fahren. Wenn du nur 300km im Jahr fährst, brauchst du dir keine Gedanken über ein Training zu machen. Also erstmal: Du musst viel fahren!

b) Arbeite in die Grundlagen ein. Es gibt gute Bücher und auch Videos zum Thema Fahrtechnik, -physik etc. pp. Es ist immer wieder erschreckend, wie viele Leute nicht mal wirklich wissen, wie sie aktiv ein Motorrad überhaupt lenken. Kennt man die Grundlagen nicht, kann man auch nicht an diesen arbeiten.

Damit übrigens auch noch mal der Bogen zum Eingangs erwähnten Punkt, dass das nur die Spitze des Eisbergs sei: Da haben Leute Angst vor der Kurve und denken, dass sei das Problem. Das ist aber nur das erste Problem, wenn ich nicht weiß, inwieweit ich überhaupt durch Countersteering und Gewichtsverlagerung Einfluss auf die gefahrene Kurvenlinie nehmen kann.

c) Unabhängig von Kursen kannst und solltest du zum einen regelmäßig bestimmte, z.B. kurvenreiche, Abschnitte wiederholt fahren. Das hat den Vorteil, dass du diese immer besser kennen lernst und dadurch auch eine Entwicklung selbst besser im Auge behalten kannst. Und du kannst dich nach und nach steigern. Du merkst, dass du die Kurve jetzt locker mit 80km/h schaffst - dann das nächste mal mit 85km/h etc.

d) Ebenfalls unabhängig von Kursen: Kaufe dir bei Amazon oder sonstwo einen Haufen Übungspylonen und fahr regelmäßig Abends oder am Wochenende auf einen passend asphaltierten Platz und mach Grundübungen. Wie kürzlich schon in einem anderen Thread erwähnt: Es gibt viele Leute, die der Meinung sind, gut fahren zu können, weil sie auf der Geraden den Hahn aufreißen können - das schafft aber auch ein Kleinkind. Einen guten Fahrer erkennst du regelmäßig eher daran, wie gut er langsam fährt. Notbremsübungen, Slalom, Kreisfahrten, ... Die Grundfahrübungen sind bekannt. Dazu finden sich haufenweise weiterer Übungen, die man fahren kann. Ein klassisches Beispiel, dass auch ich immer wieder gerne nenne: Wenden mit vollem Lenkeinschlag und gedrückter Maschine - zeigt, dass du die Maschine recht gut handeln kannst. Und gibt dir letztlich wieder Gefühl, dass du auch bei höheren Geschwindigkeiten brauchst.

Den Kram vor die Klammer gezogen, jetzt mal zu den Trainings. Hierzu der Hinweis: Ein Training zu besuchen ist so wie einmal zum Karatetraining zu gehen. Du gehst da nicht mit dem schwarzen Gurt raus. Jedes Training soll bei dir nur Grundlagen legen, dir Hinweise zur Verbesserung geben etc. Es liegt danach an dir, das durch regelmäßiges(!) Fahren auch ins motorische Gedächtnis zu bringen.

Zudem macht es Sinn, solche Trainings regelmäßig zu besuchen. Bei mir ist es z.B. so, dass ich jedes Jahr i.d.R. mind. eine Hand voll Trainings mache, obwohl ich ganzjährig fahre. Über den Winter ist es im Zweifel aber doch ein bisschen weniger und da schadet es nicht, das ein oder andere Training einfach auch immer wieder zum Warm-Up zu machen. Ich mische da dann immer ein wenig durch. Rennstreckenfahrten kommen dann meist erst irgendwann ab Mai/Juni des Jahres dran - vorher bekomme ich die zeitlich auch nicht unter.

So, nun aber tatsächlich zu den Trainings:

Traingsübersicht

Das klassische Ganztagstraining

So wie es z.B. vom ADAC angeboten wird. Preis meistens irgendwas um die 200 Euro bzw. knapp drunter. Hier sind es Gruppen von i.d.R. 8-12 Leuten und jeder fährt mit seiner Maschine (es gibt auch Trainingscenter, wo man sich Maschinen ausleihen kann).

Das ganze ist ein Flug durch die verschiedensten Fahrsituationen und -manöver. Slalom, Notwbremsung, Bremsung auf nasser Fahrbahn, Bremsung in Schräglage, Überfahren von Hindernissen in der Kurve, Wegziehen des Hinterrades, Ausweichmanöver, Kurvenlinie, Blicktechnik, ... hier ist vieles dabei.

