Drehmoment und Elastizität

Hallo Techniker,

in der letzten ADAC-Motorwelt steht ein Bericht über den VW Passat gegen Ford Mondeo. Dort stolperte ich über einige Angaben bezüglich Drehmoment, PS und Elastizität. Vielleicht kann ein Sachkundiger mal ein paar erklärende Worte schreiben.
Das steht drin: ... Interessant ist, dass der EcoBoost-Motor (Ford) bei den Elastizitätsmessungen besser abschneidet als der Passat, dessen Diesel mit 340 NM ein deutlich höheres maximales Drehmoment hat als der Mondeo (240 NM).

Folgende Motoren haben sie verglichen:

Passat:
4-Zyl.Turbodiesel, 1968 cm³, 150 PS, 340 NM bei 1750 U/min, 8,9 s auf 100 km/h
Überholvorgang 60-100 km/h: 5,6 s

Mondeo:
4-Zyl.Turbobenziner, 1499 cm³, 160 PS, 240 NM bei 1600 U/min, 9,3 s auf 100 km/h
Überholvorgang 60-100 km/h: 5,6 s

P.S.: Dummerweise sind bei der Elastizitätsmessung in der Tabelle beide Werte gleich (5,6 s)
P.P.S.: Da es den neuen Mondeo noch nicht als Diesel gibt, haben sie einfach den Benziner für den Vergleich genommen ...

Meine Frage: Nun hat der Passat ja signifikant mehr Drehmoment. Warum beschleunigt er trotzdem nicht schneller als der Mondeo von 60 auf 100 km/h? Die 10 PS mehr des Mondeo machen's doch nicht, oder?

Beste Antwort im Thema

Der Diesel hat ein länger übersetztes Getriebe und das vernichtet den Drehmomentvorteil gegenüber dem Benziner. Heutige Turbobenziner haben in den höheren Gängen teilweise mehr Radzugkraft (=Beschleunigung) als vergleichbare Diesel.

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Zitat:

@Razzemati schrieb am 9. August 2019 um 12:47:57 Uhr:


Die extreme Kurzhubigkeit ermöglicht diese hohen Drehzahlen, reduziert aber gleichzeitig Drehmoment und Wirkungsgrad dramatisch. Das Ergebnis sind aber Motoren mit knapp 1.000PS aus nur 3.0L Hubraum. Und die beschleunigen eben nicht nur wegen der geringen Fahrzeugmasse von 600kg so wahnsinnig schnell.

Auch Kurzhuber können effizient sein - der Wirkungsgrad der aktelln F1 Motoren liegt nahe 50%. Kein Witz - https://www.autosport.com/.../...es-engine-hits-remarkable-dyno-target

Die alten V10 hatten etwa den halben Wirkungsgrad, jedenfalls obenrum und von der Fuel Flow Rate aus betrachtet. 25% und hohe Last nebst Drehzahl ist auch etwa das Niveau, ab dem die Auslassventile dahinschmelzen. Wird irgendwo in der F1 irrelevanten "Mitte mit nicht 100% Last" bei den typischen 40% gelegen haben.

Zitat:

@Rael_Imperial schrieb am 9. August 2019 um 11:56:33 Uhr:


Die obige Erkenntnis hätte man beim Ansehen eines Formel-1-Rennens im Fernsehen gewinnen können. Wenn die Strategie "Schalten bei M_max" zur maximalen Beschleunigung führen würde, dann würden die Jungs ihre Motoren nicht bis 19.000 1/min prügeln. Oder sieht das irgendjemand anders?

Genau das wollte ich auch anführen, 😉 Alternativ kann man sich auch Motorradrennen anschauen. Auch die schalten nicht beim maximalem Drehmoment sondern wenn der Motor kurz vor der Kotzgrenze ist und das selbst bei Schräglage.
😁 Ausnahme vielleicht wenn Marc Márquez mal wieder einen neuen Schräglagenrekord aufstellt.

Aber das man darüber Seitenlang diskutieren kann zeigt die im Alltag nervende Drehmomentgläubigkeit einiger Wenigen die sich beim Überholen auf das Drehmoment verlassen und beinahe Verhungern statt mal Runterzuschalten und dann Ausdrehen.

😁 Da haben sich dann auch schon Welche gewundert wie mein Kleiner abgehen kann wenn man Ihn lässt.

Zitat:

@Zephyroth schrieb am 9. August 2019 um 10:45:39 Uhr:


Und weiter geht's. Ich finde das Thema faszinierend...

