Physikalische Frage: warum breite Reifen?
Hallo zusammen
es wird ja häufig davon geredet dass man mit breiteren Reifen besser bremsen und beschleunigen und schneller durch die Kurven fahren kann.
Ich habe mir das überlegt, und kann mir nicht recht erklären warum das so sein sollte, denn die Formel für die Reibkraft, die übertragen werden kann, lautet doch
FR = [Reibungskoeffizient]*[Normalkraft]
und weder der Reibungskoeffizient noch die Normalkraft hängen von der Aufstandsfläche ab.
Ich kann mir im Moment diese 3 Möglichkeiten vorstellen:
1) Breite Reifen verbessern den Bremsweg etc. gar nicht wie immer behauptet wird, sondern haben einfach weniger Verschleiss und sehen gut aus
2) Es ist nicht die übertragbare Reibkraft, die die wesentliche Grösse darstellt für die obengenannten Disziplinen
3) Die obige Formel ist vereinfachte Schulphysik und die Kraft berechnet sich in Wahrheit komplizierter und hängt auch von der Fläche ab (halt ich für unwahrscheinlich...)
Vielleicht ist auch alles falsch, ich hoffe jemand hat hier mehr den Durchblick und kann mich aufklären!
Gruss
James B.
Beste Antwort im Thema
Klingt alles einleuchtend, ist aber trotzdem nicht korrekt 😉
Richtige Lösung wäre Tor 3 gewesen 😁
Die "Reibung" (mit Absicht in ""!!) zwischen Reifen und Strasse ist dann doch etwas komplizierter. Bei einer reinen Coulombschen Reibung von festen(!!) Körpern spielt wie gesagt die Fläche keine Rolle. Reibkraft=µ*Aufstandskraft.
Nur ist Gummi nicht fest und Asphalt auch keine glatte Oberfläche. Heisst neben der eigentlichen Reibung gibt es auch den sog. Formschluss. Heisst der Reifen verkrallt sich in den Unebenheiten des Bodens.
Beides zusammen führt dazu dass der resultierende Reibwert des Reifens nicht mehr unabhängig von der Fläche und der Aufstandskraft ist. Je breiter ein Reifen desto mehr Punkte hat er wo er sich mit dem Asphalt verkrallen kann und daher hat er auch den etwas höhere Reibwert bei gleicher Gummimischung und gleicher Aufstandskraft.
Gilt natürlich nur wenn man dem breiteren Reifen auch die Möglichkeit zur grösseren Auflagefläche gibt und nicht zum Spritsparen maximal aufpumpt.
Beim Kurvenfahren ist das noch komplizierter, da hängt es u.a. damit zusammen dass die Aufstandsfläche von Breitreifen kürzer und breiter ist als die schmalerer Reifen was da vorteilhaft ist.
Gruß Meik
45 Antworten
Zitat:
Wobei bei breiteren Reifen eine grössere Kraft nötig sein wird als bei schmalen Reifen, um Schlupf entstehen zu lassen.
Damit wäre die Bremswirkung dann besser.
Das Problem ist grundsätzlich dass sich NICHT sagen lässt ob breite Reifen überlegen oder unterlegen sind. Bei einer Bremsunk ohne ABS (gleitreibung) gilt eh näherungsweise obige Formel.
Wichtiger ist die Gummimischung, der fahrbahnbelag und das Provil (bei nicht asphalt und Regen). Es gibt allerdings eine Mindestgröße (Tragfähigkeits und Seitenkraftbedingt)
Die Haftreibunk ist hingegen komplexer (verzahnung,...)
