Vorurteile gegenüber Rover (Mini)
Hallo zusammen,
in der letzten Zeit stelle ich immer wieder fest, dass das Wissen der (deutschen) Motor-Talker über britische Autos, insbesondere über MG-Rover gegen Null tendiert (Ausnahmen bestätigen die Regel. Oft muß ich hier völligen Unsinn hören (gerade bei Anfragen in der Form: Eigentlich gefällt mir MG, aber ich habe gehört...), der auch von Autoverkäufern gerne wiedergegeben wird.
Hier mal ein paar Beispiele und die Richtigstellung:
1. Entwickler des Rover 75 (=MG ZT) ist BMW.
Jedesmal hört man es aufs Neue: Der Rover 75 wurde durch BMW entwickelt, bzw. basiert auf BMW-Technik.
Hört sich vielleicht für den normalen Käufer gut an (BMW ist ja angeblich Premium), ist aber nicht wahr. Der Rover 75 wurde während der Zeit (95-98) entwicklet, als die Rover Group noch BMW gehörte. Der Wagen wurde aber völlig eigenständig durch Rover-Ingenieure entwickelt. Dabei haben die Rover-Leute ca. 20 Teile von BMW verwendet (z.B. Dieselmotor, Zündschloß oder ABS-Sensor, der eine der wenigen Schwachstelle ist). Die Benzinmotoren sind reine Rover-Entwicklungen und waren zu ihrer Entwicklungszeit (ab 95 im Einsatz) den vergleichbaren BMW-Triebwerken aufgrund der moderneren Konstruktion überlegen.
Auch die sportlichen MG-Ableger sind natürlich eine reine Rover-Entwicklung. Unter BMW durfte Rover keine Sportmodelle bauen um nicht die BMW-Verkaufszahlen zu beeinträchtigen. Wie falsch diese BMW-Annahme war zeigt der relative Erfolg der MG-Z-Versionen ab 2001 in England.
2. Die Entwicklung des 75 wurde von BMW finanziert und überhaupt hat BMW ein riesigen Verlust mit Rover gemacht.
Ja und Nein. Natürlich hat BMW als Konzernmutter von Rover finanziell die Verluste von Rover getragen. Allerdings muß man berücksichtigen, dass Rover vor BMW Gewinn erzielte und dass BMW fatale Fehler bei der Führung von Rover gemacht hat, die letztendlich zum Untergang des Unternehmens geführt haben. Verluste hat BMW insgesamt mit Rover nicht gemacht. Zwar belaufen sich der Kaufpreis und die Verlustausgleiche zwischen 1997 und 2000 auf mehrere Milliarden Euro. Allerdings muß man auch Werte dagegenrechnen: Zum einen der Verkauf von Land Rover (mit dem von Rover fast fertig entwickelten Range Rover) für 1,5 Milliarden Euro an Ford, dann noch die Marke Mini, eine modernisiertes Werk für Mini (Oxford s.u.), eine Zulieferfabrik (Hams Hall), ein fertigentwickeltes Auto (Mini) kostenlos. Zudem haben MG-Rover und Land Rover noch bis 2005 Teile von BMW zu hohen Preisen bezogen (Motoren, usw.), so dass hier nochmals gute Gewinne für BMW abgefallen sind. Auch hat BMW noch die Markenrechte für ca. 10 Traditionsmarken erhalten (z.B. Triumph, Riley und sogar Rover selbst; die Marke Rover soll gerade von BMW verkauft werden).
3. Man bekommt keine Ersatzteile und wenn sind die sehr teuer! Und Garantie gibts nach der Pleite auch keine mehr.
Ja und nein. Richtig ist, dass es zeitweilig Lieferengpässe für einige Teile gab. Richtig ist auch, dass Ersatzteile teilweise wirklich im Vergleich zu einigen Massenprodukten teurer sind. Allerdings gehört der Rover 75 von Design und Qualität ins Premium-Segment. Und hier sind die Preise sicher nicht zu teuer. Außerdem ist der Wagen deutlich zuverlässiger als andere Premiumprodukte (man muß sich ja nur mal in den Foren umhorchen). Meine Erfahrung: 100.000 km gelaufen und kein einziger zusätzlicher Werkstattaufenthalt; keine Mängel.
