Fiktive Abrechnung bei einem Reparaturschaden

Moin!
Mein Kumpel hat mir soeben beiläufig erzählt, dass Ihm vor einem guten halben Jahr jemand in seinen parkenden Audi rein gefahren ist; Schuldfrage war klar (andere Seite) und es war auch kein allzu großer Schaden...
Er ist dann in eine Audi-Werke und hat dann der gegnerischen Vers. den KVA übermittelt...
Er hat den Schaden zunächst fiktiv abgerechnet, ergo die Summe netto erhalten (2t€) plus Nutzungsausfall und einer kleinen Kostenpausche (25€); soweit so gut denke ich...
(Seiner Meinung nach war der KVA schon sehr hoch, nun denn)...
Einen Monat später oder so hat er dann doch den Schaden in der Heimat bei einem Schulfreund reparieren lassen (der Freund besitzt eine richtige offizielle Werkstatt und ist Meister); für ziemlich genau die Hälfte, also 1000€ brutto.
Er meint jetzt, er hätte keinen Anspruch auf die Erstattung der gezahlten (anteiligen) MwSt., da er ja vroher fiktiv abgerechnet hätte und er ja die beiden Pauschalen erhalten hätte (Nutzungsausfall+Aufwandspauschale)...
Ich bin der Meinung, dass die gegnerische Versicherung jetzt die gezahlte MwSt. (ca. 160€) an meinen Freund (nach)zahlen muss, da er ja nun wirklich den Schaden am Auto hat reparieren lassen, oder irre ich mich da??
Falls ich Recht habe, gibt es dazu irgendeine rechtliche Grundlage (BGH-Urteil etc.), die ich Ihm nennen kann?
Er ist Steuerberater und nimmt alles sehr genau...;-)
Vielen lieben Dank schon mal!

26 Antworten

Zitat:

@Lastpfad schrieb am 10. September 2021 um 09:44:31 Uhr:


Darauf kommt es aber an.
Wurde der Schaden günstiger sach- und fachgerecht laut GA repariert, ist die Obergrenze der Bruttobetrag der günstigeren Reparatur.

So wird die Versicherung argumentieren.
Eine Reparatur in einer freien Werkstatt kann aber niemals, selbst bei technischer Gleichwertigkeit, den erlittenen Vermögensschaden vollständig im Sinne des Gesetzes beseitigen.
Denn die Gesamtheit der Autofahrer misst der Reparatur in der Markenwerkstatt eine höhere Wertigkeit zu und ist damit ein wertbildender Faktor, ähnlich wie z. B. Unfallfreiheit, Scheckheftpflege etc.
Dies behaupten ja sogar die Versicherungen ständig, wenn's ihnen in den Kram passt: Die Stundenverrechnungssätze der Markenwerkstatt gibt's nur, wenn immer in dieser gewartet und repariert wurde!
Also, rechtlich gesehen, kann immer, auch bei vollständiger Reparatur, die darin enthaltene MwSt. nachgefordert werden.
Dies wird sicher nicht einfach, denn Versicherungen glauben ja, Recht und Gesetz nicht beachten zu müssen wenn es um ihren Vorteil geht, aber ein fähiger Anwalt sollte das mit der richtigen Argumentation hinbekommen.

@rrwraith - genau so sehe ich das auch. Kein Rechnung für eine Unfallreparatur haben ist auch ein Restschaden. Und Rechnung Hinterwald ist auch ein Restschaden verglichen mit Rechnung vom Freundlichen.

Zitat:

Er meint jetzt, er hätte keinen Anspruch auf die Erstattung der gezahlten (anteiligen) MwSt., da er ja vroher fiktiv abgerechnet hätte

Ich hab das vor vielen Jahren bei einem Fall in der Familie schonmal so abgerechnet.

Belege über Teile und Lohn bei vom Gutachten abweichendem Reparaturweg und geringerem Umfang eingereicht und ohne Weiteres die Mwst. erstattet bekommen, nach vorheriger fiktiver Abrechnung.

Ich wüsste auch nichts was in so einer Konstellation dagegen sprechen sollte.

