Maximalreparatur Fahrwerk normal?
Bei meinen Auto war kürzlich die HU fällig und ich habe die, um Zeit zu sparen, bei der für mich nächstliegenden Werkstatt, ATU, machen lassen. Ich bekam dann einen Anruf, dass die Plakette wegen einer gebrochenen Vorderachsfeder nicht erteilt wurde und man müsse nun beide Vorderachsfedern tauschen, "natürlich" somit auch die Stoßdämpfer und "natürlich" anschließend eine Achsvermessung durchführen. 1100 Euro.
Das kam mir sonderbar vor, da eine schnelle Recherche ergeben hat dass eine Feder online schon für 20 Euro (mit Versand) erhältlich ist und nach meinen Kenntnissen aus der Technischen Mechanik und einigen Jahren als Ingenieur in der Autoindustrie rein technisch betrachtet keineswegs ein Komplettaustausch der Federbeine nötig ist, wenn nur eine Feder defekt ist. Ebenso hat meine Recherche allerdings ergeben, dass inzwischen offenbar vielfach die Meinung vertreten wird, dass zumindest "zwingend" beide Federn einer Achse zu tauschen seien und die Folgemaßnahmen wie bei mir von ATU vorgeschlagen sehr zu empfehlen seien.
Weil ich nicht ewig zuwarten wollte habe ich mich erstmal auf meine eigenen Kenntnisse verlassen und die Feder halt selber getauscht. Also 20 Euro Materialkosten und 4 Stunden Arbeitszeit - mangels Routine und mit einfachstem Werkzeug habe ich natürlich länger gebraucht als die Werkstatt, wo das für eine einzelne Feder höchstens eine Viertelstunde dauern dürfte. Trotzdem hat es sich finanziell enorm gelohnt, denn auch als erfahrener Ingenieur bin ich sehr weit davon entfernt, 1100 Euro netto in 4 Stunden zu verdienen.
Die Spur habe ich dann mit Hausmitteln gemessen, demnach ok. Geradeauslauf und sonstiges Fahrverhalten auch einwandfrei. Die HU Nachuntersuchung habe ich direkt beim TÜV machen lassen und denen auch gebeichtet dass ich nur eine Feder getauscht habe. Die Plakette wurde anstandslos erteilt.
Nun bin ich aber doch sehr neugierig, ob es tatsächlich die Mehrzahl meiner Mitmenschen normal findet, bei einer einfachen Routinereparatur eines billigen Verschleißteils, wie hier eben der Feder, eine Reparatur angedient zu bekommen die ungefähr ein halbes durchschnittliches Monatsnettogehalt kostet. Und lasst ihr Euch das mit dem paarweisen Tausch der Federn + Stoßdämpfer + Achsvermessung wirklich weismachen? Oder war mein Fehler einfach, zu ATU zu gehen - die haben ja einen sehr durchwachsenen Ruf?
Beste Antwort im Thema
Zitat:
Bei meinen Auto war kürzlich die HU fällig und ich habe die, um Zeit zu sparen, bei der für mich nächstliegenden Werkstatt, ATU, machen lassen. Ich bekam dann einen Anruf, dass die Plakette wegen einer gebrochenen Vorderachsfeder nicht erteilt wurde und man müsse nun beide Vorderachsfedern tauschen, "natürlich" somit auch die Stoßdämpfer und "natürlich" anschließend eine Achsvermessung durchführen. 1100 Euro.
Man fährt nicht zu ATU.
55 Antworten
Doch.
Das ist n Stück Federstahl. Wenn du das Auto stehen lässt, passiert da wahrscheinlich "nie" was, aber wenn du damit fährst und an der Feder hunderttausende Male rum biegst, dann wird sie wie jedes Stahlteil irgendwann weicher, sackt zusammen, irgendwann bricht es.
Wenn man daher eine Feder erneuert, wird die andere wahrscheinlich auch nicht mehr lange halten. Dazu gibts z.B. bei MB ne Anweisung, dass Federn paarweise zu erneuern sind. Das erneuern einer Feder ist da gar nicht zulässig.
Je nach Laufleistung (die wurde ja bisher verschwiegen) macht man dann sinnvollerweise Stoßdämpfer und Domlager mit, weil man die Verschleißteile ja eh in der Hand hat...
