KAUFKRIMI beim Volvo-Händler
Ein Fest hätte es werden sollen, die Übernahme meines ersten Volvo S 40 mit anschließender Jungfernfahrt vom Main an die Ruhr, gepflegt über die Autobahn bei geöffnetem Glasdach. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel bei fast frühlingshaften Plusgraden an diesen ersten Samstag in Dezember. Statt dessen war es der Beginn eines Autokaufkrimis, der bis heute andauert.
Nach mehreren Probefahrten und reiflichem Nachdenken, ob es überhaupt statthaft ist, 30 000 Euro (das waren mal 60 000 D-Mark!) für ein Auto auszugeben, hatte die seit meiner Kindheit in mir schlummernde Begeisterung für Fahrzeuge dieser Marke gesiegt und ich hatte das Auto beim Autohaus Günther in Gelnhausen Ende Oktober bestellt. Ende November erhielt ich einen Anruf, das Auto sei eingetroffen. Ich überwies über 90 Prozent des Kaufpreises, so war es in dem Kaufvertrag vereinbart, auf das Konto, das mir genannt worden war, und meine Vorfreude strahlte dem Tag der Übergabe entgegen.
Die Übergabe wurde dann erst mal am Nachmittag des Vortags abgesagt. Die Zulassungsstelle habe verschiedene Dokumente nicht akzeptiert, hieß es. Ich solle mit dem Zug fahren, sämtliche Kosten würden mir erstattet. Am Montag könne die Übergabe endgültig stattfinden.
Das fand sie auch mit allen Begleitheften und Schlüsseln, allerdings wieder ohne Zulassung des Autos und ohne Fahrzeugpapiere. Die Zulassungsdokumente seien noch nicht vollständig vorhanden gewesen, ließ der Juniorchef mich wissen. Ich habe mir immer noch nichts Böses dabei gedacht. Schließlich kaufte ich zum ersten Mal in meinem Leben ein neues Auto, das ich auch voll bezahlte. Alle anderen vorher waren entweder gebraucht oder geleast. Ich bezahlte also den Restkaufpreis in bar und fuhr als stolzer Volvobesitzer davon.
Die Tage verstrichen, die Kurzzeitkennzeichen wurden dreimal gewechselt, die Ausreden immer sonderbarer, Weihnachten nahte, bis es hieß, bei einer Zulassung nach dem 28. Dezember verlängere VOLVO die Garantie von zwei auf drei Jahre (ich habe das hier auch gepostet). Auch dieser Termin verstrich unzugelassen und mir wurde versprochen, wenn das Auto erst am 2. Januar zugelassen werde, erstatte mir VOLVO die drei Prozent Mehrwertsteuererhöhung, die ich gar nicht zu bezahlen bräuchte, ich bekäme also mit den Autopapieren noch Geld ausbezahlt.
Am Samstag, 30. Dezember, ich fuhr inzwischen mit roten Nummernschildern, platzte dann die Bombe: Per Einschreiben erhielt ich ein Anwaltsschreiben mit der Aufforderung, das Autohaus Untermain in Aschaffenburg sei die rechtmäßige Eigentümerin des Autos, das Autohaus Günther sei nicht berechtigt gewesen, den Volvo an mich zu verkaufen, ich solle das Auto umgehend zurückgeben.
Was sich bis jetzt herausstellte, ergibt aktuell folgendes Bild:
1. Das Autohaus Untermain in Aschaffenburg, vollwertiger VOLVO-Vertragshändler wie das Autohaus Günther in Gelnhausen auch, hat für das Autohaus Günther „meinen“ Volvo bei VOLVO bestellt und bezahlt.
2. Geliefert wurde das Auto aber an das Autohaus Günther, nur der Brief landete beim Autohaus Untermain, welches den Brief auch einbehielt, weil zwischen beiden Autohäusern noch alte Rechnungen zu Lasten des Autohauses Günther offenstanden.
3. Das Autohaus Günther hat in Person des Juniorchefs Paul Günther meine Anzahlung bei der Bank abgehoben und dem Autohaus Untermain nach eigener Aussage bar ausgehändigt und damit ältere Rechnungen bezahlt.
4. Das Autohaus Untermain wusste genau, dass ich der Besteller und Käufer des neu georderten S 40 bin, dass ich vertraglich gebunden bin, den Kaufpreis vor Zulassung an das Autohaus Günther zu bezahlen, dass das Auto mit Schlüsseln und sonstigem Begleitkram zur Auslieferung an mich beim Autohaus Günther bereitstand.
Zwei VOLVO-Vertragshändler begleichen auf meine Kosten gegenseitige alte Rechnungen, mit denen ich nichts zu tun habe. Vermutlich kam ich gerade recht, weil so wieder frisches Geld in das Getriebe der beiden Kontrahenten floß. VOLVO hat das Geld für mein Auto bekommen, schaut jetzt tatenlos zu, duldet quasi dieses Vorgehen seiner Vertragspartner.