@Pfuschwerk Ich hätte noch einen an den Haaren herbeigezogenen möglichen Grund: Wenn es sich um ein Geschäftswagen handelt. Sofern mit bekannt sind Steuerberater MwSt.-pflichtig. Ergo müsste er Umsatzsteuer, die er von der Versicherung bekommt gleich wieder abführen. Dann hätte er aber auch bei der Schadensmeldung ankreuzen müssen, dass er MwSt.-pflichtig ist und würde die MwSt. auch gar nicht ausbezahlt bekommen dürfen...

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Zitat:

@rrwraith schrieb am 10. September 2021 um 11:58:22 Uhr:



Zitat:

@Lastpfad schrieb am 10. September 2021 um 09:44:31 Uhr:


Darauf kommt es aber an.
Wurde der Schaden günstiger sach- und fachgerecht laut GA repariert, ist die Obergrenze der Bruttobetrag der günstigeren Reparatur.

So wird die Versicherung argumentieren.

Nun ja, eine ging damit bis zum BGH und bekam Recht.

Zitat:

Mit der Klage hat der Kläger weiteren Schadensersatz in Höhe von 718,07 € verlangt. Diesen Anspruch errechnet er unter Zugrundelegung des vom Gutachter festgestellten Nettoreparaturaufwandes in Höhe von 7.014,05 € und der von ihm tatsächlich für die Instandsetzung gezahlten Mehrwertsteuer in Höhe von 1.196,24 €
......................................

Angesichts dieser Rechtslage versteht es sich von selbst, dass auf der Grundlage einer preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen ist, wenn ein Verweis der Schädigerseite darauf nicht einmal erforderlich ist, weil der Geschädigte die Möglichkeit einer vollständigen und fachgerechten, aber preiswerteren Reparatur selbst darlegt und sogar wahrgenommen hat. Der Vortrag des Geschädigten, trotzdem sei der vom Sachverständigen angegebene Betrag zur Herstellung erforderlich, ist dann unschlüssig.

Also, rechtlich gesehen, kann immer, auch bei vollständiger Reparatur, die darin enthaltene MwSt. nachgefordert werden.

Die von der günstigeren Reparatur auf jeden Fall. 🙂

@drukel Ist kein Geschäftswagen, sondern ein Privatwagen...;-)

@Lastpfad - dann gib mal die Daten zum Urteil mit an. Die Rechtsprechung und Entscheidungen haben sich auch in den letzten Jahren immer wieder mal geändert und letztlich haben wir auch immer mehr EUGH-Einfluss in den Entscheidungen.

Sorry; vergessen.

BGH, 03.12.2013 - VI ZR 24/13

LG München, 22.09.2008 – 19 S 6418/08

Trotzdem gefunden - ist schon eine Weile her. Wäre jetzt interessant, ob das noch immer so Bestand hat...

Diese Urteile kenne ich...
ABER: Danach gab es das eine oder andere BGH-Urteil, dass eine Kombination aus fiktiver Abrechnung und konkreter Schadensabrechnung insoweit für unzulässig erklärt...
"Alle" Urteile danach beruhen wohl auf diesem BHG-Urteil aus 2016 (BGH vom 13.09.2016 VI ZR 654/15)...
Ist das so korrekt?
@rrwraith

Das Urteil hat aber mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nichts zu tun.

In Bezug auf eine Teil- oder billigere Reparatur wird darin auf das von mir oben genannte BGH Urteil verwiesen.

Zitat:

Auf die umstrittene Frage, ob bei fiktiver Abrechnung von Reparaturkosten unter Umständen tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuer neben den vom Sachverständigen ermittelten Nettoreparaturkosten ersetzt verlangt werden kann, wenn der Geschädigte sich mit einer Eigen-, Teil- oder Billigreparatur zufrieden gibt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13, NJW 2014, 535 Rn.13 mwN), kommt es für die vorliegende Fallgestaltung nicht an." (BGH, aaO., Rdnr. 17)

Es geht hier nicht um die Kombination von fiktiver und konkreter Abrechnung, die ist tatsächlich nicht zulässig.
Es geht um die Forderung der für die Schadensbeseitigung angefallenen MwSt.
Wenn, wie in dem von Lastpfad angeführten Urteil, der Geschädigte die durchgeführte Billigreparatur stillschweigend als gleichwertig zugesteht, kann das Urteil nicht anders ausfallen.
Mit richtiger Argumentation würde es anders ausfallen.

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