So ein Training geht von morgens bis zum späten Nachmittag und man ist schon den ganzen Tag beschäftigt. Ist meiner Meinung nach insbesondere gut, wenn man sich ein neues Motorrad gekauft hat, die ersten paar hundert Kilometer gefahren ist und jetzt noch mal ein bisschen "intensiver" üben will, im kontrollierten Umfeld. Oder wenn man eine Zeit lang gar nicht gefahren ist. Oder einfach mal alle 2-4 Jahre einfach als Auffrischung.

Für den routinierten Fahrer ist da regelmäßig nichts Neues dabei, aber wie gesagt: Übung mach den Meister, nicht das Ausschließen von Übungen, weil man das ja vermeintlich alles kann.

Hier der Hinweis, wenn du zum ADAC gehen solltest: Wenn du mehrere Center in deiner Region hast, schau dir die Plätze vorher (online) an - es könnte evtl. sinnvoll sein, lieber 20 km mehr zu fahren, um da aber ein Center zu haben, dass auch Nassstrecken oder die "Wegzieh-Platten" hat.

Kurventrainings

Dauern meistens 2-4 Stunden und werden von diversen Anbietern. Kosten meist irgendwas um die 100 Euro. Werden auch i.d.R. mit eigenem Motorrad gefahren. Gruppen sind hier - aufgrund des geringen Zeitumfang - meist kleiner und eigentlich immer nur so um die sechs Leute stark.

Ablauf: Am Anfang ein paar Einfahrrunden, danach ein paar Runden, wo der Trainer zuschaut. Danach wird in der Gruppe besprochen, wie eigentlichen die Physik beim Kurvenfahren funktioniert, wie man eigentlich aktiv lenkt, Körperhaltung, verschiedene Kurvenstile etc. pp.

Danach geht es meist auf einen festgelgten Parcour, den man immer wieder abfährt. Hier wird entweder immer wieder mal die gesamte Gruppe und/oder einzelne Fahrer rausgerufen und ihnen direkt Feedback gegeben, worauf sie stärker achten müssen.

Ich habe sowas mal einem Kumpel nach einem Kurvenunfall geschenkt. Der fand es recht gut. Nicht, weil er wirklich was neues gehört hat, sondern weil man halt einfach die paar Stunden im geschützten Umfeld in Ruhe seine Runden drehen und direkt Feedback bekommt. Zudem hilft dieses direkt Ansprechen auf bestimmte Aspekte des Fahrens doch noch mal stärker diese Punkte zu verankern, als wenn man dazu am Vorabend noch was in einem Buch gelesen hat.

Ist bei mir fast jedes Jahr eines der Warmup-Trainings.

Wingbike-Trainings

Aufgrund der notwendigen Technik an der Maschine wird hier mit gestellten Bikes gefahren. Dauer: Meist den ganzen Tag. Der Spass kostet meist irgendwas um die 200 Euro. Bei den Kursen die ich kenne, war es üblicherweise so, dass man immer im Wechsel der sechs Fahrer pro Motorrad gefahren ist: Also du fährst als erster, rund 10 Minuten, dann wird fliegend geweschselt und du wartest, bis die anderen Fahrer durch sind. Dadurch hast du jeweils knapp 45-55 Minuten Pause. Das klingt erst mal viel, aber dadurch, dass da doch recht viel "neue Dynamik" beim Fahren für viele dabei ist, ist man - gerade wenn es etwas wärmer ist - nicht undankbar für die Pausen. Außerdem hilft es auch, den anderen dabei zuzuschauen (der Mensch lernt ja auch durch zuschauen).

In der Corona-Zeit habe ich das auch mitgemacht, da war es so, dass man zwei oder drei Stunden, mit kürzeren Unterbrechungen für Instruktionen/Feedback, gefahren ist. Hat auch Vorteile - ist aber bei wärmeren Wetter echt... anstrengend.

Ansonsten ist es hier so, dass am Anfang die "Wings" meist erst mal nur auf 20/25° gestellt werden. Dann dreht man seine Runden und - ähnlich wie oben - gibt es erst mal für alle Hinweise zum Thema Blickführung, Gewichtsverlagerung, Geschwindigkeit, ...

Runden drehen heißt hier regelmäßig: Es werden "Achten" gefahren. Es sind also zwei Kreise aufgebaut und letztlich fährt man den ganzen Tag um diese 8. Das könnte man natürlich auch mit dem eigenen Motorrad auf dem Platz machen - der Kopf wird aber spürbar freier, wenn man nicht die Angst im Kopf hat, seine eigene Maschine zu legen.