@all
Ich hab' noch das Excel-Sheet angehängt, falls jemand damit spielen will. Auf der ersten Seite charakterisiert man den Motor, auf der zweiten läuft dann die Berechnung, wobei vieles manuell erledigt werden muss (beispielsweise muß der Lookup zu den Gängen manuell eingetragen werden). Der Einfachheit halber gibt's keine Achsübersetzung, sondern für jeden Gang eine Gesamtübersetzung, genauso wurde der Windwiderstandskoeffizent vereinfacht, er beeinhaltet gleich die komplette Fahrzeugcharakteristik (cw-Wert & Frontfläche, bezogen auf km/h).

Grüße,
Zeph

Hallo Zeph,

klasse gemacht :-)

Ganz kurz und stichpunktartig nur, weil meine Frau jetzt auch Urlaub hat und wir wegfahren. Ich bin eigentlich gerade beim Packen...

Ich habe mir aber trotzdem alle Deine Formeln angesehen und dachte zu Beginn nur, dass Du einen Fehler beim Luftwiderstand gemacht hast... bis ich Deinen Text noch einmal gelesen habe. Passt also. Ich habe keinen Fehler gefunden und bin bei allem bei Dir :-)

Letztendlich haben wir fast die gleiche Vorgehensweise gewählt, unsere Excelsimulationen unterscheiden sich nur wenig.

Was hälst Du davon, Dein 'Simulationsmodell' zusammen immer weiter zu erweitern, bis wir wirklich realistische Ergebnisse bekommen, die man auch mit Messungen vergleichen könnte?

Z. B. könntest Du mit Deinem Fahrzeug, das Du fährst, eine Volllastbeschleunigung aufzeichnen (ein Beifahrer könnte z. B. die Zeit stoppen, wie lange man bis 20, 30, 40, ... 150 km/h braucht).

Dann probierst Du, alle notwendigen technische Daten zu Deinem Fahrzeug zu bekommen, die Du in Deiner Exceldatei brauchst. Unbekanntes kann man abschätzen oder durch Messungen bestimmen.

Um z. B. die Fahrwiderstände zu bestimmen (Luftwiderstand und Rollwiderstand) könnte man auch einen Ausrollversuch machen, sofern Du keine Werte für cW, A_proj und fr bekommst. Wie sowas geht, findet man bestimmt im Internet, ansonsten wüsste ich auch wie man die Werte berechnet.
Schwieriger wird es mit den rotatorischen Massenträgheiten. Notfalls kann man die auch im ersten Schritt mal abschätzen. Rotatorische Trägheiten wären für das Verhalten der modellierten Komponenten beim Schalten wichtig. Außerdem spielen sie bei großen Beschleunigungen (beim Motor in den niedrigen Gängen) eine nicht unwesentliche Rolle.

Im ersten Schritt kannst Du Dir mal 'meine' Excelsimulation ansehen. Du wirst sehen, das ist fast das gleiche. Übernimm ungehemmt die Teile, bei denen Du meinst, dass die bei mir besser oder eleganter gelöst sind (eventuell das mit den Gängen), da habe ich kein Problem mit.
Ich war ja sehr gespannt, wie Du das Problem mit der drehzahlabhängigen Motordrehmomentbestimmung gelöst hast. Das hat mit Sicherheit am längsten gedauert, oder? Dein Vorgehen hat den Vorteil, dass man wirklich exakte Werte erhält, aber den Nachteil, das es viel Arbeit macht (oder nicht?), wenn man mit einer anderen Drehmomentkurve rechnen will...
Ich hatte bei dem Problem schon über ein VBA-Makro nachgedacht. Oder vielleicht sollte man auch mal in einem Excelforum fragen, wie man so ein Problem am elegantesten lösen kann.
Aber prinzipiell funktioniert ja Deine Methode.

Ich würde Dir noch empfehlen, die Einheiten bei Deinen Spalten mit den Berechnungsergebnissen mit anzugeben, sonst muss man sich erstmal die Formeln ansehen, um auf diese schließen zu können.

Wie könnte man bei der Erweiterung vorgehen?
1. Hinterachsübersetzung hinzufügen -> ist keine große Sache

2. Rotatorische Massenträgheitsmomente
Ist nicht ganz so einfach, weil man die Formeln seit seiner Schulzeit sicher nicht noch einmal anwenden musste. Aber eine Formelsammlung oder Wikipedia hilft notfalls.
Man muss rotatorische Trägheiten bei jeder Welle/Komponenten, die mit der gleichen Drehzahl dreht, einzeln berücksichtigen. Oftmals wird das in Simulationsprogrammen zusammengefasst, was aber falsch ist.
Wenn Du die rotatorischen Massenträgheitsmomente hinzugefügt hast, wirst Du an den Simulationsergebnissen sehen, dass Dein Auto bei jedem Schaltvorgang kurz 'hüpft'. Das ist dann kein Fehler, das wäre in der Wirklichkeit auch so. In der Realität entspräche das einem Schaltverhalten, wenn man beim Schalten nicht vom Gas ginge, sondern nur möglichst schnell den Gang wechselt. Da 'hüpft' das Fahrzeug auch ganz kurz, weil drehende Massen sehr schnell verzögert würden.

