Membran bei Bekleidungen.
Hallo.
Ich Blicke bei dem Thema Membran bei Bekleidungen, trotz Google, nicht durch.
Wo sitzen diese oder sind die Eingearbeitet ?
Ich wollte meine Klamotten Waschen und habe gehört, das mit Weichspüler, diese Membran Kaputt gehene können. Darum will ich jetzt Funktionswaschmittel kaufen
Allerdings meinte jetzt eine Freund zu mir, zum thema Membran: "Sind einfach nur die polster die protectoren.die kann man ja rausnehmen".
Stimmt das oder Reden wir gerade von verschiedenen Sachen ?
Es geht um diese Jacke: https://www.polo-motorrad.de/de/tour-textiljacke-2-0-schwarz.html
Beste Antwort im Thema
Die Reise eines H2O durch den Dschungel der Schutzkleidung.
Es ist eine kleine Schweißperle, die in der Drüse der ‚Achselhöhle eines Motorradfahrers entsteht. Nennen wir ihn Calle, nein, besser „Michael“ und begleiten ihn auf seiner Reise durch die Textilien nach draußen an die frische Luft.
Michael ist es warm. Er hat eine Körpertemperatur von guten 30 Grad in der Achselhöhle und er entspringt dort, wo sich einige Menschen rasieren – andere nicht. Michael ist eigentlich dafür da, die Körpertemperatur seines Wirtes ein wenig zu regulieren, denn durch seine Ausdehnung und Verdunstung kühlt sich Michael ab und schützt so seinen Wirt vor Überhitzung.
Hat er die Drüse einmal verlassen und die Hautoberfläche erreicht, trifft er schon auf die erste Hürde nach draußen – die Funktionsunterwäsche.
Funktionsunterwäsche kann aus verschiedenen Materialien bestehen. Das kann Polyester sein, also der Stoff aus dem auch PET-Flaschen gemacht sind, Polyamid – besser bekannt unter dem Namen Nylon oder Perlon, oder auch Polyacryl, wenn die Wäsche auch wärmen soll. All die Stoffe werden im Wesentlichen aus Erdöl gewonnen. Sie eignen sich gut für den Zweck der Funktionsunterwäsche, weil sie Flüssigkeiten nicht speichern, sondern weiter transportieren. Sie trocknen schnell. In vielen Fällen werden sie gemischt mit anderen Fasern – etwa Baumwolle, oder auch höherwertig bei Skiunterwäsche, wenn es wärmen soll mit Cashmere oder Wolle neuseeländischer Bergschafe. Das gilt besonders für Polyacryl.
Baumwolle würde den Michael festhalten und viele andere Michaels würden hinzukommen und dann würden sie eine riesengroße Pfütze bilden – aber unser Wirt hat Unterwäsche aus Polyamid an und so kann der Michael von der Unterwäsche in die Oberbekleidung springen.
Als Oberbekleidung trägt unser Wirt eine vierlagige Jacke einschließlich Klimamembran. So erreicht der Michael jetzt das Innenfutter der Jacke, das engen Kontakt mit der Unterwäsche pflegt. Auch dieses Innenfutter ist wieder aus Erdöl hergestellt, meist ist es Polyester, ein Nylon wie bei einer Damenstrumpfhose, da muss der Michael durch. Das geht auch ganz einfach, denn im Grunde ist es ein ähnliches Material, wie es auch für die Unterwäsche verwendet wird.
Dieses Innenfutter muss nicht einsam sein. Häufig ist auf ihm eine „selbstaufrichtende Watte“ aufgebracht, eine wärmende Dämmschicht, die sowohl als Winterfutter herausnehmbar sein kann – oder eben fest als Polsterung verarbeitet ist. Hierfür eignet sich wieder Polyacryl gegebenenfalls als Mischung mit anderen Stoffen. Wichtig ist die „Merkfähigkeit“ des Materials, wieder in seine Ausgangsposition nach einem Druck zurückzukehren. Die so gespeicherte Luft in den Zwischenräumen hält den Wirt warm.
Ist diese Lage herausnehmbar, muss jetzt ein zweites Innenfutter verbaut sein – häufig nur als Netz ausgeführt.