Nach den Runden aller Fahrer in der Gruppe wird dann der Wing weiter eingeklappt, also i.d.R. um 5° mehr Schräglage dazu gewonnen. Und so wiederholt sich das Spiel immer wieder.

Das ist ebenfalls ein Training, das ich jedes Jahr mache. Es ist meiner Meinung nach vor allem hilfreich, um am Anfang seiner "Karriere" mal den Kopf frei zu bekommen - den man sieht plötzlich, was so ein Standard-Tourenreifen eigentlich auch bei kühleren Temperaturen an Schräglage abkann. Noch interessanter ist es, wenn es bei so einem Training noch leicht regnet!

// EDIT

Noch ein Vorteil hier ist, dass du recht gut an der "20°-Blockade" arbeiten kannst, die dem Menschen innewohnt. Der Hinweis, dass man sich ja auch so "einfach an die Grenze herantasten soll" hilft vielen Leuten ja nicht, da sie an dieser Grenze einfach scheitern, weil der Kopf dicht macht.

Schräglagen-Training beim ADAC

Manche Center vom ADAC bieten noch reine Schräglagentrainings an. Dauer und Kosten meist wie das o.g. Kurventraining. Hier geht es allerdings NUR in die Kreisbahn. Ich persönlich fand diese Trainings immer irgendwie "doof". Dann lieber noch ein paar Euro mehr in die Hand und zum Wingbike-Training oder eben zum Kurventraining.

Pitbike-Trainings

In Ergänzung können sich auch Pitbike-Trainings auf Kartbahnen anbieten. Hier gehen Kosten und Zeit "von bis", also i.d.R. von 100 - 300 Euro. Die kleinen Dinger können einem helfen, bestimmte Dinge einfach mal mal auszuprobieren und reagieren sehr schnell auf kleinste Veränderungen, z.B. in der Körperhaltung. Vor allem aber auch sehr, sehr spassig - und nicht wenig anstrengend!

Hilft einem eher in der Fahrtechnik, nicht aber ganz konkret auf z.B. Kurvenlinie auf der Landstraße o.ä.

Rennstreckentrainings

Hier geht die Preisspanne ebensfalls von wenigen hundert Euro bis mehrere tausend Euro. Ist halt die Frage, ob man wirklich ein "Rennwochenende" mit allen Kram machen will oder ob es eine angemietete Strecke für Fahrtechnikübungen ist.

Letzteres bietet z.B. der ADAC zusammen mit Continental auf dem Contidrom an. Andere Anbieter haben das z.B. auch mal auf dem Harzring angeboten. Hier gehen die Preise, Trainingsinhalte und Abläufe aber seeeeeehr stark auseinander - da hilft nur die entsprechenden Homepages mal durchzuschauen, was angeboten wird und ob das zu einem passt. Aber auch hier nicht vergessen: Auch bei den allgemeinen Trainings auf einer Rennstrecke: Auch hier stehen, im Gegensatz zur Realität, keine Bäume oder so rum - es lässt sich also vieles Erfahren und Erleben an so einem Tag / Wochenende, aber auch hier nicht 1:1 auf die Landstraße adaptieren.

All diese Trainings vermitteln aber "nur" Grundlagen zur Technik bzw. erweitern diese. Sie geben dir aber noch keine Hilfestellung dafür, ob du die nächste Kurve im Harz nun mit 60, 80 oder 100 km/h nehmen kannst. Hier spielt natürlich auch Streckenkenntnis, Erfahrung und natürlich Technik eine Rolle.

Noch als Ergänzung: Ich habe es eigentlich bei allen Kursen so erlebt, dass es eingangs eine Vorbesprechung gab, hinsichtlich der individuellen Ziele und Wünsche/Vorstellungen an das Training. Abschließend gibt es i.d.R. noch mal Reflektion und Feedback. Wenn ich also oben was von "am Anfang" oder so schreibe, meine ich damit das Training selbst, nach diesem Vorgeplänkel. ;)

Abschließend noch ein Hinweis zu den Kosten. Du solltest mal, wenn du Arbeitnehmer bist, bei der für dich zuständigen Berufsgenossenschaft nachfragen, ob über diese Trainings angeboten oder bezuschusst werden. Die eigenen Trainings bei denen sind meiner Erfahrung nach meistens nicht soooo der Burner, aber es schadet auch nicht, bei denen mitzumachen (und kostet in dem Fall i.d.R. auch nichts). Bei mir war es zuletzt immer so, dass es alle drei Jahre einen Zuschuss von knapp 100 Euro für "allgemeine Fahrsicherheitstrainings" gab. D.h. man konnte damit kein Wingbike-Training fahren, aber z.B. das ADAC-Ganztagstraining schon mal von den Kosten her halbieren.

