Dürfen Ärzte Fahrverbote aussprechen ?

Hallo,

bin mir nicht ganz sicher ob das hier reinpasst, aber nem Bekannten ist folgendes passiert:

Er hatte einen Unfall aufgrund von Wechselwirkungen von Medikamenten(Schmerzmittel) die er nehmen musste da er vor Jahren einen Berufsunfall hatte und seit dem leider Schmerzpatient ist. Die Medikamente wurdem Ihm ohne hinweis auf mögliche Wechselwirkungen verschrieben und er hatte sie auch schon eine ganze weile ohne Probleme genommen. Nun ist dann letzte Woche dann dieser Unfall passiert bei dem die Beifahrerin anschliesend folgendes berichtet: Er soll plötzlich das Bewusstsein verloren haben und dann ist der Wagen halt mehr oder weniger Führerlos in den Graben. Ist nichts weiter passiert ausser Prellungen und halt die C-Klasse (Bj. 98) ist Schrott. Nun wurde er mehrere Tage im Krankenhaus untersucht und dabei kam halt der Verdacht auf diese Medikamente heraus. Als er entlassen wurde, wurde ihm mündlich von der Ärztin ein Fahrverbot von 3 Monaten ausgeprochen, und in dem Entlassungsbericht wird von einer Empfehlung eines Fahrverbotes geschrieben.

Mir geht es jetzt noch nicht mal so sehr darum ob er jetzt Fahren soll oder nicht, sondern ob Ärzte sowas überhaupt verbindlich tun dürfen und wenn ja ob dann nicht noch was von der Polizei kommen muss ??

Gruß

Steini

Beste Antwort im Thema

Hat sich an der Sache in den letzten 12 Jahren irgend etwas geändert? 😕

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Wie verhält es sich bei folgender Sachlage; LKW Fahrer über 50j. Führerscheinverl. ,ärztliche Untersuchung. Arzt stellt fest nicht mehr tauglich wegen ....... sprich negativer Befund.
Wäre das nicht auch Verletzung der Schweigepflicht?

Habe da was gefunden.

Wer als Arzt einen (möglicherweise) fahruntüchtigen Patienten trotz bestehender Schweigepflicht bei Behörden/Polizeimelden möchte, um diesen vor sich selbst sowie die Öffentlichkeit zu schützen, darf dies unter Notstandsgesichtspunkten (sogenannter rechtfertigender Notstand, § 34 StGB).

Der Bundesgerichtshof (BGH) gibt für eine solche Offenbarung an die Behörden Rückendeckung, obwohl der Tatbestand des Geheimnisverrats an sich erfüllt ist. Der BGH entschied: „Ein Arzt kann trotz seiner grundsätzlichen Schweigepflicht nach den Grundsätzen über die Abwägung widerstreitender Pflichten oder Interessen berechtigt sein, die Verkehrsbehörde zu benachrichtigen, wenn sein Patient mit einem Kraftwagen am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl er wegen seiner Erkrankung nicht mehr fähig ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, ohne sich und andere zu gefährden.“

Der BGH knüpft dieses Melderecht gegen den Willen des Patienten jedoch an die zwingende Voraussetzung, „dass der Arzt vorher den Patienten auf seinen Gesundheitszustand und auf die Gefahren aufmerksam gemacht hat, die sich beim Steuern eines Kraftwagens ergeben, es sei denn, dass ein Zureden des Arztes wegen der Art der Erkrankung oder wegen der Uneinsichtigkeit des Patienten von vornherein zwecklos ist.“ (BGH, Urteil vom 8.10.1968, Az. VI ZR 168/67)

Zitat:

@ceinsler schrieb am 26. Juli 2018 um 10:59:45 Uhr:


Wie verhält es sich bei folgender Sachlage; LKW Fahrer über 50j. Führerscheinverl. ,ärztliche Untersuchung. Arzt stellt fest nicht mehr tauglich wegen ....... sprich negativer Befund.
Wäre das nicht auch Verletzung der Schweigepflicht?

Nein, die Tauglichkeit muss gegenüber der FE-Behörde nachgewiesen werden. Ist ja niemand gezwungen, ein negatives Attest weiterzuleiten.

Zitat:

@ceinsler schrieb am 26. Juli 2018 um 11:17:36 Uhr:


Der BGH knüpft dieses Melderecht gegen den Willen des Patienten jedoch an die zwingende Voraussetzung, „dass der Arzt vorher den Patienten auf seinen Gesundheitszustand und auf die Gefahren aufmerksam gemacht hat, die sich beim Steuern eines Kraftwagens ergeben, es sei denn, dass ein Zureden des Arztes wegen der Art der Erkrankung oder wegen der Uneinsichtigkeit des Patienten von vornherein zwecklos ist.“ (BGH, Urteil vom 8.10.1968, Az. VI ZR 168/67)

Das Urteil von 1968 bedeutet trotzdem, dass alle Bedingungen im Einzelfall gerichtlich überprüft werden müssen, was immer noch mit einem erheblichen Risiko verbunden ist. Im Zweifellsfall wird ein Arzt bemüht sein, im Stress von Praxis und Klinik keine Kenntnis von solchen Konstellationen zu erlangen.

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Zitat:

@ceinsler schrieb am 26. Juli 2018 um 10:59:45 Uhr:


Wie verhält es sich bei folgender Sachlage; LKW Fahrer über 50j. Führerscheinverl. ,ärztliche Untersuchung. Arzt stellt fest nicht mehr tauglich wegen ....... sprich negativer Befund.
Wäre das nicht auch Verletzung der Schweigepflicht?