Nun wird es spannend, denn der Michael erreicht nun die Klimamembran. Da gibt es zwei wesentliche Varianten – eine aus dem Amiland und eine aus dem deutschen Land. Die Variante aus dem Amiland ist aus PTFE und hat durch Reckung 1,3 Milliarden Poren pro cm². Das Material ist eine Fluor-Kohlenstoff-Verbindung, die unglaublich beständig ist und selbst zum Transport für Material von Atombomben geeignet ist. Da bekommt Schutzkleidung gleich mal einen Sinn. Leider macht das Zeug beim Verbrennen in normalen Hausmüll-Verbrennungsanlagen auch Probleme und ist deshalb als Sondermüll zu entsorgen.
Die deutsche Variante aus Wuppertal ist aus Polyetherester und hat in der hydrophoben Membran hydrophile Molekülbausteine. An diesen Bausteinen entlang kann sich Wasser einen Weg bahnen und so die porenlose Membran durchdringen. Da diese Membran porenlos ist, können auch keine Poren durch Schmutz und Waschmittel verstopfen. Leider sind diese hydrophilen Molekülbausteine nicht so lange haltbar wie Teflon, so dass die Funktion früher oder später versagt.
Beide Varianten können mit anderen Materialen laminiert werden - Mit dem Futterstoff, dem Obermaterial, oder beidem.
Wir gehen hier mal nicht davon aus, dass die Klimamembran mit dem Obermaterial laminiert ist. Der Michael hat sich nun durch die amerikanische oder deutsche Variante gepresst und wird nun auf seiner Reise immer kälter. Das liegt zum einen an der immer größeren Entfernung zum Körper seines Wirtes und zum anderen an der Verdunstungskälte, die durch Ausdehnung von Gasen entsteht. Wenn die Außentemperatur allerdings zu hoch ist – und höher als die Körpertemperatur des Wirtes - muss der Michael einfach wieder seinen Weg zurück machen und mit anderen Michaels eine große Pfütze bilden.
Da haben sich schon Feuerwehrleute, die Schutzkleidung mit Membran trugen, schwere Verbrühungen zugezogen, wenn heißes Löschwasser von heißen Stahlträgern zurückgespritzt ist.
Aber der Michael hängt jetzt zwischen Membran und dem Außenmaterial (Obermaterial). Das Außenmaterial ist meist Nylon, verkauft unter dem Namen Cordura, in hochwertigen Schutzkleidungen auch Nomex oder Kevlar. Dieses Material soll uns vor den Einflüssen von außen schützen und ist somit Frontmaterial. Es ist imprägniert (von innen und außen) und eigentlich sollte es wasserundurchlässig sein – jedenfalls für eine bestimmte Zeit einer bestimmten Wassersäule widerstehen. Testen kann man die Imprägnierung sehr gut mit einer Blumenspritze. Wenn das Wasser feinperlig abprallt, ist alles in Ordnung. Die Imprägnierung lässt sich ein wenig auffrischen, indem man die Jacke handwarm bügelt. Die Betonung liegt auf handwarm.
Bei Schuhen oder Stiefeln ist das Obermaterial hydrophobiertes Leder. Hier hilft Schuhcreme.
Da der Michael nicht zurück kann – und auch nicht will – und das Obermaterial wasserdicht ist, müssen für ihn Ausgänge eingerichtet werden. Das sind Lüftungsschlitze in den Jacken und auch an den Stiefeln (z.B. Daytona) sieht man sehr schön die Webeinlagen am oberen Ende des Schaftes. In Jacken von Dainese sind es Reißverschlüsse im Brustbereich, die geöffnet oder geschlossen werden können – und ja, die sehen aus wie Taschen, sind aber keine. Da lassen sich die Konfektionäre einiges einfallen, um die vielen Michaels aus den Klamotten zu kriegen, denn sonst stocken und schimmeln sie und fangen an zu stinken. Auch das untere Bündchen mit der durchlaufenden Kordel und den Ösen sind Öffnungen, aus denen Michael abhauen kann. Auch haben viele Jacken kleine Ösen im Achselbereich, die das Obermaterial durchlässig machen.
Klar ist das alles Theorie und das Begehr der Firmen ist in erster Linie unser Geld, aber es ist wichtig Funktionsweisen zu verstehen, um sie auch ablehnen zu können.