3. Schaltvorgang hinzufügen
Man könnte Schaltvorgänge so modellieren, indem man z. B. für 0.5 s (Schaltzeit) den Motor abkuppelt. Das Moment am Getriebeeingang wäre dann für diese Zeit null, das Auto würde durch die Fahrwiderstände kurz verzögert. In der Realität geht man vom Gas wodurch sich die Motordrehzahl reduziert (Reibmoment/Schleppkurve). Das heißt, die rot. Massenträgheit wirkt gegen das Schleppmoment/Reibmoment). Wenn man da keine Werte für Dein Auto bekommt, könnte man auch das messen (Kupplung drücken, Vollgas, Gas wegnehmen und Drehzahlen messen, bis der Motor wieder bei Leerlauf ist). Dann passt man den Wert im Modell so lange an, bis man das gleiche Verhalten hat, wie es bei Deinem Motor der Fall ist. Und dann überlegt man sich, ob der Wert, den man ermittelt hat realistisch ist. Wenn nicht, muss man die Modellierungstiefe weiter erhöhen (andere Effekte auch noch modellieren), bis es passt.
In Excel würde ich zu diesen Zeitpunkten einfach eine Getriebeübersetzung mit null definieren und eine Wenn-Abfrage hinzufügen. Fertig wäre der Schaltvorgang.

4. Wirkungsgrade hinzufügen
Hier wird es sehr schwer Daten zu bekommen, insofern griffe ich da auf Literaturwerte zurück. Man könnte sich im ersten Schritt die Anzahl der Zahnradeingriffe ansehen und z. B. für Stirnradverzahnungen einen festen Literaturwert bei hohen Momenten verwenden (z. B. 98 %). Im direkten Gang hat man nur noch die Planschverluste und die Leerlaufverluste der anderen Verzahnungen, wodurch der Wirkungsgrad entsprechend höher wäre.
Hypoidgetriebe (Hinterachse) sind vom Wirkungsgrad deutlich schlechter. Aber da findet man sicher auch etwas im Netz. Ansonsten habe ich was im Kopf.
Alles in allem ist das auch nicht schwer, das in Excel aufzunehmen.

5. Nebenaggragate hinzufügen
Wolltest Du nicht auch schon immer mal wissen, wie sich die Beschleunigung ändert, wenn man z. B. die Klimaanlage eingeschaltet hat? Ich habe nämlich das Gefühl, dass mit eingeschalteter Klimaanlage, mein Auto deutlich schlechter beschleunigt. Das Gefühl könnte mich aber natürlich auch täuschen, keine Ahnung...
Wäre interessant zu sehen, was eine Simulation für Ergebnisse liefert.
Man könnte sich den Drehmomentbedarf der Aggregate am besten drehzahlabhängig im Internet sicher irgendwo beschaffen. Und was es nicht gibt, schätzt man ab. Um die Nebenaggregate im Modell zu berücksichtigen, braucht man nur die Leistung dieses Aggragates an der richtigen Stelle des Antriebsstranges diesem entnehmen (abziehen).
Das in Excel zu machen ist nicht schwierig; die Datenbeschaffung ist da sicher aufwändiger.

6. Turboaufladung berücksichtigen
Das wird dann in Excel richtig schwierig, ist aber durchaus machbar (ich hätte schon eine Idee, wie man das löst). Das größte Problem ist die Datenbeschaffung. Die Daten kann man m. E. ohne Rollen- oder Motorenprüfstand nicht oder nur sehr, sehr schwer bestimmen. Aber vielleicht hast Du ja ein Auto mit nicht aufgeladenem Motor? Oder vielleicht findet man im Netz doch etwas...

7. Anfahrvorgang berücksichtigen
So schwer ist das eigentlich auch nicht. Man definiert eine bestimmte, konstante Anfahrdrehzahl und 'vernichtet' einen Teil der Motorleistung drehzahlabhängig in der Kupplung. Ist letztendlich in der Wirklichkeit ja auch nicht anders. Die Verlustleistung in der Kupplung berechnet man aus der Drehzahldifferenz, die die Kupplung 'sieht'.
In Excel wäre das wieder etwas aufwändiger, weil man wieder eine Fallunterscheidung machen müsste.

8. Steigung berücksichtigen
Könntest Du komplett bei mir abschauen. Wäre auch nur der Vollständigkeit halber, ist aber nur eine Sache von ein paar Minuten.