Dann hatte Opel mal gute Federn. Die hielten bis 360.000 km durch ohne dass der Wagen insgesamt durchhing oder gar einseitig. Obwohl ich immer allein und immer links drin saß. Ansonsten war der Wagen aber mies.
Allgemein kann ich dir ausm Werkstattalltag sagen, dass Federn sich proportional zum Fahrzeuggewicht setzen. Bei Opel ist dass weniger ein Thema, da gibts eher Federbrüche...
Ich lerne ja gerne dazu und wenn mehrere Praktiker sagen, dass sie Setzungen und weich werden von Federn beobachten, nehme ich erstmal an dass das stimmt. Dass andere, so wie ich, das Gegenteil beobachtet haben muss ja kein Widerspruch sein. Es kann sich einfach von Fahrzeug zu Fahrzeug unterscheiden, z.B. je nach Art des Federstahls. Weniger feste Stähle gehen durch ihre geringere Festigkeit eher in die Überlastung. Andererseits haben sie eine höhere plastische Reserve als hochfeste Stähle und können somit erhebliche dauerhafte Materialveränderungen ohne Bruch erfahren, z.B. wenn die Federbeinkonstruktion ein Zusammendrücken auf Blocklänge zulässt oder die Feder durch Zerstörung der Ummantelung und und Korrosion vorgeschädigt ist. Ich hatte zwar angenommen, dass in Fahrwerksfedern von modernen PKW nur hochfeste Stähle verwendet werden, schon aus Gewichtsgründen, aber da mag ich falsch liegen. Ich bin kein Federspezialist und schon gar nicht für alle Fahrzeugmodelle.
Zumindest bei mir zeigen die alte und neue Feder ein gleichwertiges Verhalten, aber ich will das dann mal lieber nicht verallgemeinern. Laufleistung ist bei mir 80.000 km. Ja, den Stoßdämpfer und das Domlager hätte ich für minimales Geld und ohne zeitlichen Mehraufwand mit wechseln können, aber da kam ich irgendwie gar nicht auf die Idee, nachdem die völlig intakt wirken und auch statistisch gesehen noch viel länger halten werden als ich das Fahrzeug noch zu fahren gedenke (steht eh fast nur in der Garage, den freundlichen Hinweis zum Fahrradfahren habe ich für mich aus Gesundheits- und Spaßgründen schon lange umgesetzt). Der Spareffekt ist bezüglich der Teilekosten aber natürlich vernachlässigbar, wenn man den Einbau selber macht.
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Ich habe mal nen polo 86c gehabt und da nen anderen Dämpfer samt feder verbaut..
Das fuhr sich ziemlich unsicher.
Deswegen tausche ich immer Achs Weise..
Wenn eine Feder weich wird und Ermüdungsrisse bekommt, ist nicht unbedingt gesagt, dass sie unter dem Gewicht des geparken Fahrzeuges nicht mehr die Höhe halten kann. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ich die Probleme mit weichen Federn, warum auch immer meist im Heck, hauptsächlich bei großen Limousinen hatte, die viele schnelle Autobahnkilometer hinter sich hatten - so ab ca. 250.000 km aufwärts.
Am Samstag sprach ich in einem kleinen Freundes- bzw. Bekanntenkreis aus Mitarbeitern von ZF, die dort im Produktbereich Fahrwerke tätig sind, in gemütlicher Runde diesen Thread hier an. Allgemeines Gelächter zu den Behauptungen "Federn werden nicht weich" und Ungläubigkeit darüber, dass solche Sprüche sogar von Mechanikern/Mechatronikern kommen können.
Ich gebe es nur weiter.
Ich selbst wechsle am liebsten kpl., da das Zerlegen des Federbeins bei Dämpfer- oder Domlagerdefekt aufgrund der erforderlichen Komprimierung der Feder für diese eine erhebliche Tortur ist.
