Warum Kühlflüssigkeit wechseln ?

Hallo liebe Forengemeinde,

vor einigen Tagen haben wir im Verein über die Notwendigkeit des Wechsels von Kühlflüssigkeit kontrovers diskutiert. Keiner wusste genaues, so mein Gefühl, dafür war die Diskussion um so erregter. Echt verrückt, was Leute emotional bewegt.... 😁

Wie ist das denn nun wirklich, wenn man nur die nackten technischen Fakten berücksichtigt?

1. Ist ein Austausch von Kühlflüssigkeit in bestimmten Abständen überhaupt notwendig?
2. Wenn ja, warum eingentlich? Kann doch kein Wasser ziehen, und schlecht werden doch auch nicht !?

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Zitat:

@fireball112 schrieb am 21. März 2013 um 21:40:03 Uhr:


Genau, ist ja auch kein großer Kostenfaktor. Ist immer noch billiger, als Neuteile nehmen zu müssen.
Halte das mit Getriebeöl auch so. Ein Wechsel kann nicht schaden.

Sicherlich kann der auch schaden. (Ich spreche jetzt nicht vom Getriebölwechsel, sondern vom Kühlwasserflüssigkeitswechsel)

Um das zu verstehen, muss ich etwas ausholen. Ich versuche es aber trotzdem möglichst knapp zu machen, obwohl selbst die Wissenschaft auf diesem Gebiet mittlerweile nicht mehr trivial ist.

Glysantine ist immer auch ein „Kompromiss-Gemisch“. Es besteht größtenteils (>90%) aus Ethylenglycol (oder „Ethandiol“), also Alkohol, und dessen Zumischung zum Wasser hat einzig und allein die Aufgabe, den Gefrierpunkt herabzusetzen (Frostschutz). Ethylenglycol schützt keinesfalls vor Korrosion. Um der korrosiven Wirkung entgegenzusetzen werden sog. Inhibitoren beigemischt, die sich wie ein Film auf die zu schützenden Oberflächen absetzen (sollen). Dabei handelt es sich um einen ganzen Mix aus organischen und anorganischen Substanzen wie z. B. Benzotriazol, Natriumnitrit, Natriumnitrat, Silikaten etc. deren Mischungsverhältnis Firmengeheimnis ist. Denn genau hier liegt die Crux.

Diese Inhibitoren haben zahlreiche antagonistische Wirkungen. Beispiel: Natriumnitrit schützt gegen Korrosion von Eisen und Stahl, greift aber Aluminium an. Natriumnitrat schützt Aluminium, greift aber Eisen an.

Da das Innere eines Motorkühlkreislaufes aus verschiedenen Materialien (auch andere Metalle und Kunststoffen) besteht, liegt hier die große technische Herausforderung, das richtige Mischungsverhältnis zu finden. Glysantine hat also nicht allein schützende, sondern auch aggressive/korrosive Inhaltsstoffe.

Viele Hersteller haben für jeden Motortyp unterschiedliche Produkte im Programm, je nachdem, welche Materialien überwiegend in diesem Motortyp verbaut sind. Wer durch Zugabe von Glysantine seine Motor schützen will, sollte sich also zunächst im Klaren sein, ob es sich um einen Grauguss- oder Aluminiumblock handelt, ob viel Kupfer verbaut ist oder mehr Messing oder Weichlot, und dann den passenden Frostschutz suchen (sofern vorhanden).

Übrigens: Glysantine und deren Inhaltsstoffen sind farblos. Warum Glysantine trotzdem bunt ist, liegt an künstlich zugesetztem Farbstoff (wie bei Kraftstoffen).

Was bewirkt denn außer den Inhibitoren, dass Kühlwasser korrosiv ist? Es ist nicht das Wasser selbst, sondern der im Wasser gelöste Sauerstoff (und nicht der in der Molekülstruktur gebundene Sauerstoff). In frischem Wasser ist der im Wasser gelöste Sauerstoffanteil hoch, in altem abgestandenem Wasser gering, weil dieser chemisch bereits reagiert (oxidiert) hat. Wenn der Kreislauf geschlossen ist, kommt auch kein neuer Sauerstoff hinzu.

Kurzzeitiges Öffnen des Kühlwasserausgleichbehälters hat keinen nennenswerten Einfluss auf im Kühlwasser gelösten Sauerstoffanteil. Wer Anlagen zur Anreicherung von Sauerstoff kennt, weiß, dass hier ständige Umwälzung und Oberflächenvergrößerung (Aufschäumung) notwendig ist, damit Wasser überhaupt Sauerstoff aufnimmt.

Die korrosive Wirkung des Wassers lässt also mit der Zeit immer mehr nach.

Für den Kühlwasserkreislauf kann es also vorteilig sein, in diesem das alte, abgestandene und sauerstoffarmes Wasser zu belassen, weil dieses nur noch eine geringe bis keine korrosive Wirkung hat. Wer regelmäßig sein Kühlwasser wechselt, bringt regelmäßig neuen Sauerstoff und somit korrosiveres Wasser in den Kreislauf, als vorher abgelassen wurde.

Warum wird nun überall trotzdem dazu geraten, Kühlwasser regelmäßig zu wechseln? Meine Meinung: Die Hersteller haben, wie die Hersteller von Schmieröl, ein rein wirtschaftliches Interesse daran und sind nun auf den selben Zug aufgesprungen, auf dem die Ölwechsel-Fetischisten schon seit Jahren fahren. (Wobei regelmäßige Ölwechsel einen anderen Sinn haben). Man muss den Leuten nur immer wieder und überall eintrichtern, dass man seinem Motor etwas gutes tut, bis man es glaubt.