Mit dem Modell sollten wir dann auch Simulationen zur Elastizität machen. Das war ja schließlich die eigentliche Frage des TS. Wenn man von beiden Fahrzeugen, die der TS genannt hat, entsprechende Werte hat, kann man anhand der Simulationsergebnisse exakt quantifizieren, welcher Einfluss (z. B. Motordrehmomentkurve, Fahrzeugmasse, Getriebeübersetzung, Hinterachsübersetzung, Radhalbmesser, etc.) zu wieviel Prozent dafür verantwortlich ist, dass das eine Frahzeug schneller beschleunigt, als das andere.
Man muss dazu am Anfang von zwei gleichen Fahrzeugen ausgehen und nur eine 'Sache' ändern (z. B. erstmal nur mit der Fahrzeugmasse des anderen Fahrzeuges eine Simulation durchführen). Es ergeben sich dann unterschiedliche Beschleunigungsverläufe und man erkennt, wie maßgeblich dieser Einfluss ist. Dann ändert man auch die zweite 'Sache', macht wieder eine Simulation, dann ändert man die dritte, usw, bis man schließlich das zu vergleichende Fahrzeug komplett im Modell parametriert hat.

Das wäre die richtige Vorgehensweise, um die Frage des TS zu beantworten. Aber ich glaube, selbst dann gäbe es hier noch Diskussionen :-(
Es hätte aber den Vorteil, dass man nicht mehr mitlesen muss, weil die Frage beantwortet ist ;-)

Ich hoffe, dass war jetzt alles verständlich. Wenn Du Spaß an sowas hast, kannst Du Dir ja überlegen, das zu tun. Vielleicht mache ich ein bisschen was im Urlaub. Internet gibt's zwar nicht, aber Laptop haben ich ja dabei.
Ich bin jetzt dann erstmal längere Zeit weg...

Viele Grüße
Christian

Ich sage lieber nichts dazu. Wäre vielleicht wieder unhöflich.

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Ich finde sowas ja schon gut.
Aber um die Frage zu beantworten geht es einfacher 😉

Fachleute sind eben doch Fachidioten, im positiven...

Zitat:

@Diabolomk schrieb am 10. August 2019 um 10:17:31 Uhr:


Ich finde sowas ja schon gut.
Aber um die Frage zu beantworten geht es einfacher 😉

Fachleute sind eben doch Fachidioten, im positiven...

Ich hatte bereits ein universelles Zugkraftdiagramm erstellt, in dem auch der Bezug zum Fahrzeuggewicht eingerechnet ist und mit dem man alle Übersetzungen und Drehmomentverläufe durchspielen kann. Windwiderstand, Reibung im Antriebsstrang und rotatorische Massen bleiben dabei ja gleich, haben also gar keinen variierenden Charakter. Und es gibt auf Automobile-Catalog.com für die meisten Autos schon fertige Beschleunigungskurven und detaillierte Beschleunigungswerte in Tabellenform. Aber manch Einer will eben auf Biegen und Brechen das Rad neu erfinden, nur um sich wichtig zu machen. Das ist der einzige Sinn und Zweck dieses seitenlangen überflüssigen Posts. Aber ich sag ja lieber nichts dazu.

www.automobile-catalog.com

da ist alles schon drin

@christian_2
Wenn Du (angeblich) seit 20 Jahren beruflich Simulationsmodelle erstellst und Formeln zum Trägheitsmoment bisher nicht berücksichtigt hast, dann frage ich mich, was Du dann eigentlich simulierst. Jedenfalls keine Antriebstrangmodelle. Und wie man die zugehörigen Werte messtechnisch ermittelt und berechnet, ist kein Hexenwerk. Dafür reicht es völlig aus, die zu Grunde liegende Physik verstanden zu haben. Und ein bißchen Messtechnik.

Ich hab´s Dir schon mal geschrieben: Ich habe in Excel mal ein Modell erstellt zur Simulation der Ruckelschwingungen im Antriebsstrang. Da braucht man mehrere Trägheitsmomente, die zudem über Steifigkeiten gekoppelt sind. Das, was Du hier treibst, fällt dann als kleine Teilmenge so ganz nebenbei mit ab.

Was ein Simulant eben so simuliert. 😁

Es fehlt z.B. noch der unterschiedliche Luftwiderstand
bei offenem und geschlossenem Schiebedach. 😁

Ihr habt offensichtlich großen Spaß an diesem Thema, der sei Euch gegönnt.
Aber für diejenigen, die nicht mitspielen wollen,
ist das Thema inzwischen penetrant.

Nichts für ungut. 🙂

WQ33

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