Jetzt wird es hier ja richtig mystisch. Eine Feder wird weich, hält aber trotzdem unter Gewichtsbelastung die gleiche Höhe? Hast Du diese steile These auch mit den ZF Leuten besprochen? Was bedeutet "weich" dann Deiner Meinung nach bei einer Feder? Die einzige sinnvolle Deutung dieses Begriffs erscheint mir, dass eine weich gewordene Feder unter Belastung stärker nachgibt als im Originalzustand (siehe auch Definition der Federhärte). Oder ist mit weich werden gemeint, dass die Moos-Härte abnimmt? Dann wäre mir nicht klar, was die Moos-Härte mit dem Fahrwerksverhalten zu tun haben soll. Und warum die mit der Zeit abnehmen soll.
Zitat:
@plusultra schrieb am 5. August 2019 um 19:18:56 Uhr:
Jetzt wird es hier ja richtig mystisch. Eine Feder wird weich, hält aber trotzdem unter Gewichtsbelastung die gleiche Höhe?
Nein, dass kann sie nicht. Die Feder wird weich, das Auto kommt tiefer.
Das ist aber ein langer Prozess, wärend dessen Automobilkonzerne Autos bauen, die eh immer tiefer sind, oder "weniger" Platz im Radhaus haben. So fällt das optisch nicht auf.
Optisch fällt es erst auf, wenn man die Federn erneuert und das Auto dann im vergleich zu Neuwagen aussieht wie ein Geländewagen.
@plusultra Was macht ein Stück Rundstahl, wenn man ihn oft genug hin und her biegt? Es läßt sich zunehmend leichter biegen, bekommt irgendwann Risse und bricht. Wärme spielt dabei, wie bei einer Fahrwerksfeder, auch eine Rolle. Sag mir jetzt aber nicht, eine Fahrwerksfeder würde nicht warm.
Was ist der einfachste Federstahl, der nach deiner vermutlichen Meinung eigentlich nie brechen dürfte? Die Feder im Türschloß einer Zimmertüre oder die im Gurtwickler eines Fensterrolladen. Und sie brechen doch. Machen wir´s andersrum: Warum haben wir hier Bruch, obwohl wir bei diesen Teilen z. B. Kerbwirkung durch Korossion ausschließen können? Ein gutes Beispiel bei Schrauben-/Druckfedern wären noch die von Schnellfeuerwaffen.
Und ja, die Fahrwerksfeder wird weich und hält trotzdem noch eine gewisse Zeit lang die Höhe, denn es geht ja hier um einen schleichenden Prozess. Auf welchen Druck ist die Feder wohl ausgelegt? Auf gerade mal die vielleicht 300 kg, die eine schwere Limousine im Stand auf der Hinterachse einseitig wiegt? Oder bewegen wir uns doch eher im mehrfachen Bereich? Kommst du nun noch immer nicht ins Denken?
@Spargel1: jetzt bin ich völlig verwirrt. Wo habe ich behauptet, dass Fahrwerksfedern nicht brechen? Anlass des Threads war vielmehr eine gebrochene Feder an meinem Auto. Mir scheint leider, dass das keine sinnvolle Diskussion mehr ist.
Zurück zum Ursprung:
Ein Federnbruch ist in der Regel auf Materialermüdung zurückzuführen- so jedenfalls die Werkstatt, als ich meinen damaligen 203er deswegen vorstellte. Auch hier war man der Meinung, dass der Erfahrung nach die andere Seite wahrscheinlich auch nicht mehr lange halten werde. Also wurden die passenden Federn bestellt und am anderen Tag gewechselt. Der Tausch von Stoßdämpfern, Domlagern und Achseinstellung war nicht nötig. Kosten: 328,73 €, inklusive allem. Ausführende Werkstatt: ATU Bad Vilbel. Wie die 1100 € im Falle des TE zusammenkommen, ist für mich unerklärlich.
Federbruch wird auch durch Korrosionsschäden getriggert. Die könnte man mit einem besseren Oberflächenschutz vermeiden, aber dadurch wären die Federn im Einkauf ja ein paar Pfennige teurer...
Mein Fazit :
Ich glaub, alle haben hier bissl recht, und verallgemeinern kann man erstmal überhaupt nix.
Gibt von jedem anscheinend etwas.