Selbstverständlich habe auch ich sofort einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Aber was mich neben der juristischen Problematik vor allem interessiert und weswegen ich Euch um Eure - möglichst zahlreichen - Meinungen bitte, ist:
Wie kann VOLVO als sog. Premiummarke ein solches Gebaren quasi „unter seinem Dach“ dulden? Sicher, VOLVO sagt, alle Vertragshändler sind rechtlich komplett selbstständige Einheiten und handeln in eigenem Auftrag und auf eigene Rechnung. Die Geschäftsführung in Köln ist informiert. VOLVO hat auch mit beiden Autohäusern mehrmals gesprochen, leider ohne Ergebnis, wie mir versichert wurde. Aber hat VOLVO nicht auch eine direkte Verpflichtung den Endkunden gegenüber? Können die Vertragshändler im Namen VOLVO machen, was sie wollen? Und VOLVO schaut achselzuckend zu? Oder gar weg? Fordert nicht umgehend einen ausführlichen schriftlichen Bericht? Droht nicht mit dem sofortigen Entzug der Lizenz? Ist den VOLVO-Verantwortlichen egal, wer ihre Autos verkauft und vor allem wie?
Wie seht Ihr das? Ich sehe VOLVO insoweit in der Pflicht, als ich mich in erster Linie als VOLVO-Kunde sehe und nicht als Kunde irgendeines Autohauses. Die Autohäuser sehe ich vornehmlich als Vermittler und direkte Dienstleister vor Ort. Die VOLVO-Garantie ist schließlich auch nicht an einen bestimmten Händler gebunden! Ich habe einen Volvo bestellt, voll bezahlt und letztlich bis heute nicht bekommen! Und VOLVO unternimmt nichts, das zu ändern. Dann kann ich Unterstützung im Garantiefall, sollte ich überhaupt jemals den Brief bekommen und das Auto dann auch behalten, am besten gleich vergessen, oder? :-(
Ich bin gespannt auf Eure Antworten. Vielleicht sind ja auch hilfreiche Tips dabei. Wie seht Ihr das Verhalten der beiden Autohäuser? Das Autohaus Günther in Gelnhausen ist inzwischen in der Insolvenz, das Autohaus Untermain in Aschaffenburg hat dem Vernehmen nach Ambitionen, den Standort Gelnhausen mit zu übernehmen, mit Billigung von VOLVO, versteht sich. Was haltet Ihr davon? Allen Schreibern schon jetzt vielen Dank.
206 Antworten
Werde mich auf jedenfall nochmal melden, bis
dato ist allerdings keine Antwort eingegangen.
Viele Grüsse
Sebastian
Mit einem Vergleich endete vergangene Woche die mündliche Verhandlung im beantragten Eilverfahren auf Unterlassung einiger, weiter ober einzeln aufgeführter "Behauptungen". Ein Bestandteil des schriftlich noch nicht vorliegenden Vergleichstextes wird sinngemäß sein, dass jede Partei das Recht erhält, den Vergleichstext im Wortlaut ins Internet zu stellen.
Eindeutig geklärt werden konnte in der 2stündigen, sachlich und fair geführten Verhandlung vor dem Landgericht Hanau auch der Verbleib das Fahrzeugbriefs. Er sollte sich nunmehr u. a. laut Aussage des Anwalts der Gegenseite direkt im Besitz des AH Untermain befinden. Demnach wird es dann in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Aschaffenburg im Grund nur noch um die Frage gehen: Bekomme ich endlich den Brief oder muss ich das Auto wieder rausrücken?
Moin Moin,
aus dem Hohen Norden drückt Dir jemand ganz doll die Daumen !!!!!!!!
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Na denn viel Glück, hoffentlich bekommst du den brief. Wie ist das eigentlich mit Nutzungsausfall? Wenn du den Brief bekommst, dann hast du immer noch den nachteil, dass das Auto monatelang rumstand und du einen ersatzwagen organiosieren musstest. bekommst du das auto nicht könnte das autohaus sagen "uns ist ein schaden entstanden, weil wir das auto nicht verkaufen konnten und es nun einige monate älter ist (und damit weniger wert)".
wird das gleich mit verhandelt oder droht dir dann ein drittes verfahren?
rapace
Letztes Wochenende in Frankreich:
Nach einer ausgiebigen Offroadtour (Strecken, die der XC 90 nie geschafft hätte) sitze ich mit Gleichgesinnten am Lagerfeuer. Da alle unsere Autos mängel- und schadenfrei den Tag überstanden haben (selbst die Landys)🙂 gibt es nicht viel über unsere Allradler zu diskutieren!