Seit Caterpillar die Ersatzteilversorgung übernommen hat, lief eigentlich alles genau so, wie bei der Konkurrenz. Selbst heute, nach der Insovenz von MG Rover ist die Teileversorgung bis 2016 gesichert. Garantie ist auch kein Problem, für die restlichen Neuwagen haben die Händler eine Garantieversicherung (Real Garant) abgeschlossen, für Gebrauchte gibts sowieso keinen Unterschied zu anderen Marken. Mercedes-Benz gibt übrigens überhaupt keine Generalgarantie auf seine Fahrezeuge (ist wohl zu teuer 😁 )
4. Der (neue) Mini wurde von BMW entwickelt. Dafür hat BMW eine neue Fabrik in Oxford gebaut. Deshalb werden auch keine Rover-Motoren im Mini eingesetzt.
Zu Großteil falsch. Der neue Mini wurde bis ca. 1999 von Rover entwickelt. Nachdem Rover den Mini zu 80% entwickelt hatte, holte BMW die Entwicklung aufgrund von Differenzen und Verzögerungen nach München. Vorher gab es schon Streit zwischen BMW und Rover über das Konzept, Rover wollte ein ultramodernes Kleinwagenkonzept (Spiritual), ähnlich einem Smart Fortwo als 4-Sitzer mit überlegener Raumausnutzung und geringem Bezinverbrauch. BMW setzte aber die heutige nostalgisch-sportliche Variante durch. Natürlich geben die Verkaufszahlen BMW recht, allerdings hätte das zukunftsweisende Spiritual Konzept ebenfalls verwirklicht werden sollen.
Die heutige Fabrik in Oxford (BMW Works Oxford) besteht schon seit 1905. Sie hieß bis 2000 Cowley (Ortsteil von Oxford); es handelt sich um die Ursprungsfabrik von Morris. Später wurden zu Zeiten von British Leyland z.B. der Rover SD1 (DTM Sieger 1984 - Kurt Thiiem) und auch zu Beginn der Rover 75 gebaut. Mit dem Verkauf von MGR an Phoenix mußte die gesamte Produktion des 75 nach Longbridge umziehen, die schon bereitgestellte Mini-Fertigungsstraße kam im Gegenzug von Longbridge nach Cowley.
Der Mini hat nur aus einem Grund keine Rover-Motoren: BMW schloß vor dem Kauf von Rover 1993 ein Joint-venture mit Chrysler über den Bau von Kleinwagenmotoren. Chrysler übernahm die Entwicklung. Rover wollte die deutlichst besseren Motoren der K-Serie in den Mini einbauen. Da BMW aber andernfalls kein Fahrzeug für den Chrysler-Motor gehabt hätte, setzte BMW den schlechteren Motor durch. Schade, ich selbst halte die Benziner im Mini für eine einzige Enttäuschung. Kein Wunder werden sie schon im nächsten Mini nach insgesamt nur 6 Jahren Bauzeit ersetzt.
Natürlich gibt es hier noch einige Gerüchte und Vorurteile zu MG Rover, die Aufzählung hier sicher nicht vollzählig. Auch halte ich den Einwand: Aber mein Autoverkaufer hat ... gesagt, nicht gerade für stichhaltig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich Autoverkäufer leider meistens eher schlecht auskennen. Als Käufer war ich durch einfaches Studium der Prospekte meistens besser informiert. Mir geht es übrigens nicht darum, hier einige Fragesteller oder Mitglieder persönlich anzugreifen (ich will hier also niemanden persönlich angreifen), aber man hört halt doch immer und immer wieder das gleiche.
Wer jetzt überlegt, sich noch einen Rover 75 oder MG ZT zuzulegen, nicht zögern, Ihr werdet es sonst bereuen. Die Wagen werden sicher gesuchte Klassiker!
