Fahrschulausbildung in D
Das Thema Fahrschulen , insbesondere "auffälliges Verhalten"😉 wurde ja bereits in vielen Unterforen diskutiert. Aber die Häufigkeit zeigt imho, dass man mal grundsätzlich über die Qualität der Ausbildung bzw. die Art und Weise, wie einem hierzulande das Autofahren beigebracht wird (oder werden soll) diskutieren sollte.
Ich persönlich habe den Eindruck, dass da ein ganz erheblicher Reformbedarf besteht. Aus meinen Beobachtungen und Erfahrungen im Verkehr (s. u.) habe ich zunächst mal vier Diskussionsthemen abgeleitet:
1. Bevor ein Fahrschüler das erste mal im Straßenverkehr fahren darf, muss er eine Mindestanzahl von Stunden auf einem gesicherten Gelände (Verkehrsübungsplatz) absolvieren. Anfahren, Lenken, praktische Umsetzung von Vorfahrtsregelungen usw. muss man nicht erst im normalen (Stadt-)Verkehr lernen, wo das nur zu Behinderungen führt.
2. Auch für die Grundausbildung (so heißt das tatsächlich) sollte eine Mindeststundenzahl (imho 15) festgesetzt werden. Davon sind die ersten 5 Stunden auf einem gesicherten Gelände (siehe 1.) zu absolvieren.
3. Es wäre wünschenswert, wenn Fahrlehrer die ersten 4-5 Fahrstunden (nach den Stunden auf dem Übungsplatz) auf wenig frequentierten Strecken und/oder zu Zeiten, in denen wenig Verkehr herrscht, durchführten und dabei auch darauf achten würden, dass die Fahrschüler, wenn es dann mal auf normal frequentierte Verkehrswege geht, in der Lage sind, sich dem fließenden Verkehr anzupassen.
4. Bevor man sich überhaupt erst mal in ein Auto setzen darf, muss man die theoretische Prüfung bestanden haben.
Ich komme darauf, weil ich Fahrschulfahrzeuge inzwischen häufig nur als rollendes Verkehrshindernis wahrnehme. Mit steigender Tendenz. Es kann doch nicht sein, dass man auf einer gut ausgebauten Hauptverkehrsstraße mit 30 km/h daherzuckelt und sich hinter einem eine Kolonne von 20 Fahrzeugen bildet. Mein Fahrlehrer hat in solchen Fällen schon bei Tempo 45 gefragt, ob ich auf der Fahrbahn parken will. Scheinbar sind auch immer mehr Fahrschüler nicht dazu in der Lage, das im tehoretischen Unterricht Erlernte (z. B. Vorfahrtsregeln) praktisch umzusetzen. Gibt's da Parallelen zu PISA, oder was?
Gruß
DeWeDo
95 Antworten
Die 4 Diskussionsgrundlagen sind eigentlich alle dieselben :
Nicht von jetzt auf gleich in den Straßenverkehr.
Ich wurde damals direkt auf die Straße geschickt - das 1. Mal eingestiegen und ab die Post - natürlich auf wenig frequentierten Straßen (Kleinstadt ohne Berufsverkehr und Landstraße) aber mir selbst war auch etwas komisch zumute ...
Ich muss dazu sagen, dass man den Fahrschüler abschätzen muss - die Beschilderung habe ich zu 95 % gekannt - wie es viele Leute schaffen 18 Jahre (auch oder gerade zu Fuß) durch den Straßenverkehr zu kommen ohne jegliches Wissen über die Regeln ist für mich fraglich.
Bereits in der 2. Stunde fühlt man sich sicherer - enge Kurven und das dafür nötige Übergreifen waren aber selbst in der 5. Stunde noch ein Problem - das hätte man tatsächlich auf einem Übungsplatz trainieren können.
Zu den Punkten :
1. + 2. Sinnvoll aber man sollte es nicht erzwingen. Preisfrage - kann / muss man sich das leisten ?
3. Wenn der Fahrlehrer da nicht selbst drauf kommt gehört ihm die Lizenz entzogen !
4. Leider ist die Allgemeinbildung auf einem derart niedrigen Stand wie nie zuvor - wenn der Fahrschüler in die Theorie kommt und nichts (von Straßen-Verkehrsregeln) weiß gehört er nicht in ein Auto (besser niemlas !) - wann er die Theorie ausreichend kennt muss nunmal der Fahrlehrer entscheiden.