Und zu guter letzt: Schau, ob du jemanden findest, der gut(!) fahren kann. Und gut bedeutet jetzt nicht unbedingt schnell o.ä., sondern erst mal technisch gut. Und dann schau, ob du regelmäßig mit dem fahren kannst. Idealerweise kannst du mal vor, mal hinter ihm fahren und bekommst Feedback von ihm.

So, das war jetzt ein bisschen mehr Text, aber ich wollte es gleich so schreiben, dass man später noch mal für andere Interessierte drauf verlinken kann. Und wenn du noch Fragen hast: Immer raus damit.

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Kommt auf dein jetziges Können an wie weit du da bist.

Wenn es nur noch der letzte Schliff sein soll um Vertrauen aufzubauen dann das auf offenem Geläuf, ansonsten von vorne Anfangen und ein Anfängertraining mit z. B. so einem Gerät machen.

ich hab sowas selber noch nie gemacht weil ich mir das soweit immer noch selber zugetraut habe durch viel Übung und Disziplin.

Aber jeder macht das für sich anders.

Kurvenfahren hab ich auf einer geführten Motorradtour in den Alpen gelernt. Langsam rantasten und immer unter dem Grenzbereich bleiben. Dabei merkst du ziemlich schnell, dass dein Motorrad (in Verbindung mit guten Reifen) mehr kann, als du dir zutraust.

Ob das Training mit "Stützrädern" dir in der Praxis viel nutzt?

Themenstarteram 29. Juli 2020 um 12:33

Ich Schätze mich selber als Anfänger ein.

Hab mir die Maschine vor 3 Jahren gekauft, nach 25 Jahren Pause, hab aber durch wenig Zeit gerade mal ca 3000km Geschafft.

Hab dieses Jahr ein schon normales Sicherheitstraining gemacht und das hat mir einiges Gebracht.

Dann mach auf der Straße weiter, meine Meinung.

3.000 km? Hab ich in dieser Saison auch geschafft.

Nein, im Ernst, ohne viel Fahren kriegst du nicht viel Übung. 1.000 km im Jahr, sind bei rund 8 Monaten Saison 125 km im Monat. Logisch, dass dir das Gefühl fehlt. Dazu ist die Technik (incl. Reifen) in den 25 Jahren Pause nicht stehen geblieben.

Geh in ein FSZ mit eigenem Rundkurs. Die Dinger mit den Flügeln dran müssen nicht unbedingt sein, wenn Du keine panische Angst vor Schräglage hast.

Fahren auf dem eigenen Motorrad bringt für den Alltag am meisten.

am 29. Juli 2020 um 13:14

In der Nähe von Siegen gibt es ein Einzeltraining auf der Landstraße. Hört sich auch ganz interessant an:

 

 

https://www.ps-motorradtraining.de/...ining-einzeltraining-landstrasse

Moin!

Erstmal vorneweg: Die eigenen Schwächen beim Fahren zu erkennen und aktiv daran zu arbeiten ist das Beste was du machen kannst! Insofern bist du schon mal auf dem richtigen Weg. Jetzt ein wenig vor die Klammer gezogenes und dann zu den Trainings.

Ein spezifisches Training hilft nur, wenn es nur um die spezifischen Schwächen geht

Ich habe es häufiger von Leuten gehört, dass sie ja "nur ein Problem mit XY" haben. Schaut man sich dann aber mal zehn Minuten an, wie sie fahren, ist das was sie für sich als Problem entdeckt haben, nur die Spitze des Eisbergs. Man darf nicht vergessen, dass Motorradfahren ein Zusammenspiel von vielen Faktoren ist, die auch gegenseitig untereinander wirken. Es ist also mitnichten so, dass es reicht, nur an einem Stellrad zu drehen.

Daher gibt es erst mal die folgenden Tipps:

a) Du verbesserst dich nur durchs (reflektierte, aktive) Fahren. Wenn du nur 300km im Jahr fährst, brauchst du dir keine Gedanken über ein Training zu machen. Also erstmal: Du musst viel fahren!

b) Arbeite in die Grundlagen ein. Es gibt gute Bücher und auch Videos zum Thema Fahrtechnik, -physik etc. pp. Es ist immer wieder erschreckend, wie viele Leute nicht mal wirklich wissen, wie sie aktiv ein Motorrad überhaupt lenken. Kennt man die Grundlagen nicht, kann man auch nicht an diesen arbeiten.