Bestimmte Sachen machen z. B. gar keinen Sinn:
1) Ein Imprägnierungsbad für die Waschmaschine. Wenn das Innenfutter imprägniert wird, ist für Michael die Reise dort schon beendet.
2) Ein ungeeignetes Kleidungsstück zwischen Funktionswäsche und Jacke. Wenn da Baumwolle verwendet wird, reichern sich viele Michaels in der Baumwolle an, weil Baumwolle die Feuchtigkeit aufsaugt und festhält. Gleiches gilt für Unterwäsche aus Baumwolle.
3) Glauben, dass man keine Regenpelle braucht. Auch bei Kleidung mit Klimamembran sollte man bei Regen eine Regenpelle überziehen, denn wenn die Oberbekleidung erst mal richtig durchnässt ist, braucht sie lange, um wieder trocken zu werden. Für eine Tour am nächsten Tag ist sie dann meist noch zu feucht.
Klimamembranen sind auf jeden Fall gute Windstopper. In erster Linie wärmen sie also, weil sie den Windzug nicht an die Haut lassen. Ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich eines Wassertransportes ist aber von so vielen anderen Faktoren abhängig, dass eine allgemeingültige Aussage über den Sinn oder Unsinn solcher Membranen nicht getroffen werden kann. Sie funktionieren bei bestimmten Bedingungen.
Lesen Sie demnächst: Michael will zurück. Die Reise eines Regentropfens. Vom freien Fall auf Umwegen in die Unterhose.
67 Antworten
Eine nett zu lesende Story über ein hochkompliziertes Thema.
Aber (!) warum ist es nicht möglich irreführende, aus der Luft gegriffene (frei erfundene) Bezeichnungen zu vermeiden ? Als da wären:
Zitat:
@kandidatnr2 schrieb am 20. September 2018 um 21:20:11 Uhr:
Klimamembran ...
Dann noch "
atmungsaktiv".
Beides ist im Zusammenhang mit Bekleidung ein Oxymoron und damit in hohem Maße Unfug ! Es gibt, außer Lebewesen, nichts "atmungaktives". Es gibt auch keine "Frühstücksqualität", auch wenn RAMA das von sich seit Jahren behauptet.
Auf den Punkt gebracht, und damit die Fragen des Herrn Moderators beantwortend, sei angemerkt: Niemand (also zumindest ich) bestreitet die Wasserdichtigkeit der hier erwähnten Membranen ... das ist aber gar nicht das Thema.
Ich habe überigens in meiner Firmenablage gestöbert. Als "Erfinder" von Gore-Tex dürfte Dr. Heinrich Flick gelten (der von mir zu Beginn betitelte "Dr. Weißichnichtmehr"😉. Er führte auch das Prinzip der hirarchiefreien Führung ein und schrieb ein Buch darüber (Das Amöbenkonzept). Ein sehr charismatischer Mensch.
Ich war und bin von Goretex und Co nicht eigentlich enttäuscht - ich habe nicht viel erwartet.
Ich trage vermutlich auch nicht die richtige Funktionsunterwäsche - bei mir ist meist immer noch irgendwo ein bisschen Baumwolle drin. Aber meine Handschuhe kommen auf die blosse Haut. Und alle Handschuhe mit "Klimamembran",
die ich hatte, tun genau das Gegenteil von dem was sie sollen: Meine Pfoten sind ständig nass, denn bei Sonne kann der Schweiss nicht entweichen, und bei Regen sind sie ruck-zuck durch. Widerlich. Deshalb fahr ich eigentlich immer nur in Sommerhandschuhen, die sind wenigsten bei Sonne trocknen und nach dem Regen trocknen sie schnell. Anders als die Membranteile: Die brauchen zum trocknen tagelang...
Zitat:
@Subari66 schrieb am 21. September 2018 um 10:37:42 Uhr:
Eine nett zu lesende Story über ein hochkompliziertes Thema.Aber (!) warum ist es nicht möglich irreführende, aus der Luft gegriffene (frei erfundene) Bezeichnungen zu vermeiden ? Als da wären:
Zitat:
@Subari66 schrieb am 21. September 2018 um 10:37:42 Uhr:
Zitat:
@kandidatnr2 schrieb am 20. September 2018 um 21:20:11 Uhr:
Klimamembran ...