Merke: Regelmäßige Kühlwasserwechsel können auch schaden. Es kommt immer darauf an. Pauschalaussagen kann es nicht geben. Man muss stets den Einzelfall betrachten.

Gruß

Jo.

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Ah... Kondenswasser mit Weichspüler mag ich dann eher weniger 😉

Nix Weichspüler.

Zitat:

@metalhead79 schrieb am 27. Juli 2015 um 08:34:32 Uhr:


Das Zeug wird mit (hohem) Alter angeblich auch selbst Korrosiv.
Vorbeugend gewechselt hab ich's noch nie, war eh immer Fällig (Zahnriemen mit Wapu, Thermostat, ....)

Gruß Metalhead

Genau so ist es, alter Kühlerfrostschutz wird "Sauer" Und Greift dann das Material an.

Bei Alu kann man das Gut sehen. Hab schon Seitendeckel gesehen die von innen nach Außen durch gefault sind. Alle 3 Jahre halte ich für Übertrieben alle 5-8 Jahre oder alle 100t Km ist ein guter Wert.

Huch? Alle 3 Jahre?
Was schreiben die Hersteller denn bei euch vor?

Bei Honda ist der erste Kühlwasserwechsel erst nach 10 Jahren bzw. 200tkm nötig.
Interessanterweise danach alle 5 Jahre bzw. 100tkm.

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Weil sie das Wasser von hier nehmen https://pixabay.com/de/japan-wasser-quellen-kumamoto-859400/
Danach nimmt die Welt halt normales Wasser und das hält eben nur noch 100Tkm.

Ach so, und ich dachte du spielst auf radioaktives Wasser an, bevor ich den Link angeklickt habe... 😁

Nur leider wurde mein Japaner in England zusammengebaut. Ob es dort so etwas auch gibt? 😁

Zitat:

@kev300 schrieb am 29. Juli 2015 um 09:35:47 Uhr:


Nur leider wurde mein Japaner in England zusammengebaut. Ob es dort so etwas auch gibt? 😁

Dort wird Nordseewasser verwendet und das Wechselintervall auf 6 Monate gesetzt. 😁

Gruß Metalhead

Kann nicht sein. Ein befreundeter Brackwasserinstallateur hat mit gerade glaubhaft versichert, dass dort nur zweimal getrunkenes Teewasser zum Einsatz kommt 😁

mfg

Zitat:

@kev300 schrieb am 29. Juli 2015 um 09:35:47 Uhr:


Nur leider wurde mein Japaner in England zusammengebaut. Ob es dort so etwas auch gibt? 😁

Wenn ich nach japanischen

genuine

Ersatzteilen suche, vermitteln mir die Preise den Eindruck, alles wird in Japan hergestellt und muß hierhin erst aufwendig verschifft werden.

Es ist bei dem Aufwand also auch möglich, daß für die Erstbefüllung per Reinwasser-Tanker auch das Kumamoto-Wasser nach England verschifft wird 😉

Wäre mal der Knaller. 😉

Naja, ich halte mich einfach an das was im Serviceheft steht. Wird schon passen. 😁

Auch wenn das Thema schon älter ist, passt die Info vielleicht hier noch rein.
Aufgrund einer anderen Färbung des Kühlmittels werde ich demnächst das Kühlwasser wechseln. Es ist ein Peugeot und Peugeot hat speziellen blau-grün gefärbten Frostschutz. Im Wagen ist aber eher gelbliches Kühlwasser, keine Ahnung, ob der Farbstoff schon an "Wirkung" verloren hat.

Peugeot empfiehlt keinen Tausch, hat aber im Serviceheft die Kontrolle des PH-Wertes stehen. Das würde ja auch dafür sprechen, dass das Wasser sauer werden und Teile angreifen könnte und mit der Kontrolle der Wechsel gesteuert werden kann.

Da der Wagen 7 Jahre alt, aber erst 42.000 km gelaufen ist, werde ich wohl einfach demnächst sicherheitshalber wechseln.

Blau/Grün bzw. Gelb/Rosa ist normalerweise der Unterschied zwischen Silicatfrei oder Silicathaltig.
Da würde ich mich vorher informieren was da wirklich rein gehört.

Gruß Metalhead

Das weiß ich, es gehört Original Peugeot rein und auf dem Behälter steht auch, dass es für alle Modelle außer C1/107 ist. Daher sollte ich damit eigentlich sicher sein, aber ich schaue lieber mal im Wartungsheft nochmal nach.

Das "Original"-Peugeot-Kühlmittel dürfte von diesem Anbieter hier stammen:
https://www.glysantin.de/produktfinder

Bei den wenigen Kilometern kannst du die Pampe ruhig noch wenigstens drei Jahre drinlassen.

Wenn es jetzt gelb ist, wurde mal blaues reingefüllt, das durch das Mischen mit Wasser während des Füllens gelb wurde :-)

So viel Wasser ist aber nicht drin. Ich hab den Wagen seit jetzt 5 Jahren und so gut wie nichts nachgefüllt, also allzuviel sollte nicht verdünnt worden sein.
Leider weiß ich nicht mehr, wie die Farbe vor 5 Jahren, als der Wagen 2 Jahre alt war, aussah.

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