Bei Regen sind Breitreifen grundsätzlich unterlegen (geringere Kraft und breitere Auflagefläche, daher höhere Schwimmneigung)
Ich habe so alles gelesen und man nähert sich schon wohl der Wahrheit 😉 , aber mit "man kann nicht endgültig sagen was besser ist" kann ich nicht leben. Klar weiss ich im Einzellfall nicht ob der 1cm mehr Breite vorteilhaft ist oder Nachteile bringt, hängt wohl auch von der Situation und vom Fahrprofil ab (wo man wie fährt, natürlich auch womit) aber man kann schon sagen, dass es ein gewissen Bereich gibt wo man am wenigsten falsch machen kann. Die Reifenvorgaben der Automobilhersteller für ihr Model xyz, sind nicht willkürlich, wenn ein junger Mensch meint, er verbessert die Ingenieure indem er das Auto so präpariert, dass um 30% breitere Reifen draufpassen, dann zweifle ich dran. Sie sollen nicht zu schmal sein, aber auch im Regen/Schnee nicht zu breit, die Herstellerangabe wird wohl für die Praxis ein befriedigenden Kompromiss bieten, sich daran zu orientieren kann nicht so falsch sein.
Hallo,
darf ich noch meinen Link nachliefern?
Man sieht, dass das eine beliebte Diskusssion im Inet ist, also schauen wir mal.
Mein Fazit: Die Argumentation "breitere Reifen bremsen nicht besser als schmalere",WEIL in der Reibungsformel ja die Fläche nicht vorkommt ist falsch, da diese Reibungsformel NICHT für Reifen(Gummi) anwendbar ist. Sie ist (auch nur näherungsweise) z.B. für Holzkisten/Schränke gültig, die im Zimmer verschoben werden. Die Physik von Gummireifen auf Boden ist komplizierter als man denkt. 🙂
Nun zu dem Link, gleiche Diskussion wie hier, ich vermute mal, dass die Antwort einigermassen stimmt, bin hierfür leider auch kein Spezialist, wer es besser weiss, wir lernen gerne dazu.
Hallo!
Zitat:
Zitat von Micha82
Aber wie erklärst du dir dann das ein Auto mit 155/60/13 Reifen, genau so schnell bremsen kann, wie ein Fahrzeug mit 255/40/18?
Zuerst hab ich das ja nicht so richtig geglaubt, aber nach der Lektüre einiger Autotests in dem gleichnamigen Online-Magazin ist es wohl tatsächlich so, dass manch ein Kleinwagen zumindestens in die Nähe des Bremsweges (aus 100km/h) eines Porsches kommt.
Dazu gibt es im Netz einige Erklärungsansätze:
1. Breitreifen brauchen wesentlich mehr und vor allem breitere Profilrillen als schmale, damit bei Nässe nicht schon bei niedriger Geschwindigkeit Aquaplaning auftritt. Die tatsächliche Aufstandsfläche ist damit kaum größer als bei schmalen.
2. Da die Flächenpressung bei Breitreifen geringer ist, müßte zur Erzielung gleicher Adhäsionskräfte (siehe Link in meiner ersten Antwort) eine entsprechend weichere Gummimischung verwendet werden. Im Hinblick auf die Haltbarkeit der Breitreifen wird dies nur in geringerem Maß praktiziert, da Breitreifen in der Regel bei leistungsstarken Fahrzeugen zum Einsatz kommen.
__________________
Schöne Grüße,
Keinstein
... es ist noch kein Einstein vom Himmel gefallen!
Quelle:http://www.techniker-forum.de/.../...g-und-autoreifen-frage-12649.html
P.S. Das meiste dieser Erklärung findet man auch schon hier bei MT. Harry
Abkürzung
ein Blick zur Formel 1: breite Reifen - um möglichst schnell um die Kurven zu kommen
ein Blick zur Tour de France: schmale Reifen - um möglichst schnell und kraftschonend zu fahren
und jetzt die analoge Übernahme in den üblichen Straßenverkehr
DENKEN!
a) ...
b) ...
c) mit relativ schmaleren Winterreifen fährt man sicherer auf Schnee
d) ...
...
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Zitat:
Die Argumentation "breitere Reifen bremsen nicht besser als schmalere",WEIL in der Reibungsformel ja die Fläche nicht vorkommt ist falsch, da diese Reibungsformel NICHT für Reifen(Gummi) anwendbar ist. Sie ist (auch nur näherungsweise) z.B. für Holzkisten/Schränke gültig, die im Zimmer verschoben werden.