Dann noch "atmungsaktiv".Beides ist im Zusammenhang mit Bekleidung ein Oxymoron und damit in hohem Maße Unfug ! Es gibt, außer Lebewesen, nichts "atmungaktives". Es gibt auch keine "Frühstücksqualität", auch wenn RAMA das von sich seit Jahren behauptet.
Auf den Punkt gebracht, und damit die Fragen des Herrn Moderators beantwortend, sei angemerkt: Niemand (also zumindest ich) bestreitet die Wasserdichtigkeit der hier erwähnten Membranen ... das ist aber gar nicht das Thema.
Ich habe überigens in meiner Firmenablage gestöbert. Als "Erfinder" von Gore-Tex dürfte Dr. Heinrich Flick gelten (der von mir zu Beginn betitelte "Dr. Weißichnichtmehr"😉. Er führte auch das Prinzip der hirarchiefreien Führung ein und schrieb ein Buch darüber (Das Amöbenkonzept). Ein sehr charismatischer Mensch.
Das Wort "atmungsaktiv" habe ich nicht benutzt. Kommt in meinem Text nicht vor.
Das Wort "Klimamembran" habe ich benutzt, weil ich die Firmenbezeichnungen Go und Sy nicht benutzen wollte. Wichtig ist aber, dass alle verstehen, was gemeint ist - und dafür ist das Wort "Klimamembran" gut.
Es gibt aber "die beste Band der Welt".
Do not feed the troll. 😉
Grüße, Martin
Wollte er nicht nur ne Waschanleitung?
Zitat:
@kandidatnr2 schrieb am 21. September 2018 um 11:31:52 Uhr:
Das Wort "atmungsaktiv" habe ich nicht benutzt. Kommt in meinem Text nicht vor.
Das genau ist der Grund, warum es nicht in dem Feld "Deines" zitierten Textes steht !
Ach ja, noch ein Wort zum Wort: "Funktionsunterwäsche" ist auch so ein herrliches "Verführwort". In Funktionswäsche/-unterwäsche "funktioniert" gar nichts. Wie ich schon zuvor schrieb bilden diese Kunstfasern lediglich ein Luftpolster auf der Haut. Diese Fasern sind so konstruiert, daß sie selbst fast kein Wasser aufnehmen können, also so gut wie nicht feucht werden, bis auf den Grad, der für das Waschen/Reinigen derselben nötig ist. Daher hat man das Gefühl, auf der Haut trocken zu sein.
Liegt darüber Baumwolle, saugt sich diese voll. Da Baumwolle kein Wasser im Innern speichern kann, sondern die Feuchtigkeit auf ihrer Oberfläche sammelt, fühlt sich Baumwolle sehr schnell nass an. Besser ist Wolle, noch besser wäre Cashmere. Das nur als reine "Materialkunde".
Ein weit interessanteres Feld zur Betrachtung zweckdienlicher Bekleidung, als Moppedklamotten, ist die Expeditions- und Militärbekleidung. Um auf ein hier häufig diskutiertes Thema abzuschweifen (es wird ja oft über bequeme Sättel philosophiert): Militärsättel (Pferde) sind im ersten Moment eisenhart und unbequem. Aber ein Tag in einem solchen Sattel vermittelt schnell, daß man nur auf solchen Sätteln tagelang reiten kann.
Zitat:
@Blonsede schrieb am 21. September 2018 um 11:56:20 Uhr:
Wollte er nicht nur ne Waschanleitung?
Dieser Thread ist wirklich erstaunlich. Sowohl Dir als auch Subari muss ich recht geben 😉
Hier wäre die Antwort:
https://www.gore-tex.de/support/waschanleitung
Bin gespannt, ob danach alles so ist, wie es vorher war. Und wenn nicht, so hat er bestimmt was falsch gemacht. Oder der Hersteller des Kleidungsstücks, der irgendwas nicht richtig umgesetzt hat.
Hätte ja nicht gedacht das sich das Thema so Kompliziert entwickelt. :-)
Trotzdem Danke nochmal allen.