Damit übrigens auch noch mal der Bogen zum Eingangs erwähnten Punkt, dass das nur die Spitze des Eisbergs sei: Da haben Leute Angst vor der Kurve und denken, dass sei das Problem. Das ist aber nur das erste Problem, wenn ich nicht weiß, inwieweit ich überhaupt durch Countersteering und Gewichtsverlagerung Einfluss auf die gefahrene Kurvenlinie nehmen kann.

c) Unabhängig von Kursen kannst und solltest du zum einen regelmäßig bestimmte, z.B. kurvenreiche, Abschnitte wiederholt fahren. Das hat den Vorteil, dass du diese immer besser kennen lernst und dadurch auch eine Entwicklung selbst besser im Auge behalten kannst. Und du kannst dich nach und nach steigern. Du merkst, dass du die Kurve jetzt locker mit 80km/h schaffst - dann das nächste mal mit 85km/h etc.

d) Ebenfalls unabhängig von Kursen: Kaufe dir bei Amazon oder sonstwo einen Haufen Übungspylonen und fahr regelmäßig Abends oder am Wochenende auf einen passend asphaltierten Platz und mach Grundübungen. Wie kürzlich schon in einem anderen Thread erwähnt: Es gibt viele Leute, die der Meinung sind, gut fahren zu können, weil sie auf der Geraden den Hahn aufreißen können - das schafft aber auch ein Kleinkind. Einen guten Fahrer erkennst du regelmäßig eher daran, wie gut er langsam fährt. Notbremsübungen, Slalom, Kreisfahrten, ... Die Grundfahrübungen sind bekannt. Dazu finden sich haufenweise weiterer Übungen, die man fahren kann. Ein klassisches Beispiel, dass auch ich immer wieder gerne nenne: Wenden mit vollem Lenkeinschlag und gedrückter Maschine - zeigt, dass du die Maschine recht gut handeln kannst. Und gibt dir letztlich wieder Gefühl, dass du auch bei höheren Geschwindigkeiten brauchst.

Den Kram vor die Klammer gezogen, jetzt mal zu den Trainings. Hierzu der Hinweis: Ein Training zu besuchen ist so wie einmal zum Karatetraining zu gehen. Du gehst da nicht mit dem schwarzen Gurt raus. Jedes Training soll bei dir nur Grundlagen legen, dir Hinweise zur Verbesserung geben etc. Es liegt danach an dir, das durch regelmäßiges(!) Fahren auch ins motorische Gedächtnis zu bringen.

Zudem macht es Sinn, solche Trainings regelmäßig zu besuchen. Bei mir ist es z.B. so, dass ich jedes Jahr i.d.R. mind. eine Hand voll Trainings mache, obwohl ich ganzjährig fahre. Über den Winter ist es im Zweifel aber doch ein bisschen weniger und da schadet es nicht, das ein oder andere Training einfach auch immer wieder zum Warm-Up zu machen. Ich mische da dann immer ein wenig durch. Rennstreckenfahrten kommen dann meist erst irgendwann ab Mai/Juni des Jahres dran - vorher bekomme ich die zeitlich auch nicht unter.

So, nun aber tatsächlich zu den Trainings:

Traingsübersicht

Das klassische Ganztagstraining

So wie es z.B. vom ADAC angeboten wird. Preis meistens irgendwas um die 200 Euro bzw. knapp drunter. Hier sind es Gruppen von i.d.R. 8-12 Leuten und jeder fährt mit seiner Maschine (es gibt auch Trainingscenter, wo man sich Maschinen ausleihen kann).

Das ganze ist ein Flug durch die verschiedensten Fahrsituationen und -manöver. Slalom, Notwbremsung, Bremsung auf nasser Fahrbahn, Bremsung in Schräglage, Überfahren von Hindernissen in der Kurve, Wegziehen des Hinterrades, Ausweichmanöver, Kurvenlinie, Blicktechnik, ... hier ist vieles dabei.

So ein Training geht von morgens bis zum späten Nachmittag und man ist schon den ganzen Tag beschäftigt. Ist meiner Meinung nach insbesondere gut, wenn man sich ein neues Motorrad gekauft hat, die ersten paar hundert Kilometer gefahren ist und jetzt noch mal ein bisschen "intensiver" üben will, im kontrollierten Umfeld. Oder wenn man eine Zeit lang gar nicht gefahren ist. Oder einfach mal alle 2-4 Jahre einfach als Auffrischung.