Wie oft denn noch: Die Formel gilt für GLEITREIBUNG, nicht für Haftreibung. Ohne ABS wäre die einfache Formel gültig.
Bei ABs sogar eine Mischform.
Breite Reifen haben eine höhere Masse und größeren Luftwiderstand. Ein Porsche wiegt mehr als ein Polo daher braucht erbreitere Reifen wegen der Flächenbelastung. Abgesehen von den höheren Bramskräften bei hohen Geschwindigkeiten.
Die Autohersteller denken sich was bei der Reifenbreite.
Pauschal lässt sich nicht sagen breit ist immer besser, egal wie oft Ihr noch fragt.
Die einfache Formel gilt für jede Form der sog. Coulobschen Reibung (Festkörper) - egal ob Haft- oder Gleitreibung.
Nur halt nicht so einfach bei Gummi/Asphalt. Weder für Gleitreibung noch für Haftreibung. Bei einer Bremsung kommt dann sogar noch die zusätzliche Variable der zunehmenden Temperatur dazu. Ganz extrem bei einer Blockierbremsung.
Bei der Tour de France hat man aber auch schon gemerkt dass breitere Reifen leichter rollen. In den letzten Jahren hat die Reifenbreite wieder deutlich zugenommen. Nachteil beim Fahrrad ist da mehr das höhere Gewicht und Luftwiderstand.
Und warum soll ein Auto mit 155er Reifen nicht auch so gut bremsen wie eins mit 255er Reifen? Wird sicher auch erheblich leichter sein, und die Reifen haben mit Sicherheit nicht den gleichen Aufbau und die gleiche Gummimischung. Also ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.
Der Link, ja was soll ich davon halten. Fängt mit guten und korrekten Erklärungen an - und kommt dann mit dem Kammschen Kreis 😰
Gruß Meik
@ meik
Der Link war auf den Begriff "Gummireibung" gemünzt. Hatte schon Schwierigkeiten mit dem Begriff "Dosen- und Moppedreifen", bin kein Biker. "Kammscher Kreis" habe ich überlesen, da ich das mit Motorradfahren verbunden habe, ist das etwas wichtiges? Hab da keine Ahnung. Grüße Harry
Kammscher Kreis, das ist dieses Diagramm ganz unten auf der Seite wo es darum geht wieviel Kraft ein Reifen in welcher Richtung aufnehmen kann. Also die Kombination aus Seiten- und Längskräften.
Dieser Kreis ist aber nur gültig wenn man von reiner Festkörperreibung mit konstantem µ ausgeht. Für Reifen also nicht wirklich zutreffend.
Gruß Meik
Irgendeine Autozeitschrift hat doch mal getestet, 195er Serienbereifung auf 15Zoll gegen 215 auf 17 Zoll und mal mit und mal ohne Tieferlegung. Bei fast allem haben die breiteren Reifen besser abgeschnitten, einzig beim Aquaplaning nicht. Mit Tieferlegung waren die Werte noch besser, aber den größten Teil haben die Reifen ausgemacht. Empfehlung war glaube ich ein Kompromiss wie in dem Fall zB 205 auf 16 Zoll und eine moderate Tieferlegung.
Physikalisch das auseinanderzunehmen ist wohl eine Sache die mehrere Seiten brauch, vorallem bei den ganzen verschiedenen Fahrbahnzuständen kann man wieder neu anfangen...
Noch´n bisschen Lektüre zum Feierabend😁
Zunächst das hier für die Freunde der Breitreifen.
Dann etwas [url="http://www.dunlop.de/de/data/news/reifentest/rollederreifen3.html "]zur Ernüchterung[/url]
bzw. zur Frustation
Herrje! 😰
Naja, Tendenzen (😁) sind eindeutig zu erkennen.