Ich werde angesprochen: "Du fährst doch einen Volvo, wenn Du nicht mit dem G durch die Botanik bretterst"
Ja, stimmt!
"Hast Du von der Schweinerei von Volvo im Fernsehen gehört, wo ein Kunde im Hessischen ein Auto bezahlt hat ud den Brief immer noch nicht bekommen hat......................"
Das Gesprächsthema des Abends war gefunden.
Mein Fazit: Bei den unbeteiligten Fernsehzuschauern kommt Volvo Deutschland (nicht der Kunde und nicht die beteiligten Autohäuser) GANZ SCHLECHT weg, der Imageschaden ist meiner Ansicht nach immens - und das sage ich jetzt aus der ganz konkreten Diskussionserfahrung.
Grüße Thomas
P.S.: Wabmann, auch ich wünsche Dir Erfolg!
Zitat:
Original geschrieben von rapace
Na denn viel Glück, hoffentlich bekommst du den brief. Wie ist das eigentlich mit Nutzungsausfall? Wenn du den Brief bekommst, dann hast du immer noch den nachteil, dass das Auto monatelang rumstand und du einen ersatzwagen organiosieren musstest. bekommst du das auto nicht könnte das autohaus sagen "uns ist ein schaden entstanden, weil wir das auto nicht verkaufen konnten und es nun einige monate älter ist (und damit weniger wert)".
wird das gleich mit verhandelt oder droht dir dann ein drittes verfahren?
rapace
Ich bin kein Jurist, aber ich geh mal davon aus, dass, egal wie das Hauptsacheverfahren ausgeht, von der einen oder anderen Seite Schadenersatzforderungen aufgestellt werden. Werden die dann nicht klaglos beglichen, kommt es zum Folgeverfahren.
Von meiner Seite fallen, so weit ich weiß, die üblichen täglichen Nutzungsausfallentschädigungen an, wie sie auch anfallen würden, wenn mein Auto bei einem Unfall beschädigt worden wäre. In meinem Fall wären das nach meiner Schätzung allein bis heute schon deutlich über 5000 Euro (ca. 45 Euro pro Tag seit Verzugseintritt). Wie ein Wertverlust im umgekehrten Fall berechnet würde, weiß ich nicht. Mit den Gerichts- und Anwaltskosten dürfte das reine Prozessrisiko für jeder Seite die 10000-Euro-Marke knacken.
Auch den anderen wieder vielen Dank für ihre guten Wünsche.
wollte den thread wegen interesse nochmal nach oben heben. was gibt es neues?
mfg volker d5
...der schon schwarze daumen hat, vom drücken für wabman
Ich bin wirklich gerührt, vielen Dank.
Der Vergleichstext liegt inzwischen vor. Ich werde ihn demnächst mal zusammengefasst hier aufschreiben, wenns überhapt jemanden interessiert.
Ansonsten Stillstand, nicht mal ein Verhandlungstermin wurde bislang vom LG Aschaffenburg anberaumt. Klageerhebung war im Januar. Eine zähe Warterei.
weitherhin druecke ich die Daumen !
und bin auch weiterhin am Ausgang dieser kuriosen Geschichte interessiert...... halt zumindest mich auf dem Laufenden.... wenn's recht ist... ich glaube... ich bin nicht alleine...
Die Lebenserfahrung sagt mir: Es wird noch dauern. Erster Termin im September, wegen Gerichtsferien im August. Dann wird der gegnerische Anwalt zufällig im Urlaub sein oder eine Verhandlung in friesisch Timbuktu haben, weshalb der Termin um zwei Monate verlegt wird. Dann wird in dem Termin erst klar, wie komplex der Fall ist, das noch Zeugen fehlen, die werden geladen, nicht alle werden zu dem nächsten Termin in 3 Monaten (von da an) kommen können, weshalb in 4,5 Monaten noch ein Termin ist. Inzwischen wird die Gegenseite wegen zahlreicher solcher Verfahren und der schlechten Verkaufslage durch die Publicity in den Medien Insolvenz anmelden und Du bleibst auf allem sitzen.
Der Vergleichsvorschlag wäre unter dem Aspekt sicherlich mal interessant...
Zitat:
Original geschrieben von TobiV70
Inzwischen wird die Gegenseite wegen zahlreicher solcher Verfahren und der schlechten Verkaufslage durch die Publicity in den Medien Insolvenz anmelden und Du bleibst auf allem sitzen.
Wieso? wabmann hat doch kein "Gläubiger" dieses Autohauses. Das erste Autohaus hat doch schon Konkurs angemeldet, deshalb ja auch die Probleme. Wenn das zweite Autohaus auch Konkurs anmelden würde, wäre wabmann dann nicht die Probleme los?
Gruß, Patrick