Für den routinierten Fahrer ist da regelmäßig nichts Neues dabei, aber wie gesagt: Übung mach den Meister, nicht das Ausschließen von Übungen, weil man das ja vermeintlich alles kann.

Hier der Hinweis, wenn du zum ADAC gehen solltest: Wenn du mehrere Center in deiner Region hast, schau dir die Plätze vorher (online) an - es könnte evtl. sinnvoll sein, lieber 20 km mehr zu fahren, um da aber ein Center zu haben, dass auch Nassstrecken oder die "Wegzieh-Platten" hat.

Kurventrainings

Dauern meistens 2-4 Stunden und werden von diversen Anbietern. Kosten meist irgendwas um die 100 Euro. Werden auch i.d.R. mit eigenem Motorrad gefahren. Gruppen sind hier - aufgrund des geringen Zeitumfang - meist kleiner und eigentlich immer nur so um die sechs Leute stark.

Ablauf: Am Anfang ein paar Einfahrrunden, danach ein paar Runden, wo der Trainer zuschaut. Danach wird in der Gruppe besprochen, wie eigentlichen die Physik beim Kurvenfahren funktioniert, wie man eigentlich aktiv lenkt, Körperhaltung, verschiedene Kurvenstile etc. pp.

Danach geht es meist auf einen festgelgten Parcour, den man immer wieder abfährt. Hier wird entweder immer wieder mal die gesamte Gruppe und/oder einzelne Fahrer rausgerufen und ihnen direkt Feedback gegeben, worauf sie stärker achten müssen.

Ich habe sowas mal einem Kumpel nach einem Kurvenunfall geschenkt. Der fand es recht gut. Nicht, weil er wirklich was neues gehört hat, sondern weil man halt einfach die paar Stunden im geschützten Umfeld in Ruhe seine Runden drehen und direkt Feedback bekommt. Zudem hilft dieses direkt Ansprechen auf bestimmte Aspekte des Fahrens doch noch mal stärker diese Punkte zu verankern, als wenn man dazu am Vorabend noch was in einem Buch gelesen hat.

Ist bei mir fast jedes Jahr eines der Warmup-Trainings.

Wingbike-Trainings

Aufgrund der notwendigen Technik an der Maschine wird hier mit gestellten Bikes gefahren. Dauer: Meist den ganzen Tag. Der Spass kostet meist irgendwas um die 200 Euro. Bei den Kursen die ich kenne, war es üblicherweise so, dass man immer im Wechsel der sechs Fahrer pro Motorrad gefahren ist: Also du fährst als erster, rund 10 Minuten, dann wird fliegend geweschselt und du wartest, bis die anderen Fahrer durch sind. Dadurch hast du jeweils knapp 45-55 Minuten Pause. Das klingt erst mal viel, aber dadurch, dass da doch recht viel "neue Dynamik" beim Fahren für viele dabei ist, ist man - gerade wenn es etwas wärmer ist - nicht undankbar für die Pausen. Außerdem hilft es auch, den anderen dabei zuzuschauen (der Mensch lernt ja auch durch zuschauen).

In der Corona-Zeit habe ich das auch mitgemacht, da war es so, dass man zwei oder drei Stunden, mit kürzeren Unterbrechungen für Instruktionen/Feedback, gefahren ist. Hat auch Vorteile - ist aber bei wärmeren Wetter echt... anstrengend.

Ansonsten ist es hier so, dass am Anfang die "Wings" meist erst mal nur auf 20/25° gestellt werden. Dann dreht man seine Runden und - ähnlich wie oben - gibt es erst mal für alle Hinweise zum Thema Blickführung, Gewichtsverlagerung, Geschwindigkeit, ...

Runden drehen heißt hier regelmäßig: Es werden "Achten" gefahren. Es sind also zwei Kreise aufgebaut und letztlich fährt man den ganzen Tag um diese 8. Das könnte man natürlich auch mit dem eigenen Motorrad auf dem Platz machen - der Kopf wird aber spürbar freier, wenn man nicht die Angst im Kopf hat, seine eigene Maschine zu legen.

Nach den Runden aller Fahrer in der Gruppe wird dann der Wing weiter eingeklappt, also i.d.R. um 5° mehr Schräglage dazu gewonnen. Und so wiederholt sich das Spiel immer wieder.