Habe den Führerschein übrigens folgendermaßen erhalten :
- 20 Minuten-Prüfung
- keine Ampel
- kein Stoppschild
- Rückwärts einparken : nur seitlich an einen Randstein, den Prüfer hat es nicht interessiert, dass ich ca. 40 cm vom Randstein wegstand.
- keine Autobahn
- kein Am-Berg-Anfahren
- keine Vollbremsung
- kein Spiegel (um zu testen ob ich den Kontrollblick mache)
Fast wie im Lotto gewonnen (einen jungen Menschen einfach so auf die Straße loslassen) - mein Bruder hatte genau vor mir seine Prüfung - ca. eine Stunde war der unterwegs (ich musste währendessen quälend allein am Parkplatz warten bis er zurückkam um nach ihm zu fahren) - dem blieb allerdings nichts erspart.
@ESM-Cluberer :
Ist mir auch passiert !
Mit 15 km/h in einer 30 Zone an eine Rechts-Vor-Links-Kreuzung herangerollt und dann schießt mit quietschenden Reifen mit ca. 50 km/h ein Audi von hinten an einem vorbei - es gibt Leute, die geben null Rücksicht auf Fahrschüler.
Das mit dem Sicherheitstraining wäre wohl sinnvoll - aber wer auf der Schleuderplatte den Wagen einmal abfängt wird es im Straßenverkehr nicht genauso sicher hinbekommen.
Ich bin in einer sehr leichten abfallenden Rechtskurve bei ca. 70 km/h auf spiegelglatter Fahrbahn "abgeflogen" - ca. 50 m seitwärts auf der Straße gerutscht aber nirgends angeschlagen um dann mit abgewürgtem Motor quer auf der Fahrbahn zu stehen - die vor mir hatten mit ABS gebremst ich hatte ohne keine Chance ... ein Sicherheitstraining hätte wohl nichts gebracht - aus Fehlern lernt man - somit bin ich fast dankbar für dieses lehrreiche Erlebnis.
@Gnubbel - sehr lobenswert deine Einstellung.
@All :
Ich würde einfach empfehlen bei Fahrschulen Rücksicht zu nehmen und aufzupassen - die sind nunmal unberechenbar.
Ich gehe vom Gas, schalte sogar den Motor ab, wenn es etwas länger dauert - natürlich ärgert man sich, wenn man mit 30 durch´s Dorf fahren muss - aber da legt man den 3. Gang ein und fertig - was soll das Getuhe ?
Zitat:
Original geschrieben von LSirion
natürlich ärgert man sich, wenn man mit 30 durch´s Dorf fahren muss - aber da legt man den 3. Gang ein und fertig - was soll das Getuhe ?
Eben. Durch's
Dorf.
Auf'm Dorf hast du auch nicht innerhalb von 30 Sekunden eine Kolonne von 20 oder mehr Fahrzeugen hinter dir, wenn du auf der Hauptdurchgangsstraße 30 anstatt 50 fährst.
Zum Thema Fahrsicherheitstraining bin ich der Meinung, dass das ein zweischneidiges Schwert ist. Es ist unbestritten, dass das, was man da lernt, dazu beitragen kann, sein Fahrzeug in außergewöhnlichen "Fahrzuständen" (ich sage ganz bewusst nicht "Situationen"😉 in den Griff zu bekommen. Viel wichtiger ist es aber, schon im Vorfeld zu erkennen, dass sich aus der "Situation" heraus so ein außergewöhnlicher "Fahrzustand" ergeben könnte und dementsprechend zu reagieren, dass dieser "Fahrszustand" nicht eintritt. Mal praktisch ausgedrückt: Wenn ich im Herbst in einer Kurve nasses Laub sehe, reduziere ich die Geschwindigkeit und heize nicht einfach weiter, um dann mit einem (im Sicherheitstraining gelernten) Manöver à la Walter Röhrl die Karre abzufangen und mir dann selbst auf die Schulter zu klopfen und zu denken, was ich doch für ein toller Hecht bin.
Die zweite Schneide des Schwertes (um im Bild zu bleiben) ist also die Gefahr, dass man meint, sein Auto jetzt viel besser im Griff zu haben und sich deswegen in Situatiuonen begibt, die die Anwedung des Erlernten erst erforderlich machen und in die man sich ohne Training wahrscheinlich nicht begeben hätte. Und gerade diese Gefahr ist bei Fahranfängern wesentlich größer als bei "alten Hasen".