Der Einfluss der Profiltiefe ist, wie hier zu sehen, jedoch grösser.
Hier gibt´s übrigens ´nen netten Download, der den Einfluss der Reaktionsdauer beim Anhalten schön veranschaulicht.
Zitat:
Bei der Tour de France hat man aber auch schon gemerkt dass breitere Reifen leichter rollen.
Man hat gemerkt dass breite Reifen nicht notwendigerweise schlechter rollen aber mehr Sicherheut beim Kurvenfahren bieten. Wer in einer Kurve mit Vollbremsung aus 100km/h seinen Reifen verliert verliert auch die Tour :-)
Wie gesagt, der rest der reibung ist nict so einfach (haftreibung ist ja noch die verzahnung) was ist ein festkörper?
Einfache Antworten kann es nicht geben - leider.
Der kammsche Kreis besagt nur wie stak man in welcher Kurve bremsen darf ohne dass die haftung verlorengeht. Danach gehts gleitreibend in den Graben :-)
Er berücksichtigt aber nicht die Formänderung der reifen (hoch und schmal mehr als breit und flach)
Nicht nur, man hat endlich den Irrglauben aus der Welt geschafft dass ein breiterer Reifen den höheren Rollwiderstand hat. Bei gleichem Luftdruck rollt aber ein breiter Reifen sogar leichter.
Was der Kammsche Kreis aussagt ist klar. Trifft aber nur auf den Fall idealisierter Reibung zu, somit für den Reifen also nicht wirklich brauchbar. Durch die Verzahnungseffekte kann zum Beispiel ein Reifen auch bei maximaler Bremsbelastung noch geringe Seitenkräfte aufnehmen, was der Idealisierung widerspricht.
Gruß Meik
Zitat:
Original geschrieben von fuchs755
Man hat gemerkt dass breite Reifen nicht notwendigerweise schlechter rollen aber mehr Sicherheut beim Kurvenfahren bieten. Wer in einer Kurve mit Vollbremsung aus 100km/h seinen Reifen verliert verliert auch die Tour :-)
Naja, man hat eigentlich nur gemerkt, das ein schmalerer Reifen(früherer Standart 20x700) rel. viel Walkarbeit macht trotz eines Reifendrucks von über 8Bar. Die Kontaktfläche war auch eher Hochformat. Heute fahren die meisten 23x700, weniger Walkarbeit bei gleichem Druck und gleiche Kontaktfläche eher im Querformat. Durch den gleichen Druck aber "größeren" Reifen lässt sich auch minimal komfortabler fahren. Mit Kurvengeschwindigkeit hat das garnichts zu tun und man hat festgestellt, dass aber bestimmten Geschwindigkeiten die auch Radsportler ohne Doping ;-) erreichen der Luftwiderstand des breiteren Reifens mehr als die Walkarbeit des schmaleren ausmacht.
Zitat:
Original geschrieben von Meik´s 190er
Durch die Verzahnungseffekte kann zum Beispiel ein Reifen auch bei maximaler Bremsbelastung noch geringe Seitenkräfte aufnehmen
Gruß Meik
Womit nachzuvollziehen ist, weshalb gelentlich Bremsspuren leicht gekrümmt verlaufen (die Betonung liegt auf leicht).
@ELK_EN
Nette Links, wobei ich als Laie natürlich nichts über die Neutralität der Tests herauslesen kann. Vielleicht würde ein Test von Michelin seine Reifen vorne sehen 🙂.
Aber unabhängig davon, die Tendenz der Bremswege wird schon stimmen und ich meine, das sollten sich alle 200+ km/h Fans hier bei MT anschauen, die ja doch sehr häufig den Ausdruck "sicheres Fahren" propagieren und nicht verstehen wollen (können), warum weniger manchmal mehr ist. Bei doppelter Geschwindigkeit wird der Bremsweg leider NICHT doppelt so groß, sondern ein "bisschen" mehr, wobei mich da mal genauere Messungen interessiern würden. Grüße Harry