Das ist ebenfalls ein Training, das ich jedes Jahr mache. Es ist meiner Meinung nach vor allem hilfreich, um am Anfang seiner "Karriere" mal den Kopf frei zu bekommen - den man sieht plötzlich, was so ein Standard-Tourenreifen eigentlich auch bei kühleren Temperaturen an Schräglage abkann. Noch interessanter ist es, wenn es bei so einem Training noch leicht regnet!

// EDIT

Noch ein Vorteil hier ist, dass du recht gut an der "20°-Blockade" arbeiten kannst, die dem Menschen innewohnt. Der Hinweis, dass man sich ja auch so "einfach an die Grenze herantasten soll" hilft vielen Leuten ja nicht, da sie an dieser Grenze einfach scheitern, weil der Kopf dicht macht.

Schräglagen-Training beim ADAC

Manche Center vom ADAC bieten noch reine Schräglagentrainings an. Dauer und Kosten meist wie das o.g. Kurventraining. Hier geht es allerdings NUR in die Kreisbahn. Ich persönlich fand diese Trainings immer irgendwie "doof". Dann lieber noch ein paar Euro mehr in die Hand und zum Wingbike-Training oder eben zum Kurventraining.

Pitbike-Trainings

In Ergänzung können sich auch Pitbike-Trainings auf Kartbahnen anbieten. Hier gehen Kosten und Zeit "von bis", also i.d.R. von 100 - 300 Euro. Die kleinen Dinger können einem helfen, bestimmte Dinge einfach mal mal auszuprobieren und reagieren sehr schnell auf kleinste Veränderungen, z.B. in der Körperhaltung. Vor allem aber auch sehr, sehr spassig - und nicht wenig anstrengend!

Hilft einem eher in der Fahrtechnik, nicht aber ganz konkret auf z.B. Kurvenlinie auf der Landstraße o.ä.

Rennstreckentrainings

Hier geht die Preisspanne ebensfalls von wenigen hundert Euro bis mehrere tausend Euro. Ist halt die Frage, ob man wirklich ein "Rennwochenende" mit allen Kram machen will oder ob es eine angemietete Strecke für Fahrtechnikübungen ist.

Letzteres bietet z.B. der ADAC zusammen mit Continental auf dem Contidrom an. Andere Anbieter haben das z.B. auch mal auf dem Harzring angeboten. Hier gehen die Preise, Trainingsinhalte und Abläufe aber seeeeeehr stark auseinander - da hilft nur die entsprechenden Homepages mal durchzuschauen, was angeboten wird und ob das zu einem passt. Aber auch hier nicht vergessen: Auch bei den allgemeinen Trainings auf einer Rennstrecke: Auch hier stehen, im Gegensatz zur Realität, keine Bäume oder so rum - es lässt sich also vieles Erfahren und Erleben an so einem Tag / Wochenende, aber auch hier nicht 1:1 auf die Landstraße adaptieren.

All diese Trainings vermitteln aber "nur" Grundlagen zur Technik bzw. erweitern diese. Sie geben dir aber noch keine Hilfestellung dafür, ob du die nächste Kurve im Harz nun mit 60, 80 oder 100 km/h nehmen kannst. Hier spielt natürlich auch Streckenkenntnis, Erfahrung und natürlich Technik eine Rolle.

Noch als Ergänzung: Ich habe es eigentlich bei allen Kursen so erlebt, dass es eingangs eine Vorbesprechung gab, hinsichtlich der individuellen Ziele und Wünsche/Vorstellungen an das Training. Abschließend gibt es i.d.R. noch mal Reflektion und Feedback. Wenn ich also oben was von "am Anfang" oder so schreibe, meine ich damit das Training selbst, nach diesem Vorgeplänkel. ;)

Abschließend noch ein Hinweis zu den Kosten. Du solltest mal, wenn du Arbeitnehmer bist, bei der für dich zuständigen Berufsgenossenschaft nachfragen, ob über diese Trainings angeboten oder bezuschusst werden. Die eigenen Trainings bei denen sind meiner Erfahrung nach meistens nicht soooo der Burner, aber es schadet auch nicht, bei denen mitzumachen (und kostet in dem Fall i.d.R. auch nichts). Bei mir war es zuletzt immer so, dass es alle drei Jahre einen Zuschuss von knapp 100 Euro für "allgemeine Fahrsicherheitstrainings" gab. D.h. man konnte damit kein Wingbike-Training fahren, aber z.B. das ADAC-Ganztagstraining schon mal von den Kosten her halbieren.