Gruß
DeWeDo
Ich bin ja nicht so der Anhänger der Fahrsicherheitstrainings als notwenigen Bestandteil der Fahrausbildung, weil man da zuviel des Guten macht und das u.a. ins Geld geht...
Aber ob man es lassen sollte weil man Leuten damit ein Mittel in die Hand gibt, das missbraucht werden kann oder zu sehr in Sicherheit wiegt und zu anderer Fahrweise verleitet, ist so die Frage. Diese Diskussion gibt es auch immer wenn es um mehr Sicherheitstechnik im Auto geht. Würde man ohne mehr Aufpassen? Ich nicht.
Das sicherheitstrainig während der fahrschulausbildung bzw. gleich nach bestandener prüfung zu machen ist nicht gut, denn in dieser zeit sind 8 von 10 fahrschülern nicht in der lage einfach nur zu kapieren was man da von einem will.
So krass wie das klingt es ist einfach so.
Gruss
Maik
Zitat:
Original geschrieben von DeWeDo
Viel wichtiger ist es aber, schon im Vorfeld zu erkennen, dass sich aus der "Situation" heraus so ein außergewöhnlicher "Fahrzustand" ergeben könnte und dementsprechend zu reagieren, dass dieser "Fahrszustand" nicht eintritt.
Genau das ist das hüpfende Komma.
Imho wird der Nutzen von Fahrsicherheitstrainings der bestehenden Form überbewertet.
Wenn dem 22-jährigen auf dem Heimweg von der Disse auf kurvenreicher Landstraße die Fahrbahn ausgeht, nützt der absolvierte Schleuderkurs herzlich wenig. Dann heißt´s guten und möglichst hindernisfreien Flug.
bei nem fahrsicherheitstraining kann man genauso argumentieren wie bei esp & co:
kaum gemacht schon glaubt derjenige, er könne alles und wird risikofreudiger - inwiefern das einen effekt hat, wäre mal ne interess zu wissen. aber daran scheiden sich ja ja schon bei esp die geister 🙂
Das Problem sind vielleicht auch moderne Fahrzeuge. Klar sie sind sicher wie nie zuvor, aber sie gaukeln einem teilweise auch eine Sicherheit vor die gar nicht vorhanden ist. Der Grenzbereich macht sich häufig nicht vorher bemerkbar (zumindest für ungeübte) sondern wird schlagartig überschritten. Und schon weiß der Fahrzeugführer nicht mehr wie ihm geschieht...
Ciao!
@bucklew2
ESP find´ ich grundsätzlich gut.
`nem geschenkten Gaul ...
😁
schreibt man nach einem Auslassungszeichen am Satzanfang den ersten richtigen Buchstaben eigentlich groß?
Gut, ist im Preis drin, kostet trotzdem, aber ohne die grosse ESP-Diskssion wieder anzuwefen: 4 Bremspedale und 100mal pro Sekunde oder so reagieren kann keiner, also macht es Sinn PUNKT. Höre nicht zuviel auf die oldschool "auto muss ich selbst aus Stück Stein rausschlagen können" 😁
Und sollte es trotzdem jemanden dazu verleiten die Grenzen unnötigerweise auszutesten, ist es ein psychologisches Problem und nichts was den Sinn der Technik in Frage stellt.
Ich hab' ja nicht grundsätzlich den Sinn von FSTs bestritten und ich halte auch ESP usw. für sinnvoll. Auch wenn man vorausschauend, defensiv etc. (mit einem Wort intelligent) fährt, kann man ja nicht alles vorhersehen.
Zurück zur Fahrschulausbildung.
Ich bin immer noch der Ansicht, dass bei der heutigen Verkehrsdichte Fahrschüler, die die Grundfertigkeiten des Autofahrens (also Anfahren, Abbiegen, Fahrzeugbeherrschung im "Normalzustand" usw.) im öffentlichen Straßenraum erlernen sollen, ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellen.
[Satiremodus]
Über die volkswirtschaftlichen Nachteile wollen wir mal gar nicht reden. Wie viele Liter kostbaren Treibstoffs werden wohl jährlich vergeudet, weil x mal am Tag überall in diesem unseren Lande endlose Autoschlangen hinter einem Fahrschüler herzuckeln und deswegen vor einer roten Ampel stehenbleiben müssen, an der sie ohne den Fahrschüler locker bei grün vorbei gekommen wären?😉
[/Satiremodus]
Gruß
DeWeDo
@DeWeDo
Du sprichst von der heutigen Verkehrsdichte. Ich halte genau das für einen ganz wichtigen Punkt.