Viele Grüße
Celeste
20 Antworten
Bei meinem letzten Englandaufenthalt ist mir aufgefallen, dass selbst die Briten Rover verschmaehen...
Woran genau ist DIr das aufgefallen?
Laut ADAC ist die Zufriedenheit der Rover-Fahrer in den letzten wenigen Jahren spürbar gewachsen...
Zitat:
Original geschrieben von tomcat22
Woran genau ist DIr das aufgefallen?
Laut ADAC ist die Zufriedenheit der Rover-Fahrer in den letzten wenigen Jahren spürbar gewachsen...
Moin!
Er (oder sie) sprach doch von den Briten... Durch die Formulierung "...dass selbst die Briten" könnte man jedoch annehmen, dass diese Aussage für Roverfahrer allgemein gilt und die Briten nur als Beispiel genommen werden 😁
Ich denke auch dort sind viele Fahrer zufrieden (soweit ich das anhand der englischen Foren beurteilen kann). Die Presse hat jedoch MGR nicht immer geholfen.
Ich meine bei BBC Topgear (kann auch eine andere britische Auto-Sendung gewesen sein) wurde der MG ZS z. B. als "polished Turtle" bezeichnet. Eine Aussage die nur jemand treffen kann, der das Auto nie fuhr. Auch sonst war immer mein Eindruck, dass dort nicht unbedingt positiv über Rovermodelle berichtet wurde.
Wenn man in D immer nur schlechtes über Audi, BMW und Mercedes schreiben würde, hätten diese Marken bestimmt in D auch keinen guten Ruf mehr... Sicher gibt es auch unzufriedene Roverfahrer - wie bei jeder anderen Marke auch. Ob es mehr oder weniger sind, müsste man statistisch erheben 😉
Gruß
Interessante Diskussion.
Kann hierzu nur berichten, daß BMW nach dem Kauf von Rover
zumindest die Geländewagen versaut hat.
Hinzu kamen z.B. so irrsinnig wichtige Dinge wie Innenraumbeleuchtungsverzögerungsschalter und so Kram,
und im Gegenzug wurde Metall gegen Kunststoff ausgetauscht.
BMW hatte nun mal im Bau von Geländewagen keine Ahnung,
der X5 ist ja auch der Beweis, alles was der kann, kann ein allradgetriebener
Kombi genausogut wenn nicht noch besser.
BMW und Rover hatten derart unterschiedlche Philosophien, sowas konnte gar
nicht gut gehen. Allerdings hatten/haben beide auch ihre Stärken auf ihren Gebieten.
Interessant an der Sache war nur, daß Herr Pischetsrieder nach dem größten in der deutschen Nachkriegsgeschichte produzierten Finanzflop mit dem Rover-Deal schon kurze Zeit drauf Chef von VW wurde !
Das müßte ich mir mal in meinem Beruf erlauben. Ich hätte zeitlebens keine Chance mehr, mich auch nur in die Nähe meiner Branche zu wagen.
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Meine Eltern hatten einen 416SI. Der lief 7 Jahre und etwas über 70.000 km.
Einziges Problem, an das ich mich erinnern kann: Servolenkung ist mal ausgefallen. Ansonsten völlig problemlos. Als der 1995 raus kam, der neue 400er, waren die auch optisch noch konkurrenzfähig.
Im Vergleich zum damals angebotenen Golf III und Astra wr der 400er sehr sehr schick!
Denk ich ja auch, nur jetzt ist der 45 / ZS einfach nur noch was für Fans. Das lange Heck des 45 bzw ZS sieht auch heute noch gut aus, aber die Front stimmt nach dem Facelift imho nicht mehr.
Anders beim RF, der ist seit mittlerweile elf Jahren am Markt und findet immer noch in allen Varianten Gefallen
Und der 75 ist zeitlos, wenn man bedenkt dass das Design 1994 schon entworfen wurde...