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Motorrad gegen abbiegenden PKW: wer zahlt?

Themenstarteram 22. Oktober 2008 um 22:27

Hallo,

stellt euch folgenden Unfall vor: ein Motorrad kommt aus einer Einfahrt, blinkt dabei und fährt auf die Vorfahrtsstraße. Aus der nächsten Einfahrt dahinter kommt ein PKW und fährt auf die Straße. Der Fahrer des Motorrads kann nicht mehr bremsen und ballert ihm in die Seite. Der Fahrer der dem Motorradfahrer die Vorfahrt genommen hat wird hinterher der Polizei gegenüber behaupten er hätte gedacht aufgrund des Blinkers will der Motorradfahrer neben im wieder abbiegen und nicht geradeaus weiter und wäre nur deshalb losgefahren. Der Motorradfahrer hatte den Blinker noch ca. 3-4 s auf der Hauptstraße an bevor er ihn ausgemacht hat (logisch, man macht den ja immer erst nach dem Abbiegen aus). Die Unfallfolgen waren sehr schwere Verletzungen des Motorradfahrers (Geschwindigkeit weit unter der erlaubten HG), geringer Sachschaden an Motorrad und PKW. Was meint ihr würde in so einem Fall an Schuldverteilung rauskommen? Was sollte der Verletzte bzw. seine Angehörigen unternehmen um möglichst positiv aus der Sache zu gehen? In Folge des Krankenhausaufenthaltes muss der Biker mehrere dienstliche Verpflichtungen ausfallen lassen.

Ich würde mich freuen wenn ihr mir da eine grobe Orientierung geben könntet. Ich bin nicht in den Unfall verwickelt sondern nur mit dem Motorradfahrer befreundet.

Grüße,

winter

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11 Antworten
am 23. Oktober 2008 um 4:01

schuld hat zu 100% derjenige, der einem die vorfahrt genommen hat. man muss sich vergewissern, dass man die kreuzung befahren kann, "denken, dass...", "weil..." - naja.

es kann vllt. eine teilschuld geben, wenn der motoradfahrer (viel) zu schnell/ähnliches war.

am 23. Oktober 2008 um 6:10

@Turbocivic: Das kann man so pauschal nicht sagen.

Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist in Dtl. äusserst unheitlich und sehr stark vom jeweiligen Einzelfall und dem zuständigen Gericht abhängig.

Die bisherigen Entscheidungen reichen dabei von Alleinschuld des Einbiegenden, über diverse prozentuale Schuldverteilungen bis hin zur Alleinschuld des falsch Blinkenden.

Zitat:

Original geschrieben von turbocivic

schuld hat zu 100% derjenige, der einem die vorfahrt genommen hat. man muss sich vergewissern, dass man die kreuzung befahren kann, "denken, dass...", "weil..." - naja.

es kann vllt. eine teilschuld geben, wenn der motoradfahrer (viel) zu schnell/ähnliches war.

dem schließe ich mich vollkommen an

Themenstarteram 23. Oktober 2008 um 6:38

Das ganze ist ja schon schwierig. Ich kann mir da auch vorstellen, dass die Rechtsprechung nicht eindeutig ist. Immerhin würde es ja bedeuten, dass man sonst warten müsste bis jeder abgebogen ist der blinkt bevor man fährt. Aber ich verlass mich auch selber darauf, dass wer blinkt auch abbiegt...

am 23. Oktober 2008 um 7:21

Zitat:

Original geschrieben von wintersaint

Aber ich verlass mich auch selber darauf, dass wer blinkt auch abbiegt...

Darauf verlasse ich mich NIE. Zur Frage kann man fröhlich googlen:

Interessant, weil u.a. BGH ist:

http://www.auto-und-verkehr.de/.../blinken.html

 

"Der Vorfahrtsberechtigte verliert sein Vorfahrtsrecht nicht dadurch, dass er sich selbst verkehrswidrig verhält. Ein Vorfahrtsberechtigter darf zunächst einmal darauf vertrauen, dass ein Wartepflichtiger das Vorfahrtsrecht des Bevorrechtigten beachtet (Vertrauensgrundsatz). Jedoch kann das Verhalten des Vorfahrtsberechtigten zu einer Einschränkung des Vertrauensgrundsatzes führen und eine Mitschuld an einem Unfall mit einem Wartepflichtigen begründen"

D.h. wenn dein Kumpel zügig mittig in der Strasse fuhr, also keinerlei Anlass zur Annahme gab, er wolle tatsächlich Abbiegen (langsames Fahren, orientieren zum rechten Strassenrand), dann hat er gute Karten. Wenn man nach so einem Unfall noch von "gut" reden kann. Aber das ist - aufgrund der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung und der Höhe des Schadens - absolut ein Fall für den spezialisierten Anwalt.