Und zu guter letzt: Schau, ob du jemanden findest, der gut(!) fahren kann. Und gut bedeutet jetzt nicht unbedingt schnell o.ä., sondern erst mal technisch gut. Und dann schau, ob du regelmäßig mit dem fahren kannst. Idealerweise kannst du mal vor, mal hinter ihm fahren und bekommst Feedback von ihm.

So, das war jetzt ein bisschen mehr Text, aber ich wollte es gleich so schreiben, dass man später noch mal für andere Interessierte drauf verlinken kann. Und wenn du noch Fragen hast: Immer raus damit.

Moin!

Zitat:

@Matze135 schrieb am 29. Juli 2020 um 14:33:01 Uhr:

Ich Schätze mich selber als Anfänger ein.

Hab mir die Maschine vor 3 Jahren gekauft, nach 25 Jahren Pause, hab aber durch wenig Zeit gerade mal ca 3000km Geschafft.

Hab dieses Jahr ein schon normales Sicherheitstraining gemacht und das hat mir einiges Gebracht.

Das ist eher die UNTERgrenze für die Fahrtstrecke in EINEM Jahr, die du fahren solltest. Du brauchst kein Training der Welt zu besuchen, da es nicht nachhaltig wirkt, wenn du das was du dort lernst, nicht stetig wiederholst. Insofern werden im Zweifel auch die Erfolge aus dem von dir besuchten Sicherheitstraining sehr bald wieder nur Geschichte sein, wenn sie nicht aktiv genutzt und auf die Straße gebracht werden.

am 29. Juli 2020 um 15:15

Zitat:

@Matze135 schrieb am 29. Juli 2020 um 14:33:01 Uhr:

Ich Schätze mich selber als Anfänger ein.

Hab mir die Maschine vor 3 Jahren gekauft, nach 25 Jahren Pause, hab aber durch wenig Zeit gerade mal ca 3000km Geschafft.

Hab dieses Jahr ein schon normales Sicherheitstraining gemacht und das hat mir einiges Gebracht.

Du bist Anfänger und musst dringend mehr fahren, sonst bleibst Du Anfänger.

Themenstarteram 29. Juli 2020 um 15:32

OK, Danke für die Tips und Meinungen.

Da werde ich erstmal Versuchen mehr Zeit zu finden.

Die gefährdetste Spezies für Unfälle sind die wochenendfahrer, steigend mit sinkender Kilometerleistung.

Themenstarteram 30. Juli 2020 um 12:15

@Haasinger :

Das glaube ich dir. Das will ich eigentlich Vermeiden und will das ja auch ändern.

Zitat:

@Haasinger schrieb am 29. Juli 2020 um 22:46:55 Uhr:

Die gefährdetste Spezies für Unfälle sind die wochenendfahrer ...

Für den zitierten Teil deiner Aussage habe ich andere Erfahrungen gemacht (zumindest wenn man nicht nur wenige Wochenenden im Jahr fährt). Als ich Anfangs Mitfahrer gesucht habe, bin ich ein paar mal mit Leuten gefahren, die über 10.000 km im Jahr fahren, aber größtenteils nur Pendelei oder in der Stadt. Die konnten teilweise nicht vernünftig Kurven fahren und waren auf Touren schnell überfordert. Wenn jemand dagegen nur am Wochenende fährt, aber dafür nur in kurvigen Gegenden, dann fährt der aus meiner Sicht oft souveräner. Hab einen dieser Leute dann auch mal zum Kurventraining mitgenommen (war schon mein 3tes oder 4tes) und es wurde sofort deutlich besser. Wenn jemand natürlich nur 1000 km im Jahr fährt, wird sich keine wirkliche Fahrpraxis einstellen.

Zum Kurventraining: wenn du 1000 bis 1500 km Fahrpraxis auf kurvenreichen Touren gesammelt hast, kannst du aus meiner Sicht ruhig mal an einem Anfängerkurventraining teilnehmen. Dann erklärt man dir wenigstens mal die richtige Technik, das kam bei mir damals in der Fahrschule definitiv zu kurz. Ich habe die Kurventrainings auch mehrfach wiederholt, finde das bringt schon was. Hängt aber wirklich sehr vom Trainingsgelände ab. Am besten fand ich es bisher am Hockenheimring (man fährt nicht auf der Rennstrecke, sondern es gibt innerhalb ein eigenes Gelände). Dort gibt es aber leider keine Trainings mehr

Zusätzlich ruhig auch mal das Sicherheitstraining machen, dort ist der Fokus eher auf Notbremsung, Ausweichen oder Beherrschung des Motorrads bei niedrigen Geschwindigkeiten.

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