Als ich vor über 20 Jahren Meinen Führerschein gemacht habe, da gabs lang nicht soviel Verkehr auf den Straßen wie heute. Auch gabs nicht an jeder Ecke ne Ampel, ne blinkende Leuchtreklame, beidseitig zugeparkte Straßen wo man sich kaum noch begegnen kann ohne sich nen Spiegel abzufahren. Mit anderen Worten es war leichter sich auf den Verkehr zu konzentrieren weil drumrum nicht soviel los war.
Ich möchte aber noch zwei Punkte ansprechen.
1. Ich glaube es gibt nur ganz wenige Autofahrer die als "fertige Autofahrer" aus der Fahrschule kommen. Man lernt erst auf der Straße, und um das unfallfrei zu schaffen muß man sich selbst eingestehen noch nicht perfekt zu sein. Durch das herantasten an Grenzen weiß man irgendwann was geht und was nicht.
Ich denke daher das ein guter Fahrlehrer auch eine art "Psychater" sein muß, und dem Schüler ein GESUNDES Selbstvertrauen mitgeben muß. Es gehört sehr viel mehr dazu seinen Kumpels zu sagen "ich fahre, und wem das nicht passt kann austeigen" als mit der Masse zu schwimmen, zu heizen, und aus der nächsten Kurve zu fliegen.
2. Ich habe den Eindruck das heutzutage jeder aufs Gaspedal treten kann um möglichst schnell zu fahren, aber kaum einer kann mit seinem Auto umgehen. Wenn ich sehe wieviele Leute fast auf der Mittellinie fahren weil sie Angst haben den Bordstein zu berühren, oder in engen Straßen nicht aneinader vorbei kommen obwohl genügend Platz ist . Wieviele nichtmal in der Lage sind vernünftig auf der Straße zu wenden, geschweige denn z.B. mal rückwärts um eine Kurve zu fahren, frage ich mich doch ob nicht bei der Ausbildung die Grundkenntnisse des Umgangs mit einem Auto zu wenig vermittelt werden.
Grüße
ich denke nicht, dass die verkehrsdichte ein problem ist. schließlich wachsen die jugendlichen, die ihren führerschein machen da auch hinein. deshalb ist es imho auch gut, wenn kinder selbstständig zur schule mit dem fahrrad fahren oder auch gehen, um so ein gefühl für den verkehr zu gewinnen. ist halt immer sonne sachen sich da langsam reinzutasten, dann sind auch die heutigen verkehrsdichten kein problem - denke mal vor 20 jahren war die diskussion nicht anders 😉
Zitat:
Original geschrieben von DeWeDo
Ich bin immer noch der Ansicht, dass bei der heutigen Verkehrsdichte Fahrschüler, die die Grundfertigkeiten des Autofahrens (also Anfahren, Abbiegen, Fahrzeugbeherrschung im "Normalzustand" usw.) im öffentlichen Straßenraum erlernen sollen, ein erhebliches Gefährdungspotenzial darstellen.
Also, ein gewisses Nervpotential mag ich ihnen ja nicht absprechen; so z.B. in der Rushour, wenn beim Anfahren am Berg an der LZA der Schalter abgewürgt wird...
Aber Gefährdungspotential? Ist doch eher das, was die anderen daraus machen. Nicht umsonst sind die Fahrschulwagen gesondert gekennzeichnet und befindet sich eine helfende Hand mitsamt helfendem Fuß im Fahrzeug.
Ich weiß allerdings nicht, ob es sehr sinnig ist, die Fahrschulwagen, sagen wir mal, zu tarnen.
Früher sah man, sagen wir mal , einen 😁 Jetta, und die Sache war klar.
Wenn heute auf der BAB nach der Baustellendurchfahrt der E46 vor einem plötzlich zügig auf die Linke ausschert, bin ich bisweilen scho a bisserl überrascht, welch junge Dinger den lenken. 🙂
Zitat:
Original geschrieben von morf
Oder der Opa in seinem E190
E190??? Was'n das für'n Modell???
190E, meinst Du wahrscheinlich...
Ansonsten gilt hier der Grundsatz: erinnert Euch alle mal an Eure Fahrschulzeit zurück, bevor Ihr die heutigen Fahrschüler zu sehr verteufelt... 😁
Steve
Ob E190 oder 190E, jeder wusste was gemeint ist/war. 😉
Aber danke für deine Aufmerksamkeit. 😁