Alex

am 23. Oktober 2008 um 7:42

schuld ist bei dem zu suchen, der die Vorfahrt genommen hat. Eine teilschuld ist eventuell für den Biker möglich.

Zitat:

Original geschrieben von wintersaint

Das ganze ist ja schon schwierig. Ich kann mir da auch vorstellen, dass die Rechtsprechung nicht eindeutig ist. Immerhin würde es ja bedeuten, dass man sonst warten müsste bis jeder abgebogen ist der blinkt bevor man fährt. Aber ich verlass mich auch selber darauf, dass wer blinkt auch abbiegt...

Mein Fahrlehrer hat mir schon gesagt dass man sich da nicht drauf verlassen darf! Ich mache das auch manchmal allerdings nur in Kombination wenn der Wagen auch noch langsamer wird - ich also zu 99% davon ausgehen kann, dass der abbiegt.

Mich würde mal ein Fall interessieren in dem der "Blinkende" eine Schuld zugesprochen bekommen hat.

Themenstarteram 23. Oktober 2008 um 8:49

In dem Link von Amen (danke!) ist sowas beschrieben.

Zitat:

Original geschrieben von wintersaint

In dem Link von Amen (danke!) ist sowas beschrieben.

Tatsache. 1/3 Schuld dürfe aber auch das höchste der Gefühle sein.

Denn:

"Der Senat hält wegen der überragenden Bedeutung der gesetzlichen Vorfahrtregelung für die Sicherheit des Straßenverkehrs an seinen bisherigen - strengeren - Anforderungen für die Begründung eines den Wartepflichtigen begünstigenden Vertrauenstatbestandes fest. Nach anerkannter Rechtsprechung trifft den Wartepflichtigen wegen dieser Bedeutung ganz allgemein eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Von ihm wird verlangt, dass er mit Misstrauen an die Vorfahrtstraße heranfährt und im Zweifel wartet. Diese gesteigerte Sorgfaltspflicht bringt es mit sich, dass er mit verkehrswidrigem Verhalten des Vorfahrtberechtigten rechnen muss und sich daher auf den Vertrauensgrundsatz nur eingeschränkt berufen kann (vgl. etwa BGH NZV 1996, 27 (28) m.w.N.). Der moderne Massenverkehr ist gerade bei der Ordnung des Vorranges im fließenden Verkehr zur Vermeidung von Kollisionen auf klare und eindeutige Regelungen angewiesen. Dieses praktische Sicherheitsbedürfnis lässt Ausnahmen von der gesetzlich geregelten Wartepflicht keinesfalls großzügig, sondern nur unter engen und klar bestimmten Voraussetzungen zu."

http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr2009.htm

 

gilt das eigentlich auch für diejenigen, die auf einer abknickenden vorfahrtstrasse NICHT blinken und dadurch ein eigentlich wartepflichtiger rausfährt und es knallt?

Eine mehrheitliche Meinung hier im Forum wird dir bzw. dem befreundeten Mopedfahrer gar nichts bringen!

 

Bei einem Verkehrsunfall sind in jedem Fall zwei Rechtsgebiete berührt:

1.) Verkehrsrecht (wer hat welchen Verkehrsverstoß begangen?)

2.) Zivilrecht (wer muss für welchen Schaden haften?)

 

Vielfach hängt die Entscheidung im zivilrechtlichen Verfahren natürlich von der Entscheidung im verkehrsrechtlichen Verfahren ab!

 

 

Daher kann man nur folgendes sagen bzw. anraten:

Letztlich wird auch bei diesem Verkehrsunfall wohl ein Richter eine EINZELFALLENTSCHEIDUNG treffen.

Deshalb schnellst möglich zu einem Rechtsanwalt... ;)

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