Er schaukelt wie eine Postkutsche - Funktionsweise Niveaudämpfer
Hallo,
in letzter Zeit wippt und schaukelt mein 230er T-Modell auf der Hinterachse wie ein Postkutsche. Woran kann das liegen ? Sind da die Dämpfer kaputt oder die Bulleneier?
Wofür sind diese Druckspeicher überhaupt? Dämpfen sollte doch der Stoßdämpfer , oder?
Grüße Thomas
PS: Äußerlich konnte ich keinen defekt Feststellen.
Beste Antwort im Thema
Das was du beschreibst sind die Federspeicher. Tauschen und gut. Wenn du selbst Hand anlegen willst, stelle dich auf ne ziemliche Sauerei ein mit dem Hydrauliköl 😁
Immerhin als Trost: Die Bulleneier sind viel billiger als die Niveaudämfer.
ghm
PS: Zur Funktionsweise der Bulleneier: Diese besitzen Im oberen Tel ein Luftvolumen, das durch eine Gummimembran vom darunterliegenden Öl getrennt ist. Das Öl wird von der Hydraulikpumpe auf Druck gebracht geht durch die Eier und dann zum Niveaustoßdämpfer. Über ein Ventil das über die Kopplung von Hinterachse und Karosserie betätigt wird, wird der Druck so gesteuert (und damit die Stoßdämpfer so aufgepumpt), daß das Heck unabhängig vom Beladungszustand immer gleich hoch steht. Mit der Zeit wird die Gummimembran in den Federspeichern porös und rissig und es läuft immer mehr Öl in den Raum oberhalb der Membran und verdrängt dort die Luft bis schließlich der ganze Federspeicher nur noch mit Öl gefüllt ist. Dann fängt der Wagen an zu hoppeln.
18 Antworten
Also hier mal ne Rep-Anleitung - Kurzversion:
1. Unbedingt 2 l neue Original MB Hydrauliköl bereithalten und keinesfalls die alte Plörre wieder reingießen - diese wird zwangsläufig beim ablassen mit Dreck am Unterboden verunreinigt
2. Bühne oder Grube sind sehr sehr sehr zu empfehlen. Ich hab früher fast alles mit Auffahrrampen gemacht, aber das würde ich hier echt nicht empfehlen. Lieber noch ein paar Euros in die Hobbywerkstatt tragen und auf die Bühne
3. Vermutlich sind die Verschraubungen der Hydraulikleitungen vergammelt und die Muttern schon vom Rost rundgefressen. Daher am besten schon einen Tag vorher mal kräftig mit Caramba fluten und über Nacht wirken lassen. Gabelschlüssel vermeiden, sondern einen offenen Ringschlüssel verwenden. Wenn die Verschraubungen erst mal mit dem Gabelschüssel rund gemacht worden sind, hilft nur noch beten, Glück und eine scharfe Rohrzange oder Gripzange um die Muttern zu lösen - auch nicht schön. Vor allem weil man die vergammelten Überwurfmutter ja nicht tauschen kann, sondern man müßte die ganze Hydraulikleitung ersetzen. Also hier mit Vorsicht und Gefühl zu Werke gehen.
4. Fahrzeug hochheben/ auf Grube fahren und die Hydraulikanlage drucklos machen. Dazu die Koppelstange an der Hinterachse zwischen Achskörper und Karosserie lösen. (Sieht aus wie ne Spurstange im Miniformat - nicht verstellen, sonst passt hinterher die Höhe nicht mehr). Danach das Ventil auf "Absenken" drehen. Wenn der Wagen noch steht, senkt er sich merklich ab.
5. Restdruck aus der Anlage ablassen. Dazu eine Hydraulikleitung vorsichtig lösen und warten bis das Öl drucklos herausfließt. Hier ist größte Vorsicht angebracht. Es können immer noch mehrere zig bar Druck auf der Leitung sein und ein hauchdünner Ölstrahl unter diesel Druck wirkt wie ein Skalpell (Stichwort Hochdruckschneiden). Am besten Schraubenschlüssel ansetzen und dann einen Lappen über die Stelle wickeln bevor man die Verschraubung löst. Schutzbrille ist obligatorisch!
6. Anschließend die Druckölleitungen an den Bulleneiern lösen (wenn sie wollen 😁 ). Dann die Befestigung der Eier an der Karosse lösen und rausnehmen. Beim Kombi geht das duch einen Deckel im Kofferaum (also nach oben - zumindest war das beim 124er so, ich nehme an beim 210 ist das immer noch so). Lappen bereithalten wegen der Sauerei mit dem nachtropfenden Öl.
7. Nue Eier einsetzen und festschrauben. Hydaraulik anschließen und festschrauben, falls zum Ölablassen eine andere Verschraubung geöffnet wurde, diese natürlich auch wieder anziehen. Koppelstange Hinterachse befestigen. Fahrzeug ablassen.
8. Ausgleichsbehälter vollfüllen. Motor starten. Nach etlichen Sekunden sollte sich der Wagen anheben. Kann etwas Dauern weil erst die Luft in den leeren Eiern und den Leitungen weggepumpt werden muß (das System entlüftet automatisch - zumindest war das auch beim 124er so). In der Zwischenzeit den Ausgleichsbehälter beobachten und frisches Öl nachfüllen, bis der Stand nicht mehr weiter absinkt. Nicht mehr über Max auffüllen.
9. Wenn der Wagen sich wieder gehoben hat, Probefahrt machen und das neue Fahrgefühl geniesen. Danach nocmal Ölstand überprüfen.
10. Eine Flasche Bier öffnen.
ghm
Hallo,
schönen Dank für die ausführliche Anleitung. Da kann ja fast nichts mehr schief gehen.
Bei TE-Taxiteile wird auch eine Hohlschraube und Dichtungen für diese extra mit angeboten. Brauche ich diese Hohlschraube (allerdings für W124??) auch neu??
Siehe Foto.
Grüße Thomas
hi @ all,
die Anleitung ist ja schonmal nicht schlecht.
Aber etwas ganz wichtiges fehlt leider:
die Enlüftung der Anlage nach MB vorgabe
Ohne die Fachgerechte Entlüftung kann schlimmstenfals soger ein schwerer Schaden kommen.
Mal abgesehen von den schlechten Fahreigenschaften.
Grüßle
Wie ich ja unter Punkt 8 geschrieben habe:
Der 124er entlüftet sich automatisch. Ob es beim 210 auch noch so ist, weiß ich nicht - das wäre anhand einer Reparaturanleitung noch zu klären.
ghm