Ich würde mal mit "Nein" tippen, denn der Antragsteller will ja vom Arzt bescheinigt bekommen, dass er tauglich ist. Somit muss er ja in gewissem Maß in die Weitergabe der Untersuchungsergebnisse einwilligen. In meinem Beruf (bin im Strafvollzug tätig) werden ja auch oft genug Gutachten für diverse Zwecke (Urlaub aus der Haft, vorzeitige Entlassungen usw.) angefordert, da werden die "Probanden" auch als Allererstes drüber belehrt, dass der Gutachter nicht der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt, eben weil ja eine Beurteilung erfolgen sollte - daher würde ich das mit der Fahrtauglichkeit für LKW-Fahrer genauso sehen...

Die wenigsten Lkw-Fahrer befinden sich bei der Begutachtung im Strafvollzug. 😉 ... Die Paralelle darf man nicht ziehen. Im Zivilleben hat man im Grundsatz stets die Möglichkeit, die Weitergabe einer ärztlichen Einschätzung zu unterbinden. Man kann auch so lange die Ärzte wechseln, bis einer der Meinung ist, dass alles unbedenklich ist und dann erst dessen Gutachten vorlegen.

Kein System ist ohne Fehler.

Richtig ist, dass man ärztliches Handeln unterscheiden muss in die Behandlungssituation und Gutachten. Im Gutachtensfall will der zu Untersuchende (nicht: "Patient"😉 etwas vom Auftraggeber des Gutachtens und erlaubt dem Arzt in der Regel vorher, die Ergebnisse an den Auftraggeber weiter zu leiten. Im Behandlungsfall unterliegt der Arzt der ärztlichen Schweigepflicht, welche sehr weitreichend ist und vor allem die Vergangenheit weitgehend abdeckt. Der Arzt darf nicht zur Polizei gehen, wenn er im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit erfahren hat, dass ein Patient einen Mord begangen hat. Zur Abwendung von Gefahren hingegen kann es geboten sein, die Schweigepflicht zu verletzen. Nicht, weil ein Patient trotz Schwindel oder Schlafstörung Auto gefahren ist, aber eventuell weil zu erkennen ist, dass der Patient auch in Zukunft Auto fahren will, obwohl er eine Gefährdung darstellt.

Zitat:

@bernhardkonrad schrieb am 26. Juli 2018 um 13:17:03 Uhr:


Richtig ist, dass man ärztliches Handeln unterscheiden muss in die Behandlungssituation und Gutachten.

Danke, bernhardkonrad, das wollte ich eigentlich damit ausdrücken ;-) - sorry, berlin-paul, wenn das falsch rübergekommen ist. Mir ging es da eher darum, dass die Erstattung eines Gutachtens eben kein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht ist.

Da musst Du die Begutachtung im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens von dem in einem Verwaltungsverfahren unterscheiden. Im Strafverfahren ist das Gericht der Auftraggeber. Lässt sich der Probant auf die Begutachtung ein, sind seine Angaben und die gutachterliche Stellungnahme verwertbar auch ohne Schweigepflichtsentbindung. Im Verwaltungsverfahren wird dem Probanden auferlegt, ein Gutachten zur Fragestellung XY beizubringen. Da ist der Proband selbst der Auftraggeber. Ohne Schweigepflichtsentbindung geht da im Grundsatz erstmal gar nichts von ärztlicher Seite. Der Proband entscheidet, ob er das Gutachten vorlegt oder nicht oder einen anderen Gutachter aufsucht usw..

Ok, danke für die Info - man kann ja immer mal noch dazulernen :-).

Aber mal allgemein gefragt: Muss man eigentlich die Schweigepflichtsentbindung auch in so einem Fall (Gesundheitsuntersuchung für Kraftfahrer) nicht explizit unterschreiben oder darf der untersuchende Arzt davon ausgehen, dass man ihn stillschweigend von der Schweigepflicht entbindet? Ich habe so eine Untersuchung nämlich (wg. LKW-Führerschein) vor etwas über einem Jahr gemacht und mir wäre das nicht in Erinnerung, dass ich von der untersuchenden Stelle explizit auf die Schweigepflichtsentbindung hingewiesen worden wäre.

Das Gutachten hätte an Dich gehen müssen und Du entscheidest dann über die Vorlage an die Behörde. Anders ist es, wenn der Gutachtenauftrag die direkte Vorlage an die Behörde vorsieht, Da wäre dann die Entbindung eigentlich schon im Auftrag selbst enthalten. War das bei Dir so?

Ja, das war so. Ich habe ein "Attest" erhalten, auf dem mir die gesundheitliche Eignung bestätigt wurde und das dann mit den restlichen Unterlagen über die Fahrschule (war die Untersuchung vor der Ersterteilung) an die Führerscheinstelle gegeben.

Dann ist ja die Entbindung von der Schweigepflicht durch diese Handlung gegeben.

> Dann ist ja die Entbindung von der Schweigepflicht durch diese Handlung gegeben.

Nein, es hat nie eine Entbindung gegeben. Dir gegenüber hat Dein Arzt keine Schweigepflicht und Du hast keine Schweigepflicht (Du bist ja nicht Dein Arzt) und so ist keine Entbindung erforderlich, weder wenn der Arzt Dir etwas gibt, noch wenn Du der Behörde etwas gibst. Wenn die Behörde eine Rückfrage an den Arzt hätte, wäre er immer noch durch seine Schweigepflicht gebunden.

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