-- Manche Federn halten eewig. Meine 30 Jahre alten Federn z.B. sind ziemlich rostig, Oberflächenschutz war früher mal, aber halten trotzdem tapfer die Höhe und halten ebenso bruchlos durch. Ebenso die Domlager, nur Stoßdämpfer hab ich schon paarmal gewechselt (einzeln natürlich, auch öfter mal gegen 'nen gebrauchten 😁 Und ein hinterer ist evtl. sogar noch orchinool)
(bei den nächsten beiden Modellen E36 + E46 komischerweise öfter Federbrüche, also wenn so der Fortschritt aussieht . . . bleib ich lieber beim altbewährten ;-) )
-- Manche legen sich anscheinend selbst tiefer im Lauf der Jahre (Mercedes-Qualität, das beste oder nix . . . oder wie war der Werbespruch ?).
-- Und bei manchen Modellen läuft anscheinend schon serienmäßig der Countdown, nur 'ne Zeitfrage, wann eine bricht (und die 2. kurz drauf auch)
Renault Twingo/Clio VA, BMW E46 HA sind so richtige Feder-Verbraucher. Und Freundin's Kangoo auch, VA (normale) + HA (alle 4 Drehstäbe gebrochen, eindeutig Rost als Ursache. Besch.... Arbeit übrigens. Ab jetzt werden die jährlich eingefettet und dann schau'mer mal . . . ob das Auto länger hält oder die Federn . . . )
Bei auffälligen Autos also besser gleich paarweise wechseln,
bei unauffälligen in Sachen Feder geht auch Einzeltausch ohne Problem.
@OO--II--OO: so sehe ich es auch, die meisten Beiträge hier scheinen ein Stück der offenbar komplexen Wahrheit zu enthalten. Das ist ja auch die Hauptaussage der DVM Publikation, die Spargel1 gepostet hatte: Aussagen zur Betriebsfestigkeit von Fahrwerksfedern kann man nicht so einfach treffen. Mit meiner Behauptung, dass diese Federn nicht weich werden habe ich mich wahrscheinlich zu weit vorgewagt, diese Aussage muss man wohl deutlich einschränken (je nach Materialart, Schadensart und innerhalb welcher Toleranzgrenze man die Federhärte als unverändert ansieht) und mir fehlt in diesem Feld auch die Praxiserfahrung, um das sicher zu beurteilen. Naja, zumindest hat es zu einer spannenden Diskussion geführt. Also, ich habe dabei was gelernt und bedanke mich.
Zitat:
@Provaider schrieb am 2. August 2019 um 13:37:45 Uhr:
Wobei man wenn man eh die Feder tauscht auch gleich den Dämpfer mit wechseln kann. Kostet nicht viel mehr im Zubehör und du hast wieder 100tkm ruhe.
Dann sollte man aber auch wirklich beide Seiten machen.
Sehe ich auch so.
Allerdings:
Das ist doch EXAKT das, was ATU gemacht hat, oder nicht?
Klar kann man eine einzelne Feder billig ersetzen.
Wenn man zu Hause in der Garage basteln kann finde ich das auch OK so, und ich würde es nicht anders machen wenns ein Auto wäre, das langsam auf sein Lebensende zugeht.
Ist das dann fachgerecht? Kann ich nicht beurteilen.
Beim Reifen wird hier Zeter und Mordio geschrien, wenn nach einem Einzeltausch die Profiltiefe zwischen rechts und links um 1,5mm abweicht, aber unterschiedliche Federn rechts und links sollen i.O. sein?
Auf der anderen Seite die Werkstatt:
Sie müssen für ihre Reparatur in Gewährleistung treten.
Nur eine Feder, dazu nur auf einer Seite ohne die Dämpfer mit zu tauschen?
Austausch von Fahrwerksteilen ohne Spurvermessung?
Ich denke darauf würde sich keine seriöse Werkstatt einlassen.
Ich möchte nicht das Geschrei des Auftraggebers hören, wenn 4 Wochen später der nichtgetauschte Altdämpfer damit beginnt Öl zu sabbern.
Bei Sergej im Hinterhof mag das anders aussehen.
Es gibt sicher einen Unterschied zwischen Reparatur nach Herstellerleitfaden und Bastellösung.
P.S. Den Preis finde ich übrigens i.O. In der Markenwerkstatt wäre wohl nahezu eine 2 vorne dran gestanden.